Lebenslauf:
1741
Hans Rudolf Bischoffwerder wird am 13. November in Ostramondra im
thüringischen Amtsbezirk Eckartsberga als Sohn des kursächsischen
Rittmeisters Hans Rudolf von Bischoffwerder und dessen Ehefrau Henriette
Wilhelmine von Bünau geboren.
1754
Tod des Vaters.
1756
Beginn des Studiums der Rechte an der Universität Halle.
1760
Aus Abneigung gegen das Fach bricht Bischoffwerder sein Studium ab um
als Soldat in das preußische Kürassier-Regiment Nr. 11 einzutreten, in dem
er bis 1763 am Siebenjährigen Krieg teilnimmt.
1761
Beförderung zum Kornett.
1762
Tod der Mutter.
1763
Nach dem Frieden von Hubertusburg beendet Bischoffwerder im Juli
seine militärische Laufbahn und zieht sich vorerst auf seine Erbgüter
zurück. Im selben Jahr nimmt er eine Stelle als Kammerherr in Dresden an.
1764
Am 1. März Hochzeit mit Luise Christiane von Wilcke, Tochter eines
sächsischen Kammerhern. Bischoffwerder tritt den Dienst als Stallmeister des
Herzogs Karl von Kurland an, der am kursächsischen Hof lebt.
1766
Erwerb zweier Rittergüter in Sachsen.
1772
Mit dem Eintritt des Herzogs von Kurland in den Freimaurerorden nimmt
vermutlich auch Bischoffwerder erste Kontakte zu dem Orden auf und gehört
bald darauf zu den führenden Persönlichkeiten des im selben Jahr im Schloß
des Grafen Brühl zu Kohlo gegründeten Konvents.
1774
Bischoffwerder ist Zeuge bei einem aufsehenerregenden Prozeß um den
Selbstmord des Leipziger Kaffeehauswirts und Freimaurers Johann Georg
Schrepfer. Es wird ihm seitdem unterstellt, den "Apparat", mit dem Schrepfer
seine Geisterbeschwörungen veranstaltete, geerbt und später in Berlin zum
Betrug des Königs eingesetzt zu haben.
1776
Bischoffwerder lernt auf dem Konvent in Wiesbaden die Lehren des Barons
von Gugomos (als Rosenkreuzer Theophilus genannt) kennen.
1778
Bischoffwerder stellt sich wieder in preußische Dienste, wird Adjutant
des Prinzen Heinrich von Preußen und übernimmt für ihn im Rahmen der
preußischen Mobilisierung für den bayerischen Erbfolgekrieg das Kommando
über ein sächsisches Jägercorps. Für die Anstellung bezieht der Major ein
Jahresgehalt von 572 Talenr. Während des Erbfolgekrieges lernt Bischoffwerder den Thronfolger Friedrich Wilhelm II. kennen.
1779
Am 24. April Einritt in den Rosenkreuzer-Zirkel in Berlin.
1780
Nach dem Teschener Frieden, der das Ende des bayerischen Erbfolgekrieg
bedeutet, läßt sich Bischoffwerder in Potsdam nieder und wählt, getrennt von
seiner in Dresden lebenden Frau und seinen beiden Töchtern, seinen neuen
Wohnsitz in der Nähe des Schlosses. Friedrich II. ernennt ihn zum
persönlichen Adjutanten seines Thronfolgers. Bischoffwerder gewinnt
zunehmend Einfluß auf den Kronprinzen und späteren König Friedrich Wilhelm
II.
1781
Bischoffwerder gelingt es den Kronprinzen zum Eintritt in den
Rosenkreuzerorden zu bewegen.
Ab 1786
Bischoffwerder ist der engste Vertraute und Berater Friedrich Wilhelms
II und setzt seine militärische Karriere fort. Der neue König ernennt ihn
zum Oberstleutnant und bewilligt ein höheres Gehalt von 2000 Talern.
1787
Am 13. Mai erfolgt die Beförderung zum Oberst, was eine abermalige
Erhöhung des Jahreseinkommens nach sich zieht.
1789
Am 17. Juni Ernennung zum Generaladjutant. Spätestens zu diesem
Zeitpunkt leitet Bischoffwerder im Hintergrund die preußische Außenpolitik.
Seine militärische Verfügungsgewalt bezieht sich allerdings nur auf das von
ihm kommandierte berittene Jägerkorps.
1790
Als Chef des berittenen Feldjägerkorps spricht sich Bischoffwerder
gegen die Mißhandlung von Soldaten aus. Bei der Reichenbacher Konvention,
die ein Bündnisverhältnis zwischen Preußen und Österreich im Falle eines
Krieges gegen Rußland festlegen soll, fungiert er als preußischer
Unterhändler.
1791
Bischoffwerder ist Preußischer Unterhändler bei der Pillnitzer
Deklaration, die eine unverbindliche Erörterung der Lage des verhafteten
französischen Königs zwischen den östereichischen und preußischen Monarchen
zum Gegenstand hat.
1791
Beförderung zum Generalmajor.
1792
Der Minister Ewald Friedrich Graf v. Herzberg wird entlassen. Inwieweit
die Entlassung auf das Betreiben Bischoffwerders zurückgeht, läßt sich nicht
eindeutig beurteilen. Verleihung des Roten adlerordens an
Bischoffwerder.
1794
Bischoffwerders erste Ehe wird in Dresden geschieden.
1795
Am 22. Februar heiratet Bischoffwerder in Frankfurt a. M. zum zweiten
mal. Die verwitwete Wilhelmine Catharine Gräfin Pinto (1759-1833), Tochter
des Geheimen Finanzrates Friedrich Wilhelm von Tarrach wird seine
Braut.
Der König schenkt Bischoffwerder 30 000 Taler und ermöglicht ihm
dadurch das Gut Marquardt zu erwerben. Mit der für die Zeit nicht unüblichen
Geldschenkung möchte der König "einen Beweis Meines Wohlwollens
geben" und Bischoffwerder zeigen "daß ihr die Freundschaft so Ich für
Euch hege, mehr und mehr erkennet und Euch stets des Wohlwollens erinnert
Eures Wohl Affectionierten Königs". (Neumann 1997, S. 116).
Geburt seines Sohnes Wilhelm Hans Rudolf Ferdinand. König Friedrich Wilhelm
II. ist Pate.
1796
Beförderung zum Generalleutnant am 1. Januar. Im Rahmen der dritten
Teilung Polens erhält Bischoffwerder drei königliche Güter in
Südpreußen.
1797
Bischoffwerder überbringt dem Kronprinzen die Nachricht vom Tod
Friedrich Wilhelms II. am 16. November. Von Friedrich Wilhelm III.
pensioniert, zieht er sich nach Marquardt zurück und widmet sich fortan
ausschließlich der Bewirtschaftung seines Gutes. Vor der Entlassung erhält
er den Schwarzen Adler Orden.
1803
Bischoffwerder stirbt am 30. Oktober im Alter von 62 Jahren in seiner
Potsdamer Wohnung. Am 4. November findet die Beisetzung in der seinerzeit
von ihm angelegeten Rundgruft zwischen Schloß und Schlänitzsee in Marquardt
statt.
BS und SH
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Zusammen mit Johann Christoph v. Woellner verkörperte Bischoffwerder in der
Geschichtsschreibung lange den konservativen Geist und die religiöse
Reaktion im nachfriederizianischen Preußen. Keine Frage, bei Bischoffwerder
verbanden sich antiaufklärerisches Gedankengut, religiöse Vorstellungen, die
von Wunderglauben und Geisterseherei geprägt waren, sowie eine pragmatische
Realpolitik im Dienste des Königs zu einem uneiheitlichen Bild. Wie groß der
Einfluß Bischoffwerders auf Friedrich-Wilhelm II. tatsächlich gewesen ist,
läßt sich allerdings schwer rekonstruieren. Er verstand sich als
außenpolitischer Berater, strebte jedoch kein Ministeramt an, sondern beriet
den König im Auftrag seines Ordens, den Rosenkreuzern. Sie gewannen durch
Bischoffswerder Einfluß auf die Politik Preußens; der Monarch war seit 1781
Mitglied. Der umstrittene Johann Christoph Woellner verdankte Bischoffwerder
seine Berufung zum Minister und unter seiner Egide wurden der Aufklärung
verbundene Minister Friedrichs II., wie Hertzberg durch Mitglieder des
Rosenkreutzerordens ersetzt. Aber geschah das zum Nachteil des Landes, bzw.
betrieb Bischoffswerder Amtsmißbrauch? Daß ihm der König bei der
Finanzierung seines Schloßes Marquard bei Potsdam finanziell unter die Arme
griff, oder die Patenschaft für seinen Sohn Wilhelm Hans Rudolf Ferdinand
übernahm, verdeutlicht zwar die enge Beziehung von Monarch und Vertrautem,
war im Zeitalter des Spätabsolutismus ebenso gewöhnlich, wie eine
Neubesetzung des Kabinetts nach einem Thronwechsel. Natürlich wußte der enge
Berater des Königs über politische Vorgänge Bescheid. Er überwachte die
Besetzung der wichtigsten Ämter im Staat und am Hof und vertrat Preußen bei
den Verhandlungen mit Österreich über das Verhalten zur Französischen
Revolution oder den polnischen Teilungen. Nach dem Tod des Königs sank sein
Einfluß sehr schnell. Friedrich- Wilhelm III. schickte ihn in Pension,
teilte ihm aber mit, daß dies "nicht aus üblen Absichten geschehen"
sei.
Bischoffwerder war eine schillernde, durch den Hang zu mystischen
Wahnideen, abergläubischen Vorstellung und Geisterbeschwörungen auch eine
romantische Figur. Das ambivalente Bild bestätigen auch überlieferte
Äußerungen über ihn. Der Freiherr vom Stein schrieb: "Bischoffswerder ist
schlau, beobachtend, verschlossen, phantastisch, bequem, genußliebend, weder
durch Kenntnis, noch durch Beruf für Geschäfte vorbereitet". (Neumann 1997,
S. 121). Der satirische Publizist Friedrich v. Coelln schilderte in
seinen "Vertrauten Briefen" Bischoffwerder eher als blasse Gestalt:
"Bischoffswerder war ein ganz gewöhnlicher Kopf und hatte keinen bösen
Charakter, sein Gemüth war aber den äußeren Eindrücken zu sehr offen, woraus
eine große Schwäche des Willens entstand. (...). Die ganze Politik
Bischoffwerders bestand darin: Nichts zu scheinen und alles zu sein".
(Fontane 2001, S. 288). Theodor Fontane widmete ihm in seinen
"Wanderungen" ein ganzes Kapitel, und versuchte, die Ehre Bischoffwerders zu
retten. Über Geisterseherei, Günstlinmgswirtschaft und außenpolitischen
Einfluß schrieb er: "Was anderes tritt einem entgegen als ein
lebenskluger, mit Gaben zweiten Ranges ausgerüsteter Mann, der scharf
beobachtete, wenig sprach, keinerlei Ansprüche erhob, auf die glänzende
Außenseite des Ruhms verzichtete und sich begnügte, in aller Stille
einflußreich zu sein? Wir bekennen offen, daß uns derartig angelegte Naturen
nicht gerade sonderlich sympathisch berühren und daß uns solche, die, zumal
in hohen Stellungen, mehr aus dem Vollen zu arbeiten verstehen, mächtiger
und wohltuender zu erfassen wissen, aber wohltuend oder nicht, was liegt
hier vor, das an und für sich schon, einen besonderen Tadel herausforderte?
(...)..wo sind diese bösen Dinge?". (Fontane 2001, S. 289).
Während die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts Bischoffwerder
eine außerordentliche und auf persönliche Bereicherung bedachte Einflußnahme
auf die Politik Preußens bescheinigt, relativieren neue Forschungen dieses
Bild. Die vermeintliche Günstlingswirtschaft kann nicht in übersteigerten
Maß nachgewisen werden. In der Außenpolitik entschieden mehrere Minister
über Richtungsvorschläge an den König
Bei den Verhandlungen mit Österreich erwies sich der in Sachsen
aufgewachsene Bischoffwerer sogar als Glücksgriff, da er keine, aus der Zeit
Friedrichs II. stammenden Vorurteile gegenüber der Habsburger Monarchie
hegte. Der spannende und letztlich nicht zu klärende Einfluß Bischoffwerders
auf den König und damit auf die Politik Preußens liegt in der
"Unabhängigkeit seiner Stellung von politischen
Nützlichkeitserwägungen", sprich in seiner Freundschaft zu einem
Monarchen begründet, den die Geschichtsschreibung allgemein lange ungerecht
beurteilt hat. Die von der älteren Geschichtsschreibung attestierte
"Wöllner-Bischoffwerder-Clique", die in Eigenregie die Geschicke des Staates
am König vorbei lenkten verweist Wilhelm Bringmann in seiner großangelegten
Studie über die Zeit Friedrich Wilhelms II. in das Reich der Fabel: "Es
gibt keine Anzeichen für irgendwelche politischen Absprachen zwischen den
beiden. Sie lebten zudem- hier der adedlige in Sachsen geschulte Höfling,
dort der streberhafte bürgerliche Parvenu- in verschiedenen Welten und waren
auf ganz unterschiedlichen Politikfeldern tätig. Wöllner galt nichts in der
Außenpolitik und Bischoffwerder engagierte sich nicht in innenpolitischen
Fragen. Auch von finsteren Machenschaften der beiden zur Bereicherung kann
nicht die Rede sein, sonst wären Wöllner und Bischoffwerder, denen niemand
einen ungewöhnlich aufwendigen Lebenstil vorgeworfen hat, nicht in beengten,
bzw. modesten Vermögensverhältnissen gestorben". (Bringmann 2001, S.
306).
Verwendete Literatur:
Bringmann, Wilhelm: Preußen unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797).
Frankfurt a.M u.a.: Lang 2001
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die mark Brandenburg. Dritter teil:
Havelland. Hrsg. von Gotthard Erler und Rudolf Mingau. berlin: Aufbau
2001
Neumann, Hans-Joachim: Friedrich Wilhelm II. Preußen unter den
Rosenkreuzern. berlin: edition q 1997
SH