Lebenslauf:
1790
Atterbom wird am 19. Januar als Sohn eines Landgeistlichen im
Kirchensprengel Asbo (Ostgotland/ Schweden) geboren. Er besucht das
Gymnasium von Linköping.
1805
Beginn des Studiums an der Universität in Upsala. Die deutsche
Literatur, die Atterbom schon früh kennenlernt, beeinflußt nachhaltig sein
literarisches Schaffen.
1807
Atterbom stiftet zusammen mit mehreren Freunden die poetisch-kritische
Gesellschaft "Musis Amici", 1808 umbenannt in "Aurora-Förderbund", deren
Ziel es ist, die vaterländische Literatur aus den Grenzen des Akademismus zu
lösen. Ein Zentrum dieser schwedischen Romatik-Bewegung ist die Universität
von Upsala, an der Atterbom studiert. Benjamin Höijer, Professor für
Philosophie und Ästhetik, macht die literarischen Ideen der Gebrüder
Schlegel und Ludwig Tiecks an der Universität bekannt.
1810
Der Kreis um Atterbom gründet in Upsala die bis zum Jahr 1813
bestehenden Zeitschrift "Phosphoros". Die Mitglieder des Kreises um
Atterbom, zu denen auch der Dichter Eric Gustaf Gijer und der Historiker
Lars Hammarsköld zu zählen sind werden "Phosphoristen" genannt. Ähnlich wie
die Romatiker in Jena oder Berlin schreiben sie sich die programmatische
Erneuerung der schwedischen Literatur auf die Fahnen.
1812-1822
Herausgabe der periodischen Publikation "Poetisk Kalender", einem der
publizistischen Hauptorgane der schwedischen Romantik. Atterboms Freunde,
Gustaf Gejer und den Theologen und Dichter Arvid August Afzelius gründen
zudem den "Götischen Bund", eine romantische Gruppierung, die patriotischer
und konservativer gesinnt ist, als die "Phosphoristen", aber ein ähnliches
ästhetisches Ziel verfolgt.
1817-1819
Reise nach Deutschland und Italien. In Briefen an Freunde,
Tagebuchaufzeichnungen und kleinen Selbstreflexionen beschreibt Atterbom die
Begebenheiten der Reise. Sein Freund August Afzelius gibt die Schrift
"Minnen frân Tyskland och Italien af P.D.A. Atterbom" 1859 anonym heraus.
Franz Maurer übersetzt sie 1867 ins Deutsche.
Vom 9. Juli bis zum 26. August hält sich Atterbom in der preußischen
Hauptstadt auf. Über Berlin schreibt er: "Überdies hat alles in der
Bauart, in Anlage der Straßen, in der Ganzen äußeren Erscheinung eine
gewisse prahlende und trockene Monotonie, die ohne Zweifel entweder der
Berliner Charakter allegorisch schildert oder doch stark auf denselben
einwirkt. Der Beschauer wird bald all der Richtschnurbauten, Linien und
geometrischen Figuren überdrüssig, wie zierlich sie auch ausstaffiert sind,
und glaubt beständig, unter Reihen von lauter Kasernen zu wandern. Der
Eindruck kann umso weniger Illusion genannt werden, da es fast unmöglich
ist, Füße und Augen nach irgendeiner Richtung zu wenden, ohne auf Soldaten,
Paraden, Märsche und Manöver zu stoßen". (Atterbom 1867 S. 32).
Amalie von Helvig führt Atterbom in die Berliner Gesellschaft ein. Die mit
einem Schweden verheiratete Dichterin und Übersetzerin, kennt Atterbom seit
ihrem eigenen Aufenthalt in Upsala 1816. Über einen Abend in dem von ihr
geführten Salon berichtet Atterbom: "Es war mir ein ganz neues
Schauspiel, eine zahlreiche Versammlung zu besuchen, in der es zum guten Ton
gehörte, etwas anderes als langweilig zu sein; wo beide Geschlechter, ohne
daß sie über ein Nichts schwatzen oder einander boshaft mustern, mit ebenso
großer Vertraulichkeit wie Lebhaftigkeit zum eigenen und allgemeinen
Vergnügen beitragen; wo man anderen Zeitvertreib als Kartenspielen, Essen,
Tanzen gleich einem Tagewerk sucht; wo angenehme Erzählungen, scharfsinnige
Reflexionen, Gedichte, Ansehen von Malereien und Kupferstichen die Stunden
beflügeln und wo jedes Mitglied es wagt und vermag, sich als ein Individuum
mitzteilen, welches nicht unablässig durch Aufführung und Phrasenschwall
eine alltägliche, auswendig gelernte Lektion wiederholt. (...). Im übrigen
ist es glaubhaft, daß die Berliner Gesellschaften sich nicht überall, ja
vielleicht nur in wenigen Häusern in so blendendem Licht zeigen, und man hat
mir gesagt, daß der Ausländer erst in Dresden die Trefflichkeit des
deutschen Gesellschaftslebens richtig kennenlernt. Desto besser! Ich komme
bald dorthin". (Atterbom 1867, S. 34-35). Allerdings macht Atterbom in
Berlin auch andere gesellschaftliche Erfahrungen. Er beklagt "merkwürdige
Ausbrüche von Berliner Vaterlandsliebe". An anderer Stelle bemerkt er,
daß ihn "das ewige Schwatzen über Bildung, Kunst, Ideen und Literatur
sehr wenig (erbaue), sobald ich einsah, daß der herrschende Ton bei den
meisten, gerade wie bei uns, von Mode und Jargon bestimmt wurde und daß die
Menge, ebenso wie bei uns, aus flachen prosaischen Naturen bestand". Die
Präsenz des Millitärs empfindet er als erdrückend: "Außerdem fühlt man
sich bei jeder Gelegenheit daran erinnert, daß man die Ehre hat, mit lauter
ausgesucht tapferen Männern und Rittern Umgang zu haben. Ich fand es nicht
leicht einen jungen Menschen, der nicht entweder Soldat war oder dies doch
kürzlich gewesen wäre". (Atterbom 1867, S. 56 ff.)
Dennoch scheint es ihm in Berlin zu gefallen, auch wenn er sich an einigen
Stellen über die staubige Stadt ereifert. Er lernt stadtbekannte
Persönlichkeiten kennen, besucht mehrfach das Theater, läßt sich über die
Baukunst des Schlosses aus und wird Mitglied in der noblen Lesegesellschaft
des "Casinos". Interessant ist eine Bemerkung über den allgemeinen Geschmack
der Berliner: "Im übrigen läßt sich nicht leugnen, daß die ästhetische
Kultur hier wirklich populär geworden ist; sie ist sogar zu den
Stiefelputzern und Dienstmädchen herabgestiegen. Die Kellner in den
Wortshäusern prüfen mit Kennerblicken plastische Kunstwerke, die Barbiere
sprechen von Schönheitssinn und Kunstgefühl, die Haarschneider von Gemüt und
geläutertem Geschmack. Meine Aufwärterin beschwor mich, nicht die Aufführung
von Schillers 'Jungfrau' zu versäumen; 'es ist' sagte sie, 'ein dramatisches
Gedicht, daß der deutschen Nation Ehre macht'! Auf der Türschwelle des
Hauses, welches ich bewohne, saß gestern Abend ein Bedienter, blickte in die
Abendröte und sang mit schmelzender Stimme aus der Oper 'Undine':'Rauscht,
ihr grünen Bäume durch die nacht' usw. Alle Kindermädchen lesen Fouqué und
Hoffmann" (Atterbom 1867, S. 51-52).
Ein Jahr später kehrt er am 18. Mai nach Berlin zurück bis er am 10. August
die Hauptstadt endgültig verläßt.
1819
Rückkehr nach Upsala. Atterbom wird als Lehrer des Kronprinzen
angestellt zur Unterrichtung der deutschen Sprache und der Literatur. Er
begleitet den Kronprinzen von Upsala nach Stockholm.
1821
Ernennung zum Dozenten für Geschichte an der Universität in Upsala.
1824
Ernennung zum Adjunkt der Philosophie an der Universität in Upsala.
1828
Beförderung zum Professor der Logik und Metaphysik.
1835
Atterbom tauscht seine Professur gegen eine Professur für Ästhetik.
1839
Aufnahme in die Akademie der Künste zu Berlin.
1855
Atterbom stirbt am 21. Juli im Alter von 65 Jahren in Stockhlom.
Verwendete Literatur:
Atterbom, Per Daniel Amadeus: Aufzeichnungen des schwedischen Dichters
P.D.A. Atterbom über berühmte deutsche Männer und Frauen nebst
Reiseerinnerungen aus Deutschland und Italien aus den Jahren 1817-1819.
Übersetzt von Franz Maurer. Berlin: Heymann 1867.
SH