Weise in der That, Der

Sparte/Genre:
Schauspiel
Personen:
Autor:
Michael Jean Sedaine
Bearbeiter:
Friedrich Wilhelm Gotter

Liste der Aufführungen

Aufführungsdatum: 23.06.1803
Rezensionen
Ort der Aufführung::
NT S1
Nationaltheater von A-Z:
Der Weise in der Tat
Quelle:
VZ 1803, Nr. 75
weitere Informationen:
[danach: Die beiden kleinen Savoyarden]
Rezension:
Zeitung:
Vossische Zeitung
Aufführungsdatum:
1803-06-25
Nummer:
76
Autor:
ungez.

Le Philosophe sans le savoir, ist eins der Ehrenstücke der Franz. Bühne. Die schwere Aufgabe, wie man den Pflichten der Ehre, der Liebe und den Rechten der Natur genügen soll, ist hier gelöset. Wir sehen eine Familie aus dem bon vieux temps aller Nationen, mit den feinen eleganten Formen, Dezenzen und dem gesellschaftlichen Herkommen des älteren Frankreichs. Jedoch sind die Nüancen, welche so bestimmt geschildert sind, keinesweges Kleinlichkeit des Bildners, sondern sie werden nach ihrer Unerläßlichkeit entweder als Motive gebraucht, oder sie dienen die Motiven zu verstärken. Die Beweise liegen außer den Gränzen dieses Blattes. Die Vorstellung dieses Schauspiels, welches alle feinen Sitten der großen Welt, und so viel Zartheit und doch Stärke der Empfindung vereint – ist eine der schwersten Prüfungen für eine Bühne. Vanderck ist kein kalter Mann, der sich ein System des Stoikers angeschraubt hat; Erfahrung hat ihn geordnet, und Liebe macht, daß er alles auf seine Schultern nimmt, andere zu erleichtern. Bei Hrn. Herdt ward man in den ersten Akten nur den Systematiker gewahr, im dritten und letzten Akt waltet der Geist der Liebe, der schon früher überall hätte weben, wehen und verbinden sollen. Der letzte Akt des Hrn. Herdt war sehr brav. Mad. Böheim leistete was sie zu leisten hatte. Hr Unzelmann spielte mit Willen, Ernst und Herzlichkeit. In den ernsten Rollen dieser bürgerlich weichherzigen Art, kann er allerdings zu Thränen rühren, und bewährt seine Verdienstlichkeit. Hr. Bethmann spielt den jungen Vanderck vortrefflich. Das Aufblitzen des Ehrenpunkts, innegehalten vom allgewaltigen Bande der Kinderliebe und des hingegebenen Vertrauens an den Vater, die Darstellung des Familiengeistes, der diese liebenswürdige Verwandtschaft beseelt, den auch die Uniform nicht abgestreift hat, leistete Herr Bethmann auf sehr achtungswerthe vollherzige Weise. Demois. Mebus that alles, was in einer unbedeutenden Rolle geschehen kann, mit Sinn der Liebe, Freundlichkeit und Güte, und mit jenem Anstande, der sie besonders auszeichnet. Als Victorine betrat Demois. Weber zum zweitenmal die Bühne, und bestätigte durch angenehmes, natürliches und zartes Spiel die Hoffnungen, welche sie neulich gegeben. Hr. Böheim als Desparville Vater war, und Hr. Holzbecher als Sohn recht leidlich. Mad. Herdt als Gräfin hat nicht Uebung genug in diesem Fache, um bei einigen gut gerathenen Momenten den Mangel an standesmäßiger Nachlässigkeit ihr hoch anzurechnen. So manches Gute nun einzeln geleistet ward, so fehlte dem Ganzen doch Rundung, große Welt und Sicherheit. Vom ersten Akt konnte man fast kein Wort verstehen. Nach Endigung des Stücks pochte das Parterr aus. Wen? Den Autor? Nun, dann ist es leichter, ein solches Stück auszupochen, als es zu schreiben. Die Schauspieler? – Es ist wahr, daß der Zusammenhang mangelte. Aber dennoch haben die Füße ein zu schimpfliches Urtheil ausgehn lassen.

Nationaltheater: Weise in der That, Der (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/297.

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