Ewald Friedrich Hertzberg

Lebensdaten

Genealogie

Genealogie:
Vater: Kaspar Detlof v. Hertzberg (1683-1753), sardinischer Major Mutter: Elisabeth Christine, geb. von Kettwig Ehefrau: Hyma Maria (1724-96), geb. von Inn- und Knyphausen (Heirat 1752)

Biographie

Lebenslauf:
1725
Ewald Friedrich, Graf von Hertzberg, wird am 2. September auf dem Gut der Familie in Lottin/ Hinterpommern geboren.

1739 bis 1742
Besuch des Gymnasiums in Alt-Stettin.

1742
Studium der Geschichte und des deutschen Staatsrechts an der Universität Halle. Er hört Vorlesungen von Christian Wolff und Johann Peter von Ludewig. Erwerb des Doktorgrades. Nachdem ihm im ersten Anlauf für seine Dissertation über das Ius Publicum in Brandenburg vom Kabinettsministerium die Druckerlaubnis verweigert wird, beginnt er eine neue Arbeit. Er schreibt eine Abhandlung über die Kurfürstentage mit dem Titel: "De Unionibus et Comitiis electoralibus".

1745
Übersiedelung nach Berlin. Anstellung beim 1. Kabinettsminister Heinrich v. Podewill im Staatsarchiv. Von dort aus zieht Hertzberg als zweiter Sekretär der brandenburgischen Wahlbotschaft nach Frankfurt am Main.

1746
Hertzberg erhält die Erlaubnis zum Studium der Akten des Staatsarchivs, um seinen Kanzleistil zu verbessern. Er unterstützt den König Friedrich II. bei dessen "Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg" als Archivar.

1750
Aufsicht über das Geheime Cabinets-Archiv.

1752
Beförderung zum Geheimen Legationsrat: Hertzberg übernimmt eine Doppeltätigkeit im Archiv und im auswärtigen Departement. Zudem wird er Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Hochzeit mit Hyma Maria, der Tochter des preußischen Ministers Friedrich Ernst v. Inn und Knyphausen und Charlotte v. Ilgen.

1757
Beförderung zum Wirklichen Geheimen expedirenden Sekretär. Hertzberg verfasst Depeschen für das Kabinettsministerium. Aus seiner Feder stammt auch das "Mémoire raisonné", das den preußischen Einmarsch nach Sachsen im Siebenjährigen Krieg rechtfertigen sollte.

1762
Hertzberg ist an den Friedensverhandlungen in Breslau beteiligt, die den Krieg zwischen Preußen und Rußland beenden.

1763
Von Friedrich II. wird Hertzberg nach Sachsen berufen und dort mit der Führung der Friedensverhandlungen in Hubertusburg beauftragt.
Aufgrund seiner Erfolge in Hubertusburg ernennt ihn Friedrich II. zum Staats-Minister. Hertzberg ist nun neben Karl Wilhelm Finck von Finckenstein der wichtigste Mann im Kabinett. Er erwirbt sich das Vertrauen Friedrichs II., ist aber auch permanent mit seiner Position unzufrieden, da er seine eigenen politischen Ideen und Vorschläge in der Regel nicht realisieren kann. Paul Bailleu spricht in diesem Zusammenhang in seinem Artikel über Hertberg in der ADB von "einer Stimmung tiefer Unzufriedenheit". (Bailleu 1880, S. 214).
Die außenpolitischen Pläne Hertzbergs beruhen im wesentlichen auf den Gleichgewichtsideen des 17. Jahrhunderts. Danach soll neben dem Bund der südlichen Mächte, Österreich, Frankreich, Spanien, ein nordischer Bund durch Verbindung Preußens mit England und Rußland geschaffen werden. Gestützt auf diese beiden Allianzen, deren zusammenhaltenden Mittelpunkt Preußen aufgrund seiner geographischen Lage bilden würde, soll Preußen das Zentrum der europäischen Politik, die alles entscheidende Macht, der Bewahrer des Gleichgewichts der europäischen Staaten werden.

1779
Bei den Verhandlungen zum Teschener Frieden, der den Bayerischen Erbfolgekrieg beendet, verzichtet Friedrich II. auf Hertzbergs Dienste, was diesen wiederum tief betrübt.

1780
Hertzberg wird in der Akademie der Wissenschaften aktiver. Bis 1793 hält er an den Gedenktagen Festreden, meist zur Geschichte und politischen Verfassung Preußens.

1784

Hertzberg gibt Pufendorfs unvollendete Geschichte des Kurfürsten Friedrich III. "De rebus gestis Friederici tertii, electoris Brandenburgici post primi Borussiae regis commentariorum libri 3, Complectentes anno 1688-1690" bei dem Verleger Decker in Berlin heraus.

1785
Bei den Verhandlungen des Deutschen Fürstenbundes, ein Koalitionsbündnis deutscher Reichsfürsten gegen Österreichs Hegemonialstellung, vertritt Hertzberg Preußen wieder. Allerdings ist der Fürstenbund nur ein kleiner Schritt in Hertzbergs außenpolitischem Gesamtplan, der auf europäische Gleichgewichtsvorstellungen zielt.

1786
Nach dem Amtsantritt Friedrich Wilhelms II. Ehrung mit dem schwarzen Adlerorden und Erhebung in den Grafenstand. Hertzberg wird zudem zum Kurator der Akademie der Wissenschaften ernannt und mit dem Auftrag einer Akademiereform betraut. Seine Vorhaben zielen auf zwei Punkte: Die Förderung der deutschen Sprache an der Akademie und die Umwandlung der Einrichtung von einer Repräsantationsinstanz der Monarchie zu einer Plattform für Gelehrte, zu einem machtnahen Zentrum der Wissenschaft.

1787 und 1788
Im Herbst kommt es zur militärischen Intervention Preußens in den Vereinigten Niederlanden. Im Konflikt zwischen Prinz Wilhlem von Oranien-Nassau mit den Ständen tritt Preußen dem Prinz, der mit der Schwester Friedrich Wilhelms II. Friederike Sophie verheiratet ist, bei. Der Feldzug, von Carl Wilhelm Ferdinand Herzog von Braunschweig angeführt, verläuft erfolgreich. Der Konflikt endet mit der Stärkung Wilhelms von Oranien-Nassaus. Der Pariser Vertrag vom 27. Oktober 1787 schwächt das mit den niederländischen Ständen verbundene Frankreich und holt Preußen aus der außenpolitischen Isolation, indem es zu einer engeren Bindung an England führt.  Das Unternehmen bedeutet auch für Hertzberg einen Erfolg, hat er doch genau diese Situation vorbereitet und die Annährung an England empfohlen. Mit der erfolgreichen Kampagne steigt sein Ansehen bei Friedrich Wilhelm II. Ein Ergebnis seiner Stärkung ist die Fortsetzung des antiösterreichischen Kurses der preußischen Außenpolitik.
Während dem türkisch-russischen Krieg bringt der Minister einen verwegenen internationalen Tauschplan zur Lösung der Krise ins Spiel: Von komplizierten Gebietsaustauschungen der beteiligten Mächte soll vor allem Preußen profitieren und an Größe gewinnen, ohne sich am Krieg militärisch zu beteiligen. Rußland lehnt den preußischen Vermittlungsplan ab, der englische Gesandte in Berlin bezeichnet das Unternehmen als "extravagant und absurd". (Bringmann 2001, S. 277).

1789
Zur Durchsetzung seines Tauschplans empfiehlt Hertzberg im Spätsommer die Androhung eines Krieges gegen Österreich, das durch den Ausbruch der Revolution in Frankreich geschwächt ist. Friedrich Wilhelm II. lehnt das Vorhaben ab und handelt erstmals gegen den Rat seines Ministers.
Ein Konflikt mit dem Bischoff von Lüttich schwächt abermals Hertzbergs Position. Sein Plan, mit Hilfe militärischer Präsenz zwischen Aufständischen und Bistum zu vermitteln, um die Position Preußens zu stärken und Österreichs Einfluß in Belgien zu schmälern scheitert. Der Bischoff bittet das Reichskammergericht in Wetzlar um Unterstützung, worauf sich die Mitglieder des Fürstenbundes geschlossen auf die Seite des Bischoffs und gegen die Einflußnahme Preußens stellen. Dies bedeutet nicht nur eine diplomatische Niederlage für Hertzberg, sondern auch eine Kompromittierung Friedrich Wilhelms II., wird diesem doch vorgeworfen, mit den Revolutionären gemeinsame Sache zu machen.

1790
Friedrich Wilhelm II. nimmt die Leitung der preußischen Politik wieder im wesentlichen selbständig in die Hand, bzw. vertraut anderen Beratern. Gegen den Widerspruch Hertzbergs kommen 1789/90 die Bündnisse mit Polen und dem Osmanischen Reich zustande. Ihm werden mit Friedrich Wilhelm v. Schulenburg-Kehnert und Philipp v. Alvensleben, mit denen Hertzberg stets Differenzen hat, zwei neue Minister für die auswärtigen Angelegenheit zur Seite gestellt.
Mit der Konvention von Reichenbach, die 1790 den Fürstenbund auflöst, finden Hertzbergs Vorstellungen von einem von Preußen angeführten nordeuropäischen Reich ein abruptes Ende.

1791
Als ihm in der Folge einer neuerlichen Indiskretion die Kenntnisse der wichtigsten Correspondenzen mit den Vertretern Preußens im Auslande verweigert werden, bittet er um seine Entlassung. Diese wird ihm zwar nicht ausdrücklich gewährt, jedoch hat der König nicht dagegen, daß er sich nun im wesentlichen auf das Kuratorium der Akademie und die Aufsicht über den Seidenbau beschränkt. Eine Stellungnahme für die französische Revolution und seine öffentliche Kritik an der aktuellen preußischen Politik lassen sein ohnehin stark beschädigtes Ansehen weiter sinken. Gesuche an den König, in denen er seine frühere Politik verteidigt, erhalten keinerlei Reaktion.

1792
Nach seiner Demission widmet sich Hertzberg verstärkt der Reformen der Akademie der Wissenschaften. Einiges hatte er seit seinem Antritt seit 1786 erreicht: 15 neue Mitglieder, darunter 12 Deutsche, waren berufen worden. 14 dieser Mitglieder kamen aus Berlin, darunter die Spätaufklärer Johann Jacob Engel und Friedrich Gedike, der Dichter Karl Wilhelm Ramler, der erst 35 jährige Karl Philipp Moritz, aber auch der Aufklärungskritiker und Intimus des Königs Johann Christoph von Woellner.
Im Januar macht Hertzberg eine Eingabe an den König, in der er die Förderung der deutsche Sprache innerhalb der Akademie ankündigt. Zur konkreten Umsetzung schlägt er das schon von Akademiegründer Leibnitz angedachte Großprojekt eines deutschen Wörterbuches vor. Hertzberg greift damit eine Forderung der Berliner Spätaufklärung auf, die deutsche Sprache, Philosophie und Literatur auf eine gleichberechtigte Stufe neben das Französische zu stellen. Die Gründung der "Deputation zur Verbesserung der deutschen Sprache" durch einige Akademiemitglieder und die von ihm selbst initiierte Publikation der alten Leibnitzschrift "Unvorgreifliche Gedanken, betreffend der Ausübung und Verbesserung der teutschen Sprache", der er noch einen eigenen Text zum Thema beistellt, lösen den sogenannten "Sprachenstreit" an der Akademie aus. Obwohl es ausdrücklich nicht darum geht, das Französische durch das Deutsche als Amtssprache zu ersetzen, können sich die französischsprachigen Mitglieder an der Akademie unter Mithilfe einiger populärer und hofnaher Gegner des Projektes, darunter der Prinzenerzieher Verdy du Venois, durchsetzen. Das Wörterbuchprojekt wird fallengelassen, Französisch bleibt bis 1804 die einzige offizielle Verkehrs- und Amtssprache an der Akademie der Wissenschaften.
Claudia Sedlarz bewertet den "Sprachenstreit" in einem Aufsatz wie folgt: "Hinter der Sprachenfrage verbarg sich ein Kampf um einen privilegierten Platz nahe der Macht. Die Parteien, die zum Kampfe antraten, fochten ihn nicht im Namen ihrer Nationalzugehörigkeit aus, auch wenn dies auf den ersten Blick so scheinen könnte. Bei näherer Betrachtung stellen sich die Dinge wesentlich komplizierter dar, verschiedene Interessen spielen ineinander. Als in der kurzen Phase der Liberalisierung am Beginn der Regierungszeit Friedrich Wilhelm II. die Berliner Spätaufklärer antraten, sich unter der Protektion eines damals noch einflußreichen Ministers (Hertzberg, Anm. d. Verf.) als Impulsgeber einer reformerischen Politik zu betätigen, ging es ihnen um das 'Wohl des Vaterlandes', aber nicht in einem nationalistischen, sondern pragmatischen, auf Nutzen abzielenden Sinn. Ein Teil ihres Antriebes war allerdings sicherlich auch, sich Genugtuung für die jahrelange Mißachtung ihrer Arbeit durch Friedrich II. zu verschaffen. Da es zunächst so aussah, als sei die Akademie bereit, dem patriotischen Gedanken Priorität zu geben, fürchteten die Franzosen um ihre internationale Reputation. (...). Statt aber dieses glänzenste aller möglichen akademischen Projekte zu unterstützen, das alle Energien erfordert hätte, mißtrauten die französischen Mitglieder, erschreckt durch die revolutionären Ereignisse in ihrem Herkunftsland, jeglicher Neuerung. Ebenso ließ der König, auf dessen Unterstützung es angekommen wäre, das Vorhaben ins Leere laufen. Sein Beweggrund war in diesem Moment ein Abgrenzungswunsch, er hatte erkannt, daß es gefährlich sein konnte, eine dem Hof so nahe stehende Institution wie die Akademie mit populäraufklärerisch gesinnte Mitgliedern zu besetzen. (...). Die Diskussion um die Publikationssprache an der Akademie wurde zugunsten des Französischen entschieden: weniger im Hinblick auf internationale Verständlichkeit als vielmehr um königstreue und konservative Haltung zu demonstrieren". (Sedlarz 2003, S 268 ff.).
Das Wörterbuch erscheint dennoch, wenn auch um einiges später: 1854 sorgen Jacob und Wilhelm Grimm als Mitglieder der Akademie der Wissenschaften für seine Veröffentlichung.

1794
Hertzberg legt aufgrund einer altersbedingten Demenz sein Amt als Kurator der Akademie nieder.

1795
Tod Hertzbergs am 25. Mai in Berlin. Seine Frau  Hyma Maria stirbt ein Jahr später. Die Ehe blieb kinderlos.


Ewald Friedrich Graf von Hertzberg stand nahezu 50 Jahre in preußischen Diensten. Anders als große Teile des preußischen Adels war er nie beim Militär. Allein aus diesem Grund ist seine Vita bemerkenswert. Leopold von Ranke charakterisierte ihn 1875 wie folgt: "Ohne Zweifel gehört Hertzberg zu den bedeutendsten Ministern, die in dem auswärtigen Amte Preußens wirksam gewesen sind. (...). In der Geschäftsführung warf er den Scharfsinn und Eifer eines deutschen Gelehrten, der, ohne viel auf die Form zu sehen, nur auf die Ausarbeitung seiner Conzeptionen Werth legt. Er war geradeaus und offen; aber nicht frei von bürokratischem Eigensinn. Ein Patriot durch und durch,- wie kaum ein anderer Staat deren so viele und ergebene, wie der preußische, unter seinen Dienern zu besitzen, das Glück gehabt hat,- war er das jedoch, wie es wohl auch Anderen ergeht, nur auf seine Weise. Indem er das Emporkommen der Monarchie mit vollem Herzen umfaßte, sah er das Heil doch einzig in dem, was er selber ersann und entwarf". (Ranke 1875, S. 345-347).
In der Tat schien der Minister im Ministerium in seinen Letzten Amzsjahren isoliert, für seine verwegenen diplomatischen Konstruktionen fehlten ihm oft die Fürsprecher. Sowohl zu Finck von Finckenstein, als auch zu den späteren Kollegen Alvensleben und Schulenburg-Kehnert war sein Verhältnis  unterkühlt. Carl August von Weimar nannte ihn bezüglich seiner geringen diplomatischen Gewandheit einmal den "Junker Plump vom Pommernland". (Bringmann 2001, S. 264). Einiges spricht gegen Hertzberg: In der Außenpolitik scheitert er an seinem eigenen Anspruch, Preußen zur führenden Macht im Reich zu machen; der Fürstenbund - Ranke bezeichnete Hertzberg als einen seiner "vornehmsten Begründer" - wird 1790 ohne großen Effekt aufgelöst. Auch seine Fehleinschätzung der Tragweite der Revolution in Frankreich, mit der er teilweise öffentlich sympathisierte, kann ihm vorgehalten werden. Einige Historiker schreiben ihm zudem einen Hang zur Selbstüberschätzung zu, etwa wenn er sich entscheidende Handlungen in der Politik Friedrich II. selbst zuschrieb oder nicht müde wurde, die Plausiblität seines Tauchplans von 1789 zu betonen, ein diplomatisches Kuriosum, das europaweit abgelehnt wurde.
Auf der anderen Seite stehen ebenso Erfolge: 1788 gehen die Planungen im Konflikt mit den Niederlanden auf ihn zurück und die Unternehmung wurde zu einem Erfolg der preußischen Außenpolitik. Gleiches gilt für die früheren Verhandlungen in Hubertusburg, die er 1763 führte. Der Aufschwung der Akademie der Wissenschaften nach dem Thronwechsel 1786 hängt u.a. mit seiner Arbeit als Kurator zusammen, auch wenn das prestigeträchtigste Projekt - ein deutsches Wörterbuch mit Grammatik - nicht verwirklicht wurde. Allgemein ist Hertzbergs umfasende Bildung bemerkenswert. Er schrieb zahlreiche politische Briefe und historische Abhandlungen über die politische und wirtschaftliche Verfassung Preußens, die heute als wertvolle Quelle zur Geschichte des Staates im 18. Jahrhundert dienen. In Diskussionen mit Friedrich II. bemühte er sich um die deutsche Dichtung und Literatur, wenngleich er den Großteil seiner Arbeiten auf Französische verfasste. Auf seinem Gut in Britz entwickelte er verbesserte Anbaumethoden für die Landwirtschaft, die er in Form von Vorträgen an der Akademie veröffentlichte.
Ingesamt handelte und dachte er wie ein Mann des 18. Jahrhunderts. Inwieweit moderne Vorstellungen einer nationalen Kulturpolitik, die konstitutionellen Monarchie, demokratische Tendenzen und eine moderne Agrarreform sein Handeln tatsächlich bestimmten oder von der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts überbewertet wurden müssen neue, eingehende Untersuchungen zeigen. Gleiches gilt für sein Engagement für die Akademie der Wissenschaften. Adolf Harnack betonte zwar Hertzbergs Bemühungen für deutsche Gelehrte an der Akademie, tadelt aber auch die negativen Auswirkungen dieser Berufungspolitik: "Hertzbergs Hauptfehler bestand in der Überschätzung der einheimischen Berliner Kräfte. Er glaubte die Neuordnung bewirken und die Akademie 'zur ersten Europas' erheben zu können, ohne Berufung auswärtiger Gelehrter. Nur ein paar Mal ist von ihm der erfolglose Versuch gemacht worden, solche heranzuziehen, während doch die zahlreichen Ernennungen zu 'Associés externes', die er in den ersten Jahren vornahm, zeigten, daß er für wirkliche Größe ein Auge besaß". Als außerordentliche Mitglieder waren von ihm u.a. Immanuel Kant, Christian Garve, Johann Gottfried Herder, Christoh Martin Wieland, Georg Forster, den französischen Mathematiker und Philosophen Jean Antoine Nicolas Condorcet und den italienischen Erfinder Alessandro Giuseppe Volta berufen worden. Besonders kreidete Harnack dem Minister an, daß er "der Akademie nicht einen Mann ersten Ranges als ordentliches Mitglied zuführte", ihren rennomiertesten Wissenschaftler dagegen ziehen ließ: Der Geograph Joseph Louis Lagrange verließ Berlin 1787 in Richtung Paris. Daß es dagegen gelang, die Akademie vom Einfluß Woellners zu bewahren - interessanterweise, indem man ihn als Mitglied berief und dem Aufklärungsgegener so keinen Anlaß gab, gegen die Institution vorzugehen - bewertet Harnack dagegen als "Hertzbergs Verdienst". (Harnack 1900, S. 504-505).



Verwendete Literatur:


Bringmann, Wilhelm: Preußen unter Friedrich Wilhelm II. (1786-1797). Frankfurt a. M. u.a.: Lang 2001.

Bailleu, Paul: Ewald Friedrich Graf von Hertzberg. In: Allgemeine deutsche Biographie. Hrsg. von der historischen Kommission bei der königl. Akademie der Wissenschaften in München. Bd. 12 Hensel-Holste. Leipzig: Duncker & Humblot 1880, S. 241-249.

Harnack, Adolf: Geschichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 1.2: Vom Tode Friedrich des Großen bis zur Gegenwart. Berlin: Reichsdruckerei 1900.

Ranke, Leopold von: Die deutschen Mächte und der Fürstenbund. Deutsche Geschichte 1780-1790. Leipzig: Duncker & Humblot 1875 (= Sämtliche Werke Bd. 31.32).

Sedlarz, Claudia: Ruhm oder Reform? Der Sprachenstreit um 1790 an der königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin. In: Goldenbaum, Ursula und Kosenina, Alexander (Hrsg.): Berliner Aufklärung. Kulturwissenschaftliche Studien Bd. 2. Hannover: Wehrhahn 2003, S.245-276.



BS und SH


Werke/Literatur

Berlinaufenthalte

  • 1786ff. Am ehemaligen Leipziger Tor

Register

Fachregister:
  • Rechtswissenschaften
  • Politik
Institutionsregister:
  • Akademie der Wissenschaften

Person: Ewald Friedrich Hertzberg, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/733.

Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/733