1744
Am 25. September wird Friedrich Wilhelm in Berlin geboren. Er ist der erste
Sohn von August Wilhelm, dem jüngeren Bruder des Königs Friedrich II., und
Louise Amalie, der Tochter des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg-Bevern. Da
Friedrich II. kinderlos ist, fällt die Thronfolge seinem jüngeren Bruder, bzw.
dessen Nachkommen zu.
1747
Seit seinem dritten Lebensjahr wird Friedrich Wilhelm von den Eltern getrennt
aufgezogen. Die Erziehung des Thronfolgers übernimmt Friedrich II. persönlich
und plant sie akribisch: Er ernennt den Schweizer Nicolas Beguelin, Lehrer an
Joachimthalschen Gymnasium in Berlin, auf Empfehlung des Präsidenten der
Akademie der Wissenschaften zum Prinzenerzieher. Mit fünf Jahren kann Friedrich
Wilhelm lesen und schreiben.
1751
Adrian Heinrich von Borcke, Major in preußischen Diensten, wird Friedrich
Wilhelms Lehrer für das Militärwesen. Friedrich II. drängt auf seine
militärische und historische Bildung, während er es Friedrich Wilhelm selbst
überläßt, ob er Sprachen oder Musik erlernen möchte. Zum Leidwesen des Königs
interessiert sich der Thronfolger weniger für das Soldatenleben als für die
Musik. Besonders das Cellospiel hat es Friedrich Wilhelm angetan. Friedrich II.
ersetzt von Borcke durch den strengeren Lehrer Christian Ludwig von Kalckstein.
1757
Der Hofstaat zieht nach Magdeburg, um bei einer Niederlage im Siebenjährigen
Krieg der Gefangenschaft zu entgehen. Die Entfremdung zwischen dem König und
seinem Neffen macht sich bemerkbar. Nicht alle Mitglieder der Familie heißen
die Strenge Friedrichs II. gut.
1758
Wilhelm August stirbt am 12. Juni im Alter von 36 Jahren. Nach dem Tod seines
Vaters verschlechtert sich Friedrich Wilhelms Beziehung zu seinem Onkel. Durch
Verleihung des Titels "Prinz von Preußen" wird Friedrich Wilhelm am
14. Dezember als Nachfolger Friedrichs II. designiert.
1760 bis 1761
Der fast einjährige Aufenthalt Friedrich Wilhelms im königlichen Witerquartier
bei Leipzig ändert am beiderseitig schlechten Verhältnis wenig.
1762
Von Frühjahr bis Herbst wird Friedrich Wilhelm ins Hauptquartier nach Breslau
berufen.
1763
Friedrich Wilhelm nimmt an der Belagerung und Wiedereroberung von Schweidnitz
teil. Seine soldatischen Fähigkeiten sind keinesfalls schlecht und Friedrich
II. ist mit dem Neffen zufrieden. Er beruft Friedrich Wilhelm an die Spitze
eines Potsdamer Infanterieregiments. Das Kabinettshaus am Neuen Markt dient dem
Prinzen als Wohnung.
1764
Im Potsdamer Haus des polnischen Grafen Matuschka lernt der 20 jährige
Prinz die knapp 12 jährige Wilhelmine Encke kennen. Er verliebt sich in die
hübsche Tochter des Stabstrompeters der Berliner Hofkapelle und Kneipenwirts
Elias Encke.
Ab 1765
Friedrich II. führt seinen Thronfolger in die Politik ein, nimmt ihn zu
kaiserlichen Empfängen und zu Inspektionsreisen mit. Auch wenn Friedrich
Wilhelm gemeinsam mit dem berümten Cellisten Jean Pierre Duport Konzerte in
Sanssouci geben darf, leben er und sein Onkel in verschiedenen Welten. Es
mißlingt beiderseitig, Interesse für Talent und Arbeit des Anderen zu wecken.
Friedrich hatte selbst unter einem strengen Vater gelitten. Um es diesem nicht
gleichzutun, beginnt er Friedrich Wilhelm zu meiden - mit der Folge
unzulänglicher Vorbereitung des Thronfolgers auf spätere Regierungsgeschäfte.
Wenig Verständnis bringt der in dieser Hinsicht asketische König Friedrich
Wilhelms Frauenbekanntschaften entgegen. Affären mit Schauspielerinnen und die
Liebe zu Wilhelmine erregen seine Besorgnis. Aber weder Friedrich noch seine Spione
können die nicht standegemäße Beziehung unterbinden. Auch die auf königlichen
Befehl veranlasste Hochzeit Friedrich Wilhelms mit seiner Cousine Elisabeth von
Braunschweig Wolfenbüttel ändert daran nichts.
1766
Friedrich Wilhelm schickt "Minchen", wie er Wilhelmine liebevoll
nennt, zur gesellschaftlichen Bildung nach Paris.
1767
Am 17. Mai kommt Friedrich Wilhelms und Elisabeths Tochter Frederike zur Welt.
1769
Während der Kronprinz seine Beziehung zu Wilhelmine aufrechterhält, wird eine
Affaire seiner Gemahlin Elisabeth zum Trennungsgrund. Im April wird die Ehe
geschieden und Elisabeth nach Küstrin verbannt. Für Wilhelmine bedeutet die
Scheidung einen Erfolg. Sie ist nun offizielle Mätresse des Kronprinzen.
Am 14. Juli heiratet Friedrich Wilhelm erneut. Die Wahl fällt auf die
Prinzessin Frederike Luise von Hessen-Darmstadt. Sie hat gegen die Beziehung zu
Wilhelmine keine Einwände.
1770
Der zukünftige Thronfolger, Friedrich Wilhelm III., wird als erstes Kind von
Friedrich Wilhelm und Frederike geboren. Auch Wilhelmine bekommt ein Kind vom
Thronfolger, eine Tochter. Der Kronprinz gewährt seiner Mätresse eine Pension
von 3000 Talern im Jahr und erwirbt für sie ein Gut in Charlottenburg.
Friedrich II. lernt Wilhelmine im Park von Sassouci zufällig kennen und findet
sie sympathisch.
1772
Am 31. August Geburt des zweiten Kindes von Friedrich Wilhelm und Frederike
Luise. Die Tochter erhält den Namen Friederike Christine Amalie Wilhelmine.
Friedrich Wilhelm tritt den Freimaurerlogen "Zu den drei Degen" (Halle)
und "Zu den drei Goldenen Schlüsseln" (Berlin) bei.
1773
Die Tochter Wilhelmine stirbt einjährig. Am 5. November Geburt des zweiten
Sohnes des Kronprinzenpaares Prinz Friedrich Ludwig Karl.
1774
Am 5. März wir die zweite gemeinsame Tochter mit Wilhelmine Encke, Ulrike
Sophie Wilhelmine geboren, die bereits am 5. September stirbt. Am 18. November
Geburt der zweiten Tochter des Kronprinzenpaares. Das Mädchen wird wiederum auf
den Namen Wilhelmine getauft.
1777
Am 25. August Geburt einer gemeinsamen Tochter mit Wilhelmine Encke.
Christiane Sophie Friederike von Lützenburg stirbt bereits am 31. August. Am
29. November Totgeburt eines Prinzen.
1778
Am 4. Januar bringt Wilhelmine den Sohn Friedrich Wilhelm Moritz Alexander von
der Mark Alexander zur Welt, das Lieblingskind von Friedrich Wilhelm. Friedrich
Wilhelm nimmt am bayrischen Erbfolgekrieg teil. Während eines Feldlagers in
Böhmen löst eine spirituelle Erscheinung seine Hinwendung zum Gottesglauben und
zum Mystizismus aus.
1779
Mit dem Teschener Frieden endet im Mai der Bayrische Erbfolgekrieg. Hans Rudolf
von Bischoffwerder beeindruckt Friedrich II. während des Krieges, so dass er
ihn zum persönlichen Adjutanten des Thronfolgers Friedrich Wilhelm ernennt.
Bischoffwerder ist Mitglied des Rosenkreuzerordens in Preußen, eines
antiaufklärerischen Geheimbunds, der sich auf die urchristliche Bruderschaft um
Christian Rosencreutz aus dem späten 15. Jahrhundert beruft und stark mystisch
und naturreligiös ausgerichtet ist. Ein Plan des geheimnisvollen Ordens ist es,
die aufklärerischen Freimaurer in Preußen zu unterwandern und sich ihres
Einflusses zu bemächtigen.
Ab 1780
Bischoffwerder macht Friedrich Wilhelm mit seinem Ordensbruder Johann Christoph
Woellner bekannt. Woellner ist Theologe, seit 1770 in Diensten des Prinzen
Heinrich, des Bruders Friedrich II., und aktiver Rosenkreuzer. Gemeinsam
versuchen sie, ihren Einfluß auf den Thronfolger zu festigen und ihn für den
Orden zu gewinnen. Als ersten Erfolg können sie die von ihnen angemahnte
Trennung Friedrich Wilhelms von seiner Mätresse Wilhelmine verbuchen.
Allerdings ist der Kronprinz nicht bereit, seine beste Freundin und Mutter
seiner Kinder ganz aufzugeben, zumal sie im Februar ein drittes Kind, Marianne,
von ihm bekommt. Allerdings ändert sich die Beziehung. Wilhelmine bleibt die
Freundin und Vertraute Friedrich Wilhelms, den Platz als Geliebte nehmen andere
ein. Am 1. Mai Geburt von Auguste, der dritten Tochter des Kronprinzenpaares.
1781
Am 8. August tritt Friedrich Wilhelm in Leipzig in Anwesenheit Bischoffwerders,
Woellners und den Oberen des Ordens Prinz August von Braunschweig-Oels den
Rosenkreuzern bei. Die Aufnahmezeremonie findet in Leipzig statt. Sein
Ordensname lautet "Ormesus Magnus".
Wilhelmine heiratet den Kammerherren Johannes Rietz. Ob die Hochzeit auf
Drängen der Rosenkreuzer und/oder Friedrich II. erfolgt, gilt als unsicher. Die
in Falkensee von einem Laienprediger vollzogene Trauung ist jedoch nicht
rechtskräftig.
Am 30. Dezember Geburt von Prinz Heinrich, dem dritten Sohn von Friedrich
Wilhelm und Prinzessin Frederike. Friedrich Wilhelm erwirbt das Punschelsche
Gut am Heiligen See in Potsdam.
1783
Prinz Friedrich Wilhelm Karl wird am 3. Juli als vierter Sohn des
Kronprinzenpaares geboren.
1786
Am 17. August stirbt Friedrich II. und Friedrich Wilhelm wird König von
Preußen. Vor seinem Tod hat der König die illegitimen Kinder Friedrich Wilhelms
mit Wilhelmine Enckes in den Grafenstand erhoben. Der König unternimmt eine
Huldigungsreise durch die preußischen Staaten.
Friedrich Wilhelm ordnet die Umgestaltung einiger Räume im Neuen Schloß und in
Sanssouci an. Zudem beginnen die Planungen für das Marmorpalais und den Neuen
Garten in Potsdam. Die Akademie der Künste wird mit Unterstützung des Königs
reorganisiert und stärker gefördert. Das französischsprachige Theater am
Gendarmenmarkt erklärt Friedrich Wilhelm zum deutschen Nationaltheater.
1787
Im Mai geht Friedrich Wilhelm II. eine morganatische Ehe mit der Hofdame Julie
von Voß ein. Zudem erhebt er die Braut als Gräfin Ingenheim in den Grafenstand.
Die sogenannte "Ehe zur linken Hand" ist im Zeitalter des
Absolutismus ein gebräuliches Mittel, Affären und Mätressen zu legalisieren,
ohne daß sich aus der Beziehung dynastische Verbindlichkeiten ableiten lassen.
Für das Haus Hohenzollern ist die morganatische Ehe Friedrich Wilhelms II. ein
Novum. Die Trauung übernimmt der Berliner Probst Johann Friedrich Zöllner.
Am 1. August stirbt Friedrich Wilhelms und Wilhelmine Enckes Sohn Graf
Alexander von der Mark. Johann Gottfried Schadow verewigt das Lieblingskind des
neuen Königs in einem berühmten Grabmal, das in der Dorotheenstädtischen Kirche
aufgestellt wird. In Potsdam beginnen die Bauarbeiten am Neuen Garten und am
Marmorpalais. Auch in Berlin wird die Einrichtung der Königskammern im Stadtschloß
neu geplant.
Am 13. September intervenieren preußische Truppen in Holland, wo Prinz Wilhelm
von Oranien, der Schwager des preußischen Königs, mit den Ständen im Konflikt
steht. Das Unternehmen, Friedrich Wilhelms erste außenpolitische und militärische
Handlung, wird ein Erfolg.
Die Aktivitäten des Rosenkreuzerordens in Preußen werden eingestellt.
Bischoffwerder und Woellner ziehen sich aus dem Orden zurück. Neueren
Forschungen zufolge läßt sich die These, nach der unter der Regierung Friedrich
Wilhelms II. vor allem Rosenkreuzer im Staatsdienst Karriere gemacht hätten,
nicht halten. Nach Wilhelm Bringmann wurde "die Macht des Ordens (...)
von seinen zeitgenössischen Gegnern in der Publizistik weit übertrieben"
(Bringmann 2001, S. 109).
1788
Friedrich Wilhelm ernennt Woellner zum Geheimen Staats- und Justizminister,
sowie zum Chef des Geistlichen Departements. Dieser erlässt am 9. Juli das
Religionsedikt, das eine Rückkehr zum Christentum nach Luther anstrebt.
Grundsätzlich garantiert es Toleranz gegenüber allen Religionen und
Glaubensrichtungen, gestattet den öffentlichen Gottesdienst aber nur den
christlichen Konfessionen und den bislang geduldeten "Sekten". Zudem
verpflichtet es, die christliche Lehre in Schulen und Kirchen strenger an die
"symbolischen Bücher" zu koppeln. Damit sind neben der Bibel die
Katechismen Luthers, die Augsburger Konfession und ihre Apologie, sowie die
Konkordienformel gemeint. Das Edikt beschneidet die freizügige und praxisnahe
Handhabung der Religionsausübung und stellt sie unter das Diktat der Schriften
aus der Reformationszeit, die in der alltäglichen Arbeit für viele Geistlichen
keine Relevanz mehr haben. Die Hauptkritik am Edikt richtet sich gegen den
Eingriff in die Religionsausübung. Für viele Pastoren in Preußen galt unter
Friedrich II., daß es keine ewig verpflichtende, sondern veränderbare
Lehrordnungen gebe. Die Durchsetzbarkeit des Edikts stellen schon die
Zeitgenossen in Frage. Ähnliches gilt für das Ende des Jahres von Woellner
erlassene Zensuredikt, das die Kontrolle der Presse in der Theorie verschärfte,
in der Praxis aber weniger streng durchgeführt wird. Dennoch beinträchtigen die
Edikte das aufgeklärte Klima in Preußen.
Mit königlichen Aufträgen an junge Künstler und Architekten beginnt in
Preußen das Zeitalter des Klassizismus: Johann Gottfried Schadow, Carl Gotthard
Langhans, David Gilly und Asmus Jakob Carstens treten in preußische Dienste.
Der König unterstützt die Wandlung vom Rokoko zum Klassizismus maßgeblich.
1789
Am 2. Januar Geburt des Grafen Gustav Adolf Wilhelm von Ingenheim, Sohn
Friedrich Wilhelms und seiner Gemahlin zur linken Hand, der Gräfin Ingenheim.
Sie selbst erholt sich nicht von der Geburt und stirbt am 25. März. Tiefe
Trauer des Königs.
Ausbruch der Französischen Revolution. Friedrich Wilhelm ordnet im Oktober die
Invasion preußischer Truppen in Lüttich an.
In Berlin und Potsdam werden die vom König angeordneten Bauvorhaben
vorangetrieben. Die Königin-Mutter-Kammern im Berliner Schloß werden
eingerichtet, im Charlottenburger Schloßpark errichtet Carl Gotthart Langhans
das Belvedere. Die Tierarzneischule und das anatomische Theater werden erbaut.
Mozart hält sich in Berlin und Potsdam auf, gibt Konzerte und musiziert mit dem
König.
1790
Friedrich Wilhelm nimmt die Leitung der preußischen Politik wieder selbst in
die Hand. Dem leitenden Minister Ewald von Hertzberg stellt er Wilhelm von Schulenburg-Kehnert
und Philipp von Alvensleben zur Seite. Es kommen Bündnisse mit Polen und dem
Osmanischen Reich zustande. Unterzeichnung der Konvention von Reichenbach,
welche die Differenzen mit Österreich ausräumt und den Fürstenbund beendet.
Friedrich Wilhelm geht eine zweite morganatische Ehe ein. Die zweite Braut zur
linken Hand wird die Hofdame Sophie Friederike Gräfin von Dönhoff. Die Trauung
in der Charlottenburger Schloßkapelle übernimmt wieder der Probst Zöllner.
Weder die morganatischen Ehen, noch sein Verhältnis zu Wilhelmine wirken zu
Lebzeiten negativ auf die Popularität des Königs. In der späteren Betrachtung
seiner Regierungszeit werden ihm die für Preußen untypischen Frauengeschichten
jedoch nicht verziehen. Bringmann konstatiert: "Nichts hat den Nachruf
Friedrich Wilhelms mehr beeinträchtigt, als diese sich selbst genehmigte
"Bigamie". Diese Tatsache schlug die Bresche in das Ansehen des
Königs, in die dann von Publizisten alle möglichen weiteren Verunglimpfungen
und Verdrehungen nachgeschoben werden konnten. Haase-Faulenorth bemerkt hierzu
treffend: "Hätte er, wie August der Starke von Sachsen, im Vorbeifahren
auf der Landstraße dralle Bauernmädchen in den Reisewagen gehoben - er hätte
weniger Aufmerksamkeit erregt. Denn man war allerhand gewöhnt. Aber er besaß
ein wahres Geschick, durch seine Kompromißschlüsse zwischen Begehren und
Bedenken jahrelang Gesprächsstoff zu liefern" (Bringmann 2001, S. 125
ff.).
1791
Die Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth, Besitz der fränkischen Hohenzollern,
werden an die preußische Hauptlinie der Dynastie verkauft. Im August trifft
Friedrich Wilhelm den neuen österreichischen Kaiser Leopold II. in Pillnitz.
Beide sind daran interessiert, die beiderseitigen Konflikte aufzuheben und
gemeinsam gegen das revolutionäre Frankreich vorzugehen.
1792
Am 24. Januar wird Graf Friedrich Wilhelm von Brandenburg als Kind von
Friedrich Wilhelm und seiner morganatischen Ehefrau Sophie Friederike geboren.
Der König trennt sich im Juni von der Gräfin. Sie zieht auf ihr Gut Beerbaum in
Brandenburg, wo sie 1838 stirbt. Der König unternimmt eine Huldigungsreise
durch die Markgrafschaften Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth.
Friedrich Wilhelm geht ein Bündnis mit Österreich gegen das revolutionäre
Frankreich ein, das darauf hin den Krieg erklärt. Bei den anfänglichen
militärischen Erfolgen führt der König seine Truppen, ebenso bei der Niederlage
von Valmy.
1793
Durch die zweite polnische Teilung kann Preußen sein Gebiet um die Provinzen
Posen, Gnesen, Kalisch, Danzig und Thorn erweitern.
Der Krieg gegen Frankreich hält an. Militärische Erfolge wechseln sich mit
kleineren Niederlagen ab. Friedrich Wilhelm, der seit Monaten bei seinen
Truppen im Westen weilt, verliert die Lust am Krieg, der zudem die Staatskasse
stark beansprucht. Der König kehrt im Herbst nach Berlin zurück.
Die Gräfin Sophie von Brandenburg, Tochter Friedrich Wilhelms und Sophie
Friederike von Dönhoff, wird am 4. Januar geboren. Der König begibt sich auf
eine Reise nach Posen.
1794
Am 1. Juli erfolgt die Einführung des Allgemeinen Landrechts. Die von
den Juisten Carl Gottlieb Svarez, Ernst Ferdinand Klein und des Großkanzlers
Johann Heinrich von Carmer entworfene Rechtsordnung ist die erste
zusammenhängende und für alle preußischen Staaten gültige Kodifizierung des
Rechts.
Militärische Erfolge Frankreichs gegen die Koalition in Belgien, Holland und
dem Rheinland. In Polen bricht ein Aufstand gegen die preußische Herrschaft
aus. Der König reist nach Südpreußen und Schlesien. Er nimmt an der Belagerung
von Warschau teil, kehrt am 18. September nach Berlin zurück. Allmählicher
Gesundheitsverfall Friedrich Wilhelms. Er leidet unter Atemnot, Gichtanfällen
und einem Herzleiden.
Bauaktivitäten auf der Pfaueninsel und im Neuen Garten.
1795
Preußen erhält durch die dritte Teilung Polens Masowien, Warschau und einige
Gebiete östlich der Weichsel.
Am 5. April beendet der Frieden von Basel die Kriegshandlungen zwischen Preußen
und Frankreich. Preußen schert damit aus der Koalition gegen Frankreich aus und
überläßt dem Land das linke Rheinufer. Die Verhandlungen leitet der spätere
Reformer und Staatskanzler Karl August von Hardenberg.
Wilhelmine Rietz, nach wie vor die engste Vertraute des Königs, reist zur Kur
nach Italien. Friedrich Wilhelm finanziert die Reise.
1796
Der Gesundheitszustand Friedrich Wilhelms verschlechtert sich zusehends. Eine
Kur nach Pyrmont im Juli und August bringt Besserung.
Wilhelmine Rietz wird während ihrer Italienreise per Diplom am 28. April von
Friedrich Wilhelm als Gräfin Lichtenau in den Grafenstand erhoben. Nach ihrer
Rückkehr wird sie offiziell am Hof vorgestellt und ist häufig an der Seite des
Königs.
Tod seines Sohnes Ludwig.
1797
Ein weiterer Kuraufenthalt in Pyrmont verfehlt die erhoffte Wirkung. Dem König
geht es immer schlechter. Dennoch vertraut der wundergläubige Friedrich Wilhelm
lieber medizinischen Laien und selbsternannten Heilern aus dem
Rosenkreuzerumfeld als den Hofärzten. Bischoffwerder unterrichtet den
Kronprinzen über den Zustand des Patienten. Die ganztägige Pflege übernimmt die
Gräfin Lichtenau. Ein Schlaganfall verschlechtert den Zustand Friedrich
Wilhelms. Am 16. November erstickt der König 58 jährig nach einem Krampfanfall.
Zuvor kommt es zur Versöhnung zwischen der Gräfin Lichtenau und der Königin Friederike
Luise. Der Thronfolger und Sohn, Friedrich Wilhelm III., entzieht sich dem
familiären Friedensschluß.
Friedrich Wilhelm II. wird besonders von der borussianischen
Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts als schwacher König beschrieben. Der
Makel der Günstlings-, und Mätressenwirtschaft, der angebliche Einfluß der
Rosenkreuzer auf die preußische Politik, sowie Preußens Rückzug aus der
Koalition gegen Frankreich haften an ihm.
Neue Forschungen bewerten Friedrich Wilhelm anders. Er sei durch seinen Hang
zum Mystizismus und den für Preußen untypisch vielen Frauengeschichten ein
unkonventioneller, aber keineswegs unfähiger oder erfolgloser König gewesen.
Durch die polnischen Teilungen vergrößert sich Preußen sogar. Politisch agierte
er nach friderizianischem Vorbild, der Frieden von Basel beschert dem Land eine
elfjährige Friedensphase, in der Berlin wächst und Preußens Kultur gedeiht.
Friedrich Wilhelm tritt als Nachfolger Friedrich des Großen ein schweres Erbe
in einer Zeit des politischen und kulturellen Wandels an. Politisch ist er dem
Spätabsolutismus verhaftet, auf kulturellem Gebiet aber offen für neue
Strömungen. Der König zeugt in seinem Leben 17 Kinder mit fünf verschiedenen
Frauen, eine für preußische Verhältnisse außergewöhnliche Quote.
Der preußische Historiker Otto Hintze, schließt die kritische Darstellung der
Regierung Friedrich Wilhelm II. mit einer versöhnlichen Charakteristik ab: "Die
ganze Struktur des preußischen Staatswesens lockerte sich. Die strenge
politisch-militärische Zucht, in der Friedrich der Große den Adel gehalten
hatte, hörte auf; aber die sozialen Privilegien des Adels blieben natürlich
bestehen und befestigten sich. Die straffe Anspannung, zu der unter Friedrich
des Großen Armee und Beamtentum gezwungen worden waren machte einem bequemeren
Gehenlassen Platz; aber die Vorzugsstellung, die Militär und Bürokratie im
Staate einnahmen, verstärkte sich noch. Der einseitig militärische Geist des
friederizianischen Preußens verlor viel von seiner Härte und Schroffheit;
Handel und Wissenschaft hoben, wie es in der damals entstandenen Nationalhymne
heißt, mit Mut und Kraft ihr Haupt empor, und neben ihnen blühten die Künste.
Es war als ob die Keime, die die Regierung Friedrich des Großen ausgestreut
hatte, erst recht zu Wachstum und Gedeihen kam, seit nicht mehr überall die
Hand des strengen Gärtners zu spüren war" (Hintze 1915, S. 409).
David E. Barclay betont die Widersprüchlichkeit Friedrich Wilhelms II: "Der
preußische Thronfolger war also ein höchst schillernder Mann, anfällig für die
widersprüchlichen Strömungen seiner Zeit, Musiker und Mäzen, Libertin und
Ästhet zugleich, naiv und weltgewandt, großzügig, aber auch verschlossen-vorsichtig,
leicht beeinflußbar, doch mißtrauisch seinen Mitmenschen gegenüber, offen für
gemäßigte Reformen, wenngleich sich seiner eigenen Macht und Autorität durchaus
bewußt. Die Widersprüche seiner Zeit und seines Wesens offenbarten sich in der
Innen- und Außenpolitik Preußens während seiner Regierungszeit"
(Barclay 2000, S. 187).
Wolf Jobst Siedler bezeichnet Friedrich Wilhelm als einen "Herrscher
des Nicht-mehr und des Noch nicht" (Siedler 1997, S.15).
Wilhelm Bringmanns umfangreiche Biographie schließ mit einem Zitat des
Freiherren vom Stein über Friedrich Wilhelm II., dem Bringmann selbst eine
leichte Korrektur anfügt: "Der Reformer Stein urteilte über Friedrich
Wilhelm II.: "Der König vereinigte mit einem starken, durch Studium der
Geschichte bereicherten Gedächtnis einen richtigen Verstand und einen edlen,
wohlwollenden Charakter, ein lebhaftes Gefühl seiner Würde; diese guten
Eigenschaften verdunkelte Sinnlichkeit, die ihn von seinen Mätressen abhängig
machte; Hang zum Wunderbaren, zur Geisterseherei, wodurch mittelmäßig schlaue
Menschen ihn beherrschten, und Mangel an Beharrlichkeit. Einen großen Teil der
Fehler seiner Regierung muß man jedoch der Nation zuschreiben, die sogleich
ohne Rückhalt und Anstand vor seinen Günstlingen Bischoffwerder und seinen
Mätressen kroch, in der Folge seine besseren politischen Pläne vereitelte
und seine Freigiebigkeit auf eine unwürdige Art bei der Verschenkung der
polnischen Güter mißbrauchte"
Wenn man hiervon die - wie oben nachgewiesen - falschen Behauptungen von der
Mätressen- und Günstlingswirtschaft, Geisterseherei und Güterverschleuderung
abzieht, die Stein im fernen Cleve nicht selbst beobachtet haben, sondern nur
vom Hörensagen nachgeredet haben kann, ist das von diesem kritikfreudigen
Zeitgenossen gezeichnete Bild garnicht ungünstig" (Bringmann 2001, S.
716).
Verwendete Literatur:
David E. Barclay: Friedrich Wilhelm II. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.):
Preußens Herrscher. Von den ersten Hohenzollern bis Wilhelm II. München: Beck
2000, S. 179-196
Wilhelm Bringmann: Preußen unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797).
Frankfurt am Main u.a.: Lang 2001
Otto Hintze: Die Hohenzollern und ihr Werk. 500 Jahre vaterländische
Geschichte. Berlin: Parey 1915
Wolf Jobst Siedler: Zwischen Rokoko und Klassizismus - Friedrich Wilhelm
II,. ein Herrscher des Nicht-mehr und des Noch-nicht. In: Friedrich Wilhelm
II. und die Künste. Preußens Weg zum Klassizismus. Berlin: Stiftung Preußischer
Kulturbesitz Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 1997 (= Katalog der
gleichnamigen Ausstellung)
SH