Brüderverein

Name:
Brüderverein
andere Namensformen:
  • 1843/00/00: Brüderverein zur gegenseitigen Unterstützung
Sitz:
Neue Friedrichstraße 21 (1855)
Adressenänderungen:
1: Datum 1865
Neue Friedrichstraße 35
(Haus der Gesellschaft der Freunde)


2: Datum 1876
Unter den Linden 4a
(Eigentum)


3: Datum 1905
Kurfürstenstraße 115/116
(Eigentum)
Daten:
gegründet 01.01.1815 aufgelöst 16.10.1939
Kommentar:
jüdisch
Geschichte/Programmatik:
Der Brüderverein zur gegenseitigen Unterstützung gründete sich 1815, um "nächst der Belebung und Erhaltung des Gemeingeistes und des gegenseitigen Interesses ihrer Mitglieder, auch den Armen und Dürftigen derselben, durch Unterstützung jeglicher Art, hülfreichen Beistand zu leisten, um sie so viel als möglich vor Noth und Beschämung zu sichern." Seine Mitgliedschaft rekrutierte er anfangs vor allem unter erst seit kurzem in Berlin ansässigen Juden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts traf sich der Verein im Haus der "Gesellschaft der Freunde", Neue Friedrichstraße 35, später kaufte er ein eigenes Haus in der Kurfürstenstraße 115/116. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts konnte der Brüderverein über eintausend Mitglieder in seinen Reihen zählen, die vor allem dem Mittelstand jüdischer Abstammung zuzurechnen waren. 1938 wurde der Verein durch die Nationalsozialisten verboten, die sein Vermögen beschlagnahmten. Das Vereinshaus wurde Sitz des Referats IV D 4 (Referat "Auswanderung und Räumung") des Reichssicherheitshauptamtes, seit Dezember 1939 geleitet von Adolph Eichmann. (Sebastian Panwitz: http://www.gesellschaftderfreunde.de/)
Statuten:
Statuten des Brüder-Vereins 1815 Erster Abschnitt. Von dem Wesentlichen des Vereins. Zweck und Name desselben. §. 1. Die innigste Annäherung, die herzlichste Theilnahme und ein brüderliches Interesse unter seinen Mitgliedern zu bewirken, ist der Hauptzweck des Vereins. Aus diesem Grunde nennt er sich Brüder-Verein und macht sich nächstdem zur Pflicht: §. 2. den ohne eigene Schuld unthätig oder nahrungslos gewordenen Mitgliedern, so wohl durch Geldunterstützungen zur Wiederbelebung ihrer Thätigkeit als durch Empfehlungen und Fürsprache, so wie dem Kranken durch Theilnahme und Fürsorge jeder Art, aus allen Kräften zu Hülfe zu kommen. §. 3. Der Wirkungskreis des Vereins erstreckt sich auf alle seine Mitglieder, so sie die eingegangenen Pflichten, gegen ihn sowohl, als auch gegen ihre Nebenmitglieder treulich erfüllen; sie mögen übrigens in Berlin oder außerhalb geboren sein; jedoch müssen sie sich in Berlin aufhalten. Anmerkung 1. Der Verein bindet sich an keine Anzahl von Mitgliedern, und stehet jedem gut renomirten Jüngling nach zurückgelegtem achtzehnten Jahre, wenn er einen bestimmten Nahrungszweig ergriffen, oder ein Sohn wohlbemittelter Eltern ist, der Eingang in dieselbe offen. Anmerkung 2. Um aller Rangstreitigkeit zwischen den Mitgliedern vorzubeugen, wird jedes Mitglied sich eine Nummer ziehen, nach welcher dasselbe in den Versammlungen aufgerufen, und seinen Platz einnehmen wird. Die Reihe der Nummern wird mit jedem Eintretenden fortgesetzt so wie die durch Abgang erledigten durch neue Mitglieder ersetzt werden. Mittel des Vereins §. 4. Der Verein bedient sich folgender Mittel um seine sich vorgesetzten Zwecke zu erreichen: a. Gesetze, die durch die gutwillige Annahme sämtlicher Mitglieder sanctionirt worden, und denen gemäß zu handeln jedes Mitglied mit dem Eintritt in den Verein sich verbindet. b. Einer gemeinschaftlichen Kasse zu welcher sämmtliche Mitglieder monatlich ein Bestimmtes beitragen. c. Der Interessen der ausgethanen Gelder. §. 5. Ein jedes Mitglied zahlt bei seinem Eintritt in den Verein sechs Thaler Courant zum Fond und monatlich einen Beitrag von acht Groschen. Anmerkung. Wenn ein Mitglied bei seinem Eintritt ein hundert Thaler zum Fond des Vereins zahlet, so ist dasselbe dadurch ein perpetuelles Mitglied und von den ordinairen Beiträgen für immer befreiet. §. 6. Sind die Umstände von der Art, daß nach der Einsicht der Vorsteher, die gewöhnliche jährliche Einnahme zur Bestreitung der Bedürfnisse des Vereins nicht ausreicht, so haben dieselben eine General-Versammlung zu veranstalten und die Mitglieder mit dem, was bereits geschehen, dem Kassenbestande und mit den Bedürfnissen des Vereins bekannt zu machen, und auf eine extraordinaire Beisteuer anzutragen. Wird dieser Antrag von der Mehrheit gebilligt und angenommen, so kann sich kein Mitglied von demselben lossagen, und ist der größte Beitrag alsdenn, den die Vorsteher von einem Mitgliede fordern können, ohne jedoch der Wohlthätigkeit hiermit Grenzen setzen zu wollen, ein Thaler Courant. Ein solcher Antrag darf aber jährlich nur einmal Statt finden. Von der Verwaltung und der Direktion. §. 7. Zur Aufrechterhaltung der Gesetze des Vereins erwählt derselbe aus seiner Mitte einen Ausschuß, dem er die Besorgung der gewöhnlichen Geschäfte, und die Aufsicht über die Ausübung der Gesetze und Statuten überträgt. Der Ausschuß fungiert unter dem Namen Vorsteher des Brüder-Vereins und bestehet aus folgenden Mitgliedern nemlich aus einem Direktor einem Pflegevater einem Kassierer einem Controlleur und Revidenten einem Sekretair und zwei Assessoren. Die Funktionen derselben werden unten näher angegeben. Anmerkung 1. Zum Behufe seiner Amtsführung wird diesem Ausschusse ein besoldeter Bote untergeordnet. Anmerkung 2. Alle Vorsteher haben in den Sitzungen gleiche Rechte und Stimmen, und die Mehrheit entscheidet. In dem Falle, wenn die versammelten Mitglieder von grader Zahl sind, hat der Direktor, um den Ausschlag geben zu können, zwei Stimmen. Genießt jedoch einer der Vorsteher eine Unterstützung, ist derselbe über Geldangelegenheiten nicht stimmfähig. Von den Versammlungen. §. 8. Die Vorsteher werden monatlich eine Session halten, und außer dem, mit Zuziehung von noch vier Mitgliedern, so oft die Umstände es erfordern. §. 9. Der ganze Verein wird sich wenigstens jährlich einmal versammeln. Die nähern Bestimmungen der Versammlungen weiter unten. Pflichten der Mitglieder gegen den Verein. §. 10. Ein jedes Mitglied ist verpflichtet alles beizutragen wodurch das Beste des Vereins befördert, so wie §. 11. Alles das zu vermeiden, wodurch so wohl der moralische als finanzielle Zustand des Vereins gefährdet werden könnte. Der Verein fordert demnach von jedem Mitgliede §. 12. Daß es sich bei dem Eintritt mit den Gesetzen und den Statuten desselben genau bekannt mache, um dadurch im Stande zusein ihnen gemäß zu handeln. Anmerkung Zu diesem Behuf wird immer bei den Vorstehern eine Anzahl gedruckter Exemplare dieser Statuten vorräthig sein, wovon jedem Eintretenden ein Exemplar für ein geringes Honorarium überlassen werden soll. §. 13. Ferner, daß jedes Mitglied, die durch den Eintritt übernommene Verbindlichkeiten pünktlich erfülle, und daß ihm überhaupt die Ehre des Vereins als seine eigene am Herzen liege. §. 14. Jedes Mitglied verpflichtet sich seine Beiträge prompt und immer ein viertel Jahr pränumerando zu bezahlen, auch niemals mit denselben länger als drei Monate rückständig zu bleiben. Es muß daher wenn es verreist dafür sorgen, daß seine Beiträge durch einen andern, den er dem Kassierer anzeigt, berichtigt werden. Wer die Zahlung seiner Beiträge sechs Monate verabsäumt, und keine trüftige Gründe dieser Versäumniß angeben kann, auch die glimpflichen Ermahnungen des Kassierers unberücksichtigt läßt, erklärt hiermit stillschweigend, daß er aus dem Verein tritt, und ist das (im II. Abschn. §. 17.) festgesagte gegen ihn anwendbar. §. 15. Jedes Mitglied verpflichtet sich ferner die Krankenbesuche, so oft es dazu vom Patienten selbst, oder vom Pflegevater aufgefordert, so wie die Leichenbegängnisse, zu denen er von dem Direktor eingeladen wird, nicht zu versäumen; und soll jede Vernachlässigung dieser Art, wenn sie nicht durch hinreichende Gründe entschuldigt werden kann, als ein Vergehen gegen die Humanität mit der (im II. Abschn. §. 17.) festgesetzten Buße belegt werden. §. 16. Ferner keine General- oder andere Versammlungen zu welchen dasselbe von dem Direktor nach festgesetzter Form und Bestimmung eingeladen wird, zu versäumen. §. 17. Mit dem Eintritt in den Verein verpflichtet sich jedes Mitglied ganze drei Jahre vom Tage der Aufnahme an in demselben zu verbleiben, und haben alle Verbindlichkeiten diese drei Jahre hindurch volle Kraft. Vier Wochen vor Ablauf dieser Zeit muß, wenn ein Mitglied den Verein verlassen will, die Kündigung schriftlich geschehen, und derselben jeder rückständige Beitrag wie auch das Diplom beigefügt werden. Versäumt es diese Kündigung, so hat es sich stillschweigend wiederum auf drei Jahre verbunden. §. 18. Endlich verpflichtet sich jedes Mitglied, die vom Verein genossenen Unterstützungen, sowohl die ihm vorschußweise in seiner Krankheit, als auch die ihm als einem Dürftigen gereicht worden sind, so bald seine Umstände es gestatten, dem Verein zurück zuzahlen. Anmerkung Unter Unterstützungen werden hier jedoch nur solche verstanden, die entweder einem bemittelten Kranken auf sein Verlangen vorschußweise, oder solche, die einem Mitgliede zur Fortsetzung seines Geschäfts gereicht worden sind. Keinesweges aber hat der Verein das Recht die einem Mitgliede wegen gänzlichen Unvermögens, in seiner Krankheit oder wegen verlohrener Erwerbstätigkeit wöchentlich angediehenen Unterstützungen je, selbst bei notorisch verbesserten Umständen desselben zurück zufordern. Es wird dieses lediglich der Gewissenhaftigkeit eines in diesem Falle sich befindenden Mitgliedes überlassen, sich deshalb mit dem Verein abzufinden. §. 19. Um den Statuten größere Kraft zu geben, so wird ein Exemplar derselben bei den Vorstehern liegen, welchem ein Schein folgendes Inhalts, angehängt ist. Ich Endesunterschriebener bescheinige hiermit, daß ich die vorstehenden Gesetze und Statuten genau durchgelesen und geprüft. Ich verpflichte mich auf Ehre und Gewissen diesen von mir freiwillig übernommenen Pflichten, so lange ich zum Verein gehöre, treulich nachzukommen, so wie ich alles, kraft dieser Gesetze und Statuten, von Seiten des Vereins an mich zu machenden Geldforderungen das Wechselrecht zu erkennen. Dieser Schein wird von jedem Mitglied eigenhändig oder von seinem Bevollmächtigten unterschrieben. Pflichten der Mitglieder gegen einander. §. 20. Mit dem Eintritt in den Verein tritt jedes Mitglied mit allen seinen Nebenmitgliedern in ein engeres Verhältniß; diesem gemäß zu handeln wird von ihm gefordert, so wie es eine diesem Verhältnisse gemäße Behandlung von jedem Nebenmitglied zu erwarten berechtigt ist. §. 21. Die erste Pflicht eines jeden Mitgliedes ist also, sich für das Wohl seiner Nebenmitglieder auf’s Beste zu interessieren, und seine Theilnahme an der Ehre, dem Ruf und dem besseren Fortkommen desselben aus allen Kräften zu besthätigen. Hieraus entspringen die Verpflichtungen, daß §. 22. Wenn ein konditionierendes Mitglied seine Stelle ohne eigenes Verschulden verliert, ein jedes seiner Nebenmitglieder verbunden sei, ihm so viel in seiner Kraft steht, durch Empfehlung und Fürsprache zu Erlangung einer anderen Stelle, so wie jedem ohne Verschulden wohnungslos gewordenen Mitgliede zur Erlangung eines neuen Erwerbszweiges behülflich zu werden. Ferner §. 23. Wenn ein Mitglied durch Krankheit oder einen sonstigen widerwärtigen Zufall in der Fortsetzung seines Geschäfts gehindert wird, demselben durch die gutwillige unentgeltliche Uebernahme und der gewissenhaften Betreibung seines Geschäfts, so wie durch die Fürsorge zur Sicherstellung seiner Handlungsbücher und wichtigen Scripturen, brüderlichen Beistand zu leisten. Anmerkung 1. Es hängt von jedem in dieser Lage sich befindenden Mitgliede ab, sich einen oder mehrere solcher Prokuratoren selber zu wählen und sie den Vorstehern anzuzeigen, oder sich solche von denselben vorschlagen zu laßen. Zu einem wie in dem andern Falle aber muß ganz vorzüglich darauf gesehen werden, daß die Gewählten durch die Ausübung dieser Pflicht in der Betreibung ihrer eigenen Geschäfte nicht zu sehr gestört werden. Anmerkung 2. Dieses Gesetz verpflichtet nur in Betracht der eigenen Geschäfte der Mitglieder; keinesweges aber soll dieses auf die Dienstgeschäfte derselben extendiert werden können. Pflichten des Vereins gegen seine Mitglieder. §. 24. Der Verein verpflichtet sich, für alle Mitglieder, die den Statuten gemäß handeln, ein stets reges Interesse zu haben, für ihr moralisches und physisches Wohl die bestmöglichste Sorge zu pflegen, und ihnen nöthigenfalls, nach den ihm zu Gebote stehenden Mitteln, Geldunterstützung angedeihen zu lassen. §. 25. Ferner verpflichtet sich derselbe, ein stets wachsames Auge auf die Sitten seiner Mitglieder zu haben, es sich angelegen sein zu lassen, die Reinheit derselben unter ihnen zu erhalten, und ihre Veredelung bestmöglich zu befördern. Ein Mitglied, das nach einem öffentlichen Erkentnisse menschliche und bürgerliche Pflichten verlezt hat, verwirkt dadurch sein Recht bei dem Verein, und muß sofort ausgestoßen werden. §. 26. Die Unterstützungen des Vereins sind von dreierlei Art, a, Unterstützung der Verarmten b, Unterstützung der Erwerbsunfähigen c, Verpflegung der Kranken. Unterstützung der Verarmten. §. 27. Wenn ein eigenes geschäfttreibendes Mitglied ohne Verschuldung dergestallt verarmt, daß ihm die Mittel mangeln, sein Geschäft fortzusetzen, so kann dasselbe auf eine Unterstützung zur Wiederherstellung seines Gewerbes anfragen, und welche ihm nach genauer Untersuchung der Umstände und nach den unten noch näher anzugebenden Leistungen gereicht werden kann. §. 28. Kann dem Verarmten mit einer Summe von fünfzig Thalern oder weniger geholfen werden, so sind die jedesmaligen Vorsteher autorisiert, nach ihrem Gutbefinden ihm eine solche Summe auf die Kasse des Vereins anzureichen. §. 29. Finden aber die Vorsteher diese Summe zu dem beabsichtigten Zweck nicht hinlänglich, so haben dieselben noch vier Mitglieder zuzuziehen und ihnen das Gesuch vorzulegen. Dieser großere Ausschuß hat alsdann das Recht zu entscheiden, ob diese Unterstützung erhöhet werden kann. Jedoch darf solche niemals über hundert Thaler betragen. Anmerkung. Das Mitglied, welches eine solche Unterstützung genießt, ist das erste Jahr von allen Beiträgen frei. Wenn dasselbe nach Verlauf dieses Jahres seine Beiträge wiederzahlt, so kann es nach einer erhaltenen Unterstützung von fünfzig Thalern, nach drei Jahren, und nach einer Unterstützung von hundert Thalern, nach sechs Jahren, wiederum auf eine Unterstützung als Verarmter Anspruch machen. Bleibt aber dasselbe nach Verlauf des ersten Jahres drei Monate mit seinen Beiträgen rückständig, so wird es ausgeschlossen. Unterstützung der Erwerbsunfähigen. §. 30. Wird ein Mitglied durch physische Übel so unthätig, daß es zu jedem Geschäfte unfähig wird, und auf Unterstützung Anspruch macht, so kann ihm, wenn die Umstände nach genauer Untersuchung wahr befunden werden, ein Stipendium bis einem Thaler und zwölf Groschen Courant wöchentlich gereicht werden. Dieses Stipendium genießt es bis zur jährlichen General-Versammlung, bei welcher alsdann die neu gewählten Vorsteher über die Fortsetzung dieser Unterstützung bestimmen, aber auch nur auf ein Jahr, als für die Dauer ihrer Aemter. Ein gleiches Recht haben die ihnen folgenden Vorsteher. Jedes halbe Jahr muß der Zustand des Dürftigen von den Vorstehern untersucht werden, ob nicht die Unterstützung entbehrlich geworden. Anmerkung 1. So lange ein Erwerbsunfähiger diese Unterstützung genießt, ist er von jedem Beitrage befreiet. Anmerkung 2. Die Nachsuchungen dieser und der vorhergenannten Unterstützung müssen von den Bewerbern schriftlich geschehen. Der Direktor, an den die Eingabe geschiehet, muß wenn die Umstände bis zur monatlichen Session keinen Aufschub gestatten, sogleich eine Versammlung sämtlicher Vorsteher veranstalten. Verpflegung der Kranken. §. 31. Der Verein ist verbunden, jedem Mitgliede, das in eine Krankheit verfällt, alle mögliche Unterstützungen angedeihen zu lassen, zu denen er Mittel in Händen hat. §. 32. Sobald die Vorsteher von der Krankheit eines Mitgliedes Nachricht haben, so verfügt sich der Pflegevater zu dem Patienten und untersucht dessen Umstände. Ist das Mitglied dürftig, so wird ihm alles was zu seiner Herstellung erforderlich ist, als: ein Arzt, Arzneimittel, Krankenwärter, Nahrung aller Art, selbst Wohnung nöthigenfalls vom Verein hergegeben, und für die Sicherstellung der Geschäftsbücher, Papiere und Effekten des Patienten, wenn er es verlangt oder wenn er sich in einem Zustande der Bewußtlosigkeit befindet, Sorge getragen. Auch muß die im §. 20. enthaltene Verpflichtung in Ausübung gebracht werden. Anmerkung. Finden es die Vorsteher rathsam, so kann ein Kranker, dem es an Local, oder zu Hause an Pflege fehlt, in das Lazareth der Gemeinde untergebracht, und soll wegen Erstattung der Unkosten mit den Herrn Vorstehern des Lazareths eine Übereinkunft getroffen werden. Der Patient muß in diesem Falle eine Stube besonders, so wie außer der im Lazarethe genießenden Pflege alle mögliche und zuträgliche Unterstützung, Stärkung und Labsale von Seiten des Vereins bekommen; und überhaupt unter Mitaufsicht der Vorsteher sein. §. 33. Wenn die Krankheit länger als drei Wochen dauert, so erklärt der Arzt, ob sie zu den akuten oder chronischen gehöre. Im ersten Falle muß mit der Verpflegung fortgefahren werden; im andern Falle aber kann der Verein dem Patienten nur gleich jedem andern außer Thätigkeit gekommenen Mitgliede eine Unterstützung bis zu einem Thaler und zwölf Groschen wöchentlich zukommen lassen. Anmerkung 1. Ist der Patient in einer Brodstelle, so müßen die Vorsteher vorher versuchen, wie weit sie den Brodherrn bewegen können, dessen Verpflegung zu übernehmen, und dann das noch nöthige aus der Kasse des Vereins zu zufügen. Anmerkung 2. Trifft der Fall, daß ein solches Mitglied auch ein Mitglied einer andern wohlthätigen Gesellschaft ist, bei welcher es ebenfalls auf Verpflegung Anspruch machen kann, so liegt es den Vorstehern ob, sich hierüber mit den Vorstehern jener Gesellschaft zu verständigen und die Verpflegung gemeinschaftlich zu übernehmen. §. 34. Auch bemittelte Mitglieder können in einem Krankheitsvorfalle auf Vorschuß oder Kostenauslage vom Verein Anspruch machen. Diese Auslagen müssen aber, so bald die Gesundheitsumstände des Unterstüzten es erlauben, dem Verein gegen die Belege und Quittungen der Vorsteher zurückgezahlt werden. §. 35. Eine Hauptpflicht des Vereins ist, den Patienten nie ohne Aufsicht zu lassen. Findet also der Pflegevater die Krankheit einiger Maaßen bedenklich, so läßt er zwei Mitglieder zum Krankenbesuch bescheiden, und diese werden alle zwei Stunden von zwei anderen abgelöst. Ist die Krankheit ansteckend, oder ist sie von der Art, daß ihr die Besuche nicht ersprießlich sind, so findet dies Gesetz nicht statt. Hingegen ist bei Reconvalescenten, denen es um Zeitverkürzung zu thun ist, diese Pflicht ganz unerläßlich. Leztere können sich auch die Besuchenden selber wählen. Anmerkung 1. Es ist von der Humanität der Mitglieder zu erwarten, daß sie diese Pflicht gerne übernehmen und aus üben werden, da die meisten Mitglieder außerhalb geboren und der thätigen Theilnahme ihrer Verwandten entzogen sind. Anmerkung 2. Der Pflegevater muß bei der Wahl der Besuchenden besonders darauf Rücksicht nehmen, daß er die in Dienst stehenden Mitglieder zu solchen Stunden bescheide, in welchen sie am Wenigsten in den Geschäften ihrer Principale gestört werden. §. 36. Ein dürftiges Mitglied kann während seiner Krankheit, in welcher es vom Verein verpflegt wird, auf keine andere Unterstützung Anspruch machen. Genießt also der Patient seiner Dürftigkeit wegen schon eine Unterstützung so kann ihm diese während seiner Krankheit nicht ausgezahlt werden. Anmerkung. Kein Mitglied kann auf irgend eine Geldunterstützung vom Verein Anspruch machen, bevor es nicht drei Jahre zu demselben beigetragen. Die vorhergenannten dreierlei Unterstützungen nehmen demnach für die zeitigen Contribuenten, erst mit dem ersten January 1818 ihren Anfang. Später eintretende Mitglieder zählen die drei Jahre von dem Tage ihrer Aufnahme. §. 37. Bei der ersten General-Versammlung haben sich sämtliche Mitglieder einstimmig erboten, und als Gesetz festgestellt, daß so oft ein dürftiges Mitglied erkrankt, das noch keine drei Jahre zum Verein beigetragen, und also noch auf keine Unterstützung an denselben Anspruch machen kann, die Verpflegung desselben aus ihren eigenen Mitteln zu übernehmen, und bei einem solchen Falle außer ihren monatlichen Beiträgen, noch eine außerordentliche Beisteuer, nach der von Seiten der Vorsteher nach Erfordernis der Umstände, zu veranstaltenden gleichmäßigen Repartition herzugeben. Anmerkung. Es wird daher den jedesmaligen Vorstehern besonders zur Pflicht gemacht, bei der Aufnahme neuer Mitglieder genau darauf zu sehen, daß nicht durch die Annahme ganz unbemittelter Subjekte der Verein genöthigt werde, die Güte seiner Mitglieder zu oft in Anspruch zu nehmen. §. 38. Gehet ein Mitglied mit Tode ab, so wählt der Direktor mit Zuziehung des Pflegevaters zehn Mitglieder, die sich an die Beerdigungsgesellschaft der hiesigen Gemeinde anschließen, die Leiche bis auf den Begräbnisort begleiten und dort so lange verweilen bis die Gruft bedeckt ist, und bezeigen auf diese Weise ihrem verstorbenen Bruder die lezte Ehre. Anmerkung. Außer diesen zehn Mitgliedern müssen bei jeder Leichenbestattung eines Mitgliedes der Direktor oder der Pflegevater zu gegen sein; nur bei dringenden Geschäften können sie sich durch andere Vorsteher vertreten lassen. §. 39. Verläßt ein Mitglied Berlin, berichtigt aber seine Beiträge, so behält dasselbe sein Recht beim Verein und kann so bald es wieder zurückkommt auf alle Unterstützungen, gleich jedem andern hier Anwesenden Mitgliede Anspruch machen. Das Beste des Vereins erfordert es, daß vorläufig keine Unterstützungen außerhalb Berlin gereicht werden. Zweiter Abschnitt Von dem Formellen des Vereins. Von der Aufnahme der Mitglieder. §. 1. Wenn jemand in den Verein einzutreten wünscht, so meldet sich derselbe schriftlich bei dem Direktor, in welchem Schreiben er nächst seinem Wunsch zur Aufnahme auch sein Geschäft und seine Wohnung angiebt. Der Direktor läßt alsdann bei der nächsten monatlichen Session noch vier Mitglieder des Vereins einladen. Diese eilf Personen stimmen, nach genauer eingeholter Erkundigung über den moralischen Karaktum und die Vermögensumstände des Meldenden, und entscheiden über die Aufnahme. Die Aufnahme wird dem Mitgliede schriftlich angezeigt, wie auch die Nummer, die es bei dem Verein erhalten und nachdem dasselbe die Statuten unterschrieben, das Eintrittsgeld und die monatlichen Beiträge auf ein viertel Jahr pränumerando entrichtet, empfängt es das Diplom. Anmerkung 1. Die Mitglieder dieses größern Ausschusses müssen wenigstens drei Tage vor der Session den Namen des Gemeldeten erfahren, und zur Sitzung eingeladen werden. Anmerkung 2. Es kann niemand zum Mitglied aufgenommen werden, wenn er nicht bei diesem größern Ausschusse eine Pluralität von acht Stimmen für sich hat. Anmerkung 3. Der Bote erhält von jedem Eintretenden zwölf Groschen Courant. §. 2. Wird dem Gemeldeten die Aufnahme verweigert, so steht es demselben frei nach drei Monaten, und im Falle einer abermaligen Verweigerung, bei der General-Versammlung sich wiederum vorschlagen zu lassen. Eine öftere Meldung muß unberücksichtigt bleiben. Von der Wahl der Vorsteher. §. 3. Bei der jährlichen General-Versammlung werden die Vorsteher neu gewählt. Die Wahl geschiehet auf folgende Weise: acht Tage vor der Versammlung wird von Seiten der alten Vorsteher jedem Mitglied durch den Boten ein Zettel überreicht, auf welchem die Amtsbenennungen der Vorsteher stehen, zu welchen nun ein jedes die Namen der Mitglieder hinzufügt, von denen es diese Aemter bekleidet zu sehen wünscht. Diese Zettel werden bei dem Eintritt in die Versammlung in einen dazu bestimmten verschloßenen Kasten geworfen; und nachdem derselbe vom Direktor eröffnet worden, vom Sekretair in Gegenwart aller anwesenden Mitglieder protokollirt. Da aber ein Mitglied viele Stimmen zu verschiedenen Aemtern haben kann, so soll im Protokoll jedesmal genau angegeben werden wie viele Stimmen ein Mitglied zu jedem Amte hat. Diejenigen sieben Mitglieder welche die meisten Stimmen für sich haben, bilden die neuen Vorsteher und die abgehenden vertheilen unter sie mit Zuziehung von noch vier Mitgliedern, die Aemter. Anmerkung 1. Die neuen Vorsteher verwalten ihre Aemter ein Jahr hindurch, und können sich nur durch die triftigsten Gründe vor Verlauf dieser Zeit von ihrer Pflicht lossagen. Anmerkung 2. Die abgehenden Vorsteher können bei jedermaliger Wahl wählen und auch gewählt werden. §. 4. Nimmt einer der Gewählten sein Amt nicht an, so muß er die Gründe seiner Weigerung angeben; sind diese befriedigend, so wird das ihm an der Stimmenzahl zu nächst folgende Mitglied an seiner Stelle gewählt. §. 5. Ist die Wahl beendigt, so unterschreiben die abgehenden Vorsteher die Stimmlisten, und diese nebst dem Protokoll über das Geschäft des Tages werden zu den Papieren des Vereins gelegt. Anmerkung. Jeder an diesem Tage sonst zu verhandelnde Gegenstand gehet der Wahl voran, so daß immer mit Beendigung derselben auch das Geschäft des Tages endigt. Vom Fond und der Verwaltung der Kasse. §. 6. Um dem Verein eine dauerhafte Wirksamkeit zu sichern, muß für einen Fond gesorgt werden und ist Behufs dessen folgendes bestimmt und festgelegt worden. §. 7. Alle Gelder, die der Kasse des Vereins in den ersten drei Jahren, als bis zum ersten January 1818 zu fließen; die Eintrittsgelder sowohl als die monatlichen Contingente [Bl. 13] und freiwilligen Geschenke, sollen bis auf Abzug der geringen unentbehrlichen Ausgaben, als: des Botenlohns, der Druckkosten u. s. w. zum Fond geschlagen werden, und ist folgender Weise dabei zu verfahren. §. 8. So bald sich in den Händen des Kassierers eine Summe von mehr als hundert und zehn Thalern befindet, zeigt es derselbe in der nächsten monatlichen Sitzung den anderen Vorstehern an. Diese wählen aus ihrer Mitte zwei Glieder, welche alles was über zehn Thaler vorräthig ist bei einem hiesigen sichern und soliden Handlungshause für Rechnung des Vereins belegen; oder wenn sich für eine solche Summe kein Handlungshaus finden sollte, für diese Pfandbriefe einer Königlichen Provinz anschaffen. Die Wechsel als die Pfandbriefe werden in einen Umschlag gethan, mit dem großen Siegel des Vereins und den Privatsiegeln aller Vorsteher versiegelt und bei einem reichen und redlichen Manne, wenn er auch kein Mitglied des Vereins ist, gegen einen Depositenschein deponirt. Auf dem Umschlage wird nächstdem, daß der Inhalt ein Eigenthum des Brüder-Vereins ist, auch bemerkt, daß ein solches Depot nicht anders ausgeliefert werden soll, als bis über den Depositenschein wenigstens von dem Direktor, dem Kassierer, dem Residenten und einem der Assessores quittirt worden. §. 9. Die Interessen dieser Gelder werden in den ersten drei Jahren zum Fond geschlagen; in der Folge aber werden sie vom Kassierer viertel oder halbjährig für den Verbrauch des Vereins zur Kasse gezogen. Anmerkung. Mehr als drei hundert Thaler sollen nicht bei einem Handlungshause ausgethan, auch die Papiere über eine größere Summe nicht bei einem Mann deponiert werden. Sind Pfandbriefe für das Geld angeschaft worden, so können sie die Vorsteher, nach ihrem Gutbefinden, auch außer Cours setzen lassen. §. 10. Da die Beiträge der Mitglieder vierteljährig einkassirt werden, so soll nach Verlauf der ersten drei Jahre zur Bestreitung der Bedürfniße des Vereins, immer wenigstens ein Bestand von dreißig Thalern in den Händen des Kassierers verbleiben; und findet die Belegung der Gelder erst dann Statt, wenn der Kassenbestand über hundert und dreißig Thaler ist. §. 11. Die Eintrittsgelder der vom Jahre 1818 an eintretenden Mitglieder, so wie die besondern Geschenke, wenn nicht der Geber die baldige Verwendung derselben ausdrücklich bestimmt hat, können nicht zum gewöhnlichen Jahresbedarf des Vereins verwendet, sondern müssen in einer besondern Kasse bleiben, und auf obige Weise zum Fond geschlagen werden. Führung der Bücher. §. 12. Der Verein bedient sich folgender Bücher a. eines Protokollbuches, in welchem die Verhandlungen in den monatlichen Sitzungen, in den außerordentlichen und in den General-Versammlungen niedergeschrieben werden. Dieses Buch führt der Sekretair. b. eines Registers vom Direktor geführt, worin jedes Mitglied ein folio hat, auf welchem dessen Nummer, Geburts- und Aufenthalts-Ort, Gewerbe, Tag der Aufnahme, ob es ein Amt beim Verein bekleidet, ob es etwa Unterstützung genießt, und alle mit demselben vorgegangenen Veränderungen bemerkt werden. c. eines Registers für den Pflegevater, in welchem derselbe alles, was die Patienten und Dürftigen betrifft, aufnimmt. d. eines Kassebuches für den Kassierer. e. einer Controlle, um die Kasse zu kontrolliren, welche vom Controlleur geführt wird. Funktionen der Vorsteher. §. 13. Die Vorsteher übernehmen auf ihren Aemtern bestimmte Pflichten und Funktionen von deren gewissenhafter Ausübung, die Ordnung und die beständige Wirksamkeit des Vereins abhängen. A. Der Direktor. Dieser hat, als die erste Person der Vereins, folgende Pflichten zu erfüllen, und namentlich darauf zu sehen: a. Daß der Verein immer aufrecht gehalten, dessen Bestes möglichst befördert werde, die Geschäfte guten Fortgang haben, und daß die übrigen Vorsteher ihre Funktionen pünktlich verrichten; ihm werden daher alle eingehenden Gesuche übergeben, von ihm erbrochen und befördert und worüber er auch Journal führen muß. Ueberhaupt wird von ihm über alles was den Verein betrifft, Rechenschaft gefordert. b. Daß die Sessionen und General-Versammlungen gehöriger Zeit, und nach den unten noch näher zuzugebenden Bestimmungen und Formen veranstaltet, und daß sie mit Anstand und Thätigkeit den Statuten gemäß gehalten werden. c. Daß der Kassenbestand wenigstens vier mal jährlich revidirt, und daß hierauf nach obiger Bestimmung (II Abschn. §. 6.) verfahren werde. d. Daß jedem Mitgliede, das sich mit einem Anliegen an ihn wendet ohne unnöthigen Zeitverlust geholfen werde; auch, daß jeder, der sich zur Aufnahme meldet, nicht länger als vier Wochen auf die Entscheidung warte. e. Führt er das oben (II Abschn. §. 12.) genannte Buch, und bewahrt die wichtigen Dokumente und die Siegel des Vereins. B. Der Pflegevater. Uebernimmt mit seinem Posten folgende Pflichten: a. Sobald ein Mitglied erkrankt und er davon benachrichtigt wird, muß er sich zum Patienten begeben, sich nach dessen Umständen genau erkundigen, und ihn befragen, welche Art von Fürsorge er vom Verein verlangt, und verfährt in jedem Falle nach den (im I. Abschn. §. 32. und w.) gegebenen Vorschriften. Ferner b. Besorgt derselbe den Kranken und Reconvalescenten, nach obiger Vorschrift, die Krankenbesuche oder übergiebt leztern eine Liste, damit sie sich die Besuchenden selber wählen; schlägt ihnen, nach genommener Rücksprache mit dem Direktor, die Geschäftsprokuratoren vor, sorgt nöthigenfalls, oder wenn es verlangt wird, für die Sicherstellung der Effekten und Handlungsbücher derselben; siehet darauf, daß der Krankenwärter seine Pflichten erfülle, und daß dem Kranken überhaupt keine Pflege abgehe, und besucht ihn täglich. c. Findet der Pflegevater den Kranken dürftig, so berichtet er es dem Direktor, und läßt sich von ihm eine Ordre an den Kassierer geben, um die verlangte Summe in Empfang zu nehmen. Diese Summe darf aber nicht zwanzig Thaler übersteigen; Erfordern die Umstände eine größere Summe, so muß diese zwar, nach obiger Bestimmung, vom Verein hergegeben, doch müssen vorher alle Vorsteher davon benachrichtigt, und um ihre Einwilligung befragt werden. d. In diesem Falle besorgt der Pflegevater auch die Bezahlung des Arztes, des Krankenwärters und aller sonstigen Ausgaben, und legt in der monatlichen Sitzung, von der Verwendung des Geldes, Rechnung ab. e. Endlich reicht er den Dürftigen die ihnen zugestandenen Unterstützungen, führt das (im II. Abschn. §. 12.) genannte Register, und besorgt bei einem Sterbefalle, gemeinschaftlich mit dem Direktor, die Wahl der Leichenbegleiter. C. Der Kassierer. a. Dieser fertigt vierteljährig die Quittungen der Contribuenten aus, unterschreibt sie und läßt sie vom Controlleur stempeln; läßt alsdann von Boten das Geld einkassiren, und erstattet in der nächsten Sitzung über den Kassenbestand seinen Bericht. b. Darf er niemandem Geld ohne Ordre auszahlen und zwar muß solche wenigstens von vier Vorstehern unterschrieben sein; außer dem Pflegevater, dem er eine Summe von zwanzig Thalern, auf Ordre des Direktors allein, auszahlen kann. c. Ist er verbunden, sein Kassebuch stets in bester Ordnung zu erhalten; so wie dem Direktor immer nach Verlauf von vier Wochen die Namen der etwaigen Restanten anzuzeigen; und muß für jeden Schaden, den er durch Unordnung, oder durch die Verschweigung eines Restanten, dem Verein zufügt, so wie für jeden sonstigen Kassendefekt, der ihm zur Last gelegt werden kann, mit seinem eigenen Vermögen haften. D. Der Controlleur und Resident. Er kontrollirt die Kasse, besorgt viermal jährlich die Revision, stempelt die Quittungen und verfertigt die jährliche Billanz mit Verschweigung der Namen der Unterstüzten. E. Der Sekretair. Führt das Protokoll in den Versammlungen, contrasignirt alle vom Direktor unterschriebenen Dokumente und Diplome, und besorgt den Druck der Quittungen und anderer nöthiger Gegenstände. F. Die Assessores. Richten ihre Aufmerksamkeit auf den gehörigen Gang der Geschäfte, sind bei jeder Session zu gegen um ihre Stimmen und Meinungen zu geben, und vertreten in Abwesenheit des Pflegevaters, des Kontrolleurs und des Sekretairs ihre Stellung. Anmerkung. Alle Vorsteher aber haben genau darauf zu sehen, daß der moralische Zustand und der gute Ruf des Vereins nicht durch die Aufnahme unwürdiger Subjekte gefährdet, so wie die Kasse nicht durch unnöthige Ausgaben und Unterstützungen an solche, die sich nach den Statuten zu keiner Unterstützung qualifizieren, unnützer Weise geschwächt werde. In einem wie in dem andern Falle müssen die Gemeldeten einer strengen Untersuchung unterworfen werden. Der Bote. §. 14. Diesen ernennen die Vorsteher; jedoch darf er kein Mitglied des Vereines sein. Die Vorsteher schließen mit ihm, Namens des Vereins, einen Contrakt, in welchem sie ihm seine Instruktion und die Strafen über die Nichterfüllen derselben angeben. Auch muß er Caution von wenigstens fünfzig Thaler stellen. Von den Versammlungen. §. 15. Der Direktor muß alle Veranstaltungen zu den monatlichen-, General- und außerordentlichen Versammlungen treffen. Er muß die monatlichen Sessionen wenigstens drei, die General-Versammlungen acht Tage vorher ausschreiben, und dem Boten zur Einladung übergeben. Anmerkung 1. In der Einladung müssen Ort, Tag und Stunde der Sitzung angegeben werden. Anmerkung 2. Da der Verein vorläufig kein bestimmtes Local hat, so sollen die monatlichen Sitzungen bei einem der Vorsteher gehalten; zu den General-Versammlungen aber, wenn kein geräumiges Zimmer unentgeltlich zu haben ist, ein solches auf Kosten des Vereins gemiethet werden. §. 16. In den monatlichen Sessionen soll über alles, so die Umstände erfordern, als: über die Aufnahme neuer Mitglieder, über die zu entscheidenden Unterstützungen, die Belegung der entbehrlichen Gelder, und über alles was, ohne gegen die bestehende Gesetze zu streiten, zur Beförderung des Besten des Vereins beitragen kann, genau deliberirt werden. In den General-Versammlungen können die Mitglieder auch neue Gesetze vorschlagen, und in der jährlichen Versammlung endlich soll die Wahl der neuen Vorsteher Statt finden und die Billanz der Kasse zur Kenntniß aller Mitglieder gebracht werden. Anmerkung. Die jährliche General-Versammlung soll immer an einem Sontage, und zwar gegen Ende des Monats December, oder wenn um diese Zeit eine Messe einfällt, drei Wochen später Statt finden. Von den Strafen und Belohnungen. §. 17. Wenn der Verein das gerechte Zutrauen zu den humanen und edeln Gesinnungen seiner Mitglieder hat, daß sie diese nur ihr gegenseitiges Interessende bezweckenden und von ihnen freiwillig übernommenen Pflichten gerne ausüben werden; so hält er es doch für nöthig auch für den Uebertretungsfall gewisse Strafen, so wie Belohnungen für die, welche das Beste des Vereins mit besonderm Eifer befördern, festsetzen. Strafen. a. Wenn ein Mitglied bürgerliche Pflichten verlezt, oder sonst eine ehrenwidrige Handlung begehet; Zugleichen b. Wenn ein Mitglied mit seinen Beiträgen länger als sechs Monate rückständig bleibt, und keine gegründete Ursache dieser Versäumniß angeben kann, so wird solches vom Verein ausgestoßen. Anmerkung. Jedes Mitglied, welches wegen Rückstand ausgeschloßen wird, muß seine Beiträge bis zu Ende seiner drei Jahre an den Verein berichtigen; und soll im Fall einer Weigerung kraft des am Ende der Statuten angehängten und von ihm unterschriebenen Scheins darüber von den Vorstehern gerichtlich belangt werden. c. Wer einen angenommenen Krankenbesuch versäumt, verfällt in eine Strafe von zwölf Groschen; und wer eine Leichenbegleitung versäumt, in eine Strafe von einem Thaler. d. Wenn einer der Vorsteher eine Sitzung versäumt, ohne es vorher seinen Nebenmitgliedern anzuzeigen, auch sonst keinen hinreichenden Grund dieser Versäumniß angeben kann, so verfällt derselbe in eine Strafe von zwei Thalern. Bei der General-Versammlung kann nur Krankheit oder Abwesenheit entschuldigen. Belohnung. Um diejenigen Mitglieder zu belohnen, die sich mit ganz vorzüglicher Thätigkeit um den Verein verdient gemacht, sollen die jedes maligen Vorsteher das Recht haben Ein Mitglied, als Verdientes Mitglied des Vereins ernennen zu können; und soll dasselbe außer diesem Ehrentitel besonders zu den größern Ausschüssen zugezogen werden. Außerdem soll der Ausschuß durch Belobungsschreiben und ehrenvolle Erwähnung in den General-Versammlungen, denjenigen, die sich in Ausübung ihrer Pflichten ausgezeichnet, die Anerkennung ihrer Verdienste zu bezeigen suchen. Anmerkung. Die Vorsteher haben niemals das Recht mehr als Ein Verdientes Mitglied zu ernennen. Im Fall sich noch ein Mitglied dieses Titels würdig gemacht, können sie es den neuen Vorstehern für das kommende Jahr empfehlen. Quelle: GStA PK, I. HA, Rep. 77, Tit. 1021 Berlin, Nr. 61, Bl. 3-18

Geselligkeit: Brüderverein, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/geselligkeit/54.

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