George Rothbart, ein reicher Landmann, heirathet aus Eitelkeit die Tochter eines benachbarten verschuldeten Edelmanns, des Barons von Qualm, und läßt sich adeln. Die Ehe ist unglücklich, und Angelika, die an ihren Mann – verhandelt worden ist, giebt der Liebe eines junge Lieutenants Gehör, wechselt Briefe mit ihm, und verstattet ihm eine nächtliche Zusammenkunft. Der Mann erfährt alles durch die Dummheit eines Bedienten, verklagt dreimal seine Frau bei ihren Eltern, und wird dreimal durch die Klugheit der Frau für den schuldigen Theil erklärt. So weit Moliere. Herr Zschokke, ein Schweizer, fühlte, wie der Genfer Rousseau, das Ungebührliche eines Lustspiels, worin das, wenn gleich nur leichtsinnige, Weib über ihren betrogenen Mann siegt, und die Lacher auf ihrer Seite behält. Er giebt seinem Stücke einen moralischern Schluß. Durch einen Brief Angelikens an ihren Liebhaber, den Rothbart vom dummen Bedienten erhält, kommt die Wahrheit ans Licht, und die Eltern müssen die Scheidung zugeben. Auch in der Todesart, welche Angelika zum Schein wählt, um sich ins Haus schleichen zu können, weicht Zschokke von Molière ab. Bei diesem droht sie, sich zu erstechen; bei jenem, (wie beim Boccaz, aus dessen Novellen Molière sein Stück genommen) in den Brunnen zu springen. Monna Githa wirft, beim Boccaz, einen Stein ins Wasser, und der Lärm lockt den Mann weit natürlicher aus dem Hause, als ein vorgezeigtes Messer und ein Schrei. In der ersten Scene des dritten Akts hat H. Zschokke einige nicht glückliche Veränderungen und Zusätze angebracht, z. B. warum es Nacht sei, und worin Hinz den Aesthetikern und Philosophen gleiche. Dergleichen ist abgenutzter, als Moliere selbst, ohngeachtet sein George Dandin volle 140 Jahr alt ist, – welches man bei der Vorstellung bedenken muß, um sie nicht hier und da zu possenhaft zu finden, und mit gutem Gewissen lachen zu können. Herr Iffland hat den George Dandin so verjüngt, so lebendig dargestellt; seine Eifersucht ist nicht, wie in der Ehelichen Probe, wie im Fremden, verschlossen und im Kampfe mit sich selbst; sie sitzt ihm hier, so zu sagen, in den Fäusten, in allen Gliedern; es ist keine Eifersucht der Liebe, kein feines Ehrgefühl; es ist der Aerger darüber, daß er sein so theuer bezahltes Eigenthum, sein Weib, des Betrugs nicht überführen kann. Die Eifersucht hört auf, sobald er Hofnung hat, das Liebespaar zu fangen, und verwandelt sich z. B. auf dem Balkon in kalte Schadenfreude. Dem. Mebus als Angelica, Herr Bethmann als Hinz, spielen, jene die Verstellung und gereizte Empfindlichkeit, dieser den behaglichen Dummkopf, selbst in der Liebe, recht gut. Das Stück gefiel mit Recht.
Nationaltheater: George Rothbart (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/171.
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