Den 25sten: Er mengt sich in Alles. / Ursprünglich und für die deutsche Bühne bearbeitet, der Busy-Body der Mistriß Centlivre. Der Hauptcharakter, Plumper oder Marplot, die Hauptscenen, die verkaufte Unterredung, das Gartenthor, der Brief in Ziffern, das Eichhörnchen (im Englischen ein Affe), das gestörte Rendez-vous, der Geist, alles im Original, wie in der Copie. Die Auslassungen und Veränderungen zeugen von Geschmack und dramatischer Kenntniß. Z. B. im Englischen Stück erscheint Carl als Charlottens bestimmter Bräutigam aus Spanien, und der Betrug wird – erst nach geschehener Trauung entdeckt. Freilich ist das Original beinahe hundert Jahre alt, und bedurfte vieler Verbesserungen; Derbheiten mußten verschleiert, zu auffallende Unwahrscheinlichkeiten natürlicher herbeigeführt werden u.s.w. Selbst die Englischen Schauspieler haben sich manche Freiheiten mit dem Originale erlaubt. Das Stück ist im J. 1709 von Mistriß Susanna Centlivre geschrieben, der die Englische Bühne überhaupt neunzehn Trauer-, Schau- und Lustspiele (in dem Zeitraum von 1700-1721) verdankt. Von der Verfasserin weiß man wenig, ja nicht einmal ihren Familiennamen. Sie studirte in Mannskleidern in Cambridge, mit einem Scolar, ihrem heimlichen Liebhaber, verheirathete sich zum erstenmale im 16ten Jahre, zum zweitenmale, ein Jahr darauf, mit einem gewissen Carrol, den sie nach anderthalb Jahren in einem Duell verlor. Hierauf zwang sie die Noth, Schauspiele zu schreiben, und selbst Schauspielerin (ohne Beifall, sagt man) zu werden. Endlich versetzte sie das Glück aus dem Mangel in den Ueberfluß. Sie heirathete Herrn Joseph Centlivre, der Königin von Englands Leib- und Mundkoch und starb 1723. Ihr vorletztes Stück, Bold Strock for a Wife, gilt für ihr bestes. / Um vorzügliches Talent zu zeigen, hätte Herr Bürger keine so gemeine, abgegriffene Rolle wählen sollen, als die des alten Hermann. Aber was soll er, was soll man von Sprachfehlern, wie folgende, sagen, die einigen hiesigen Schauspielern entschlüpften, und leider viel zu oft entschlüpfen: Ich fürchte Ihnen zu inkommodiren. – Ich komme Ihnen dafür zu bestrafen. – Das sage ich Ihnen vor mich, u.s.w. Wie kann man eine der ersten, gemeinsten Regeln der Kunst so muthwillig verletzen, so unverzeihlich nachlässig behandeln!
Nationaltheater: Er mengt sich in Alles (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/77.
Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/nationaltheater/theaterstueck/77