Magine Rèim

Name:
Magine Rèim
Daten:
gegründet 04.11.1804 aufgelöst 05.08.1937
Kommentar:
jüdisch
Statuten:
Grundgesetze und Verfassung der Gesellschaft Magine-Rèim zu Berlin. Neu entworfen im Jahr 5579. 1818. Zwillings-Schwestern sind den Menschenleiden Schützend als Gefährten mitgeboren: Holde Menschenlieb und edle Freundschaft. Möge unser Bündniß ewig dauren! [S. III] Die Gesellschaft Magine-Rèim ward am 1sten des Monats Kislew 5565 (den 4ten November 1804) gestiftet. Der Zweck derselben war, wie ihn die damals in hebräischer Schrift abgefaßten Statuten aussprachen: „diejenigen Armen der israelitischen Gemeinde unverheiratheten Standes, welche entweder durch Alter, oder durch kränkliche Zufälle unfähig werden, sich Lebensunterhalt durch eignen Erwerb zu verschaffen, auf die bestmöglichste Weise zu unterstützen.” Diesen Zweck suchte man durch Wahl und Anwendung angemessener Mittel zu erreichen, und die Erfahrung einer Reihe von Jahren überzeugte die Gesellschaft, daß ihr wohlthätiges Streben nicht vergeblich und ihre Bemühungen nicht unbelohnt geblieben. Zugleich aber führte die zunehmende Anzahl der Mitglieder und die daraus erwachsende Kraft der Anstalt auf den Gedanken, die Erfolge derselben zu erweitern, und dem Ganzen eine ausgedehntere und gemeinnützigere Wirksamkeit zu geben. Man hatte sich bei der Begründung der Gesellschaft in Hinsicht auf die zu ertheilenden Wohlthaten nur auf unverheirathete Mitglieder beschränkt, indem man annehmen mußte, daß es besonders diesen in Zeiten der Unfälle, als, der Krankheit, der Verarmung, des hülflosen Alters, vermöge ihres Lebensverhältnisses, an Pflege und Unterstützung vorzüglich gebreche; und man verwendete die Einkünfte der Anstalt auf dieses, für den Augenblick allerdings dringendste Bedürfniß. Mit der wachsenden Zahl der Gesellschaft und ihrer Mittel fühlte man die Nothwendigkeit, die Wohlthaten dieses Vereins auch auf verheira- [S. IV] thete Mitglieder auszudehnen, überzeugt, daß die Ansprüche dieser Klasse von Hülfebedürfenden, wenn auch früher durch die Beschränktheit der Mittel begrenzt, jetzt bei ihrer Vermehrung eben so gegründet als gerecht seien; und man beschloß daher, ohne den bei der Gründung der Gesellschaft festgestellten Zweck aus den Augen zu verlieren, und die eigentliche Bestimmung der Wohlthaten zu verändern, nur die Anzahl der Theilnehmer durch verheirathete Mitglieder zu vermehren. Man hatte indessen bei dieser Veränderung keinesweges die Absicht, die Ansprüche der bisher unterstützten Mitglieder im Geringsten zu beeinträchtigen; man erweiterte vielmehr dieselben, und sicherte den unverheiratheten Mitgliedern bedeutendere und zahlreichere Unterstützungen zu, bestimmte aber einen Theil der ansehnlich vermehrten Einkünfte zu einer außerordentlichen Beihülfte der verheiratheten Mitglieder. Diese Veränderung machte eine Abänderung anderer Gesetze nothwendig, damit durch Aufhebung mehrerer alter, der jetzigen Gestalt nicht mehr angemessener, und durch Hinzufügung neuer Bestimmungen, dem Ganzen eine solche Form und Wirksamkeit gegeben werde, wie sie dem Zwecke der Stiftung am angemessensten und für die Geschäftsverwaltung wohlthätig und bequem erscheinen muß. Auf diese Weise entstanden an der Stelle der alten Statuten die vorliegenden Grundgesetze; deren erhöhete Zweckmäßigkeit der unbefangene Beurtheiler auch darin erkennen wird, daß sie in deutscher Schrift abgefaßt und so auch in der äußern Form mit dem bürgerlichen Verhältnisse der Gesellschaft übereinstimmend gemacht wird. Berlin, den 7ten Dezember 1818. [S. 5] Erster Abschnitt. Zweck, Name und Mitglieder der Gesellschaft A. Zweck und Name der Gesellschaft §. 1. Es ist ein heiliger Trieb und ein süßes Bedürfniß des fühlenden Menschen, dem unglücklichen Bruder zu helfen, den Gebeugten aufzurichten, den Verzagenden zu trösten, und den Verzweifelnden mit frommer Liebe dem Leben und der Welt wiederzugeben. In diesem Sinne und zu dieser Bestimmung soll der Einzelne sich zu dem Einzelnen gesellen, und mit vereintem Willen, mit vereinter Kraft das schöne Werk der Menschlichkeit beschließen, und weise ausführen und durch die Ausführung segnen. - Ein solcher Zweck gab auch diesem Vereine das Dasein; nur ein rein menschlicher Sinn, ein lauterer Wille führte seine Mitglieder zusammen. Sie fühlten lebhaft und innig das Bedürfniß eines solchen Bundes in einer drangsalsvollen Zeit, wo des Einzelnen Kraft dem zunehmenden Elende seiner zahlreichen Brüder nicht gewachsen ist, und wo das bittere Gefühl der Unmöglichkeit dem frommen Zuge seines Herzens Schranken setzt. Darum wollten sie, vereint im guten Geist zur guten Sache, im Bunde ausführen, was dem Einzelnen schwer und unmöglich wird; sie wollten dem Verlassenen eine dauernde kräftige Stütze sein, sie wollten dem Kranken Labsal und Erquickung bringen, sie wollten jedem ihrer unglücklichen Brüder mit freundlicher Liebe entgegen kommen, [S. 6] damit der unverdienten Leiden, der ungehörten Seufzer weniger würden um sie her; sie wollten das Gute thun im anspruchslosen Gewande treuer Freundesliebe; und darum gaben sie ihrem Verein den Namen Magine-Rèim, Schutzwehren der Freunde, um dem leidenden Freunde damit anzudeuten, er könne mit freudigem Vertrauen und fester Zuversicht in ihrem Arme Schutz suchen vor den Schlägen eines unerbittlich widerwärtigen Geschickes. Zu dieser Bestimmung gaben sie ihrer Verbrüderung eine unwandelbar gesetzliche Gestalt, und gelobten sich, diesem deutlich erkannten und bestimmt ausgesprochenen Zwecke mit treuer Gewissenhaftigkeit nachzukommen, und, eingedenk der gegenseitig übernommenen Verpflichtungen, dem Berufe und dem Namen ihres Vereins würdevoll zu entsprechen; sie setzten zu diesem Behufe fest, daß diese Anstalt, als in sich selbst bestehend, und nur auf sich selbst beruhend, keiner fremden Autorität je untergeordnet sein, sondern lediglich von der, aus ihrer Mitte gewählten Direktion, verwaltet werden sollte. §. 2. Diese gegenseitig übernommenen Verpflichtungen betreffen überhaupt: 1) die Sorge für Dürftige, und zwar: a. Wiederaufhelfung eines durch Mangel an Mitteln in seiner Thätigkeit gehemmten, und b. Erhaltung des verarmten, oder durch physische Uebel ganz außer Thätigkeit gerathenen Mitgliedes; 2) die Sorge für Kranke, und zwar: a. Versorgung des unbemittelten Kranken mit den, ihm zu seiner Genesung nöthigen Bedürfnissen, und b. sonstige Theilnahme an der Person, dem Schicksale und Verhältnisse des kranken Mitgliedes. B. Eigenschaften der Mitglieder §. 3 Die Gesellschaft beschränkt sich auf keine bestimmte Anzahl von Mitgliedern; sie gestattet vielmehr jedem ihrer Glaubensgenossen männlichen Geschlechts den Eintritt, der sich ihren Gesetzen unterwirft, und der, entweder in der hiesigen Ge- [S. 7] meinde ehelich geboren und wohnhaft ist, oder, wenn auch nicht in ihr geboren, sich wenigstens 3 Jahre hindurch in derselben aufgehalten hat, oder, zwar außerhalb Berlins geboren und wohnhaft ist, sich dagegen die im §. 57 enthaltene Einschränkung gefallen lassen will; und welcher a. einen unbescholtenen Ruf hat, und allen Verpflichtungen, die aus vorstehenden Gesetzen hervorgehen, gewissenhaft vorzustehen im Stande ist, b. einen bestimmten Erwerbszweig hat, und c. wenn er noch minderjährig wäre, von seinen Aeltern oder Vormündern eine schriftliche Einwilligung zu seinem Beitritte vorzuzeigen im Stande ist; wenigstens muß derselbe das 13te Jahr zurückgelegt haben. §. 4. Obwohl die Wahl der aufzunehmenden Subjekte in Rücksicht der vorerwähnten und aller noch sonst zu erwägenden Umstände und Verhältnisse der Gewissenhaftigkeit der Direktion anheim gestellt ist, so wird nichts desto weniger hiemit festgesetzt, daß, wenn nach geschehener Aufnahme eines Mitgliedes, der Mangel der in vorstehendem §. 3 ausgesprochenen Bestimmungen sich entdecken sollte, die Direktion gehalten sein solle, dem aufgenommenen Mitgliede unverzüglich die fernere Theilnahme zu versagen, ohne daß dieses seinen bis dahin geleisteten Beitrag zurückzufordern berechtigt wäre. Die Mitglieder dieser Gesellschaft - im Vertrauen auf die Gewissenhaftigkeit der von ihnen selbst gewählten Verwaltungsbehörde - begeben sich daher hiedurch des Rechts, gegen die Aussprüche dieser Behörde protestiren zu können. [S. 8] Zweiter Abschnitt. Ansprüche der Mitglieder auf Unterstützungen. I. Unterstützungen überhaupt. §. 5. Sämmtliche Mitglieder haben Ansprüche auf die Unterstützung der Gesellschaft, sobald sie in den Fall gerathen, solcher zu bedürfen. Es ist aber der Wunsch der Gesellschaft, diese Ansprüche fest zu begründen und vor jedem Eingriffe von Willkühr und Partheilichkeit zu schützen. Man hat daher die Unterstützungen in besondere Klassen und Grade getheilt, und durch die nähere Bestimmung derselben das Verhältniß festgesetzt, nach welchem die Ansprüche des einen Grades oder der einen Klasse, aus den Ansprüchen der andern hervorgehen, wie solches aus den folgenden §.§. näher zu ersehen ist. II. Unterstützungen insbesondere. A. Unterstützung der Kranken. §. 6. Wenn ein Mitglied krank wird, und den Beistand der Gesellschaft verlangt, auch wenn es vermögend genug ist, seine Wartung und Verpflegung aus eigenen Mittel bestreiten zu können, so soll der Direktor nebst dem Sekretair und einem der Pflegeväter (welche letztere überhaupt jeden Kranken ohne Ausnahme besuchen müssen,) sich zu demselben begeben, sich nach allen, seine Wiederherstellung betreffenden Umständen und Verhältnissen erkundigen, auf seine Effekten, und was ihm gehört, ein wachsames Auge haben, und, im Fall der Kranke mehrere seiner Sachen der Gesellschaft zur Aufbewahrung übergeben wollte, dieselben unter dem [S. 9] Beistand einer Gerichtsperson, selbst in Empfang nehmen, oder durch eine von dem Kranken gewählte Deputation der Mitglieder, entgegen nehmen lassen. §. 7. Ist das krank gewordene Mitglied unvermögend, sich die nöthige Verpflegung aus eigenen Mitteln zu verschaffen, so sollen die Pflegeväter, oder einer derselben sich unverzüglich zu dem Kranken begeben, und besonders von dessen häuslichen und ökonomischen Verhältnissen sich genau unterrichten. Erfordern diese die Unterstützung der Gesellschaft, so sollen die Pflegeväter ermächtigt sein, sie ihm angedeihen zu lassen, müssen jedoch unverzüglich den übrigen Vorstehern davon Anzeige machen, damit in einer deshalb zu veranstaltenden Sitzung die dem Kranken zu reichende Unterstützung festgesetzt werden könne. Solche besteht für die ersten Monate (S. §. 9.) aus dem maximum von 18 Rthlr. und dem minimum von 9 Rthlr. monatlich. §. 8. Erklärt der Arzt die Krankheit für kronisch, so hört mit Ablauf desselben Monats die bis dahin geleistete Unterstützung in so weit auf, als der Kranke von nun an in die zweite Klasse oder der Erwerbsunfähigen tritt; vorausgesetzt, daß die Krankheit ihn nicht zwingt, das Bett zu hüten, da er sonst fortwährend als akuter Kranker betrachtet und behandelt werden muß. §. 9. Es ist festgesetzt, daß jeder Kranke 4 Wochen nach geschehener Anzeige als akut betrachtet, sodann aber nur auf Erklärung des Arztes noch andere 4 Wochen als solcher angesehen und unterstützt werden solle. Dauerte die Krankheit jedoch länger, so soll sie als kronisch angesehen; und nach Maaßgabe der zweiten Klasse behandelt werden, wie solches unter B. §. 14. näher bestimmt ist. §. 10. Der Kranke ist während seiner Krankheit nur in dem Falle von allen Beiträgen frei, wenn er ausdrücklich um die Erlassung derselben angetragen hat. §. 11. Eben so wenig kann der Kranke während der Zeit auf anderweitige Unterstützung der Gesellschaft Ansprüche machen, auch wenn er früher solche seiner Dürftigkeit wegen genossen hätte. [S. 10] §. 12. Die Pflegeväter haben Sorge zu tragen, daß der Kranke nie ohne Besuch sei. Sie haben zu dem Ende dem Kranken eine Namensliste der Mitglieder vorzulegen, damit derselbe sich beliebige Besuche auswählen könne; sobald aber der Arzt die Krankheit für bedenklich erklärt, so müssen sie selbst 2 Mitglieder zum Krankenbesuche bescheiden lassen, welche auf die Verschlimmerung der Krankheit genau Acht haben, und im Fall der Noth augenblickliche Hülfe leisten werden. Die Besuchenden werden alle Stunden von 2 anderen abgelöst, vorausgesetzt, daß die Krankheit nicht ansteckend ist. Eben so werden die Pflegeväter nach so eben vorgeschriebener Art für Krankenbesuche sorgen, wenn der Kranke sich bessert, und mehr Unterhaltung als Pflege bedarf. §. 13. Ist der Kranke so arm, daß es ihm an den nöthigen Utensilien fehlt, so ist die Gesellschaft verpflichtet, solche ihm unentgeltlich während der Krankheit zu leihen; dies ist jedoch nur dann nöthig, wenn der Kranke solches von seinen Verwandten nicht erlangen könnte, so wie überhaupt eine reichliche Unterstützung nur in diesem Falle Statt finden kann. Die Pflegeväter sind verbunden, hierüber die nöthige Erkundigung einzuziehen. Anmerkung. Die Gesellschaft hat zu noch vollkommnerer Verpflegung ihrer Kranken, mit der hier bestehenden Krankengesellschaft ???? ????? (Bickur-Cholim) die Uebereinkunft getroffen, ihre Kranken (im Fall diese damit zufrieden sind) gegen eine monatliche Entschädigung in das Lazareth der genannten Gesellschaft bringen zu lassen. Dem unbemittelten, unverheiratheten Kranken wird diese Einrichtung sehr wohlthätig sein, da er dort nicht allein alles, was zu seiner Herstellung nothwendig ist, erhält, sondern auch einer ununterbrochenen Aufsicht und Pflege genießt. Jedoch hängt es lediglich von dem Willen des Kranken ab, von dieser Verfügung Gebrauch zu machen, oder nicht. Im erstern Falle kann ihm jedoch von der ihm festgesetzten monatlichen Unterstützung nur das gereicht werden, was nach Abzug der an das Lazareth für seine Verpflegung zu zahlenden Entschädigung übrig bleibt. B. Unterstützung der Erwerbsunfähigen. §. 14. Wenn ein Mitglied durch physische Uebel, als: Blindheit, Altersschwäche, [S. 11] Lähmung u. dg. dergestalt außer Thätigkeit gesetzt wird, daß es nunmehr gänzlich unfähig ist, sich seine Nahrung selbst zu erwerben, so wird ihm auf seine Anzeige, und nach vorhergegangener Untersuchung von Seiten der Vorsteher, eine monatliche Unterstützung von 6 bis 12 Rthlr. so lange gereicht, als die Umstände es erfordern. Es ist jedoch während dieser Zeit keinesweges von seinen monatlichen Beiträgen frei, es sei denn, daß es besonders darum ansuchen sollte. (S. §. 10.) C. Unterstützung der Verarmten. §. 15. Wenn ein Mitglied, nach dem es sein 45stes Lebensjahr erreicht hat, unverschuldeter Weise verarmt, und außer Stand gesetzt ist, sein Brod zu erwerben, so soll ihm auf seine Anzeige, und nach vorhergegangener Erwägung der näheren Umstände, eine monatliche Unterstützung von 4 bis 8 Rthlr. zu Theil werden. Mit der fortwährenden Entrichtung der Beiträge hat es in diesem Falle dieselbe Bewandniß wie §. 10 und 14 angegeben worden. §. 16. Die in den §. §. 14 und 15 gedachten Unterstützungen können nur einem Mitgliede zu Theil werden, das wenigstens 3 hintereinander folgende Jahre zur Gesellschaft beigetragen hat; bei Krankheiten hingegen, so lange sie akut sind, soll jedes Mitglied auf die deshalbige Unterstützung nach §. 7 Anspruch machen können. §. 17. Alle bisher genannten und weiter unten erwähnten Unterstützungen (§.5-20.) schließen keinesweges ein verheirathetes Mitglied aus, vielmehr hat ein solches ebenfalls gerechte Ansprüche an den Beistand der Gesellschaft. Da jedoch anzunehmen ist, daß das verheirathete Mitglied auf anderweitige Unterstützung von Verwandten und aus anderen hiesigen wohlthätigen Gesellschaften rechnen könne, so ist, in Hinsicht auf die für jede der 2 ersten Klassen, nemlich der Kranken und Erwerbsunfähigen, festgesetzte Unterstützung, das Verhältniß bestimmt worden, daß der Verheirathete jedesmal 2/3 des dem Unverheiratheten zu reichenden Betrages erhält, also in der ersten Klasse (§. 7.) das maximum von 12 Rthlr. und das minimum von 6 Rthlr., in der zweiten (§. 14.) das maximum von 8 [S. 12] Rthlr. und das minimum von 4 Rthlr. Jedoch sollen bei jeder der 2 ersten Klassen in dem jedesmaligen monatlichen Etat die Unverheiratheten zuerst berücksichtigt werden; dergestalt, daß der unverheirathete Kranke dem verheiratheten Kranken, und eben so bei der zweiten Klasse, vorangehe, nicht aber der Unverheirathete zweiter Klasse dem Verheiratheten erster Klasse vorgezogen werde. Es wird also in dem jedesmaligen monatlichen Etat darauf gesehn werden, daß bei Kollisionsfällen verheiratheter und unverheiratheter Mitglieder gleicher Klassen, den Letzteren auf jeden Fall wenigstens das Minimum der festgesetzten Unterstützung gesichert sei. Eben so findet die in §. 6 näher bezeichnete Fürsorge und Theilnahme an dem Schicksal des Kranken auch bei den verheiratheten Mitgliedern ihre Anwendung, jedoch mit der Modifikation, daß die daselbst vorgeschriebene Aufbewahrung der Effekten wegfällt, weil sich voraussetzen läßt, daß der verheirathete Kranke von seiner Familie, seinen Verwandten und sonstigen Freunden zuverlässiger und ununterbrochener umgeben ist. Was hingegen die 3te Klasse von Unterstützungen, nemlich die der Verarmten betrifft, so wird jedes Jahr, und zwar am Schlusse desselben, eine Summe, welche jedoch nicht 180 Rthlr. übersteigen darf, unter diejenigen Verheiratheten vertheilt werden, welche sich dazu bis zum 1sten Dezember gemeldet haben; vorausgesetzt, daß sie das 45ste Lebensjahr erreicht haben. Die Vertheilung soll in der Art geschehen, daß jeder Bedürftige nach Maaßgabe der Umstände bis zu 36 Rthlr. erhalten könne. §. 18. In den letzten Tagen eines jeden Vierteljahres wird von den Vorstehern ein Etat der im Laufe des nächsten Vierteljahres zu erwartenden bestimmten Einnahmen, so wie der zu bestreitenden Unterstützungen angefertigt, wonach man das minimum oder maximum für jede der 3 Klassen auf die nächsten 3 Monate festsetzt. Fände es sich, daß im Laufe des Vierteljahres noch Unterstützungsfähige sich meldeten, so soll diesen bis zu dem nächsten Etat nach eben demselben Verhältnisse aus dem Reservefond die Unterstützung gereicht werden, wo sie sodann in die Reihe der Uebrigen kommen. Anmerkung. Obgleich bei der gegenwärtigen Einrichtung, die Mittel und Kräfte der Gesellschaft auf das genaueste erwogen worden sind, so muß dennoch, da alle menschlichen Einrichtungen dem Einflusse des Schicksals und des Zufalls ausgesetzt sind, die Bestimmung hinzugefügt werden, daß, wenn besondere Un- [S. 13] glücksfälle eintreten sollten, welche die Mittel der Gesellschaft dergestalt zu schwächen drohten, daß der Reservefond zur Deckung der desfalsigen Ausfälle nicht hinreichte, und entweder das minimum der zu reichenden Wohlthat heruntergesetzt, oder eine Klasse von Unterstützungen ganz aufgehoben werden müßte – die Vorsteher, mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Unverheiratheten, neue, den Umständen angemessene Maaßregeln und Vorschläge der Gesellschaft vorzulegen befugt seien. D. Unterstützung durch Vorschüsse. §. 19. Wenn ein Mitglied um eine Geldunterstützung zur Wiederbelebung seiner durch Verluste geschwächten Thätigkeit anhält, so soll ihm nach Maaßgabe der Umstände, ein Vorschuß bis zu 100 Rthlr. Courant verwilligt werden. (In keinem Falle können mehr als 4 solcher Gesuche im Laufe eines Jahres berücksichtigt werden. Der Vorzug dieser 4 Betheiligten vor den übrigen Konkurrenten wird entweder durch das Dringende der Umstände, oder, bei ganz gleichen Verhältnissen, durch das Loos entschieden, wobei jedoch die Unverheiratheten den Verheiratheten vorgehen müssen.) Der Empfänger stellt darüber einen Wechsel aus, in welchem monatliche Zahlungstermine von wenigstens 3 Rthlr. auf eine Anleihe von 100 Rthlr. angesetzt sind. Die Rückzahlung fängt erst 6 Monate nach Empfang des Darlehns an. §. 20. Sobald die Schuld völlig abgetragen sein wird, soll das Mitglied auf ein neues Anlehn, wenn es dessen bedürfte, Anspruch machen können. Eben so kann dasselbe, wenn es seine in dem Wechsel angesetzten Zahlungstermine prompt gehalten und bei Ablauf des letzten seine Schuld völlig getilgt hat, sogleich eine monatliche Unterstützung erhalten, im Fall es deren bedürfte. §. 21. Dasjenige Mitglied hingegen, welches seine Verbindlichkeit nicht so prompt erfüllt, und seine Schuld in der versprochenen Zeit nicht völlig getilgt hat, kann erst 6 Monate nach Ablauf der in dem Wechsel angezeigten Zahlungsfrist, auf eine monatliche Unterstützung Anspruch machen, von welcher jedoch die Vorsteher ¼ des Betrages zur Tilgung der noch rückständigen Schuld in Abzug bringen werden. – In außerordentlichen Fällen sollen die Vorsteher jedoch ermächtigt [S. 14] sein, dem Schuldner auch während der Wechselfrist, eine monatliche Unterstützung, jedoch ebenfalls mit ¼ des Betrages als Abzug für die Schuld, angedeihen lassen. Anmerkung. Die hier genannten Vorschüsse können von den Vorstehern nur alsdann bewilligt werden, wenn sie überzeugt sind, daß die Kasse durch dieselben nicht zu sehr geschwächt, und die dringenderen und die nothwendigeren Unterstützungen nur im geringsten geschmälert werden. Ueberhaupt gilt bei Ertheilung aller hier aufgeführten Unterstützungen die Reihefolge, in welche sie gestellt sind, in so fern sie das minimum der einzelnen Klassen betrifft. [S. 15] Dritter Abschnitt. Einkünfte der Gesellschaft. §. 22. Diejenigen Mitglieder, welche am 21sten September 1815 vorhanden waren, zahlen auch ferner den anfänglich bestimmten monatlichen Beitrag von mindestens Vier Groschen Courant, dahingegen alle seit dieser Zeit hinzugekommenen, so wie die noch künftig hinzukommenden monatlich wenigstens Acht Groschen Courant zahlen müssen. Dieser Beitrag muß auf einen Monat pränumerando entrichtet werden, wiewohl es jedoch einem Jeden frei steht, auf ein Vierteljahr oder auf längere Zeit vorauszubezahlen. §. 23. Jedes eintretende Mitglied bezahlt bei seiner Aufnahme ein Eintrittsgeld von 8 Rthlr. Preuß. Courant. §. 24. Wer bei seinem Eintritt in die Gesellschaft die Summe von 100 Rthlr. zahlt, wird beständiges Mitglied der Gesellschaft, und ist von allen fernern Beiträgen für immer frei. §. 25. Diese 100 Rthlr. so wie auch alle testamentarisch oder sonst geschenkten Summen werden zum Fond gelegt, und nur die Zinsen davon können, der ihnen gegebenen Bestimmung gemäß, verausgabt werden. §. 26. Die Zinsen des vorhandenen, und, nach §. 25 vergrößerten Fonds – welcher selbst, ohne Zustimmung der ganzen Gesellschaft, niemals und unter keinem Vorwande angegriffen werden darf – sind gänzlich zur Bestreitung der Ausgaben bestimmt. Sollte der Ertrag derselben, so wie überhaupt die jährliche Einnahme die Ausgabe, wenn auch bedeutend übersteigen, so soll der Ueberschuß nicht [S. 16] zum Fond gelegt, sondern zur Reserve auf das kommende Jahr aufbewahrt werden. Reserve-Fond. §. 27. Die Reservekasse ist und wird gebildet: 1) Aus dem Ueberschusse, welcher seit dem 1sten Januar 1815 bis jezt entstanden ist, indem das an diesem Tage vorhanden gewesene Kapital feststehender Fond geworden ist und bleibt. 2) Aus den fernern Ueberschüssen, welche nach dem jährlichen Abschlusse sich ergeben dürften. 3) Aus den Eintritts- und Strafgeldern. Sie soll besonders dazu dienen: Um theils unvorhergesehene Ausgaben zu bestreiten; theils um den vierteljährlichen Etat, wenn solcher auch zu dem minimum nicht hinreichen sollte, zu ergänzen; theils zu baaren Vorschüssen; theils auch bei außerordentlichen Fällen, wie z.B. in Jahren des Miswachses eine Summe bis zu 200 Rthlr. Courant unter die Bedürftigen zu vertheilen. §. 28. Diese Gelder der Reserve-Kasse werden von dem Direktor auf das beste und auf möglichst kurze Fristen diskontiert, damit Kapital und Zinsen zur Disposition der Kasse bereit sind. §. 29. Eben so wird, so oft aus den bestimmten laufenden Einnahmen eine Summe von 120 Rthlr. zusammen ist, diese von dem Kassirer dem Direktro übergeben. Dieser soll sie bestens diskontiren. Die Diskonto-Briefe müssen mit wenigstens 3 guten Giranten versehen sein, und ebenfalls auf möglichst kurze Fristen laufen. Die Zinsen dieser Gelder werden jedoch nicht zu den laufenden Ausgaben verwendet, sondern zu der Reserve-Kasse gelegt. Vom Fond. §. 30. Die zum feststehenden Fond gehörigen Kapitalien sollen dergestalt in 3 gleiche Theile getheilt werden, daß der eine Theil in solche Staatspapiere verwandelt [S. 17] werde, welche zur Zeit allgemeines Zutrauen haben, der andere Theil auf sichere Diskonto-Briefe, mit wenigstens 3 guten Giranten versehen, ausgegeben, der Dritte hingegen in kleinen Portionen an sehr sichere Handlungshäuser gegen wenigstens 4 Prozent Zinsen ausgeliehen werden soll. Es kann jedoch, wenn die zur Ausführung dieses Geschäfts bestellt Kommission es für gut befinden sollte, auch bei den beiden zuletzt genannten Maaßregeln sein Bewenden haben. §. 31. Die Ausführung dieser Maaßregeln, sowohl in Rücksicht des Fonds, als auch der auf kurze Zeit zu belegenden Zinsen, soll von dem jedesmaligen Direktor, Kassirer und Kontrolleur geschehen, und kann weder der Ankauf von Staatspapieren und Diskontobriefen, noch das Ausleihen an Handlungshäuser einseitig, sondern nur mit Wissen und Uebereinstimmung der 3 genannten Personen erfolgen. Sollte jedoch keine von den 3 erwähnten Maaßregeln nach vorgeschriebener Weise auszuführen möglich sein, so sollen die 3 genannten Personen, mit Zuziehung der übrigen Vorsteher das Recht haben, ein anderes, ihnen gut dünkendes Arrangement zu treffen, indem sie das Zutrauen der Gesellschaft besitzen, deren Bestes sie stets vor Augen haben sollen. §. 32. Was die Aufbewahrung der Dokumente der Gesellschaft betrifft, so ist folgendes festgesetzt worden: Es sollen solche bei dem jedesmaligen Direktor, oder wer sonst dazu von der Gesellschaft ausdrücklich bestellt werden sollte, in einem mit 3 verschiedenen Schlössern versehen Kasten aufbewahrt werden. Zu einem dieser Schlösser soll der Direktor, zum andern der Kassirer und zum dritten der Kontrolleur einen Schlüssel haben, so, daß bei Eröffnung dieses Kastens die 3 gedachten Personen gegenwärtig sein müssen. Im Fall der Abwesenheit der einen oder der andern, soll der Abwesende zwei andere Vorsteher an seiner Stelle vorschlagen, um, wenn einer derselben verhindert würde, das vorhabende Geschäft dadurch nicht gehindert werde. Dieser zu machende Vorschlag der Stellvertreter muß schriftlich geschehen, vom Direktor zu den Akten gegeben und bei der nächsten Sitzung im Protokoll erwähnt werden. [S. 18] Vierter Abschnitt. Geschäftsverwaltung. A. Verwaltungspersonal. §. 33. Der verwaltende Ausschuß soll bestehen aus: Einem Direktor, Einem General-Sekretair, Einem Kassirer, Einem Kontrolleur und Buchhalter, Zweien Pflegevätern, Einem Registrator, und Zweien beständigen Assessoren. §. 34. Dieser verwaltende Ausschuß soll immer auf 3 Jahre gewählt werden. Außerdem aber sollen einer jeden Session noch 2 Mitglieder, und zwar das eine verheiratheten und das andere unverheiratheten Standes beiwohnen. Die Zuziehung dieser Mitglieder geschieht nach der Nummer. Man beabsichtigt damit, daß die Gesellschaft gleichmäßig an den Geschäften Theil nehme, und von denselben ununterbrochen unterrichtet sei; indem man voraussetzt, daß ein Jeder die nothwendige Verschwiegenheit beobachten werde. B. Führung der Bücher. §. 35. Die Bücher, welche die Verwaltung der Geschäfte erfordert, sind folgende: 1) Ein Vortragsbuch, worin der Sekretair alle ein- und ausgehende Briefe, Zirkuläre etc. nach Nummern aufzeichnet. [S. 19] 2) Ein Protokollbuch, worin alle Verhandlungen niedergeschrieben werden, und welches vom Sekretair geführt wird. 3) Ein Kassebuch, geführt vom Kassirer. 4) Ein Namens-Register, und 5) Ein Hauptbuch, geführt vom Kontrolleur und Buchhalter. 6) Ein Verpflegungs- und Unterstützungsbuch für den Pflegevater. 7) Ein Depositenbuch, in den Händen des Sekretairs und von ihm geführt. 8) Ein Donationsbuch, geführt vom Direktor. 9) Ein alphabetisches-, und 10) Ein Nummern-Register, über sämmtliche Akten, geführt vom Registrator. Die nähere Beschaffenheit dieser Bücher ist weiter unten, in §. 36 angegeben, und wird hier nur bemerkt, daß sie sämmtlich deutsch geführt werden und alles zu Bemerkende deutlich enthalten müssen. C. Pflichten der Beamten. §. 36. Die Amtsverrichtungen der Vorsteher sind vorzüglich folgende: a. Des Direktors. Er hat auf die Aufrechthaltung der ganzen Gesellschaft und auf die Pflichterfüllung aller übrigen Vorsteher genau zu achten, und muß jeden Monat die Bücher der Vorsteher revidiren. Er führt auch das Donationsbuch, worin alle freiwilligen Geschenke, sie mögen baares Geld oder Meublen und Utensilien betreffen, aufgezeichnet werden. Er bleibt der Gesellschaft für jeden, aus der Unterlassung dieser Aufsicht entstandenen Nachtheil verantwortlich. Er ordnet die Sitzungen, mittelst schriftlicher Einladung an, und sorgt dafür, daß die Verhandlungen in den Sitzungen mit Anstand betrieben werden, weshalb er befugt sein solle, das Mitglied, das dem zuwider handeln sollte, mit einer namhaften Strafe zu belegen; er veranstaltet die Ballottements zur Aufnahme neuer Mitglieder, eröffnet jedes an die Gesellschaft gerichtetes Schreiben, bemerkt auf dasselbe den Tag, an welchem es bei ihm angelangt ist, und befördert solches un- [S. 20] verzüglich an den Sekretair. Er unterschreibt die in den Sitzungen aufgenommenen Protokolle, so wie alle von den Vorstehern ausgehenden Briefe und Anordnungen, welche von dem Sekretair kontrasignirt werden. b. Des Sekretairs. Derselbe führt ein Vortragsbuch über alle ein- und ausgehenden Schreiben, welches die Nummer, den Tag des Eingangs, den Inhalt, Beschluß, Tag des Beschlusses und den Tag der Ausfertigung und des Abgangs jedes Schreibens enthält. In einer besondern Rubrik läßt er vom Registrator, die demselben abgelieferten Aktenstücke, welche mit Nummer und Bemerkung des darauf gefaßten Beschlusses versehen sein müssen, eigenhändig bescheinigen. Er trägt den Inhalt der angekommenen, vom Direktor ihm übergebenen Schreiben in den Sitzungen vor, zu welchem Behufe er sowohl das Vortragsbuch, als auch die nöthigen Aktenstücke mit zur Sitzung bringt. Er führt das Protokollbuch, in welches er alle Beschlüsse dem Inhalte nach einträgt, auch die Namen der anwesenden Mitglieder deutlich bemerkt; fertigt alle Erlasse an, und läßt den Entwurf in derselben, oder in der nächsten Sitzung von dem Direktor unterschreiben. Er unterschreibt mit dem Direktor alle Erlasse, welche von den Vorstehern ausgehen, sorgt dafür, daß die Umlaufschreiben von allen Vorstehern unterschrieben werden, und hat darauf zu sehen, daß das Absenden der Briefe so viel als möglich beschleunigt werde. Er erstattet der Gesellschaft in der Generalversammlung Bericht von der bisherigen Verwaltung und dem Zustande der Gesellschaft, besorgt den korrekten Druck der Namensverzeichnisse, Diplome [??] und der Statuten. – Der Kassirer, Kontrolleur und Registrator müssen ihm hiezu die nöthigen Nachweisungen geben. – Er führt das Depositenbuch, worin die ausgethanen Gelder und alle diesen Gegenstand betreffende Punkte aufgezeichnet sind. Er hat endlich das Siegel der Gesellschaft in Verwahrung, womit die Briefe, Diplome und Dokumente besiegelt werden müssen. In Abwesenheit des Direktors vertritt er bei den Sitzungen seine Stelle. c. Des Kassirers. Derselbe sorgt für den richtigen Eingang der Gelder gegen die mit seinem Namen unterschriebenen, vom Kontrolleur gestempelten Quittungen, und berichtigt die ihm aufgegebenen Zahlungen, sowohl die, welche zur Unterstützung bestimmt [S. 21] sind, als auch die Besoldung des Boten, und die sämmtlichen Büreaukosten; er schreibt selbst die nöthigen Mahnbriefe aus, und überreicht nach Ablauf von 3 Monaten ein spezielles, vom Kontrolleur revidirtes Verzeichniß der im vorigen Vierteljahr statt gehabten Einnahmen und Ausgaben, nebst einem Verzeichniß der zurückgebliebenen Zahlungspflichtigen. Er fertigt am Ende jeden Jahres eine vollständige Bilanz an, läßt sie kontrolliren, und übergiebt sie mit den Belegen dem Direktor. Er bewahrt die eingehenden Gelder bis zu der Summe von 120 Rthlr. Courant bei sich auf, liefert solche jedesmal an den Direktor ab und behält den Mehrbetrag bei sich. d. Des Kontrolleurs und Buchhalters. Derselbe revidirt die Rechnungen des Kassirers nach den ihm von diesem zugestellten Belegen und bescheinigt deren Richtigkeit, oder bemerkt auf ein besonderes Blatt die etwaigen monita. Er führt ein Register, worin sämmtliche Mitglieder mit ihren Namen, Vornamen, Nummern, Straße, Alter, Tag der Aufnahme oder Ausscheidung verzeichnet sind; wobei alle die, dem Mitgliede etwa zu Theil gewordene Unterstützungen, so wie auch die von ihm der Gesellschaft etwa gemachten Geschenke und alle andere dahin gehörenden Umstände bemerkt sind. Außerdem führt er ein Hauptbuch über alle Gegenstände der Kasse, in welchem sowohl der Direktor und Kassirer, rücksichtlich der bei ihnen aufbewahrten Gelder und Dokumente, als auch sämmtliche Kontribuenten in der Form von Debit und Kredit aufgeführt sind. Er fertigt alljährlich die weiter unten (§. 40) erwähnte Bilanz an, und legt sie zur Genehmigung in der Schluß-Session vor. Er übergiebt endlich jeden Monat dem Kassirer die Quittungen. e. Der Pflegeväter. Dieselben haben in abwechselnden Monaten dahin Sorge zu tragen, daß dem Kranken die ihm gebührende Pflege und Unterstützung zu Theil werde, so wie, daß das dem Kranken zu reichende monatliche Geld, aufs zweckmäßigste zu dessen Bestem verwendet werde. Sie müssen die Krankenbesuche den Mitgliedern ankündigen lassen, und dem wiedergenesenden Kranken die Liste der Mitglieder vorlegen, damit er sich Besuche wählen könne. Sie haben bei eintretenden Todesfällen die Einladungen zur Leichenbegleitung zu besorgen; bei letzterer müssen sie selbst [S. 22] jedesmal zugegen sein. Sie sollen alle 3 Monate einen schriftlichen Bericht an die Direktion einschicken. Dieser muß die näheren Umstände des Kranken, so wie die Art der ihm angediehenen Unterstützung ausführlich enthalten, zugleich aber diejenigen Mitglieder nennen, die wegen Nichtbeobachtung der Krankenbesuche etc. in Strafe verfallen. Das hiezu erforderliche Buch, worin zugleich die vom Kassirer erhaltenen Gelder zur Ausgabe, und wie letztere geschehen ist, bemerkt wird, führen die Pflegeväter in abwechselnden Monaten. Sie haben die ihrer Disposition überlassenen Gelder jedesmal gegen Quittung vom Kassirer einzufordern, welcher die deshalbige Erlaubniß von der Direktion erhalten wird. Sie reichen dem Dürftigen die ihm zugestandene Unterstützung; dieser muß ihnen eine Quittung über das Empfangene zustellen, welche sie der Rechnungseingabe als Beleg beifügen. Sie haben ferner die der Gesellschaft zugehörigen Utensilien in Verwahrung, und sind ermächtiget, ein Behältniß dazu zu miethen, zu welchem sie 2 Schlüssel haben sollen. f. Des Registrators. Dieser bewahrt alle Akten der Gesellschaft gehörig auf, führt darüber ein doppeltes Register, wovon das eine nach den Gegenständen alphabetisch, das andere hingegen nach Nummern, die auf ersteres hinweisen, geordnet sein muß. Er empfängt daher vom Sekretair alle berichtigten Aktenstücke, und bescheinigt solche im Vortragsbuch. Er überliefert die von ihm geforderten Aktenstücke zum Behufe der zu machenden Relationen, und läßt darüber Bescheinigung geben. g. Der beständigen Assessoren. Sie müssen bei jeder Sitzung gegenwärtig sein, um den Gang und die Ordnung der Geschäfte wahrzunehmen, über die vorkommenden Gegenstände mit zu deliberiren und zu stimmen. Sie vertreten in Abwesenheit eines der übrigen Mitglieder des Ausschusses dessen Stelle in Rücksicht der Geschäftsführung, und müssen bei häufiger Arbeit dem Sekretair und Kassirer beistehen. §. 37. Die Pflichten des Boten der Gesellschaft, welcher besoldet wird, sind folgende: 1) Täglich Vormittags beim Direktor, beim Sekretair und beim Pflegevater [S. 23] anzufragen, ob keine Geschäfte für ihn sind, und im Fall solche ihm aufgetragen werden, sie sogleich pünktlich zu besorgen. 2) Die ihm vom Direktor und vom Pflegevater übergebenen Einladungskarten muß er spätestens den andern Tag, mit dem Vidi des Eingeladenen bezeichnet, zurückbringen. Trifft er ein Mitglied zweimal nicht, so muß er solches an die betreffende Behörde anzeigen, um ein anderes an die Stelle ernennen zu lassen. 3) Alle Beiträge und Gelder für die Gesellschaft einzukassiren, und dem Kassirer im Laufe des Monats abzuliefern. Weiset ihn ein Mitglied 3 mal ab, so braucht er deshalb nicht weiter zu ihm zu gehen, sondern giebt die Quittung dem Kassirer zurück. 4) Er muß bei allen Sitzungen im Vorzimmer sein, und für die Ordnung in dem Lokale sorgen, überhaupt keinem Geschäfte sich entziehen, das ihm von den Vorstehern aufgetragen wird. Da derselbe oft ansehnlichen Summen in Händen hat, so muß er entweder baare Caution oder einen sichern Bürgen über die Summe von wenigstens 100 Rthlr. Courant stellen können. Er empfängt bei seiner Anstellung eine schriftliche Instruktion, die er unterschreiben muß. Er wird von den Vorstehern ernannt, muß unverheirathet und aus hiesiger Stadt sein, und keine Bedienung in irgend einer andern Gesellschaft haben. Wenn er sein Amt 6 Jahre hindurch treu und redlich versehen hat, so sind die Vorsteher befugt, ihm die Rechte eines Mitgliedes in Rücksicht auf Krankenpflege und Unterstützung bei etwaiger Eintretung physischer Uebel (S. §. 6 – 14.) angedeihen zu lassen. [S. 24] Fünfter Abschnitt. Bestimmung der Sessionen, Wahl der Vorsteher und Aufnahme der Mitglieder. A. Versammlung der Vorsteher. §. 38. Am Schlusse eines jeden Monats versammeln sich die Vorsteher, um über die Geschäfte des verwichenen sowohl, als des kommenden Monats zu deliberiren. Wenn jedoch die Umstände es erfordern, oder auch neue Mitglieder sich zur Aufnahme melden, so soll der Direktor in der Zwischenzeit Sessionen veranstalten. Diese geschehen mittelst schriftlicher Einladung, in welcher Ort, Tag und Stunde der Sitzung angezeigt sein muß, durch den Boten an sämmtliche Vorsteher und 2 andere Mitglieder, 3 Tage vor der Sitzung. Die Eingeladenen unterschreiben sich auf dem Einladungszettel, und geben dadurch zu erkennen, daß sie kommen werden. Ist ein Mitglied abgehalten zu erscheinen, so muß es solches entweder auf dem Zettel bemerken, oder doch einen Tag vor der Sitzung dem Direktor Anzeige davon machen, damit derselbe ein anderes Mitglied an seiner Stelle wähle. Sind die sämmtlichen Eingeladenen nicht alle gegenwärtig, so kann dies die Geschäfte nicht hindern, wenn nur außer dem Direktor zwei Drittheile der übrigen eingeladenen Mitglieder gegenwärtig sind. §. 39. Alle Beschlüsse werden durch Mehrheit der Stimmen gefaßt. Trifft es sich, daß solche gleich sind, so soll der Direktor 2 Stimmen haben. Eben so soll es bei Aufnahme der Mitglieder gehalten werden, welches mittelst Ballottement geschieht, daß nemlich bei einer graden Zahl ballottirender Mitglieder der Direktor 2 Kugeln in die Urne legen soll. §. 40. Beim Schlusse eines jeden Jahres soll eine Bilanz angefertigt, in der [S. 25] Schlußsession vorgelegt und genehmigt werden. Zu dem Ende soll alljährlich eine Versammlung sämmtlicher Mitglieder veranstaltet werden, in welcher die erwähnte Bilanz, in der alle Statt gehabten Einnahmen und Ausgaben nur summarisch angegeben sind, zur Ansicht vorgelegt, und eine gedruckte Namensliste der Gesellschaft den einzelnen Mitgliedern mitgetheilt wird. §. 41. Alle 3 Jahre und zwar im Monat November, wo möglich am Stiftungstage der Gesellschaft, zwischen der Frankfurter und Leipziger Messe, soll eine Generalsession gehalten werden. Diese Session hat die Wahl neuer Vorsteher zum Zweck, kann jedoch mit der im vorigen §. genannten jährlichen Versammlung zusammen treffen. Zu allen diesen Versammlungen sollen sämmtliche Mitglieder 14 Tage vorher durch eine Karte eingeladen werden. §. 42. Die Pflegeväter sollen nach Abhaltung der Generalsession sowohl, als auch bei Gelegenheit der jährlichen Versammlung der Gesellschaft, jedesmal eine Mahlzeit veranstalten, die zwar nicht auf Kosten der Kasse, sondern der einzelnen Mitglieder gegeben werden soll; bei welcher jedoch die Kosten des Lokals und der Beleuchtung aus der Kasse der Gesellschaft bestritten werden sollen. Es stehe daher jedem Mitgliede frei, bei der Einladung zu erklären, ob es Theil daran nehmen wolle, oder nicht. Im ersteren Falle bezahlt der Eingeladene sogleich dem Boten den festgesetzten Betrag. Man beabsichtigt durch diese jährlichen Mahlzeiten nichts, als eine recht innige Vereinigung der Gesellschaft, damit die Mitgliedre sich gegenseitig immer genauer kennen lernen, und Gelegenheit haben, sich gemeinschaftlich über das Beste ihrer Anstalt zu berathen und mitzutheilen. §. 43. Der Direktor oder der Sekretair eröffnet die jährliche Session mit einer Rede, worin er Bericht über den Zustand der Gesellschaft giebt. Den Mitgliedern steht es frei, Verbesserungen vorzuschlagen, (die jedoch die Tendenz nicht verändern dürfen,) welche sogleich zu Protokoll gebracht und in der nächsten Vorsteher-Session, zu welcher dieselben Mitglieder, von denen jene Vorschläge herrühren, eingeladen werden sollen, zur Deliberation kommen. Die alsdann beschlossenen Verbesserungen sollen in einem Umlaufschreiben der ganzen Gesellschaft bekannt gemacht werden. [S. 26] §. 44. Die Vorsteher werden ein eignes Lokal mieten, in welchem ihre Zusammenkünfte gehalten, so wie überhaupt alle Geschäfte der Gesellschaft besorgt und die Papiere und Akten derselben aufbewahrt werden. Sollte der Raum dieses Lokals für die General-Sessionen nicht hinreichen, so soll für letztere jedesmal ein besonderes gemietet werden. B. Wahl der Vorsteher. §. 45. Alle Glieder der verwaltenden Behörde bleiben eine Zeit von 3 Jahren in ihrem Amte. Sie werden am Tage der Generalsession entweder alle, oder zum Theil in ihrem Amte bestätigt, oder neu gewählt. §. 46. Die zu wählenden Vorsteher dürfen weder nahe Verwandte (nach israelitischem Rechte) noch Handlungsgesellschafter sein. Der Direktor muß ein geborner Berliner und unverheirathet sein. In dem Falle aber, daß ein mit den nöthigen Qualitäten unverheirathetes Subjekt nicht zu finden wäre, so soll ein Ausschuß von 35 durchs Loos gewählter Mitglieder, von denen 24 unverheirathet und 11 verheirathet sein müssen, durch die Stimmenmehrheit über die Wahl eines verheiratheten Direktors entscheiden. Von den übrigen 8 Vorstehern dürfen in keinem Falle mehr als Vier und weniger als Zwei verheirathet sein. Sollte ein gewähltes unverheirathetes Mitglied sich während der Verwaltung seines Amtes verheirathen, so bleibt es bis zur nächsten Wahl in seinem Amte. Das nemliche gilt, wenn zwei Vorsteher während der drei Jahre in Verwandtschaft oder in Handelsverbindung gerathen sollten. §. 47. Die Wahl selbst geschieht auf folgende Weise: Jedes Mitglied schreibt 9 Nummern auf einen ihm 14 Tage vor der Sitzung von den Vorstehern zugeschickten Stimmzettel aus der neuesten Namensliste der Mitglieder, wobei ein Jeder der Wählenden wohl darauf zu sehen hat, daß (nach §. 46) nicht mehr als 4 und nicht weniger als 2 verheirathete unter den 9 auf dem Wahlzettel Vorgeschlagenen sich befinden. Sämmtliche Zet- [S. 27] tel werden von den Mitgliedern in der Hauptsession, nachdem vom Sekretair die Namen der erschienenen und nicht erschienenen Mitglieder protokollirt worden, in verschlossene Stimmkasten gelegt, sodann von dem Direktor und 2 dazu zu wählenden Mitgliedern aus der Gesellschaft eröffnet und von dem Sekretair protokollirt. Diejenigen 9 Nummern, welche die Mehrzahl der Stimmen für sich haben, sind die gewählten Vorsteher. Sollte sich der Fall ereignen, daß unter den gewählten Vorstehern die Zahl der Verheiratheten größer wäre, als das Gesetz vorschreibt, so soll unter diese letzteren gelooset werden, damit das gesetzliche Verhältniß herauskommt. §. 48. Sobald die Namen der gewählten Vorsteher vom Direktor laut ausgerufen sind, erklären diese, ob sie das Amt annehmen wollen oder nicht; im letztern Falle werden die auf der Stimmenliste zunächst folgenden gewählt. Auf abwesende kann nur dann Rücksicht genommen werden, wenn sie ihr Ausbleiben vorher angezeigt und gehörig entschuldigt haben, in welchem Falle ihr Entschluß, ein Amt nicht annehmen zu wollen, wenn es ihnen vielleicht angetragen würde, der Anzeige beigefügt werden muß. §. 49. Sind alle 9 Vorsteher vollständig, so vertheilen die abgehenden mit Zuziehung von, ihrer Bestimmung zu überlassender, 4 Mitglieder, wovon jedoch 2 unverheirathet sein müssen, die Aemter unter die neuen Vorsteher nach Mehrheit der Stimmen. Bei getheilten Meinungen entscheidet das Ballottement. Die abgegangenen Vorsteher sind jedesmal wieder wahlfähig. §. 50. Die abgegangenen Vorsteher übergeben ihr Amt und alle darauf Bezug habenden Papiere und Gelder spätestens 14 Tage nach der Generalsession in einer außerordentlichen Sitzung den neuen Vorstehern. Jeder Beamte läßt die von ihm geschehene Ablieferung zu Protokoll bringen. Scheidet ein Vorsteher während der drei Jahre aus, so tritt das auf der Stimmenliste zunächst folgende, welches also nach dem ausgeschiedenen die meisten Stimmen hat, an seine Stelle, die es bis zur nächsten Wahl verwalten muß. [S. 28] C. Aufnahme der Mitglieder. §. 51. Wer in die Gesellschaft einzutreten wünscht, muß sich bei dem Direktor schriftlich melden. Derselbe zeigt solches unverzüglich mittelst versiegelten Schreibens den übrigen Vorstehern an, welche in der nächsten Session mit Zuziehung zweier Mitglieder aus der Gesellschaft, über die Zulässigkeit sich berathschlagen. Fällt die Stimmenmehrheit, welche durch das Ballottement entschieden wird, zu dessen Gunsten aus, so giebt ihm der Sekretair davon schriftlich Anzeige; der Kassirer sendet ihm hingegen durch den Boten die gedruckten Gesetze, nebst einer Quittung über das zu bezahlende Eintritts- und Monatsgeld, so wie über die für das Exemplar der Gesetze zu entrichtende Gebühren von 8 Groschen Courant. §. 52. Wird dem zu wählenden neuen Mitgliede in der ersten Session die Aufnahme verweigert, so steht es ihm frei, sich nach 6 Monaten, und auf den Fall der wieder versagten Aufnahme nach abermals 6 Monaten vorschlagen zu lassen. Wird ihm die Aufnahme alsdann versagt, so bleibt es für immer ausgeschlossen. §. 53. Dem aufgenommenen Mitgliede wird spätestens 8 Tage nach erfolgter Aufnahme ein, mit dem Siegel der Gesellschaft bedrucktes Diplom, kraft dessen es auf alle Rechte, welche die Gesetze ihm zugestehen, Anspruch machen kann, zugestellt, wobei demselben zugleich von dem Boten ein zu unterzeichnender Revers eingehändigt wird, in welchem es sich verpflichtet, alle in diesen Gesetzen enthaltenen Vorschriften genau zu beobachten, und im Fall eine Aenderung nothwendig wäre, sich dem Willen der festgesetzten Majorität zu unterwerfen. Auch die gegenwärtig vorhandenen Mitglieder sollen mit einem Diplom versehen werden, wogegen sie den genannten Revers unterzeichnen. Im Fall ein Mitglied aus der Gesellschaft scheidet, oder durch einen Beschluß der Vorsteher ausgeschlossen wird, so muß es binnen 3 Monaten sein Diplom zurückgeben, widrigenfalls dasselbe als annulirt öffentlich angezeigt wird. §. 54. Der Monat, in welchem die Aufnahme geschieht, wird in jedem Falle für voll gerechnet, und der Beitrag für denselben bezahlt. [S. 29] §. 55. Jedes Mitglied erhält bei seiner Aufnahme eine Nummer, nach welcher es in den Büchern aufgeführt wird. Die Reihe der Nummern wird zwar fortgesetzt, jedoch ist darauf zu sehen, daß die schon vorhandenen Nummern besetzt bleiben, so daß die durch Abgang eines Mitgliedes erledigte Nummer dem zunächst eintretenden Mitgliede zu Theil werde. §. 56. Wenn ein Mitglied Berlin verläßt, seine Beiträge aber gehörig durch andere entrichten läßt, so behält es, sobald es wieder herkommt, alle Rechte eines Mitgliedes. Außerhalb Berlins können hingegen keine Unterstützungen gereicht werden. §. 57. Der Eintritt in die Gesellschaft ist auch Auswärtigen, nicht in Berlin Wohnhaften verstattet. Da jedoch die von der Anstalt ausgehenden Unterstützungen sich nicht nach außerhalb erstrecken können, so haben dergleichen auswärtige Mitglieder, wenn sie der Unterstützung bedürfen, auf dieselbe nur in dem Fall die Ansprüche eines hiesigen Mitgliedes, wenn sie sich grade zu der Zeit in Berlin aufhalten. §. 58. Ist ein Mitglied aus freiwilligem Entschluß aus der Gesellschaft ausgetreten, oder ist es, wegen Nichtbezahlung seiner Beiträge von derselben ausgeschlossen worden, so bedarf es, wenn ein solches ehemaliges Mitglied wieder aufgenommen zu werden wünscht, dazu keines neuen Ballottements; nur muß dasselbe die von dem Tage seiner Ausscheidung an rückständigen Beiträge nachzahlen, so wie auch das Eintrittsgeld noch Einmal entrichten. Bei einer nochmaligen Ausscheidung und Wiederaufnahme, muß, Behufs der letzteren, von Neuem ballottirt werden. Tritt jedoch dieser Fall zum drittenmale ein, so wird die Wiederaufnahme unter keiner Bedingung gestattet. Sechster Abschnitt. Gegenseitige besondere Pflichten der Mitglieder. §. 59. So wie die sämmtlichen Mitglieder die Verpflichtung übernommen haben, sich gegenseitig in ihrem Leben und Wirken zu helfen und zu unterstützen, so ist es auch billig, daß, wenn der Tod einen von ihnen abfordern sollte, er von den zurückgebliebenen Freunden den letzten Beweis der Achtung und Anhänglichkeit erhalte. Es ist zu dem Ende festgesetzt worden, daß bei dem Todesfalle eines Mitgliedes, die Pflegeväter 20 Mitglieder der Gesellschaft zum Leichenbegängnis bestellen lassen. Dieselben begleiten die Leiche bis zum Begräbnisort, und steht es ihnen frei, sich sogleich wieder zu entfernen, oder bis zur Beendigung des Begräbnisses zu verweilen. Ist einer der Vorsteher verstorben, oder ein Mitglied, das einst Vorsteher gewesen, so müssen, außer den sämmtlichen anwesenden Vorstehern noch 30 Mitglieder der Leiche folgen. §. 60. Jedes Mitglied ist verpflichtet, so viel in seinen Kräften steht, alles anzuwenden, um die Gesellschaft aufrecht zu erhalten, den guten Ruf derselben als seinen eignen zu betrachten, und alle Mitglieder wie seine Freunde anzusehen, und sich für deren Fortkommen zu interessieren, alle Zwietracht zu vermeiden, und auf keinen anderen Vorzug, als wozu ihn sein etwaiges Amt bei der Gesellschaft berechtigt, Ansprüche zu machen. Es darf hingegen ohne erhebliche Gründe ein ihm angetragenes Amt nicht ablehnen, auch während der Dauer seines Amtes, dasselbe nicht niederlegen, ohne der Verwaltungsbehörde seine Gründe vorzulegen, welcher die Entscheidung überlassen bleibt. §. 61. Ein jedes Mitglied ist verbunden, die Krankenbesuche, welche in der Reihefolge ihm zufallen, sobald es vom Pflegevater dazu aufgefordert wird, gehörig abzuhalten, wobei es sich von selbst versteht, daß die Krankheit nicht ansteckend sein [S. 31] dürfe, oder auch die Besuchenden von Natur sich vor dem Krankenlager nicht scheuen. Bei denen Wiedergenesenden, die bloß der Zeitverkürzung wegen Besuche wünschen, können nur Krankheit und Abwesenheit ein Mitglied wegen Nichterfüllung dieser Pflicht entschuldigen. Eben so ist jedes Mitglied verbunden der Einladung zum Leichenbegängniß (§. 59.) zu folgen. Siebenter Abschnitt. Disziplinarische Bestimmungen zur Aufrechthaltung und Beobachtung der Gesetze. §. 62. Wenn gleich sich voraussetzen läßt, daß sämmtliche Mitglieder diesen freiwillig übernommenen Verpflichtungen zu jeder Zeit und in ihrem ganzen Umfange nachkommen werden, so ist man dennoch, da eine jede menschliche Einrichtung und Verbindung auch einer äußern, nicht auszuweichenden Nothwendigkeit, und also gleichsam eines äußern Zwanges zu ihrer vollkommenen Unverletzbarkeit bedarf, über folgende Disziplinar-Verfügungen übereingekommen: 1) Ein Mitglied, welches die Einladung zur Session angenommen hat, muß, wenn es dieselbe versäumt, 1 Rthlr. Courant bezahlen. 2) Wer einen Krankenbesuch oder die Einladung zur Leichenbegleitung angenommen, und nicht erscheint, entrichtet in jedem dieser Fälle 16 Gr. Cour. 3) Wenn ein Mitglied seine monatlichen Beiträge 3 hintereinander folgende Monate nicht bezahlt, oder wenn ein quartaliter bezahlendes Mitglied 2 Quartale vorbeigehen läßt, ohne zu bezahlen, so wird es, wenn nicht trif- [S. 32] tige Gründe für dies Versäumniß vorhanden sind, von der Gesellschaft ausgeschlossen. Ein Gleiches soll Statt finden, wenn die bestimmten Strafgelder binnen 3 Monaten, von dem Tage an, da solche von der Verwaltungsbehörde dem straffälligen Mitgliede angezeigt worden, unentrichtet geblieben sind. 4) Jeder Vorsteher, der eine Sitzung versäumt, verfällt, wenn keine entschuldigenden Gründe vorhanden sind, in eine Strafe von 3 Rthlr. Courant. 5) Ein Vorsteher, der seine Pflichten vernachläßigt, so, daß der Gang der Geschäfte durch ihn gehemmt wird, soll nach vorangegangener, zweimaliger schriftlicher Zurechtweisung durch die Stimmenmehrheit sämmtlicher Mitglieder seines Amtes entsetzt werden. 6) Wer von den Sitzungen und Verhandlungen etwas aussagt, oder erzählt, welches entweder der Gesellschaft oder einzelnen Mitgliedern derselben Nachtheil und Kränkung zuziehen könnte, verfällt für das erste Mal in eine Strafe von 3 Rthlr. nebst einem Verweise von Seiten der Vorsteher; im Wiederholungsfalle aber wird der Schuldige, sobald er ein Vorsteher ist, seines Amtes entsetzt, oder, wenn es nur ein bloßes Mitglied ist, von jeder fernern Sitzung ausgeschlossen. §. 63. Mitglieder, die aus freiem edlen Triebe zum Guten durch außerordentliche Geldbeiträge, durch pünktliche Erfüllung ihrer Pflichten, oder durch Uebernehmung von mühsamen Geschäften für die Gesellschaft, sich um diese verdient machen, zu belohnen, steht zwar nicht in der Macht der Gesellschaft; sie werden diesen Lohn in ihrem eignen Bewußtsein finden; allein, damit auch ein äußeres Zeichen der Anerkennung und Aufmunterung eines solchen Verdienstes vorhanden sei, soll denselben nicht nur durch ein Belohnungsschreiben der Vorsteher, und ehrenvolle öffentliche Erwähnung in der General-Versammlung, sondern auch durch Aufzeichnung ihrer Namen auf eine Ehrentafel in dem Sitzungszimmer, zum beständigen Andenken an ihre Verdienste, die Erkenntlichkeit der Gesellschaft bezeigt werden.
Mitglieder:

Geselligkeit: Magine Rèim, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/geselligkeit/75.

Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/geselligkeit/75