Friedrich Wilhelm II. Preußen

Lebensdaten

Namensformen

Dynastie:
Hohenzollern
GebPrädikat:
von
Geburts-Adelstitel:
Prinz

Genealogie

Genealogie:
Vater: Prinz August Wilhelm von Preußen (1722-1758) Mutter: Louise Amalie von Braunschweig-Wolfenbüttel (1722-1780) Geschwister: 1. Friedrich Heinrich Karl (1747-1767); 2. Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen (1751-1820); 3. Georg Karl Emil (1758-1759) Ehefrauen: 1. Elisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Lüneburg (1746-1840); 2. Friederike Louise von Hessen-Darmstadt (1751-1805); in morganatischer Ehe verbunden mit 1. Elisabeth Amalie gen. Julie von Voß (1766-1789); 2. Sophie Juliane von Dönhoff (1768-1838) Kinder: 1. Friederike (1767 – 1820 -> Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel); 2. Erbprinz Friedrich Wilhelm (1770 – 1840 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 3. Tochter (1770, frühverstorben -> Wilhelmine Encke); 4. Friederike Christine Amalie Wilhelmine (1772 – 1773 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 5. Ludwig (1773 – 1796 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 6. Ulrike Sophie Wilhelmine von Berckholtz (1774-1774 -> Wilhelmine Encke); 7. Wilhelmine (1774 – 1837 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 8. Christiane Sophie Friederike von Lützenburg (1777-1777 -> Wilhelmine Encke); 9. Prinz, namenlos (1777-1777 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 10. Friedrich Wilhelm Moritz Alexander Graf von der Mark (1778–1787 -> Wilhelmine Encke); 11. Marianne Diderica Gräfin von der Mark (1780–1814 -> Wilhelmine Encke); 12. Auguste (1780 – 1841 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 13. Karl Heinrich (1781 – 1846 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 14. Friedrich Wilhelm Karl (1783-1851 -> Friederike Luise von Hessen-Darmstadt); 15. Gustav Adolf Wilhelm von Ingenheim (1789 – 1850 -> Julie von Voß); 16. Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1792 – 1850 -> Sophie von Dönhoff); 17. Sophie von Brandenburg (1793 – 1848 -> Sophie von Dönhoff)

Biographie

Lebenslauf:

1744
Am 25. September wird Friedrich Wilhelm in Berlin geboren. Er ist der erste Sohn von August Wilhelm, dem jüngeren Bruder des Königs Friedrich II., und Louise Amalie, der Tochter des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg-Bevern. Da Friedrich II. kinderlos ist, fällt die Thronfolge seinem jüngeren Bruder, bzw. dessen Nachkommen zu.

1747
Seit seinem dritten Lebensjahr wird Friedrich Wilhelm von den Eltern getrennt aufgezogen. Die Erziehung des Thronfolgers übernimmt Friedrich II. persönlich und plant sie akribisch: Er ernennt den Schweizer Nicolas Beguelin, Lehrer an Joachimthalschen Gymnasium in Berlin, auf Empfehlung des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften zum Prinzenerzieher. Mit fünf Jahren kann Friedrich Wilhelm lesen und schreiben.

1751
Adrian Heinrich von Borcke, Major in preußischen Diensten, wird Friedrich Wilhelms Lehrer für das Militärwesen. Friedrich II. drängt auf seine militärische und historische Bildung, während er es Friedrich Wilhelm selbst überläßt, ob er Sprachen oder Musik erlernen möchte. Zum Leidwesen des Königs interessiert sich der Thronfolger weniger für das Soldatenleben als für die Musik. Besonders das Cellospiel hat es Friedrich Wilhelm angetan. Friedrich II. ersetzt von Borcke durch den strengeren Lehrer Christian Ludwig von Kalckstein.

1757
Der Hofstaat zieht nach Magdeburg, um bei einer Niederlage im Siebenjährigen Krieg der Gefangenschaft zu entgehen. Die Entfremdung zwischen dem König und seinem Neffen macht sich bemerkbar. Nicht alle Mitglieder der Familie heißen die Strenge Friedrichs II. gut.

1758
Wilhelm August stirbt am 12. Juni im Alter von 36 Jahren. Nach dem Tod seines Vaters verschlechtert sich Friedrich Wilhelms Beziehung zu seinem Onkel. Durch Verleihung des Titels "Prinz von Preußen" wird Friedrich Wilhelm am 14. Dezember als Nachfolger Friedrichs II. designiert.

1760 bis 1761
Der fast einjährige Aufenthalt Friedrich Wilhelms im königlichen Witerquartier bei Leipzig ändert am beiderseitig schlechten Verhältnis wenig.

1762
Von Frühjahr bis Herbst wird Friedrich Wilhelm ins Hauptquartier nach Breslau berufen.

1763
Friedrich Wilhelm nimmt an der Belagerung und Wiedereroberung von Schweidnitz teil. Seine soldatischen Fähigkeiten sind keinesfalls schlecht und Friedrich II. ist mit dem Neffen zufrieden. Er beruft Friedrich Wilhelm an die Spitze eines Potsdamer Infanterieregiments. Das Kabinettshaus am Neuen Markt dient dem Prinzen als Wohnung.

1764
Im Potsdamer Haus des polnischen Grafen Matuschka lernt der 20 jährige Prinz die knapp 12 jährige Wilhelmine Encke kennen. Er verliebt sich in die hübsche Tochter des Stabstrompeters der Berliner Hofkapelle und Kneipenwirts Elias Encke.

Ab 1765

Friedrich II. führt seinen Thronfolger in die Politik ein, nimmt ihn zu kaiserlichen Empfängen und zu Inspektionsreisen mit. Auch wenn Friedrich Wilhelm gemeinsam mit dem berümten Cellisten Jean Pierre Duport Konzerte in Sanssouci geben darf, leben er und sein Onkel in verschiedenen Welten. Es mißlingt beiderseitig, Interesse für Talent und Arbeit des Anderen zu wecken. Friedrich hatte selbst unter einem strengen Vater gelitten. Um es diesem nicht gleichzutun, beginnt er Friedrich Wilhelm zu meiden - mit der Folge unzulänglicher Vorbereitung des Thronfolgers auf spätere Regierungsgeschäfte.
Wenig Verständnis bringt der in dieser Hinsicht asketische König Friedrich Wilhelms Frauenbekanntschaften entgegen. Affären mit Schauspielerinnen und die Liebe zu Wilhelmine erregen seine Besorgnis. Aber weder Friedrich noch seine Spione können die nicht standegemäße Beziehung unterbinden. Auch die auf königlichen Befehl veranlasste Hochzeit Friedrich Wilhelms mit seiner Cousine Elisabeth von Braunschweig Wolfenbüttel ändert daran nichts.

1766
Friedrich Wilhelm schickt "Minchen", wie er Wilhelmine liebevoll nennt, zur gesellschaftlichen Bildung nach Paris.

1767
Am 17. Mai kommt Friedrich Wilhelms und Elisabeths Tochter Frederike zur Welt.

1769
Während der Kronprinz seine Beziehung zu Wilhelmine aufrechterhält, wird eine Affaire seiner Gemahlin Elisabeth zum Trennungsgrund. Im April wird die Ehe geschieden und Elisabeth nach Küstrin verbannt. Für Wilhelmine bedeutet die Scheidung einen Erfolg. Sie ist nun offizielle Mätresse des Kronprinzen.
Am 14. Juli heiratet Friedrich Wilhelm erneut. Die Wahl fällt auf die Prinzessin Frederike Luise von Hessen-Darmstadt. Sie hat gegen die Beziehung zu Wilhelmine keine Einwände.

1770
Der zukünftige Thronfolger, Friedrich Wilhelm III., wird als erstes Kind von Friedrich Wilhelm und Frederike geboren. Auch Wilhelmine bekommt ein Kind vom Thronfolger, eine Tochter. Der Kronprinz gewährt seiner Mätresse eine Pension von 3000 Talern im Jahr und erwirbt für sie ein Gut in Charlottenburg. Friedrich II. lernt Wilhelmine im Park von Sassouci zufällig kennen und findet sie sympathisch.

1772
Am 31. August Geburt des zweiten Kindes von Friedrich Wilhelm und Frederike Luise. Die Tochter erhält den Namen Friederike Christine Amalie Wilhelmine. Friedrich Wilhelm tritt den Freimaurerlogen "Zu den drei Degen" (Halle) und "Zu den drei Goldenen Schlüsseln" (Berlin) bei.

1773
Die Tochter Wilhelmine stirbt einjährig. Am 5. November Geburt des zweiten Sohnes des Kronprinzenpaares Prinz Friedrich Ludwig Karl.

1774
Am 5. März wir die zweite gemeinsame Tochter mit Wilhelmine Encke, Ulrike Sophie Wilhelmine geboren, die bereits am 5. September stirbt. Am 18. November Geburt der zweiten Tochter des Kronprinzenpaares. Das Mädchen wird wiederum auf den Namen Wilhelmine getauft.

 

1777

Am 25. August Geburt einer gemeinsamen Tochter mit Wilhelmine Encke. Christiane Sophie Friederike von Lützenburg stirbt bereits am 31. August. Am 29. November Totgeburt eines Prinzen.

1778
Am 4. Januar bringt Wilhelmine den Sohn Friedrich Wilhelm Moritz Alexander von der Mark Alexander zur Welt, das Lieblingskind von Friedrich Wilhelm. Friedrich Wilhelm nimmt am bayrischen Erbfolgekrieg teil. Während eines Feldlagers in Böhmen löst eine spirituelle Erscheinung seine Hinwendung zum Gottesglauben und zum Mystizismus aus.

1779
Mit dem Teschener Frieden endet im Mai der Bayrische Erbfolgekrieg. Hans Rudolf von Bischoffwerder beeindruckt Friedrich II. während des Krieges, so dass er ihn zum persönlichen Adjutanten des Thronfolgers Friedrich Wilhelm ernennt. Bischoffwerder ist Mitglied des Rosenkreuzerordens in Preußen, eines antiaufklärerischen Geheimbunds, der sich auf die urchristliche Bruderschaft um Christian Rosencreutz aus dem späten 15. Jahrhundert beruft und stark mystisch und naturreligiös ausgerichtet ist. Ein Plan des geheimnisvollen Ordens ist es, die aufklärerischen Freimaurer in Preußen zu unterwandern und sich ihres Einflusses zu bemächtigen.

Ab 1780
Bischoffwerder macht Friedrich Wilhelm mit seinem Ordensbruder Johann Christoph Woellner bekannt. Woellner ist Theologe, seit 1770 in Diensten des Prinzen Heinrich, des Bruders Friedrich II., und aktiver Rosenkreuzer. Gemeinsam versuchen sie, ihren Einfluß auf den Thronfolger zu festigen und ihn für den Orden zu gewinnen. Als ersten Erfolg können sie die von ihnen angemahnte Trennung Friedrich Wilhelms von seiner Mätresse Wilhelmine verbuchen.  Allerdings ist der Kronprinz nicht bereit, seine beste Freundin und Mutter seiner Kinder ganz aufzugeben, zumal sie im Februar ein drittes Kind, Marianne, von ihm bekommt. Allerdings ändert sich die Beziehung. Wilhelmine bleibt die Freundin und Vertraute Friedrich Wilhelms, den Platz als Geliebte nehmen andere ein. Am 1. Mai Geburt von Auguste, der dritten Tochter des Kronprinzenpaares.

1781
Am 8. August tritt Friedrich Wilhelm in Leipzig in Anwesenheit Bischoffwerders, Woellners und den Oberen des Ordens Prinz August von Braunschweig-Oels den Rosenkreuzern bei. Die Aufnahmezeremonie findet in Leipzig statt. Sein Ordensname lautet "Ormesus Magnus".
Wilhelmine heiratet den Kammerherren Johannes Rietz. Ob die Hochzeit auf Drängen der Rosenkreuzer und/oder Friedrich II. erfolgt, gilt als unsicher. Die in Falkensee von einem Laienprediger vollzogene Trauung ist jedoch nicht rechtskräftig.
Am 30. Dezember Geburt von Prinz Heinrich, dem dritten Sohn von Friedrich Wilhelm und Prinzessin Frederike. Friedrich Wilhelm erwirbt das Punschelsche Gut am Heiligen See in Potsdam.

1783
Prinz Friedrich Wilhelm Karl wird am 3. Juli als vierter Sohn des Kronprinzenpaares geboren.

1786
Am 17. August stirbt Friedrich II. und Friedrich Wilhelm wird König von Preußen. Vor seinem Tod hat der König die illegitimen Kinder Friedrich Wilhelms mit Wilhelmine Enckes in den Grafenstand erhoben. Der König unternimmt eine Huldigungsreise durch die preußischen Staaten.
Friedrich Wilhelm ordnet die Umgestaltung einiger Räume im Neuen Schloß und in Sanssouci an. Zudem beginnen die Planungen für das Marmorpalais und den Neuen Garten in Potsdam. Die Akademie der Künste wird mit Unterstützung des Königs reorganisiert und stärker gefördert. Das französischsprachige Theater am Gendarmenmarkt erklärt Friedrich Wilhelm zum deutschen Nationaltheater.

1787
Im Mai geht Friedrich Wilhelm II. eine morganatische Ehe mit der Hofdame Julie von Voß ein. Zudem erhebt er die Braut als Gräfin Ingenheim in den Grafenstand. Die sogenannte "Ehe zur linken Hand" ist im Zeitalter des Absolutismus ein gebräuliches Mittel, Affären und Mätressen zu legalisieren, ohne daß sich aus der Beziehung dynastische Verbindlichkeiten ableiten lassen. Für das Haus Hohenzollern ist die morganatische Ehe Friedrich Wilhelms II. ein Novum. Die Trauung übernimmt der Berliner Probst Johann Friedrich Zöllner.
Am 1. August stirbt Friedrich Wilhelms und Wilhelmine Enckes Sohn Graf Alexander von der Mark. Johann Gottfried Schadow verewigt das Lieblingskind des neuen Königs in einem berühmten Grabmal, das in der Dorotheenstädtischen Kirche aufgestellt wird. In Potsdam beginnen die Bauarbeiten am Neuen Garten und am Marmorpalais. Auch in Berlin wird die Einrichtung der Königskammern im Stadtschloß neu geplant.
Am 13. September intervenieren preußische Truppen in Holland, wo Prinz Wilhelm von Oranien, der Schwager des preußischen Königs, mit den Ständen im Konflikt steht. Das Unternehmen, Friedrich Wilhelms erste außenpolitische und militärische Handlung, wird ein Erfolg.
Die Aktivitäten des Rosenkreuzerordens in Preußen werden eingestellt. Bischoffwerder und Woellner ziehen sich aus dem Orden zurück. Neueren Forschungen zufolge läßt sich die These, nach der unter der Regierung Friedrich Wilhelms II. vor allem Rosenkreuzer im Staatsdienst Karriere gemacht hätten, nicht halten. Nach Wilhelm Bringmann wurde "die Macht des Ordens (...) von seinen zeitgenössischen Gegnern in der Publizistik weit übertrieben" (Bringmann 2001, S. 109).

1788
Friedrich Wilhelm ernennt Woellner zum Geheimen Staats- und Justizminister, sowie zum Chef des Geistlichen Departements. Dieser erlässt am 9. Juli das Religionsedikt, das eine Rückkehr zum Christentum nach Luther anstrebt. Grundsätzlich garantiert es Toleranz gegenüber allen Religionen und Glaubensrichtungen, gestattet den öffentlichen Gottesdienst aber nur den christlichen Konfessionen und den bislang geduldeten "Sekten". Zudem verpflichtet es, die christliche Lehre in Schulen und Kirchen strenger an die "symbolischen Bücher" zu koppeln. Damit sind neben der Bibel die Katechismen Luthers, die Augsburger Konfession und ihre Apologie, sowie die Konkordienformel gemeint. Das Edikt beschneidet die freizügige und praxisnahe Handhabung der Religionsausübung und stellt sie unter das Diktat der Schriften aus der Reformationszeit, die in der alltäglichen Arbeit für viele Geistlichen keine Relevanz mehr haben. Die Hauptkritik am Edikt richtet sich gegen den Eingriff in die Religionsausübung. Für viele Pastoren in Preußen galt unter Friedrich II., daß es keine ewig verpflichtende, sondern veränderbare Lehrordnungen gebe. Die Durchsetzbarkeit des Edikts stellen schon die Zeitgenossen in Frage. Ähnliches gilt für das Ende des Jahres von Woellner erlassene Zensuredikt, das die Kontrolle der Presse in der Theorie verschärfte, in der Praxis aber weniger streng durchgeführt wird. Dennoch beinträchtigen die Edikte das aufgeklärte Klima in Preußen.
Mit königlichen Aufträgen an junge Künstler und Architekten  beginnt in Preußen das Zeitalter des Klassizismus: Johann Gottfried Schadow, Carl Gotthard Langhans, David Gilly und Asmus Jakob Carstens treten in preußische Dienste. Der König unterstützt die Wandlung vom Rokoko zum Klassizismus maßgeblich.

1789
Am 2. Januar Geburt des Grafen Gustav Adolf Wilhelm von Ingenheim, Sohn Friedrich Wilhelms und seiner Gemahlin zur linken Hand, der Gräfin Ingenheim. Sie selbst erholt sich nicht von der Geburt und stirbt am 25. März. Tiefe Trauer des Königs.
Ausbruch der Französischen Revolution. Friedrich Wilhelm ordnet im Oktober die Invasion preußischer Truppen in Lüttich an.
In Berlin und Potsdam werden die vom König angeordneten Bauvorhaben vorangetrieben. Die Königin-Mutter-Kammern im Berliner Schloß werden eingerichtet, im Charlottenburger Schloßpark errichtet Carl Gotthart Langhans das Belvedere. Die Tierarzneischule und das anatomische Theater werden erbaut.
Mozart hält sich in Berlin und Potsdam auf, gibt Konzerte und musiziert mit dem König.

1790
Friedrich Wilhelm nimmt die Leitung der preußischen Politik wieder selbst in die Hand. Dem leitenden Minister Ewald von Hertzberg stellt er Wilhelm von Schulenburg-Kehnert und Philipp von Alvensleben zur Seite. Es kommen Bündnisse mit Polen und dem Osmanischen Reich zustande. Unterzeichnung der Konvention von Reichenbach, welche die Differenzen mit Österreich ausräumt und den Fürstenbund beendet.
Friedrich Wilhelm geht eine zweite morganatische Ehe ein. Die zweite Braut zur linken Hand wird die Hofdame Sophie Friederike Gräfin von Dönhoff. Die Trauung in der Charlottenburger Schloßkapelle übernimmt wieder der Probst Zöllner. Weder die morganatischen Ehen, noch sein Verhältnis zu Wilhelmine wirken zu Lebzeiten negativ auf die Popularität des Königs. In der späteren Betrachtung seiner Regierungszeit werden ihm die für Preußen untypischen Frauengeschichten jedoch nicht verziehen. Bringmann konstatiert: "Nichts hat den Nachruf Friedrich Wilhelms mehr beeinträchtigt, als diese sich selbst genehmigte "Bigamie". Diese Tatsache schlug die Bresche in das Ansehen des Königs, in die dann von Publizisten alle möglichen weiteren Verunglimpfungen und Verdrehungen nachgeschoben werden konnten. Haase-Faulenorth bemerkt hierzu treffend: "Hätte er, wie August der Starke von Sachsen, im Vorbeifahren auf der Landstraße dralle Bauernmädchen in den Reisewagen gehoben - er hätte weniger Aufmerksamkeit erregt. Denn man war allerhand gewöhnt. Aber er besaß ein wahres Geschick, durch seine Kompromißschlüsse zwischen Begehren und Bedenken jahrelang Gesprächsstoff zu liefern" (Bringmann 2001, S. 125 ff.).

1791
Die Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth, Besitz der fränkischen Hohenzollern, werden an die preußische Hauptlinie der Dynastie verkauft. Im August trifft Friedrich Wilhelm den neuen österreichischen Kaiser Leopold II. in Pillnitz. Beide sind daran interessiert, die beiderseitigen Konflikte aufzuheben und gemeinsam gegen das revolutionäre Frankreich vorzugehen.

1792
Am 24. Januar wird Graf Friedrich Wilhelm von Brandenburg als Kind von Friedrich Wilhelm und seiner morganatischen Ehefrau Sophie Friederike geboren. Der König trennt sich im Juni von der Gräfin. Sie zieht auf ihr Gut Beerbaum in Brandenburg, wo sie 1838 stirbt. Der König unternimmt eine Huldigungsreise durch die Markgrafschaften Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth.
Friedrich Wilhelm geht ein Bündnis mit Österreich gegen das revolutionäre Frankreich ein, das darauf hin den Krieg erklärt. Bei den anfänglichen militärischen Erfolgen führt der König seine Truppen, ebenso bei der Niederlage von Valmy.

1793
Durch die zweite polnische Teilung kann Preußen sein Gebiet um die Provinzen Posen, Gnesen, Kalisch, Danzig und Thorn erweitern.
Der Krieg gegen Frankreich hält an. Militärische Erfolge wechseln sich mit kleineren Niederlagen ab. Friedrich Wilhelm, der seit Monaten bei seinen Truppen im Westen weilt, verliert die Lust am Krieg, der zudem die Staatskasse stark beansprucht. Der König kehrt im Herbst nach Berlin zurück.
Die Gräfin Sophie von Brandenburg, Tochter Friedrich Wilhelms und Sophie Friederike von Dönhoff, wird am 4. Januar geboren. Der König begibt sich auf eine Reise nach Posen.

1794
Am 1. Juli erfolgt die Einführung des Allgemeinen Landrechts. Die von den Juisten Carl Gottlieb Svarez, Ernst Ferdinand Klein und des Großkanzlers Johann Heinrich von Carmer entworfene Rechtsordnung ist die erste zusammenhängende und für alle preußischen Staaten gültige Kodifizierung des Rechts.
Militärische Erfolge Frankreichs gegen die Koalition in Belgien, Holland und dem Rheinland. In Polen bricht ein Aufstand gegen die preußische Herrschaft aus. Der König reist nach Südpreußen und Schlesien. Er nimmt an der Belagerung von Warschau teil, kehrt am 18. September nach Berlin zurück. Allmählicher Gesundheitsverfall Friedrich Wilhelms. Er leidet unter Atemnot, Gichtanfällen und einem Herzleiden.
Bauaktivitäten auf der Pfaueninsel und im Neuen Garten.

1795
Preußen erhält durch die dritte Teilung Polens Masowien, Warschau und einige Gebiete östlich der Weichsel.
Am 5. April beendet der Frieden von Basel die Kriegshandlungen zwischen Preußen und Frankreich. Preußen schert damit aus der Koalition gegen Frankreich aus und überläßt dem Land das linke Rheinufer. Die Verhandlungen leitet der spätere Reformer und Staatskanzler Karl August von Hardenberg.
Wilhelmine Rietz, nach wie vor die engste Vertraute des Königs, reist zur Kur nach Italien. Friedrich Wilhelm finanziert die Reise.

1796
Der Gesundheitszustand Friedrich Wilhelms verschlechtert sich zusehends. Eine Kur nach Pyrmont im Juli und August bringt Besserung.
Wilhelmine Rietz wird während ihrer Italienreise per Diplom am 28. April von Friedrich Wilhelm als Gräfin Lichtenau in den Grafenstand erhoben. Nach ihrer Rückkehr wird sie offiziell am Hof vorgestellt und ist häufig an der Seite des Königs.
Tod seines Sohnes Ludwig.

1797
Ein weiterer Kuraufenthalt in Pyrmont verfehlt die erhoffte Wirkung. Dem König geht es immer schlechter. Dennoch vertraut der wundergläubige Friedrich Wilhelm lieber medizinischen Laien und selbsternannten Heilern aus dem Rosenkreuzerumfeld als den Hofärzten. Bischoffwerder unterrichtet den Kronprinzen über den Zustand des Patienten. Die ganztägige Pflege übernimmt die Gräfin Lichtenau. Ein Schlaganfall verschlechtert den Zustand  Friedrich Wilhelms. Am 16. November erstickt der König 58 jährig nach einem Krampfanfall. Zuvor kommt es zur Versöhnung zwischen der Gräfin Lichtenau und der Königin Friederike Luise. Der Thronfolger und Sohn, Friedrich Wilhelm III., entzieht sich dem familiären Friedensschluß.



Friedrich Wilhelm II. wird besonders von der borussianischen Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts als schwacher König beschrieben. Der Makel der Günstlings-, und Mätressenwirtschaft, der angebliche Einfluß der Rosenkreuzer auf die preußische Politik, sowie Preußens Rückzug aus der Koalition gegen Frankreich haften an ihm.
Neue Forschungen bewerten Friedrich Wilhelm anders. Er sei durch seinen Hang zum Mystizismus und den für Preußen untypisch vielen Frauengeschichten ein unkonventioneller, aber keineswegs unfähiger oder erfolgloser König gewesen. Durch die polnischen Teilungen vergrößert sich Preußen sogar. Politisch agierte er nach friderizianischem Vorbild, der Frieden von Basel beschert dem Land eine elfjährige Friedensphase, in der Berlin wächst und Preußens Kultur gedeiht.
Friedrich Wilhelm tritt als Nachfolger Friedrich des Großen ein schweres Erbe in einer Zeit des politischen und kulturellen Wandels an. Politisch ist er dem Spätabsolutismus verhaftet, auf kulturellem Gebiet aber offen für neue Strömungen. Der König zeugt in seinem Leben 17 Kinder mit fünf verschiedenen Frauen, eine für preußische Verhältnisse außergewöhnliche Quote.

Der preußische Historiker Otto Hintze, schließt die kritische Darstellung der Regierung Friedrich Wilhelm II. mit einer versöhnlichen Charakteristik ab: "Die ganze Struktur des preußischen Staatswesens lockerte sich. Die strenge politisch-militärische Zucht, in der Friedrich der Große den Adel gehalten hatte, hörte auf; aber die sozialen Privilegien des Adels blieben natürlich bestehen und befestigten sich. Die straffe Anspannung, zu der unter Friedrich des Großen Armee und Beamtentum gezwungen worden waren machte einem bequemeren Gehenlassen Platz; aber die Vorzugsstellung, die Militär und Bürokratie im Staate einnahmen, verstärkte sich noch. Der einseitig militärische Geist des friederizianischen Preußens verlor viel von seiner Härte und Schroffheit; Handel und Wissenschaft hoben, wie es in der damals entstandenen Nationalhymne heißt, mit Mut und Kraft ihr Haupt empor, und neben ihnen blühten die Künste. Es war als ob die Keime, die die Regierung Friedrich des Großen ausgestreut hatte, erst recht zu Wachstum und Gedeihen kam, seit nicht mehr überall die Hand des strengen Gärtners zu spüren war" (Hintze 1915, S. 409).

David E. Barclay betont die Widersprüchlichkeit Friedrich Wilhelms II: "Der preußische Thronfolger war also ein höchst schillernder Mann, anfällig für die widersprüchlichen Strömungen seiner Zeit, Musiker und Mäzen, Libertin und Ästhet zugleich, naiv und weltgewandt, großzügig, aber auch verschlossen-vorsichtig, leicht beeinflußbar, doch mißtrauisch seinen Mitmenschen gegenüber, offen für gemäßigte Reformen, wenngleich sich seiner eigenen Macht und Autorität durchaus bewußt. Die Widersprüche seiner Zeit und seines Wesens offenbarten sich in der Innen-  und Außenpolitik Preußens während seiner Regierungszeit" (Barclay 2000, S. 187).

Wolf Jobst Siedler bezeichnet Friedrich Wilhelm als einen "Herrscher des Nicht-mehr und des Noch nicht" (Siedler 1997, S.15).

Wilhelm Bringmanns umfangreiche Biographie schließ mit einem Zitat des Freiherren vom Stein über Friedrich Wilhelm II., dem Bringmann selbst eine leichte Korrektur anfügt: "Der Reformer Stein urteilte über Friedrich Wilhelm II.: "Der König vereinigte mit einem starken, durch Studium der Geschichte bereicherten Gedächtnis einen richtigen Verstand und einen edlen, wohlwollenden Charakter, ein lebhaftes Gefühl seiner Würde; diese guten Eigenschaften verdunkelte Sinnlichkeit, die ihn von seinen Mätressen abhängig machte; Hang zum Wunderbaren, zur Geisterseherei, wodurch mittelmäßig schlaue Menschen ihn beherrschten, und Mangel an Beharrlichkeit. Einen großen Teil der Fehler seiner Regierung muß man jedoch der Nation zuschreiben, die sogleich ohne Rückhalt und Anstand vor seinen Günstlingen Bischoffwerder und seinen Mätressen kroch, in der Folge seine  besseren politischen Pläne vereitelte und seine Freigiebigkeit auf eine unwürdige Art bei der Verschenkung der polnischen Güter mißbrauchte"
Wenn man hiervon die - wie oben nachgewiesen - falschen Behauptungen von der Mätressen- und Günstlingswirtschaft, Geisterseherei und Güterverschleuderung abzieht, die Stein im fernen Cleve nicht selbst beobachtet haben, sondern nur vom Hörensagen nachgeredet haben kann, ist das von diesem kritikfreudigen Zeitgenossen gezeichnete Bild garnicht ungünstig" (Bringmann 2001, S. 716).




Verwendete Literatur:

David E. Barclay: Friedrich Wilhelm II. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Preußens Herrscher. Von den ersten Hohenzollern bis Wilhelm II. München: Beck 2000, S. 179-196

Wilhelm Bringmann: Preußen unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797). Frankfurt am Main u.a.: Lang 2001

Otto Hintze: Die Hohenzollern und ihr Werk. 500 Jahre vaterländische Geschichte. Berlin: Parey 1915

Wolf Jobst Siedler: Zwischen Rokoko und Klassizismus - Friedrich Wilhelm II,. ein Herrscher des Nicht-mehr und des Noch-nicht. In: Friedrich Wilhelm II. und die Künste. Preußens Weg zum Klassizismus. Berlin: Stiftung Preußischer Kulturbesitz Schlösser und  Gärten Berlin-Brandenburg 1997 (= Katalog der gleichnamigen Ausstellung)


SH

Person: Friedrich Wilhelm II. Preußen, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/4863.

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