Den 22sten: Der eifersüchtige Kranke. / Diese Kleinigkeit ist ursprünglich
das Eigenthum des Threâtre du Vaudeville, wo sie unter dem Titel: le Jaloux
malade, mit Beifall gegeben wird. Hier gefällt sie, des wirklich angenehmen
Spieles der Madame Fleck u. der Herren Schwadke und Unzelmann ungeachtet,
weniger. Warum? Soll ich einige Gründe zur Wahl angeben? 1. Im Französischen
ist das Stück (wie überhaupt alle im Vaudevilletheater, mit kleinen
Arietten, auf bekannte leichte Weise gesetzt und gesungen, untermischt: Ob
man denn diesen Unterschied zwischen Singespielen und Liederspielen nie auf
Deutschen Boden verpflanzen wird, wo doch so gern gesungen, geträllert und
mit unter in Couplets gestichelt wird; denn daß die Seele von dergleichen
Vaudevillestücken allgemeine, harmlose Satyre ist, versteht sich von selbst.
- 2. In Französischen Stücken dieser Gattung werden die kleinsten Rollen
ebenso gut gegeben als die großen. Der Arzt, die Bedienten, die Wärterin,
wissen aus ihren paar Zeilen viel zu machen. Hier wird eine kleine Rolle
meist abgeschüttelt; der sie bekommt, hält sich für einen Lückenbüßer, sagt
seine Worte daher, und tritt ab. Der Schauspieler muß sich selbst
Wichtigkeit zu geben wissen; man muß es ihm nie anhören oder ansehen, daß er
tief unten im Personenzettel steht. Kleinigkeiten werden nur durch in
einandergreifendes Spiel gehoben. Der Gedanke war glücklich, auf den
ungeduldigen Kranken die ungeduldige junge Frau [d. i. die "Die jähzornige
Frau"] folgen zu lassen.
Nationaltheater: kranke Eifersüchtige, Der (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/353.
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