Herzog
Peter von Kurland (1724-1800)
galt als kunstsinnig und besaß ansehnliche Sammlungen von Gemälden und
Kunstwerken. Er war dreimal verheiratet, die Ehen blieben aber kinderlos.
Erben erhoffte er sich von seiner letzten Ehe mit der wesentlich jüngeren
Anna Charlotte Dorothea von Medem,
aus altem kurländischen Adelsgeschlecht, die er 1779 heiratete. Aus der
Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen zwei im Kindesalter starben. Von
den vier Töchtern * brachten es Wilhelmine von Sagan und Dorothée von Dino
zu einiger Berühmtheit.
* Wilhelmine, Herzogin von Sagan (1781-1839), Pauline, Fürstin von Hohenzollern (1782-1845), Johanna, Herzogin von Acerenza und Erbin Löbichaus (1783-1876),
sowie Dorothée, Fürstin von Talleyrand - Périgord, spätere Herzogin von Dino (1793-1862).
Schon
sehr bald nach Beginn der Auseinandersetzungen im eigenen Land verlegte
der Herzog von Kurland seine Interessen ins Ausland und tätigte
zahlreiche finanzielle Transaktionen. Dazu gehörte auch der Erwerb von
Immobilien – so beispielsweise des Schlosses Friedrichsfelde bei Berlin,
womit Peter in den Stand eines preußischen Großgrundbesitzers gelangte.
Er erwarb das Herzogtum Sagan, wohin er sich nach seiner Abdankung zurückzog,
mit der ausdrücklichen Genehmigung der weiblichen Erbfolge im Hinblick
auf seine älteste Tochter Wilhelmine, außerdem die Güter Nachod und
Ratiborschitz in Böhmen.
‚Erfurter
Fürstentag 1808’, zeitgen. Kupferstich, gezeichnet von Gösse,
gestochen von Monin,
in
der Mitte: Kaiser Napoleon und Talleyrand; rechts: Zar Alexander I.
Dorothée
von Dino-Talleyrand,
die spätere Herzogin von
Sagan, galt als große Schönheit und vor
allem als reiche Erbin. Ihre Jugend verbrachte sie zu großen Teilen in
Berlin im Kurländischen Palais, wodurch sie standesgemäße Beziehungen
zum Preußischen Königshaus (Friedrich Wilhelm IV.) pflegte. Ihr Erzieher
war der Italiener Piattoli, der als Sekretär des letzten Königs von
Polen maßgeblich an der polnischen Verfassung mitgearbeitet hatte. Nach
ihrer Vermählung, mit Edmond von Périgord im Jahr 1809 lebte Dorothée
in Paris und auf Schloss Valençay. 1814/15 war sie die viel bewunderte
Begleiterin Talleyrands auf dem Wiener Kongress.
Wie im Schloss Löbichau, spielte sich
auch ein Großteil des gesellschaftlichen Lebens, das Politik, Literatur,
Malerei, Musik und Wissenschaft vereinte, im nahen Schloss Tannenfeld ab.
Man traf sich zu Festen, Theateraufführungen, Lesungen, Vorträgen
oder Dichterkrönungen. Zeitweise weilten bis zu dreihundert Gäste in Löbichau.
‚Löbichau’,
Lithographie von R. Weibezahl, um 1845
Es
kamen
Berliner Bekannte, z.B. die Familie Parthey, der Dresdener Kreis der
Schwester Elisa von der Recke, wozu die Körners, samt ihrem begabten Sohn
Theodor, und Dora Stock gehören, Kurländische Studenten aus Jena,
Altenburger Künstler, wie der Organist Barthel, der benachbarte Politiker
Das
gesellschaftliche Leben in Löbichau erreichte in den Jahren 1819 bis 1821
seinen Höhepunkt, bevor es mit dem Tod der Herzogin für immer erlosch.
1821 starb Anna Dorothea von Kurland in Löbichau. Die Trauerfeier und Beerdigung fanden in Löbichau statt. Die Grabstätte befand sich im Hain. Nach dem Willen ihrer Tochter Johanna überführte man die sterblichen Überreste von Mutter und Schwester (Pauline) 1878 in die Besitzungen nach Sagan, ebenso, wie die in der Kirche von Großstechau aufbewahrte silberne Urne mit dem Herz Anna Dorotheas.
Person: Peter Biron, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/4665.
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