Elisabeth Amalie Julie Voß

Lebensdaten

Nachname:
Voß
Vorname:
Elisabeth Amalie Julie
Lexikal. Name:
Voß, Julie
Adelsprädikat:
von
Geburtsdatum:
24.07.1766
Geburtsort:
Buch
Geschlecht:
weiblich
Konfession:
reformiert?
Todesdatum:
25.03.1789
Sterbeort:
Berlin
Beruf(e):
  • Hofdame

Namensformen

Namensänderung:
Nachname: Ingenheim Adelstitel: Gräfin Adelsprädikat: von

Genealogie

Genealogie:
Vater: Friedrich Christoph Hieronymus von Voß, geheimer Justizrat Mutter: Amalie Ottilia von Vieregg Sohn: Gustav Adolf (1789–1855) Bruder: Otto Carl Friedrich von Voß (1755 - 1823)

Biographie

Lebenslauf:
1766
Elisabeth Amalie von Voß wird am 24. Juli als Tochter des Geheimen Justizrates Friedrich Christoph Hieronymus von Voß in Buch, nördlich von Berlin geboren. Sie ist die Nichte des Kabinettsministers Karl Wilhelm Graf von Finckenstein.

1783
Anstellung als Hofdame der Gemahlin Friedrichs II. und Königin Elisabeth Christine am Schönhauser Hof.

1784
Glaubt man dem Tagebuch ihrer Tante, der ebenfals als Hofdame angestellten Sophie Marie von Voß, macht Elisabeth Amalie, genannt Julie, bei ihrem ersten höfischen Auftritt großen Eindruck auf den Kronprinzen Friedrich Wilhelm II.: "Julie gefällt dem Prinzen mehr als mir lieb ist. Er spricht viel von ihr. Ich fürchte, sie ist nicht unempfindlich für seine Bewundrung, und sie wird sich durch ein solches Gefühl nur selbst unglücklich machen". Einige Wochen später heißt es: "Die Prinzessin von Preußen ist eifersüchtig auf Julie" (zitiert nach Fontane 2001, S. 177).

1786
Die Besuche des Kronprinzen am Schönhauser Hof häufen sich auffällig. Das Tagebuch der Tante vermerkt: "Der Prinz kommt ewig zur Königin, was soll man tun? Es wird immer schlimmer mit ihm, und Julie dauert mich furchtbar. Mir scheint seine Leidenschaft täglich zu steigen. Er kommt jetzt oft für den ganzen Tag nach Schönhausen und hat nur das einzige im Kopf" (Fontane 2001, S. 178).
Nach dem Tod Friedrich II. und der Amtsübernahme durch den Kronprinzen werden Friedrich Wilhelms Werbungsversuche bei Julie immer konkreter. Sie selbst reagiert zögerlich, aber nicht ablehnend. Die neue Königin Frederike Luise scheint sich mit der Liason abzufinden. Auch Madame Ritz, die Vertraute des Königs und seine beste Freundin billigt die Beziehung. Nur Julies Tante formuliert ihr Unbehagen: "Das Benehmen des Königs ist unverzeihlich" (Fontane 2001, S. 181).
Um der Beziehung einen halbwegs offiziellen Rahmen zu geben bringt der Berater des Königs Johann Christian Woellner die morganatischen Ehe in Gespräch und schlägt vor, Julie von Voß dem König "zur linken Hand" anzutrauen. Die Praxis der morganatischen Hochzeit ist im absolutistischen Zeitalter nicht unüblich und dient dazu, die Verhältnisse mit Mätressen zu legalisieren. Aus morganatischen Ehen lassen sich keine dynastischen Rechte ableiten. Julie willigt nach einigem Zögern schließlich ein.

1787
Nachdem die größte Schwierigkeit ausgeräumt, und ein Prediger gefunden ist, der sich bereit erklärt, die Ehe zu trauen, heiraten Friedrich Wilhelm II. und Julie von Voß im Mai in der Charlottenburger Schloßkapelle. Die Trauung nimmt der reformierte Prediger Johann Friedrich Zöllner, Diakon an der Berliner Marienkirche, vor. Eine jährliche Zahlung von 300 Talern, sowie die Zusicherung einer Probststelle verwischen die letzten Zweifel des Geistlichen. Die fragwürdige Eheschließung wirkt sich nicht nachteilig auf seine Karriere aus. 1788 wird er Spaldings Nachfolger an der Nikolaikirche.
Da sich Friedrich Wilhelm II. mit der Eheschließung zur Linken zu ihr bekennt, und auch die Königin einwilligt, sind Julies Auflagen erfüllt. Nur in einem Punkt kann sie sich nicht durchsetzen: Ihre Forderung, Madame Ritz samt ihrer Kinder nach Litauen zu verbannen, verweigert Friedrich Wilhelm II. Julie und Madame Ritz pflegen eine intime Feindschaft.
Das moralische Gewissen des Hofes ist einmal mehr Julies Tante, die in ihrem Tagebuch vermerkt: "Meine Nichte sagte mir heute unter Tränen, seit acht Tagen sei sie mit dem König heimlich getraut, bat mich aber, es zu verschweigen. Es betrübt micht tief, und ich kann mich mit dem besten Willen eines Gefühls von Abscheu und Widerwillen gegen eine Sache nicht erwehren, die so unerlaubt ist, man mag an Scheingründen dafür angeben, was man will. Ihr Gewissen wird es ihr schon genugsam sagen und wird nicht wieder ruhig werden. - Sie hat lange wiederstanden, aber sie liebt den König leidenschaftlich, und nachdem sie ihm ihr Herz gegeben hatte, ließ sie sich vollends von ihm überreden. Trotz ihres schweren Fehltritts bleibt sie dennoch ein edler, der Achtung nicht unwerter Charakter, und ich weiß wohl, sie ist zu rechtsschaffen, als daß sie nach einem solchen Fall jemals wieder glücklich sein könnte (Fontane 2001, S. 182).
Im selben Jahr wird Julie zur Gräfin von Ingenheim ernannt. Der Titel soll ihr mehr Anerkennung verschaffen. Ihr Bruder wird Staatsminister. Sie wohnt fortan im Charlottenburger Schloß. Im Dezember erleidet Julie eine Fehlgeburt.

1789
Am 2. Januar kommt Julies Sohn zur Welt. In Anwesenheit des Königs wird er auf den Namen Gustav Adolph Wilhelm getauft. Paten werden der königliche Berater Bischofswerder und Julies Tante. Sie selbst erholt sich jedoch zu langsam von der Geburt. Im Frühjahr erleidet Julie einen schweren Rückfall und verstirbt in der Nacht des 25. März. Die Diagnose lautet Lungentuberkulose. Der Verdacht, Madame Ritz habe Julie vergiftet erweist sich als grundlegend falsch. Ein Brief an Bischofswerder dokumentiert die tiefe Trauer des Königs, der seine "Frau zur Linken" aller Widerstände zum Trotz sehr geliebt hat: "Mit der lieben Verstorbenen habe ich mein ganzes weltliches Glück verloren, sie war mein Trost und Freude in meiner so mühseligen weltlichen Lage; ich bin auch seit dem unglücklichen Tag ihres Hintrittes ganz traurig und melancholisch und der Welt recht überdrüssig, und wenn mir die religion nicht stützte, so müßte ich verzweifeln" (zitiert nach Bringmann 2001, S. 126).
Julies Tante bestätigt die Stimmung in ihrem Tagebuch: "Der König war in Verzweiflung und konnte sich nicht trösten und beruhigen. Auch gebrach es nicht an allgemeiner Teilnahme, ja das Volk wollte sichs nicht ausreden lassen, daß sie durch ein Glaß Limonade vergiftet worden sei, weshalb der König, als er von diesem Verdachte hörte, die Obduktion befahl. Diese bewies die Grundlosigkeit dieses Gerüchtes; ihre Lunge war krank und daran ist sie gestorben" (Fontane 2001, S. 185).
Julis Leiche wird in Buch bestattet. Bis zu seinem Tod ist der 25. März für Friedrich Wilhelm II. ein Trauertag. Der Schmerz hindert ihn aber nicht, den Verlust der Geliebten mit einer weiteren "Ehe zur Linken" auszugleichen: 1790 heiratet Friedrich Wilhelm II. erneut morganatisch die schöne Hofdame Sophie Juliane Gräfin von Dönhoff. Die Trauung nimmt der geübte Prediger Zöllner vor.



Mirabeuau schrieb über Julie von Voß nicht gerade schmeichelhaft: "Fräulein Voß besitzt einen gewissen natürlichen Verstand und einige Bildung, aber eher Manien als Willensäußerungen, sie bemüht sich, ihr sehr linkisches Wesen durch durch den Anschein von Naivität zu verbessern. Sie ist häßlich in hohem Grade, Grazie hat sie nicht, sie hat nur den Teint des Landes... Sie besitzt eine schöne Büste. Ihre Vestalinnenstrenge hat den König verführt. Sie findet es lächerlich, eine Deutsche zu sein, spricht etwas englisch und ist eine Anglomanin, welche meint, es gehöre nicht zum guten Tone, die Franzosen zu lieben" (zitiert nach Neumann 1997, S. 79).

Theodor Fontane benutzte andere Quellen und kommt zu einer anderen Sichtweise: "Julie von Voß war eine Schönheit im Genre Tizians, schlank und voll zugleich, von schönen Formen und feinen Zügen, blendend, aber von einer marmorähnlichen Blässe, die noch durch ein überaus reiches rötlichblondes Haar gehoben wurde. Bei Hof hatte sie den Beinamen Ceres, sehr wahrscheinlich um dieses üppigen goldnen Haares willen (...). Es paßte zu dieser Erscheinung, daß sie eine Vorliebe für alles Englische und eine Abneigung gegen alles Französische hatte, was ihr denn auch seitens der französischen Memoirenschriftsteller jener Epoche, Mirabeau an der Spitze, nachgetragen wurde. Der ihr oft gemachte Vorwurf der "Anglomanie" traf sie jedoch durchaus nicht; sie vermied es nur nach Möglichkeit, sich der damals allgemein üblichen französischen Sprache zu bedienen" (Fontane 2001, S. 176).



Verwendete Literatur:

Wilhelm Bringmann: Preußen unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797). Frankfurt a.M. u.a.: Lang 2001.

Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Hrsg. von Gotthard Erler und Rudolf Mingau. Berlin: Aufbau 2001.

Hans-Joachim Neumann: Friedrich Wilhelm II. Preußen unter den Rosenkreuzern. Berlin: edition q 1997



SH













Person: Elisabeth Amalie Julie Voß, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/4844.

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