Lebenslauf:
1758
Am 5. Oktober Geburt in einer kinderreichen, ursprünglich aus Beauvais/
Nordfrankreich stammenden hugenottischen Familie. Der Vater Ludolf Lafontaine
ist Hofmaler in Braunschweig, wo die Familie seit drei Generationen ansässig
ist. Zudem unterhält er als Freimaurer Verbindungen mit Lessing und den
Professoren Gaertner und Zacharias.
August H. Julius Lafontaines bekanntester Bruder ist der spätere Portraitmaler
Carl Anton Friedrich Lafontaine (1755-1831).
1774
Tod des Vaters, Besuch des Gymnasiums "Sophineum" in Schöningen.
Früh beschäftigt sich Lafontaine mit Literatur, der Philosophie der Aufklärung
und antiken Autoren. Die Lektüre der Barockromane Anton Ulrich v. Braunschweigs
und Andreas Buchholtz' prägen ihn nachhaltig.
1777
Studium der Theologie in Helmstedt. Lafontaine macht keinen Abschluß.
1780
Übernahme einer Hauslehrerstelle bei dem Amtmann Brinckmann in Groß
Bartensleben in Ostfalen. Der Domherr Georg v. Veltheim wird sein Gönner.
1785
Hilfslehrer am Collegium Carolinum in Braunschweig. Mitarbeit an Johann Joachim
Eschenburgs "Beispielsammlung zur Theorie und Literatur der schönen
Wissenschaften".
Erste literarische Versuche.
1786
Umzug nach Halle. Übernahme einer Hofmeisterstelle bei dem preußischen Oberst
v.
Thadden.
1789
Anstellung als Feldprediger in v. Thaddens Regiment.
1791
Heirat mit der Pastorentochter Sophie Abel in Halle, wo sich das Ehepaar auch
niederläßt.
1792
Teilnahme an der Campagne in Frankreich. Umzug nach Oppenheim.
1796
Rückkehr nach Halle. Erste Erfolge als Autor.
1800
Abschiedspredigt und Arbeit als freier Schriftsteller. Lafontaine ist beliebt
und kann von seiner Arbeit als Autor leben. Die 15 bändige Romansammlung
"Gemählde des menschlichen Herzens in Erzählungen" begründet seinen
Ruhm. König Friedrich Wilhelm III. wird sein Förderer und verleiht ihm ein
Kanonikat am Domstift Magdeburg.
1806
Verlust des Domstifts durch die preußische Niederlage gegen Napoleon.
1811
Dreimonatige Reise nach Venedig. Rückfahrt über Wien, Prag und Dresden.
1822
Tod der Gattin.
1829
Gesundheitlicher Verfall, eingeschränkte Bewegungsfreiheit und allmählicher
Verlust des Gedächtnisses.
1831
Tod am 20. April mit 73 Jahren.
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Der Lieblingsautor der Königin Luise hat nie in Berlin gewohnt und die Stadt,
wenn überhaupt, auch nur kurz besucht. Mit Iffland und Kotzebue gehörte er zu
den populärsten Autoren um 1800. Insgesamt hat er mehr als 150 Romane verfasst.
Besonders in Berlin wurden seine Romane rezipiert, besprochen und auch
kritisiert. Die Werke standen in der Tradition der moralisch erziehenden
Aufklärungsliteratur, sind jedoch ebenso von der Empfindsamkeit und einer
frühen Realistik gekennzeichnet. Thematisch handeln sie vornehmlich von
moralischen Familiengeschichten, von Liebe, von Intrigen und charakterlichen
Verirrungen, die sich zum Ende nach vielen Windungen in familiärem Wohlgefallen
auflösen.
1798 erschien im "Athenäum" eine beißende und bestsellerfeindliche
Kritik der Literatur Lafontaines aus der Feder August Wilhelm Schlegels: "Bei
so unermüdlichen Ergießungen muß man natürlich auf seltsame Hülfsmittel
verfallen, um die Armut an selbstständigem Geiste zu bemänteln, und wirklich
ist auch bis zur rohesten Abgeschmacktheit nichts unversucht geblieben. Wer
Romane fertigen kann, ohne Gespenster zu zitieren und die Riesengestalten einer
chimärischen Vorzeit aufzurufen, wer sich ohne Geheimnisse mit simplen
Leidenschaften behilft, der hält schon etwas auf sich und sein Publikum. Macht
er sich denn auch mit Chrakteren nicht viel zu schaffen, wenn ihm jene in einer
gewissen Fülle zu Gebote stehen, so kann er gewiß sein, den mittleren
Durchschnitt der Lesewelt für sich zu gewinnen, der für das grobe
Abenteuerliche schon zu gesittet, für die heitern ruhigen Ansichten echter
Kunst noch nicht empfänlich, starke Bedürfnisse der Sentimentalität hat.
Solch ein Schriftsteller ist Lafontaine. Wundern kann man sich also nicht über
das große Glück, das er gemacht hat. Die Vorliebe für Jean Paul ist schon etwas
viel Ausgezeichneteres; er bewirtet nicht mit so leichten Speisen, da sich
Lafontaine hingegen mit unglaublicher Schnelligkeit und in ganzen Bänden auf
einmal genießen läßt, besonders wenn man schon einiges von ihm gelesen hat und also
gewisse Lieblingsschliderungen nur wie alte Bekannte im Vorbeigehen begrüßt.
Auch in dem einzelnen Werke wiederholt er die Szenen so reichlich, daß er dem
geübten Leser die Zeit erspart, obwohl dem verleger nichts an der
Bogenzahl". (Schlegel 1 1969, S. 82).
Verwendete Literatur:
Schlegel, August Wilhelm und Schlegel, Friedrich: Athenaeum. Eine
Zeitschrift. Band 1. Hrsg. von Curt Grützmacher. Hamburg: Rowohlt 1969.