Die Mannigfaltigkeit der
Dekorationen, der Reichthum der Ideen, welcher darin herrscht, und der
Geschmack in der Auswahl; die Sicherheit und Präcision der Maschinerie, die
gefällige herrliche Musik und das gute rasche Spiel der Schauspieler
gewähren allerdings einen bezaubernden Abend. Die Erscheinung der Königin
der Nacht in dem Wolkenpallast, das Labyrinth mit den trefflich gedachten
und kühn ausgeführten Wasserfällen, das Empor steigen der Flotte in das
Reich der Nacht gehüllt, dem der junge Tag folgt und himmelansteigt; die
schöne Landschaft im Zauberlichte, der Wolkengang, den Pamina wandelt,
während über ihr der Pallast der Königin in den Wolken erscheint, und über
diesem die Morgenröthe anbricht, wenn unter den Wolken, die Pamina tragen,
ein Feuermeer sich wälzt; die Explosion des Feuerspeienden Berges am Schluß
- alle diese schönen kühnen Ideen hat das reiche Talent des Herrn Verona und
seine blühende Phantasie, vereint mit dem deutschen Kunstfleiße des Herrn
Glatz, auf eine bewundernswürdige Weise dargestellt. Man begreift fast
nicht, wie es möglich ist, ohne je das Schauspiel ausgesetzt zu haben,
solche Menge und Massen von Dekorationen in einem Zeitraum von drei Stunden
ohne bedeutende Fehler in richtiger Ordnung darzustellen. Wenn den Erfindern
dieser prächtigen Kunstwelt Ehre und Achtung gebührt, so muß den
Handarbeitern, die das Ganze ausführten, Dank zuerkannt werden, für die
Liebe zur Sache, ohne welche solche Dinge nicht zu Stande kommen können. /
Das Publikum rief nach geendigter Vorstellung mit gerechter Erkenntlichkeit
für vieljährigen Fleiß und Genuß seiner Talente den Namen des Herrn Verona,
in dessen Stell Hr. Iffland dankte und ihm wie Hrn. Glatz die verdiente
Erkenntlichkeit öffentlich abtrug. / Mad. Schick sang mit hinreißender
Gewalt und Sanftheit, und führte durch alle schöne Labyrinthe der Phantasie
in die klaren Regionen des Unendlichen. Sie sang zwei eingelegte Arien von
Hrn. Righini, dieses berühmten Meisters vollkommen würdig, von Herrn
Westenholz mit seiner bekannten Stärke, Dauer und Zartheit, zum Entzücken
schön begleitet. / (Die Fortsetzung folgt.)
Hr. Eunike sang und spielte
überaus brav. Besonders sang er die von Hrn. Weber in großen
leidenschaftlichen Styl vortrefflich gesetzte Arie des ersten Finals mit dem
größten Feuer. Hr. Ambrosch, als Papageno, spielte mit fröhlicher Laune und
sang mit Geschmack und Delikatesse. Demois. Eigensatz und Demois. Mebus
verdienen die rühmlichste Auszeichnung für das Vergnügen, welches ihr
gratiöser Anstand und lieblicher Gesang verbreitete. Da es nach des
Verfassers wunderlicher Anlage unvermeidlich und in das Ganze der
Komposition verwebt ist, daß Venus tanzt: so führte Dem. Mebus dieses
anspruchlos, aber mit leichtem gefälligen Anstand aus. Hr. Gern, als
Sarastro, hat nicht Gelegenheit, seines Talentes würdig zu erscheinen;
allein Niemanden ist das Verdienst entgangen, womit er einzelne Rollen zur
seelenvollen Sprache erhoben hat, so wie sein Spiel den Ruhepunkt giebt, der
in einer Maschinen-Oper so unentbehrlich und wohlthätig ist. Mad. Lanz, als
Königin der Nacht, sang sehr einnehmend, und es war nicht zu verkennen, daß
sie auf das Spiel der Rolle Fleiß und Achtsamkeit mit Erfolg verwendet hat.
Hr. Labes, als Monostatos, that alles, um den Szenen das gehörige Leben zu
geben, worin er erscheint. Die Vorstellung ward überhaupt mit Fleiß und
Kunstaufwand gegeben, und hat sich um den Antheil verdient gemacht, welchen
das Publikum derselben bewiesen hat
Nationaltheater: Labyrint (bearbeitet von Klaus Gerlach), Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/nationaltheater/theaterstueck/299.
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