Carl Friedrich Leopold Gerlach

Lebensdaten

Nachname:
Gerlach
Vorname:
Carl Friedrich Leopold
Adelsprädikat:
von
Geburtsdatum:
25.08.1757
Geburtsort:
Berlin
Geschlecht:
männlich
Todesdatum:
08.06.1813
Sterbeort:
Berlin
Beruf(e):
  • Jurist
  • Politiker
Verknüpft mit folgenden Vereinen:

Genealogie

Genealogie:
Vater: Friedrich Wilhelm von Gerlach (1711-1780) Mutter: Christine Sophie Coeper (1719-1759) Geschwister: Ludwig August Wilhelm von Gerlach (1751-1809) Ehefrau: Agnes von Gerlach geb. Raumer (1761-1831) Kinder: 1. Sophie (1787-1807); 2. Gustav Wilhelm (1789-1834); 3. Ludwig Friedrich Leopold (1790-1861); 4. Ernst Ludwig (1795-1877); 5. Karl Friedrich Otto (1801-1849) Schwiegersohn: Carl von Grolmann, Major Enkelin: Louise von Grolmann (Quelle: Private Todesanzeige, Haude- und Spenerschen Zeitung, Nr. 70, Sonnabend, den 12. Juni 1813)

Biographie

Lebenslauf:
Gerlach, Leopold d. Ä.
Präsident der kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer
Berliner Oberbürgermeister


1757
Karl Friedrich Leopold von Gerlach d. Ä. wird als Sohn des Kriegs- und Domänenrats der kurmärkischen Kammer und späteren Geheimen Finanzrats Friedrich Wilhelm von Gerlach (1711-1780) und seiner Ehefrau Christine Sophie geb. Coeper am 25. August in Berliner geboren. Die Familie von Gerlach, aus der im Verlauf des 18. Jahrhunderts zahlreiche preußische Verwaltungsbeamte hervorgehen, hat ihre Ursprünge im Hessischen die Familie Coeper, ein Ratsherrengeschlecht, stammt aus Bremen. Im Geburtsjahr lebt die reformierte Familie Leopold von Gerlachs d. Ä. im Haus des Schwiegervaters, des Hofrats Lüder Coeper, in der Friedrichsstadt.

1759
Tod der Mutter, Christine Sophie Coeper. Deren Schwester Antionette Coeper wird die Stiefmutter Leopold von Gerlachs.

1766
Der achtjährige Leopold von Gerlach besucht seit Ostern die Domschule in Halberstadt. Deren Rektor Christian Gottfried Struensee (1717-1782) wird sein Mentor. Ein Schwerpunkt dieser pietistischen Schule ist der altsprachliche Unterricht. Später wird Leopold von Gerlach eine ausgewählte Bibliothek griechischer und lateinischer Schriftsteller besitzen (vgl. Raumer 1861, S. 13)

1771
Ende des Jahres beendet Leopold von Gerlach die schulische Ausbildung als Primus Omnium.

1772
Am 24. April wird Leopold von Gerlach an der Universität Göttingen immatrikuliert, wo bereits sein älterer Bruder, Ludwig August Wilhelm von Gerlach, studiert. Sein Jurastudium absolviert er in erster Linie bei Johann Stephan Pütter (1725-1807), zu dessen Schülern auch vom Stein, Hardenberg, Voß und Haugwitz zählen.

1774
Leopold von Gerlach wechselt im Herbst von Göttingen an die juristische Fakultät der Universität Halle.

1775
Nach Abschluss seiner Studienzeit kehrt Leopold von Gerlach zu Ostern nach Berlin zurück. Im selben Jahr wird er Referendar am Kammergericht.

1777
Leopold von Gerlach begleitet gemeinsam mit dem Kammergerichtsrat Baumgarten und $ von Schleinitz den preußischen Justizminister von Fürst auf dessen Visitationsreise zu den Gerichten in Westfalen und am Niederrhein. Eine private Reise nach Amsterdam schließt sich an.

1779
Erneute Gerichtsvisitationsreise gemeinsam mit $ von Koenen. Im Herbst wird Leopold von Gerlach Assessor bei der kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer.

1780
Leopold von Gerlach wird Rat bei der kurmärkischen Kammer in Berlin. Am 29. Dezember Tod des vermögenden Vaters, Friedrich Wilhelm von Gerlach.

1786
Im April Eheschließung mit der gebildeten Tochter des fürstlich-anhaltinischen Kanzleidirektors Leopold von Raumer, Agnes von Raumer, Stiftsfräulein, in Dessau. Das Ehepaar von Gerlach bezieht eine Wohnung im Haus des Bildhauers Eben in der Lindenstrasse (Gerlach 1987, S. 36).

1787
Am 16. März Geburt der einzigen Tochter, Sophie, die 1804 den späteren General Karl Wilhelm Georg von Grolman heiraten wird.

1789
Am 10. Mai Geburt des ältesten Sohnes Gustav Wilhelm, späterer Oberlandesgerichts-Vizepräsident in Frankfurt an der Oder, verheiratet mit Ida von Chambaud-Charrier.

1790
Nach erfolgreicher zehnjähriger Tätigkeit als Kriegs- und Domänenrat wird Leopold von Gerlach d. Ä. am 7. April von Friedrich Wilhelm II. zum Geheimen Finanzrat beim Generaldirektorium, der obersten Verwaltungsbehörde Preußens mit Sitz im Schloss, ernannt. Gerlach übernimmt mit diesem Amt im zweiten Departement des Generaldirektoriums die Oberaufsicht und Verwaltung des gesamten Finanz-, Domänen-, Steuer-, Gewerbe- und Kommunalwesens sowie in Teilen diejenige des Militärwesens (Schoeps 1963, S. 58$).
Am 17. September Geburt des Sohnes Ludwig Friedrich Leopold.

1791
Am 26. März wird Leopold von Gerlach d. Ä. zum Mitglied der Gesetzkommission, einer Prüfungsinstanz für Gesetzesentwürfe, ernannt und ist somit an der Verabschiedung des preußischen allgemeinen Landrechts beteiligt.

1792
Leopold von Gerlach d. Ä. wird am 19. Juni zum Mitglied der „Ober Examinations Commission“ ernannt, vor der die Verwaltungsreferendare ihre Prüfung abzulegen hatten.

1793
Der spätere Historiker Friedrich von Raumer (1781-1873), ein Neffe Agnes von Gerlachs, kommt nach Berlin und lebt bis 1798 im Haus der Familie von Gerlach, das diese ein Jahr zuvor „von dem Kriegsrat Gobbin für 19.000 Thaler Gold“ erworben hat und das sich `hinter der katholischen Kirche Nr. 1´“, der Hedwigskirche, befindet; zu dem Anwesen gehört ein Nebenhaus in der Französischen Strasse (Gerlach 1987, S. 43 mit Abb.; Schoeps 1963, S. 51$; Nicolai Beschreibung S. 205$).

1794
Am 9. Oktober wird Leopold von Gerlach d. Ä. Vizepräsident des Oberrevisionskollegiums, „als Teil des Generaldirektoriums die Appellationsinstanz in Angelegenheiten der sogenannten Kammerjustiz (Gerlach 1987, S. 42).

1795
Am 7. März Geburt des Sohnes Ernst Ludwig, später erster Appellationsgerichtspräsident, in erster Ehe verheiratet mit Auguste von Ötzen, in zweiter Ehe mit Luise von Blanckenburg. Am 22. Dezember wird Leopold von Gerlach d. Ä. auf Empfehlung des Generaladjutanten Friedrich Wilhelm von Zastrow (1752-1830) an Friedrich Wilhelm II., dessen persönlich Bekanntschaft von Gerlach nun macht, als Nachfolger im Amt des verstorbenen kurmärkischen Kammerpräsidenten von Mühlheim ernannt.

1796
Von Gerlach tritt mit Jahresbeginn die Leitung der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer, die ihren Sitz im Schloss hat, an; zu den Hauptaufgaben dieser preußischen Verwaltungseinrichtung zählt die Administration der Steuern sowie der königlichen Domäneneinnahmen und ihr untersteht unmittelbar der Magistrat der Stadt Berlin, das städtische und ländliche Polizeiwesen und einzelne Bereiche des Militärwesens. Zu Fragen der politischen Ökonomie setzt sich von Gerlach u.a. mit Adam Smith auseinander (Schoeps 1963, S. 56-57$).

1800
Im Juli nimmt Leopold von Gerlach d. Ä., den geforderten Neuerungen abgeneigt, Stellung zu den Vorschlägen des Geheimen Finanzrats August Heinrich von Borgstede, die Staatsverwaltung umzustrukturieren und hierfür die preußische Kammernverwaltung einer veränderten hierarchischen Entscheidungslinie zu unterstellen. Auch die Abschaffung der Kammerjustiz lehnte von Gerlach unter seiner Präsidentschaft ab.

1801
Am 12. April Geburt des jüngsten Sohnes Karl Friedrich Otto, späterer Konsistorialrat sowie Hof- und Domprediger, verheiratet mit Pauline von Blanckenburg.

1804
Sophie von Gerlach heiratet den Leutnant und späteren General Karl Wilhelm Georg von Grolman (1777-1843).

1805
Leopold von Gerlach d. Ä. erwirbt für 106 000 Taler in der Neumark von Henning von der Osten das Gut Rohrbeck.

1806
Die Familie von Gerlach begibt sich im Juli zur Sommerfrische auf das im Jahr zuvor erworbene Gut Rohrbeck; hier erfährt Leopold von Gerlach d. Ä. durch seinen aus Berlin angereisten Bruder, Ludwig von Gerlach, von der am 9. August in der Stadt angekündigten Mobilmachung Preußens gegen Frankreich. Leopold von Gerlach d. Ä. kehrt in Begleitung seines Sohnes Leopold nach Berlin zurück. „Gott gebe es, daß der letzte Versuch, Deutschland vom Joch des Tyrannen zu befreien, gelingen möge“, so Agnes von Gerlach in einem Brief an ihre Schwester, Marie von Raumer, am  30. August (zitiert nach Schoeps 1963, S. 347$).
Nachdem Napoleon am 27. Oktober die Schlüssel der Stadt Berlin übergeben worden waren, entlässt dieser in der Folge den Magistrat und unterstellt die preußische Staatsverwaltung französischer Kontrolle. Am 9. November muss Leopold von Gerlach sowie die ihm unterstellte Beamtenschaft Napoleon den Treueid leisten. Die Befehlsgewalt obliegt damit bis zum Frieden von Tilsit nicht mehr Friedrich Wilhelm III., sondern den französischen Besatzungsgouverneuren. Leopold von Gerlach d. Ä., seit dem 30. Oktober  unmittelbar dem Intendanten von Berlin und der Mittelmark, Louis Pierre Édouard de Bignon, unterstellt, setzt sich bei Marschall Berthier für den Schutz der Berliner Bevölkerung ein. Um die Provinzen vor marodierenden Soldaten schützen zu können, werden von Gerlach Gendarmen zugewiesen, die als sogenannte Sauvegarden in den Kreisen nahe Berlin zum Einsatz kommen.
Schoeps 1963 S. 72$

1807
Friedrich Wilhelm III. ernennt Leopold von Gerlach d. Ä. zum Generalvizekommissar für die Kurmark, die Altmark und den preußischen Teil Magdeburgs sowie in der Nachfolge Voß’ zum Leiter des kurmärkischen Provinzialdepartements: „Ihr habt Euer Amt immer gewissenhaft verwaltet“, so der König in einer Kabinettsordre vom 26. August aus Memel, „besonders aber hat die Festigkeit, womit Ihr, wie man von Euch rühmt,  in dem nun beendigten unglücklichen Kriege Mein und der Provinz Interesse behauptet habt, Euch mein ganzes Vertrauen erworben“ (zitiert nach Gerlach 1987, S. 72). Ende September erhält von Gerlach als provisorischer Nachfolger von Massows vorübergehend die Oberaufsicht über das Joachimsthalsche Gymnasium.
Tod der Tochter Sophie.

1808
Zu Jahresbeginn kommt es zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen Leopold von Gerlach d. Ä. und der sog., nach dem Frieden von Tilsit gebildeten Friedensvollziehungskommission, namentlich mit deren Präsidenten Sack, bezüglich zu leistender Kontributionen.
Von Gerlachs im Frühjahr unternommener Versuch, die Erbauung eines französischen Truppenlagers zwischen Charlottenburg und Potsdam und die damit verbundenen Kosten zu verhindern, scheitert.
Am 3. Dezember verlässt die französische Beatzung Berlin, einen Tag zuvor nimmt Leopold von Gerlach d. Ä. an der Abschiedsaudienz des Marschalls Davoût teil. Mit einem Publikandum von Dohnas und von Altensteins vom 16. Dezember treten die durch den Freiherrn vom Stein angestoßenen Reformen des preußischen Verwaltungsapparates in Kraft, den neu nach Fachbereichen und nicht mehr nach Provinzen gegliederten Departements werden Oberpräsidenten vorgeschaltet, Leopold von Gerlach d. Ä. jedoch bei der Wahl nicht berücksichtigt.

1809
Am 28. Januar reicht Leopold von Gerlach d. Ä. durch den neu gewählten Justizminister Karl Friedrich von Beyme sein Abschiedsgesuch bei Friedrich Wilhelm III. ein, das dieser mit Bedauern bewilligt und von Gerlach den roten Adlerorden verleiht (Schoeps 1963, S. 376$). Der Verlust des Amtes bringt finanzielle Einbußen mit sich, Personal wird entlassen und das Haus der Familie zunächst zum Verkauf angeboten, dann lediglich das Erdgeschoß vermietet. Der Mieter, Theodor Anton Heinrich Schmalz, der bis 1820 im Gerlachschen Haus wohnen wird, ist ein enger Freund der Familie (Schoeps 1963, S. 381-382$).
Am 12. April wird Leopold von Gerlachs d. Ä. das Bürgerrecht verliehen und zunächst zum Stadtverordneten des Bezirkes Gendarmenmarkt gewählt, am 1. Mai erfolgt nach Einführung der vom Steinschen Städteordnung seine einstimmige Wahl zum Berliner Oberbürgermeisterkandidaten, der am 9. Mai vom König bestätigt wird. Dieser bildet in der Folge gemeinsam mit Bürgermeister und verschiedenen Räten den Magistrat, der seinerseits, neben den Stadtverordneten, das zweite städtische Organ darstellt. Am 6. Juli wird  der Magistrat feierlich in sein Amt eingeführt und der Oberbürgermeister vereidigt (Gerlach 1987, S. 110-117). Karl Friedrich Leopold von Gerlach d. Ä. hat sein Amt an der Spitze des Magistrats bis zu seinem Tod inne, als Stellvertreter amtiert Johann Stephan Gottfried Büsching.
Der sechs Jahre ältere Bruders, Ludwig August Wilhelm von Gerlach, Hofgerichtspräsident in Cöslin, stirbt.
Am 23. Dezember begrüßt Leopold von Gerlach d. Ä. in seiner Funktion als Oberbürgermeister der Stadt Berlin das zurückkehrende Königspaar am Bernauer Tor mit einer Rede.

1810
Am 12. Oktober reicht der Magistrat Berlins dem neuen Staatskanzler Hardenberg eine Zusammenstellung der Stadtschulden in Höhe von sieben Millionen Talern ein. Leopold von Gerlach d. Ä., der sich zunehmend in Opposition zu Hardenbergs Reform- und Steuergesetzgebung  begibt, wird beauftragt, ein Konzept zur Schuldentilgung zu erstellen.
Am 15. Oktober erfolgt die Gründung der Berliner Universität.

1811
Leopold von Gerlach d. Ä. nimmt am 23. Februar als Vertreter der Stadt Berlin an der von Hardenberg einberufenen Notablenversammlung teil, allerdings, infolge der maßgeblich von Ludwig von der Marwitz vertretenen ständischen Opposition gegen die ursprüngliche Zusammensetzung der Versammlung, erst nachträglich zum Deputierten ernannt.

1812
Am 5. März wird Leopold von Gerlach d. Ä. von der Stadtverordnetenversammlung Berlins einstimmig zum Repräsentanten der Stadt „für die Generalkommission und zugleich für die vorläufige Nationalrepräsentation“, die erste preußische Volksvertretung, gewählt, die am 27. April zu ihrer ersten Sitzung im Berliner Schloss zusammentritt (Gerlach 1987, S. 141). Im Sommer wählt die Nationalrepräsentation von Gerlach zu ihrem Präsidenten, der aufgrund des von Hardenberg im Alleingang erlassenen „Gendarmerie-Edikts“ erneut mit dem Staatskanzler in Konflikt gerät: „Das Edict vom 30. Julius d.J.“, so Gerlach in einer Sitzung am 1. September, „welches die garnicht mit dem Inhalt übereinstimmende Überschrift `Von Errichtung der Gendarmerie´ führt, ändert die ganze Verfassung des Landes sowie die Verwaltung der Polizei in der weitesten Bedeutung des Wortes, der Justiz und der Finanzen in sehr wesentlichen Punkten ab und kann meines Erachtens nicht zu denjenigen gerechnet werden, durch welche bloß ein neues Verhältnis der Staatsdiener gegeneinander oder eine neue Bestimmung der Dienstpflichten vorgeschrieben wird (...) Durch diese neue Verfassung wird das letzte Überbleibsel politischer Freiheit vernichtet“ (zitiert nach Gerlach 1987, S. 144; Schoeps 1963 S. 84 f.$).
Der Durchzug französischer Truppen durch Berlin auf dem Weg nach Russland seit Ende März führt zu Einquartierungen im Haus Gerlachs. Dessen Gesundheitszustand verschlechtert sich im Herbst zunehmend.

1813
Aufgrund des andauernd schlechten Gesundheitszustandes kann Leopold von Gerlach d. Ä. seine Dienstgeschäfte immer seltener wahrnehmen. Am 20. Februar erlebt er die ersten Angriffe russischer Kosaken auf die französische Besatzung Berlins, deren Abzug am 27. Februar und den Einzug der Kosaken in die Stadt. „Der Fürst Repnin ist hier Gouverneur“, so Agnes von Gerlach in einem Brief an Marie von Raumer vom 6. März. „Der Magistrat bewillkommnete ihn vorgestern um fünf Uhr, mein Mann ging auch mit, er war sehr höflich gewesen und hatte meinem Mann dergestalt die Hand gedrückt, daß er hätte schreien mögen. Na, mein Bruder [Eugen von Raumer] meinte, mit diesem Händedruck sei die Freundschaft der russischen Nation zu uns vollkommen hergestellt“ (zitiert nach Schoeps 1963, S. 410$). Nachdem sein späterer Nachfolger Johann Stephan Gottfried Büsching die Amtsgeschäfte bereits Wochen zuvor weitgehend übernommen hat, stirbt am 8. Juni Karl Friedrich Leopold von Gerlach d. Ä. Die Witwe erhält von Friedrich Wilhelm III. eine Jahrespension von 500 Talern, von den Stadtverordneten wir ihr eine jährliche Pension von 600 Talern vermacht (vgl. Gerlach 1987, S. 155).

Bekannt und befreundet mit:
Karl Friedrich von Beyme, Kabinettsrat Gerlach 1987, S. 52

Quellen
$Familienarchiv Gerlach, Universität Erlangen$

Gerlach 1987 = Jürgen von Gerlach, Leopold von Gerlach 1757-1813. Leben und Gestalt des ersten Oberbürgermeisters von Berlin und vormaligen kurmärkischen Kammerpräsidenten, Berlin. Nicolai. 1987

Kircheisen 1931 = Friedrich Kircheisen, Napoleon in Potsdam und Berlin. 24. Oktober bis 24. November 1806, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1931, S. 12

Raumer 1861 = Friedrich von Raumer, Lebenserinnerungen und Briefwechsel, Leipzig 1861 S. 12 f.

Ruppel-Kuhfuss, Das Generaldirektorium unter der Regierung Friedrich Wilhelms II., S. 155$

Schoeps 1963 = Aus den Jahren preußischer Not und Erneuerung. Tagebücher und Briefe der Gebrüder Gerlach und ihres Kreises 1805-1820, hg. von Hans Joachim Schoeps, Berlin 1963
Nachruf in der Haude- und Spenerschen Zeitung, Nr. 70, Sonnabend, den 12. Juni 1813

Einen von allen Seiten tief betrauerten Verlust hat der Preuß. Staat und insbesondere die hiesige Stadt durch das am 8ten d. M. nach einem langen und harten Krankenlager, an gänzlicher Entkräftung erfolgte sanfte und ruhige Hinscheiden des allgemein geschätzten und verehrten Oberbürgermeisters der hiesigen Königl. Haupt- und Residenzstadt, vormaligen Geheimen Ober-Finanz-, Kriegs- und Domainenraths und Präsidenten der Königl. Kurmärkschen Regierung, Ritters des Preuß. rothen Adler-Ordens Erster Klasse etc. Herrn Carl Friedrich Leopold von Gerlach, erlitten. Der Verewigte war hieselbst am 25sten August 1757 geboren, und der jüngste Sohn des ihm längst in die Ewigkeit vorangegangenen Geheimen Ober-Finanzraths von Gerlach. Frühzeitig schon entwickelten sich die herrlichen Anlagen seines thätigen Geistes, daher er bereits im Jahre 1765, bis wohin er den Unterricht eines Hauslehrers genoß, als Knabe von 8 Jahren, das väterliche Haus verließ, um auf der Schule zu Halberstadt, unter der Leitung des damals berühmten Struensee, dem er mit kindlicher Ehrfurcht und Liebe zugethan war, und als einem hohen Muster nachstrebte - den classischen Boden der alten Griechen und Römer zu betreten. Bei seinem Durst nach Wissenschaft konnte es nicht fehlen, daß er in ältern und neuern Sprachen, so wie in allen übrigen Gegenständen des Unterrichts die glänzendsten Fortschritte so schnell machte, daß schon in seinem 14ten Jahre der würdige Struensee seinem Vater äußerte, daß er auf der dortigen Schulanstalt seine Kenntnisse nicht weiter zu vermehren im Stande sey. Er wurde bereits im Sommer 1771, nachdem er 3 1/2 Jahr in Prima gesessen und die letzten 2 Jahre die ausgezeichnete Stelle eines Primus omnium bekleidet hatte, als reif zur Akademie entlassen.
Er hatte sich für das Studium der Rechtswissenschaften bestimmt, bereitete sich hiezu indessen noch ein Jahr lang durch Benutzung eines Privat-Unterrichts in dem Hause seines Vaters vor, und bezog dann zu Ostern 1772 die Universität Göttingen, und nach einem 2 1/2 jährigen Aufenthalt daselbst, die Universität Halle, von wo er, mit reichen Kenntnissen ausgerüstet, zu Ostern 1775 in das väterliche Haus zurückkehrte.
Im Oktober desselben Jahres ward er als Referendarius bei dem Königl. Kammergericht angestellt, und hier hatte er sich unter dem damaligen Chef-Präsidenten von Rebeur in einem Zeitraum von vier Jahren mit dem glücklichsten Erfolg zum praktischen Dienst ausgebildet, als der Wunsch seines Vaters, welcher ihn dem diplomatischen Fache gewidmet wissen wollte, wofür er indessen selbst keine Neigung bezeigte, ihn bestimmte, die juristische Laufbahn gänzlich zu verlassen und in das Kameralfach überzutreten.
Er erhielt daher zu Michaelis 1776 die Stelle eines Assessors bei der damaligen Kurmärk. Krieges- und Domainen-Kammer, ward hierauf im Jahre 1780 zum vortragenden Rathe bei diesem Kollegium befördert und im Jahre 1790 als Geheimer Ober-Finanz-Rath in das Königl. General-Direktorium versetzt, in welcher Qualität er hiernächst auch zum Mitgliede der Gesetz-Kommission ernannt wurde.
Die vielseitige Gewandheit und Regsamkeit seines Geistes, sein schneller und sicherer Ueberblick des Einzelnen wie des Ganzen blieben auch hier nicht lange unbemerkt, und schon nach Verlauf von 5 Jahren, im Jahr 1795 ward er der Königl. Kurmärkschen Kriegs- und Domainen-Kammer, so wie in der Folge auch deren Justiz-Deputation, als Chef vorgesetzt. Einen Beweis der Anerkennung seines Werths erhielt er im Jahre 1807 dadurch, daß er zum General-Civil-Commissarius der Kurmark ernannt wurde. Im Jahre 1809, bald nach erfolgter veränderter Verfassung der obersten Staats-Behörden, in Bezug auf die innere Landes- und Finanz-Verwaltung, fand er sich bewogen seine Entlassung aus dem Königl. Dienst nachzusuchen, und diese ward ihm von Sr. Majestät dem Könige nicht nur in den gnädigsten Ausdrücken ertheilt, sondern Allerhöchstdieselben geruheten auch seine Verdienste um den Staat und treue Vaterlandsliebe mit einem öffentlichen Merkmale Ihrer besondern Gnade, durch Verleihung des großen Preuß. rothen Adler-Ordens auszuzeichnen. Von dieser Zeit an hatte die hiesige Stadt das Glück, ihn zuerst als Vorsteher der Stadtverordneten und sodann an der Spitze des Magistrats, beide Male durch einstimmige Wahlen der Stadtverordneten-Versammlung zu sehen, indem er, bei der Einführung der Städte-Ordnung, dem dahin gerichteten allgemeinen Wunsche der Bürgerschaft gern nachgab und des Königs Majestät diese Wahl mit Aeußerung Ihres besondern Wohlgefallens darüber zu bestätigen geruheten.
Durchdrungen von innigem Wohlwollen gegen Hohe und Niedrige, ging er in allen verschiedenen Dienstverhältnissen mit einem stets offenen Sinne für alles Gute und Edle, festen und ruhigen Schritts, den als pflichtmäßig erkannten Weg, und streng gegen sich selbst war es in der Ordnung, daß er auch von Anderen die pünktliche Erfüllung ihrer Pflichten verlangte, wobei nichts desto weniger sein völlig reiner höchst liebenswürdiger Charakter jedem unbedingte Liebe und Ergebenheit für ihn abrang. Wahrhafte, ächte Religiosität erzeugte und begründete in ihm einen Seelenadel, der, wie über sein Geschäfts- so auch über sein häusliches Leben einen unnennbaren Reitz verbreitete und ihn besonders seiner ihm völlig gleichgesinnten würdigen Gattin, jetzt tief gebeugten Wittwe, seinen geliebten Kindern, von denen drei hoffnungsvolle Söhne dem Rufe des Vaterlandes gefolgt sind und seinen vertrauten Freunden, über alles theuer und werth machten.
Ein starker Blutauswurf kürzte das thätige und gehaltvolle, auch durch hohe Wohlthätigkeit gegen die Armen bezeichnete Leben dieses musterhaften treuen Staatsdieners, zärtlichen Gatten und Vaters und edlen Menschenfreundes im noch nicht vollendeten 56. Jahre seines Alters.
Er hat durch seine Tugenden sich in den Herzen der hiesigen Einwohner und aller nahen und fernen Bekannten, mit denen er früher in Verbindung stand, ein immerwährendes Denkmal der Liebe und Verehrung gesetzt und dankbare Thränen der Wehmuth befeuchten die Gruft dieses Gerechten, auf der so viel Seegen ruhet.
Berlin, den 10. Juni 1813.
Der Magistrat.
(Es folgt eine ausführliche Beschreibung der Beisetzung)

Register

Fachregister:
  • Rechtswissenschaften
  • Politik
Gruppen/Vereinigungen-Register:
  • Montagsclub

Person: Carl Friedrich Leopold Gerlach, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/5822.

Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/5822