Freitag den 29sten: Die Eifersucht auf Probe, Oper in 3 Akten, nach dem Italienischen Il Geloso in Cimento, Musik von Anfossi. / Nach einer langen Reihe von Jahren hat man diese komische Oper mit Recht wieder hervorgesucht. Die Musik hat einen angenehmen leichten Styl, einen fließenden Gesang und viele originelle komische Züge. Die Finale der beiden ersten Akte sind trefflich gearbeitet, und mit einer äußerst gefälligen Instumental-Begleitung ausgeschmückt. Wenn man freilich hie und da den Reiz der Blasinstrumente vermißt, durch die ein erfahrener Komponist jetzt große Wirkungen hervorbringen kann; so wird das Ohr auf der andern Seite auch nicht durch sogenannte frappante Uebergänge, u. ohne Vorbereitung, gleichsam mit den Haaren herbeigezogene Ausweichungen, gepeinigt. So halten ferner den Zuhörer die Arien durch ihren schönen Gesang wieder schadlos, wenn sie durch die Form und durch die öfters zu langen Ritornells veraltet scheinen. Es wäre zu wünschen, daß dergleichen lange nicht gehörte Musiken von Meistern, wie Anfossi, Piccini, Paesiello, Salieri ec. öfterer hervorgesucht würden; man wird dann eingestehen müssen, daß so manche heutige hochgepriesene Produkte an Wahrheit und innerm Gehalt ihnen weit nachstehen. Die Aufführung dieser Oper war in jeder Hinsicht zu loben, man hörte, daß sie mit Fleiß einstudirt war. Herr Gern (Perichett) machte durch seine anständiges Spiel und seinen Gesang vieles Vergnügen. Madam Müller (Donna Flavia) und Mad. Lanz (Modesta) sangen beide sehr schön, so Herr Weitzmann (Fabio) und Herr Ambrosch (Jackson). Ersterem wäre in Hinsicht seines Spiels mehr Leben zu wünschen. Herr Kaselitz (Paterio) spielte den Bedienten mit vieler Laune. Die Finale gingen sehr präcis. Bei der Maskerade im zweiten Akt war das große Theater zu leer, es machte keinen guten Effekt.
Nationaltheater: Eifersucht auf der Probe, Die (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/258.
Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/nationaltheater/theaterstueck/258