Ueber diese melodiereiche hohe Musik ist längst entschieden. Madam Schick, so wie Herr und Madam Eunike wetteifern im großen und herzlichen Gesange. Herr Weitzmann sang sehr brav, und that alles, seine schöne Singstimme geltend zu machen. Die Sprache aber war zu zahm, und der Gang ohne Bedeutung. Mad. Lanz, welche mit Sorgfalt und Geschmack die Musikparthie vorgetragen, hat ebenfalls ihrem Gange die Unbestimmtheit noch nicht genommen. Die Vorstellung ist vollständig, geordnet, anständig und reich. Die Dekorationen sind des großen Künstlers würdig. Nur der Brand des Kapitols befriedigt nicht. Zwar ist es schwer, diesem Brande, welcher das ganze Final hindurch dauert, Wahrscheinlichkeit zu geben, da die Steinmassen nicht zusammenstürzen; allein das Genie hätte etwas ersinnen müssen, dieser Scene ein furchtbares Leben verschaffen. / Es wünschen viele, daß die Römer aller Stände, sich nicht öffentlich des Taschentuchs ferner bedienen wollen. Man geräth dadurch auf einmal aus dem Kapitolium in eine heutige Wohnstube. Das Römische Volk war übrigens heut ernst und anständig, welches denen zum Lobe gereicht, die es dahin vermocht haben. Die Chöre wurden voll und lebhaft ausgesprochen. Schade, daß die Bewegung sie nicht öfterer unterstützt.
Nationaltheater: Titus [La clemenza di Tito] (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/93.
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