1754
Charlotte
Elisabeth Konstantina wird als Tochter des sächsischen Kammerherrn und späteren
Reichsgrafen Johann Friedrich von Medem auf Gut Schönberg bei Mitau, der Hauptstadt des baltischen Herzogtums Kurland, geboren.
1758
Tod der Mutter Luise Dorothea. Elisabeth wächst bei ihrer Großmutter
mütterlicherseits, Constanzia von Korff auf.
1767
Rückkehr zur Familie des Vaters. Zur Erziehung gehört die frühzeitige
Beschäftigung mit der Literatur. Briefe an ihre Freundin Sophie Stoltz werden
zu Versuchen eigener literarischer Ausdrucksform.
1771
17-jährig heiratet sie Georg Peter Magnus von der Recke, den Neffen ihrer
Stiefmutter. Die Ehe verläuft nicht glücklich. In ihr Tagebuch aus den Jahren
1789 vermerkt Elisa rückblickend: "In einem Alter von funfzehn Jahren
[diese Alterangabe stimmt nicht mit den tatsächlichen Daten überein] wurd ich einem Manne gegeben, den ich zu lieben wünschte und nicht lieben
konnte, weil unsere Neigungen durchaus entgegengesetzt waren. Er, hart und
leidenschaftlich, heuchelte in Gegenwart meiner Verwandten die zärtlichste
Liebe zu mir und eine Gefälligkeit, für die er mich desto mehr mißhandelte,
wenn wir ohne Zeugen waren. Die Fehler, die ich täglich mehr an ihm
entdeckte, entfernten mein Herz noch weiter von ihm als die Unfreundlichkeit,
mit welcher er sich gegen mich, gegen alle meine Freundinnen und selbst
gegen meine Geschwister betrug. (...). Ich faßte den Vorsatz, die traurige
Einsamkeit, die mich umgab, zu meiner innern Verelendung zu benutzen und
in meiner unglücklichen Ehe wenigstens durch Zufriedenheit mit mir selbst und
den Beifall der Beobachter meines Lebens einigen Ersatz zu finden". (Elisa
von der Recke: Tagebücher und Selbstzeugnisse, S.34 ff.).
1774
Geburt der Tochter Friederike.
1776
Trennung von ihrem Mann.
1777
Tod der Tochter Friederike.
1778
Heiratsantrag von Johann Dietrich von Holtei, den sie bereits seit 1776/77 kennt. Der Bruder des
Schriftstellers Karl von Holtei bleibt ein Leben lang Elisas "Ideal und Maßstab
männlicher Tugenden" (Christine Träger in: Recke: 1984, S. 11).
Gleichwohl steht die Konkurrenz der Bewerber um Elisas Gunst in bestem Ruf: Der
preußiche Prinzenerzieher Stamford, Graf Dembinski aus Polen, ehemaliger
Adjutant Friedrich II., General Goltz und einige andere hochrangige Vertreter
der höfischen Gesellschaft Sachsens und Preußens bemühen sich um ihre
Aufmerksamkeit.
1779
Nach der Hochzeit ihrer Halbschwester Anna Charlotte Dorothea mit dem letzten Herzog von Kurland
Peter Biron hält sich Elisa häufig am Mitauer Hof auf. Zur selben Zeit ist der
europaweit bekannte Graf und Obrist des spanischen Hofes Cagliostro dort zu
Gast.
1781
Scheidung von ihrem Mann.
1783
"Elisens Geistliche Lieder, nebst einem Oratorium und einer Hymne von C. F. Neander", herausgegeben von Johann Adam Hiller
erscheinen bei Dyk in Leipzig.
1784-1786
Reise durch Deutschland, bei der sie von ihrer Freundin Sophie Becker
begleitet wird. Den Winter verbringt sie in Wülferode im Harz bei
dem Dichter Leopold Friedrich Guenther von Goeckingk. In Halle besucht sie die
"Franckesche Stiftung".
1785 hält sie sich längere Zeit in Berlin auf.
In Dresden macht
sie unter anderem die Bekanntschaft der Familie Gottfried Körners. Sie
lernt auch den Kapellmeister Johann Gottlieb Naumann kennen, bei dem sie zwischen
1799 und 1801 wohnt, wenn sie Dresden besucht.
1787
Elisa von der Recke trägt in Mitau zur Entlarvung des Hochstaplers
"Cagliostro" (Joseph Balsamo) bei. In Berlin veröffentlicht sie bei
Friedrich Nicolai die Schrift "Nachricht von des berüchtigten Caliostro
Aufenthalt in Mitau 1787 und von dessen magischen Operationen".
Sie beschreibt ihre Begegnungen mit Cagliostro, ihre anfängliche Faszination
für den selbsternannten Wunderheiler sowie ihre zunehmende Skepsis gegenüber
seinen magischen Experimenten, Geistererscheinungen und Heilpraktiken. Die
Schrift endet mit der gottesfürchtigen aber der Aufklärung verpflichteten
Selbststilisierung: "Mein Herz schlägt voll trauriger Besorgnis, wenn
ich so manche edle Seele von diesem Hange zur Mystik ergriffen sehe! Doch! ich
traue auf Gott, der mich aus den Labyrinthen der Schwärmerei und des
Aberglaubens herausgeführt hat und dessen ewige Weisheit selbst durch
Irrglauben und Aberglauben die Seelenkräfte der Menschen allmählich entwickelt
und zur Glückseligkeit reifen läßt. Dieser allweise Regierer aller Wesen wird
auch zum Besten der Vernunft das herumschleichende Gift des Aberglaubens
endlich zur wohltätigen Arznei auflösen" (Recke 1984, S. 399).
Die Schrift wird in mehrere Sprachen übersetzt und verschafft Elisa europaweite
Anerkennung sowie den Ruf einer rationalen "Aufklärerin". In
Deutschland wird sie in verschiedenen Presseorganen der Aufklärung besprochen
und gewürdigt. In Albrecht Wittenbergs "Historisch-politischem
Magazin" aus Hamburg schreibt ein anonymer Autor: "Eine ungemein
merkwürdige Schrift, für deren Herausgabe man der verehrungswürdigen Frau
Verfasserin sowohl, als dem Herrn Herausgeber den wärmsten Dank schuldig ist,
und die allen denen willkommen sein muß, welche das Wohl des menschlichen
Geschlechts und die Einschränkung der Schwärmerey am Herzen liegt".
(Historisch-politisches Magazin Bd. 1, 1787, S. 81)
1791
Berlinaufenthalt. In ihrem Tagebuch vermerkt sie am 15. September: "Der
Anblick dieser schönen Königstadt flößt mir immer die heiligste Ehrfurcht für
den ein, unter dessen Regierung Berlin und der preußische Staat das wurden, was
sie bei seinem Tode waren". (Recke 1984, S. 139).
Die Verehrerin Friedrich II. fühlt sich offensichtlich wohl in der
Gesellschaft Gleichgesinnter. In Berlin trifft sie Nicolai, Biester und
Gedicke, den königlichen Leibarzt Christian Gottlieb Selle, Karl August v.
Struensee, den Graf von Carmer, Stamford und einige andere hochrangige
Mitglieder der hofnahen Berliner Gesellschaft.
1795
Reise nach St. Petersburg, wo sie von Katharina II. für ihre
Schrift gegen
Cagliostro ausgezeichnet wird. Zudem werden ihr das Domänengut
Pfalzgrafen verliehen. Der Thronwechsel zu Paul I. veranlaßt sie jedoch
zur
Rückkehr nach Mitau.
1797
Elisa von der Recke lebt abwechselnd in Berlin, Dresden, Leipzig und auf
dem Gut Löbichau in Kurland. Hier lernt sie den Dichter Christoph August Tiedge
kennen, mit dem sie ab 1803 in einer Lebensgemeinschaft zusammen lebt.
1803-1809
Elisas jüngere Schwester Dorothea Herzogin von Kurland unterhält in Berlin
im Kurländischen Palais Unter den Linden 7 einen Salon. Zu den Gästen
gehören Friedrich Gentz, Prinz Louis Ferdinand, die Schlegels, die Gebrüder
Humboldt, Henriette Herz, Friedrich Parthey, die Fürstin Luise Radziwill u. a.
Auch Elisa und ihr Freud Tiedge sind häufig zugegen.
1804 bis 1806
Italienreise unter anderem mit Tiedge.
1815
Elisa von der Recke bezieht eine Parterrewohnung im Kurländischen Palais in
Berlin. Obwohl sie häufig Gäste empfängt ist die Bezeichnung "Salon"
eher unangemessen. Die Gastlichkeit ihrer Schwester wird von ihr nicht
reinstitutionalisiert, es bleibt eher bei gelegentlichen Geselligkeiten.
1819
Übersiedlung nach Dresden, wo sie die letzten 14 Jahre ihres Lebens
verbringt. Auch in Dresden ist Elisa Teil der gehobenen Gesellschaft.
1833
Elisa von der Recke stirbt 79jährig in Dresden.
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Elisa von der Recke war eine zeitlebens der "Empfindsamkeit"
verpflichtete Dichterin. Ihre Werke sind von Schwärmerei und Freundschaftskult
geprägt. Europaweit bekannt wurde sie durch ihre Schrift "Nachricht von
des berüchtigten Caliostro Aufenthalt in Mitau 1787 und von dessen magischen
Operationen", in der sie die Tricks des selbsternannten Wunderheilers und
Geistersehers offen legte.
Sie reiste viel und besuchte des Öfteren ihre Halbschwester Dorothea Herzogin
von Kurland in Berlin, die dort im Kursächsischen Palais von 1803 bis 1809
einen Salon unterhielt. Elisa war befreundet mit Henriette Herz, Anton Graff
und der Familie Nicolai-Parthey. Seit 1803 lebte Elisa von der Recke mit dem
Dichter Christoph August Tiedge zusammen, gemeinsam unternahmen sie von 1804
bis 1806 eine Italienreise. Von ihrem Mann Peter Magnus von der Recke, den sie
1771 geheiratet hatte, war sie 1781 geschieden worden, die gemeinsame Tochter
Friederike starb bereits im Kleinkindalter. Elisa von der Recke bezog 1815 eine
Wohnung im Kurländischen Palais. Ihre gelegentlichen Empfänge nahmen jedoch
nicht die Formen der Salon-Geselligkeit an. 1819 siedelte sie gemeinsam mit
Tiedge nach Dresden über, wo sie die letzten 14 Jahre ihres Lebens verbrachte.
Christine Träger beschreibt die vielfältigen Bekanntschaftsverhältnisse Elisas
im Vorwort ihrer Tagebücher und Selbstzeugnisse: "Es gibt kaum eine im
damaligen geistig-kulturellen Leben bekannte Persönlichkeit, zu der eine
Beziehung zu knüpfen sie nicht wenigstens versucht hätte. Sie verkehrte im
Halberstädtischen Dichterkreis um Gleim ebenso wie im Kreis der Berliner
Aufklärer Nicolai, Biester, Gedike, Mendelssohn, Ramler und Spalding. Auf ihrer
Reise nach Hamburg besuchte sie Klopstock und lernte Matthias Claudius kennen,
schon vorher in Leipzig Christian Felix Weiße und Christian Friedrich
Blankenburg. Sie kannte außer Hiller, der eine Zeitlang auch mit dem
herzoglichen Orchester in Mittau gearbeitet hatte, Musiker wie den Dresdner
Kapellmeister und Komponisten Naumann und, wenn auch nur flüchtig, Philipp
Emanuel Bach. Zu ihren Freunden und Bekannten gehörten bildende Künstler, Maler
und Kupferstecher, die Leipziger Oeser und Bause, in Dresden Anton Graff, der
sie auch gemalt hat, und Adrian Zingg, in Berlin Chodowiecki. Sie
korrespondierte mit Lavater und interessierte sich für dessen
"Physiognomische Fragmente". Sie suchte die Bekanntschaft mit
führenden Theologen und rationalistischen Kritikern des Offenbarungsglaubens in
Leipzig, Halle, Berlin und Hamburg. Sie kannte Reimarus, auf den sich Lessing
in seiner religionskritischen Argumentation berufen hat, ebenso wie den
Hauptpastor Goeze, bei dem sie in Hamburg eine Predigt gehört hat. Bei ihren
Aufenthalten am Dessaurer Hof disputierte sie über die philanthropistische
Pädagogik Basedows, Rochows und Trapps. An den Höfen kunst- und
wissenschaftsbeflissener Fürsten, wie Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau
und seine Frau Luise oder der Herzog von Augustenburg, der sich um die
Förderung Schillers verdient gemacht hat, war sie, wie auch beim Grafen Moritz
von Brühl in Dresden, ein gern gesehener Gast. Sie besuchte natürlich in
Königsberg Kant und Hamann und stand mit führenden Repräsentanten des Weimarer
Kulturlebens in Verbindung. Herder und dessen Frau kante sie wie auch Bode seit
ihrer ersten Badereise nach Karlsbad. Goethe hat sie bereits vorher bei einem
Besuch in Weimar aufgesucht.(...).Die Aufzählung muß sich, der Fülle der Namen
wegen, auf eine charakterische Auswahl beschränken. Sie soll vor allem zeigen,
daß Elisa der geistige Zugang zu den Gipfelleistungen der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts im Grunde nicht gelungen ist. Er bleibt vor allem auf die
Literatur vor Goethe und Schiller begrenzt". (Christine Träger in:
Recke 1984, S. 18 ff.).
Verwendete Literatur
Historisch-politisches Magazin. Literarischer Anhang 1787, Bd. 1, S. 81-82
Recke, Elisabeth von der: Tagebücher und Selbstzeugnisse. Hrsg. von
Christine Träger. München: Beck 1984 (ebenfalls: Leipzig: Koehler & Amelang
1984)
Adelheid
Müller: "Die Frau Kammerherrin von Recke wird Berlin passieren und
wünscht Sie zu kennen" oder Preußen sind Menschen. In: Europäische
Ansichten. Brandenburg-Preußen in der Wahrnehmung europäischer
Reisender und Zuwanderer. Berlin 2004, S. 113-140.
SH
Person: Charlotte Elisabeth Konstantina Recke, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/618.
Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/618