Hier die Hauptzüge der Fabel: Ein reicher algierischer Corsar kehrt mit einer Prise heim. Seine Gemahlin und deren Schwester bewillkommen ihn froh. Die gefangenen Christen werden vorgezeigt, unter ihnen rührt die Schönheit eines jungen Spaniers beide Damen, welche heiß wie ihr Klima, sogleich den Gegenstand ihrer Zärtlichkeit zu besitzen eilen. Des Corsaren Gemahlin vertraut sich einer Sklavin, die Schwester einem Renegaten. Letztre hat aber nur Eindruck auf den Spanier gemacht, und mit des Renegaten Hülfe wird eine Flucht übers Meer beschlossen. Wüthende Eifersucht bemächtig sich jener. – Der Corsar entdeckt aber durch ein Papier, welches die Vertraute bei seinem Anblick verbergen wollte, die Treulosigkeit seiner Gemahlin, und gelobt Rache. Grade, da sie in einem Theil des Gartens erscheint, um den Spanier zu finden, liegt dort schon ein Fahrzeug am Ufer, ihn mit ihrer Schwester aufzunehmen. Die Abfahrt wird jedoch durch des Corsaren Ankunft, der unterdessen von allem Nachricht erhielt, gehindert. Vergeblich ist aller Widerstand. Todesstrafe wird jedem verheißen, der an dem Verbrechen Theil nahm. Allein Bitte, Reue und Klage erweichen noch des Muselmanns Gefühl; er verzeiht den Fehltritt seiner Gattin, und verspricht das liebende Paar zu verbinden, wenn der Spanier sich entschließt, den Turban zu nehmen. Dieser, verliebt und aufgeklärt, zaudert keinesweges, und freudige Tänze folgen auf die glückliche Entwickelung. – Ob man schon mit diesem Stoff gleich vertraut ist, durch die Aehnlichkeit mit dem Kaufmann von Smyrna, Belmonte und Constanze, und einer Episode im Oberon, so ist er doch sehr für die Pantomime geeignet, wegen des vielen leidenschaftlichen Spiels, das darin thätig ist. Die Zusammenstellung macht Herrn Laucherys Erfindung alle Ehre. Die Musik betreffend, so ist schon im vorigen Jahre in diesen Anzeigen vorausgesagt worden, daß, (um so mehr da es wirklich an einem namhaften Ballet-Componisten fehlt) in der Bahn, die hier Herrn Gürrlichs Talenten eröffnet sey, er ohne Zweifel mit Ruhm bestehen werde. Die Einschiffung nach Cythere und das heutige Ballet lassen in diesem Jahre den Anspruch so eintreffen, wie im vorigen der Dorfschulmeister und der Opernschneider. Der großmüthige Corsar ist besonders reich an melodischen Figuren, glücklichen Wendungen und geschmackvollem Gebrauch der Blasinstrumente. Eine zweite Vorstellung wird Gelegenheit liefern, dies genauer anzugeben; dann auch ein mehreres über das einzelne Verdienst unter dem tanzenden Personal. – p –
Nationaltheater: großmütige Korsar, Der (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/141.
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