Das Singspiel: die Räuberhöhle, ist einfachen, tragischen Inhalts, der aus dem Le Sageschen Roman: Gilblas, genommen ist, und einzelne sehr glückliche Züge darbietet. Der Verfasser aber hat, grade durch das Streben, alle seine Hauptpersonen gleich interessant zu machen, die Theilnahme an der Handlung zerstreut und geschwächt. Im ersten Akt ist’s die in Räubergewalt gerathene Seraphine; im zweiten ihr Geliebter, Don Alfonso, der, um sie zu retten, sich freiwillig in gleiche Gefahr stürzt, die das Gefühl des Zuschauers in Anspruch nehmen, und im dritten fordert es sogar der Räuberhauptmann beinahe ausschließend für sich, ob er gleich, trotz seiner sich entwickelnden Blutsverwandtschaft mit Seraphinen, so wenig entscheidend in die Handlung eingreift, daß auch er, völlig passiv, in Gesellschaft seiner Gefangenen, zuletzt durch Gilblas, den der Zufall begünstigt, aus der Gewalt seiner Raubgenossen gerettet werden muß. Die Musik aber ist schön, reich an Ausdruck, und besonders von imponirender Kraft in den mehrstimmigen Gesangstücken und Chören. Die Rolle des liebenden Paares ward durch Madame Müller und Herrn Eunike, im Spiel und Gesange, sehr verdienstlich geleistet. Herr Franz, als Räuberhauptmann, schon im Aeußern vortheilhaft für die Rolle geeignet, that ihren Forderungen Genüge, und hob sie durch seinen schönen Gesang; so wie Herr Labes, als Gilblas, und Dlle. Mebus, als Leonarde, verdienten Beifall erwarben. Auch von Seiten der Decoration empfiehlt sich diese Oper dem Auge durch Reiz der Neuheit. Bei der vorauszusetzenden Lage der Höhle würde es aber noch bessern, die Täuschung befördernden Effekt machen, wenn der Hintergrund der oberen Abtheilung, statt des freien Feldes, dichten Wald bemerkbar machte. / - x -
Nationaltheater: Räuberhöhle, Die (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/242.
Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/nationaltheater/theaterstueck/242