Am 25. Dezember ward das Königliche Operntheater mit der Oper ; Iphigenia in Aulis, Musik von Gluck, wieder eröffnet. Im Nationaltheater ward an demselben Tage gegeben: Der Verein, Schauspiel in einem Akt, und: Die beiden Freunde, Schauspiel von Beaumarchais in 5 Aufzügen. Glucks Meisterwerk ist allbekannt; der Kapellmeister Weber hat die Tanzmusik zu dieser Oper komponirt, da die von Gluck hier bereits oft gegeben worden. Diese Musik hat Anmuth, Kraft, Eigenthümlichkeit und Melodie. Das Orchester ward von ihm mit Feuer, Geschmack und Bestimmtheit geführt. Der kurze pantomimische Prolog, von Mehlmann anziehend gedichtet, von Weber herrlich gesetzt, welcher der Oper vorherging, der Geschmack und Reichthum in Anordnung der Kleidungen, Dekorationen und Aufzüge, Gesang und Spiel der Künstler, das herzliche Schauspiel: Der Verein, wie man sagt, von dem Direktor Iffland geschrieben – alles dieses hat heute nicht der Gegenstand einer nähern Anzeige seyn können. / Unser väterlicher König, unsere geliebte Königin! Berlin – dieses gute Volk im Jubel über den Besitz und Verein seines Fürstenhauses, - der vaterländische Sinn der guten Brandenburger, der so herzkräftig sich ausgesprochen – das Königliche Haus und Berlin, das ist, wovon die Rede seyn muß. – Wir wollen uns die hohen köstlichen Augenblicke wieder zurückrufen, die wir gelebt haben; wir wollen sie unsern Brüdern außer Berlin mittheilen, und wollen des herzvollen Pulses froh seyn, der so kräftig die Menschen zu einem Gelübde verbunden hat. / Das Opernhaus war mit mehr als dreitausend Menschen angefüllt. Die wogende Masse wartete freudenvoll des Königlichen Paares. Kurz vor 6 Uhr entstand eine allgemeine Stille und hielt ununterbrochen an, bis um 6 Uhr Friedrich Wilhelm und Luise, in der Mitte Ihres blühenden zahlreichen Hauses, erschien. Wie aus Einem Munde erscholl es: „Der König lebe, es lebe die Königin, Friedrich und Luise lebe!“- Dieser Ruf, von Thränen der Freude geheiligt wiederholte sich und konnte nicht enden, und drang über den Jubelton des zahlreichen Orchesters aus. Der König nahm mit sichtbarer Erschütterung das Willkommen seines geliebten Volkes in einer Brust auf, welche von treuer Sorge und hochherzigem Willen belebt ist. Sein Danken senkte sich freudig und gerührt auf alle nieder, ein edler inniger Blick drang in alle Räume umher, der gute väterliche Sinn des wahrhaften Fürsten umfaßte die Segenswünsche seiner Preußen und trug sie dankend himmelwärts. Die freudigen Bewegungen des Landesvaters wiederholte uns oft und bestimmt, was in seiner Brust vorgehe. Die Thränen unserer Königin, die im Geleit des verehrten und ehrwürdigen Vaters, Ihrem Gemahl zur Seite stand, sprachen beredsam aus, was Sie uns ist, was wir Ihr sind. Mutterliebe für ein treues Volk, Ausdauer, Muth, Ergebung und die Hoffnung des besten Glaubens sahen wir im Blicke u. in den Segnungen unserer Königin.
Nationaltheater: Iphigenia in Aulis (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/450.
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