Der Name Benda ist wie der, Bach, in der Musik seit langer Zeit achtbar geworden, und berechtigt zu Erwartungen. Herr Friedrich Benda machte sich schon früher vortheilhaft bekannt, durch seinen Pigamlion und seinen Orpheus. Letzterer vorzüglich gewann der Kenner Beifall. Es herrschte eine sehr helle musikalische Charakteristik; der Chor der seligen Schatten: Schmerz der Vergangenheit schwindet hier etc. und die seelenvolle tiefgefühlte Arie: Umsonst verbirgt in seine Schatten, des Grabes Nacht, Geliebte, dich etc. machten, wie billig, große Sensation. Herr F. B. gehört auch zu den seltnen, streng Kirnbergerschen Theoretikern, die den, man mögte sagen, ängstlich reinen Satz mit Geschmack und Anmuth zu paaren wissen. Deshalb durfte man sich heute freuen, wieder ein Werk von ihm zu hören, um so mehr, da die vaterländischen Künstler nur selten etwas für die Bühne liefern. Die Musik zum Blumenmädchen ist auch aus mehr als einem Gesichtspunkt angesehen, zu loben. Die Gedanken sind anziehend, die feste Kunst darinn unverkennbar, die Wirkung der Instrumente wohl berechnet. Aber in der Wahl seines Sujets hat sich Herr Friedrich Benda vergriffen. Das Stück ist ohne Interesse. Der Titel läßt schon vermuthen, man werde alle Bekanntschaften (aus dem Rosenfest, der Liebe auf dem Lande u.s.w.) sehen. Das ist denn auch wirklich der Fall. Ein Schösser will seinem Sohn nicht die Geliebte, sondern ein reiches Bauernmädchen zufreien, und steht mit dem Nachtwächter in Unterhandlung, der bewirken soll, daß beim, im Orte üblichen Blumenfeste, die Ausersehene zur Rosenkönigin gekrönt werde. Die Gemeine ist aber redlich, und indem sie Röschen, so heißt Franzens Geliebte als die Tugendhaftere anerkennt, und diese auch zum Blumenmädchen gewählt, und aus den jungen Leuten wird ein Paar. Diese einfache, (wohl zu einfache) Handlung bleibt sich im wörtlichen Ausdruck nicht treu. Die Poesie verräth das Streben modern zu seyn, zu sehr und paßt wenig für die Musik, ob sie sich sonst zwar ganz artig liest. Eigenthümlichkeiten von feiner Neuheit sind nicht da. So fand denn das Ganze eben keinen lebhaften Beifall, aber doch immer Beifall. Vielleicht vermehrt er sich künftig. Das Haus war nicht sehr voll und da pflegt man gewöhnlich gegen neue Erscheinungen gewöhnlich kalt zu seyn. / - p -
Den 16ten: Das Blumemädchen. Oper in einem Aufzuge, von Friedrich Rochlitz.
Musik von dem Königl. Kammermusikus Friedrich Benda. / Die Handlung dieser
kleinen Oper würde zur bessern ihrer Art gerechnet werden können, wenn wir
nicht schon zuviel mit dergleichen Bauernscenen auf der Bühne wären
heimgesucht worden, die dabei komischer behandelt sind, als die
gegenwärtige. Uebrigens ist der Dialog fließend, der Versbau wohlklingend
und oft sehr musikalisch. / Die Namen Georg und Franz Benda, zwei Brüder,
glänzen ehrenvoll schon seit einem halben Jahrhundert im Reiche der
Tonkunst. Der erste, ehemaliger Kapelldirektor zu Gotha - Schöpfer der
Duodramen Medea, Ariadne und Pygmalion, ferner verschiedener Operetten,
worunter sich Romeo und Julie musterhaft auszeichnet - hat sich durch diese
dramatische Arbeiten den bleibenden Ruhm eines großen Künstlers mit Recht
erworben. Der zweite, Konzertmeister unter Friedrich dem Zweiten, ein ebenso
großer Violinist als tüchtiger Instrumentalkomponist, war der Vater der
achtungsvollen Kompositionen gegenwärtiger Operette. Genie und Talent lassen
sich freilich nicht, wie Güter und Geld, auf die Nachkommen forterben;
allein schon das Bestreben, sich der glänzenden Ahnen würdig zeigen zu
wollen, verdient Achtung. Herr F. Benda soll sich in früheren Jahren mit
nicht gemeinen Kunstkenntnissen in verschiedenen Kirchenmusiken gezeigt
haben, in reifern Jahren hat er sich an das dramatische Fach gewagt. Kennt
er vielleicht auch nicht den ganzen Umfang dieser schwierigen Kunst, so
zeigen doch einzelne Stücke dieser Operette von einem Manne, der in seiner
musikalischen Kunst bewandert ist. Freilich nur eine beständige Uebung und
ein vertrauter Umgang mit dem Theater formen den Meister. Musik als Musik
allein kann hier nicht in Betracht kommen. / Herr Unzelmann, als Schösser,
machte durch seinen karakteristischen Anzug, seine komische Laune und sein
Spiel viel Vergnügen. Mlle. Willich (das Blumenmädchen), und Herr Weitzmann
sangen beide recht brav. Das Orchester ging gut, die Chöre intonirten rein,
und die ganze Vorstellung wurde zierlich und mit guter Ordnung
gegeben.
Nationaltheater: Blumenmädchen, Das (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/386.
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