Lebenslauf:
Johann Stephan Gottfried Büsching
* 18. 04. 1761 in Göttingen
+ 23. 04. 1833 in Berlin
Stadtpräsident und Polizeidirektor vom
22. 05. 1804 bis Mai 1808
Oberbürgermeister von
Februar 1814 bis März 1832
Es sind nicht die großen spektakulären Ergebnisse, sondern vielmehr die
Summe der wichtigen Kleinigkeiten, die Johann Büschings Amtszeit als
Berliner Oberbürgermeister geprägt haben. Die Tatsache, daß er der Sohn
eines sehr berühmten Vaters war, begünstigte sicherlich seine Entwicklung,
führte aber letztlich auch dazu, daß der Name Büsching in der Geschichte
mehr mit der Wissenschaft als mit dem Oberbürgermeisteramt in Verbindung
stand.
Johann Büsching wurde am 18. April 1761 in Göttingen geboren und verlebte
die ersten Jahre seiner Kindheit in Sankt Petersburg. Sein Vater, der
berühmte Geograph und Gelehrte Anton Friedrich Büsching (1724 - 1793), wurde
1766 zum Direktor des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster berufen.
Mit sechs Jahren trat der junge Büsching selbst in die von seinem Vater
geleitete Schule ein. Von 1779 bis 1782 studierte er Jura und
Kameralwissenschaft - eine Lehre, die Regeln und Methoden entwickelte, nach
denen der staatliche Verwaltungsapparat (die Kammern) des 17. und 18.
Jahrhunderts funktionieren sollte, - in Göttingen und Halle.
Büsching begann seine berufliche Laufbahn als zweiter Direktor bei der
kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer in Gumbinnen (heute Gussew), war
dann Kriegs- und Steuerrat und kam in das Generaldirektorium Preußens. 1804
wurde er Stadtpräsident von Berlin. Als die Stadt 1806 von französischen
Truppen besetzt und auf Befehl Napoleons eine neue städtische
Verwaltungsbehörde, das Comité administratif, geschaffen wurde, leitete
Büsching in ihr die Polizeiabteilung. Im Mai 1908 legte er sein Amt nieder,
blieb aber weiterhin im Magistrat.
Auch wenn Johann Büsching kein Anhänger der neuen Städteordnung von 1808
war, so hatte er durchaus die Bereitschaft, sie zu akzeptieren und ihr zu
dienen. Büsching genoß die Achtung der Bürgerschaft, und so war es
naheliegend, daß ihm 1809 das Bürgermeisteramt anvertraut wurde. Nachdem er
Leopold von Gerlach während dessen Krankheit auch als Oberbürgermeister
vertreten hatte, war er auch für dessen Nachfolge favorisiert. Am 24. Juni
1813 wurde er von der Stadtverordnetenversammlung zum neuen
Oberbürgermeister von Berlin gewählt. Seine Bestätigung erfolgte am 18.
November 1813, die Einführung in das Amt aber erst im Februar 1814.
Während seiner ganzen Amtsperiode befaßte sich Johann Büsching mit der
Städteordnung und mit der Teilung von Staat und Stadt. Zahlreiche
Verwaltungsaufgaben, deren Kosten in der königlichen Residenz bisher der
Staat getragen hatte, sollten nun von der Stadt übernommen werden. Trotz
vieler Verhandlungen konnte er keine endgültige Regelung erreichen.
Mit großem Engagement setzte sich Büsching für die Verbesserung der
städtischen Finanzen ein. Mit einer sehr sparsamen Haushaltsführung gelang
es ihm, die Schuldensumme der Stadt zu reduzieren. Ermöglicht wurde das
unter anderem durch die Neuordnung des preußischen Steuerrechts von 1820,
wonach die Stadt ihren Finanzbedarf vor allem aus der Haus- und Mietsteuer,
aus Teilen der Mahl- und Schlachtsteuer, aus staatlichen Zuschüssen zur
Armenkasse und solchen Posten wie Straßenbeleuchtung und -reinigung decken
sollte.
In dem Maße, wie sich in Berlin mehr und mehr Industrie ansiedelte,
verschärften sich auch die sozialen Probleme der Stadt. Büsching engagierte
sich sehr stark für die Entwicklung eines städtischen Volksschulwesens.
Seine besondere Aufmerksamkeit und Verantwortung galt aber vor allem dem
städtischen Armenwesen, das beträchtliche Ausmaße angenommen hatte. Als
Oberbürgermeister war er zugleich auch Direktor der Armendirektion, in deren
Händen die Armenfürsorge lag, und Direktor der Allgemeinen
Witwenverpflegungsanstalt und der Offizierswitwenkasse. Die bisher staatlich
finanzierte Armenbehörde war entsprechend der Städteordnung dem Magistrat
unterstellt worden und nun eine Aufgabe der kommunalen Verwaltung. Es
entstand ein breitgefächertes System von Unterstützungsleistungen, welches
für damalige Verhältnisse gut funktionierte. Dazu zählten Almosen
(Geldunterstützungen), medizinische Hilfe (Kuren, Krankenhausbehandlung,
Medikamente), die Versorgung in Wohlfahrtseinrichtungen (Waisenhäusern usw.)
sowie das Armenschulwesen.
Büsching widersetzte sich Bestrebungen der Stadtverordnetenversammlung, die
Armenfürsorge aus finanziellen Gründen einzuschränken und forderte unter
anderem die Einrichtung einer kommunalen Arbeitsbeschaffungsanstalt für
Arbeitslose. Am 9. Mai 1831 schrieb er an die Stadtverordnetenversammlung:
"Es würde nach Meinung des Magistrats nun noch eine unumgängliche
nothwendige Einrichtung bei der hiesigen Armenpflege sein, darauf zu achten,
daß solchen Leuten von allen Armenkommissionen ein Ort nachgewiesen werden
könnte, in welchem sie, wenngleich für ein geringes Tagelohn, doch bestimmt
Arbeit fänden, um das nöthige tägliche Brot selbst zu erwerben..." Das
Projekt scheiterte jedoch am Widerstand der Stadtverordneten.
Auch wenn Büschings Verhältnis zu den Stadtverordneten nicht immer
harmonisch war und seine Kritiker ihm Führungsschwäche vorwarfen, wurde er
doch jedesmal nach Ablauf der sechsjährigen Wahlzeit, 1820 und 1826, mit
großer Mehrheit wiedergewählt.
In seinen letzten Amtsjahren hatte Johann Büsching Mühe, die drängenden
Probleme der Kommune zu bewältigen. Eine wesentliche Ursache dafür waren
seine vielen Ämter, unter anderem als Direktor der Armendeputation und als
Gymnasiarch des Grauen Klosters, die ihm nicht mehr genügend Zeit für die
Arbeit im Magistrat ließen. Darüber hinaus stellte die 1831 hereinbrechende
Choleraepidemie, der 1400 Menschen zum Opfer fielen, eine extreme Belastung
für die Kommune dar.
Als Büsching 1831, 70jährig, die Absicht äußerte, zum bevorstehenden Ende
seiner Wahlperiode im März 1832 zurückzutreten, gingen die Stadtverordneten
ohne Zögern darauf ein. Für seine Verdienste um die Stadt bekam er als einer
der ersten Berliner von ihnen die Würde eines Stadtältesten zuerkannt
(1831). Der König bewilligte seinen erbetenen Abschied und verlieh ihm den
Roten Adlerorden 2. Klasse.
Der durch ein arbeitserfülltes Leben erschöpfte Büsching lebte nur wenig
länger als ein Jahr als Pensionär in Berlin. Am 23. April 1833 ist er
gestorben.
© Edition Luisenstadt, 1998
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