Lebenslauf:
1776
Geburt in Berlin am 13. April als ältester Sohn des Berliner Finanzsrats
Johann Georg Schütz.
Besuch des Friedrich Werderschen Gymnasiums. Bekanntschaft mit dem drei
Jahre älteren Ludwig Tieck.
1790er
Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg und Erlangen.
1798
Anstellung an der kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer. Schütz'
Vorgesetzter ist Karl Friedrich Leopold von Gerlach.
1802
Als Autor erregt Schütz die Aufmerksamkeit August Wilhelm Schlegels, der
einige seiner Gedichte in den von ihm herausgegebenen Musenalmanach
aufnimmt. Mit dem "romatischen Kreis" verbindet Schütz zu diesem Zeitpunkt
eine enge Freundschaft. Mit dem Philosophen Ferdinand Solger unternimmt
Schütz eine Reise in die Schweiz und nach Frankreich.
1803
Nobilitierung des Vaters. Nach deutschem Recht geht der Titel auch an den
Sohn. Sein Schauspiel "Lacrimas" erscheint in Berlin in der
Realschulbuchhandlung, Herausgeber ist August Wilhelm Schlegel. Das Stück
löst innerhalb des Freundeskreises erste Debatten über die dichterische
Qualitäten von Schütz aus. In seiner Wohnung wird Sophie Bernhardis
Komödie "Donna Laura" aufgeführt.
1805
Beim Ehezwist zwischen Sophie und August Ferdinand Bernhardi versucht
Schütz erfolglos zu vermitteln. Daß er zu August Ferdinand Bernhardi hält,
trübt das Verhältnis zu den Schlegels.
1807 bis 1811
Beförderung zum Landrat und Ritterschaftsdirektor in der Neumark. 1807
erscheinen in der Realschulbuchhandlung die Tragödien "Der Graf und die
Gräfinj von Gleichen" und die in sechsfüßigen Jamben verfasste "Niobe". Daß
Schütz die Stücke mit dem Verweis "vom Verfasser des Lacrimas" untertitelt,
spricht für den Erfolg dieses Schauspiels, aber auch gegen die
Eigenständigket der Arbeiten. Allerdings ist die Erwähnung eines bekannteren
Stückes im Titel eine allgemeine Praxis. Die Kritiken fallen diesmal
vernichtend aus. Besonders die gestelzten Sprachkonstuktionen fallen ins
Gewicht. Unter den Kritikern befinden sich auch Freunde von Schütz, wie
Friedrich Schlegel.
1808
Anonyme Herausgabe der "Romantischen Wälder" durch Schütz. Die Sammlung von
kleinen Romanzen, Gedichten und Erzählungen wird besser besprochen. Unter
den Kritikern findet sich auch die gemäßigtere Stimme des Dresdeners
Friedrich Laun.
1809
Heirat mit Barnime Finck von Finckenstein, der Tochter des Förderers von
Ludwig Tieck Friedrich Ludwig Karl Finck von Finckenstein. Schütz und seine
Frau leben abwechselnd in Berlin und auf den Gütern Kummerow und Madlitz in
der Neumark. Schütz kennt seine Braut seit sechs Jahren, erfüllt allerdings
erst jetzt die Heiratsbedingungen des Grafen. Das Paar bekommt eine
Tochter.
1811
Publikation der Arbeit "Garten der Liebe". Es kommt zum Bruch mit den
Romantikern. Friedrich Schlegel bezichtigt Schütz der Eitelkeit und
Vielschreiberei. Daß er als Landrat gegen die Einschränkung der Feudalrechte
eintritt, verschafft ihm zudem den Ruf des Reformfeindes. Schütz wird vom
Dienst suspendiert. Stein des Anstosses, der zur Entlassung führt ist eine
Denkschrift aus der Feder Ludwig von der Marwitz', die von Schütz mit
unterschrieben ist.
1812
Tod seiner Frau Barnime. Ein mit Fouqué geplantes Zeitschriftenprojekt
kommt nicht zustande. Mit Ludwig Tieck bleibt Schütz auch nach seinem
Rückzug aus der Berliner Gesellschaft freundschaftlich verbunden.
1813
Mit seinen "Liedern für die christlichen Krieger in Deutschland" beteiligt
sich Schütz an der Mode der Befreiungskriegs-Lyrik.
1814
Schütz zieht nach Ziebingen nahe Frankfurt an der Oder, wo er bis 1819
lebt.
1816
Die konservative Gesinnung von Schütz verstärkt sich, seine Beiträge in
Zeitschriften werden reaktionärer. Kontakt mit Adam Müller, der mittlerweile
in sächsischen Diensten steht. Der von Müller herausgegebene
"Staatsanzeiger" druckt 12 Artikel von Schütz. In den Arbeiten verbindet
sich verstärkt konservative Staatsideen mit religiösen Vorstellungen.
1817
Gemeinsam mit Hendrik Steffens fährt Schütz nach Karlsbad. Auf dem Weg
besucht er Goethe in Jena. Die Reise geht weiter über München und Stuttgart
nach Frankfurt am Main. In München Treffen mit Schelling.
1819
Nochmaliger Besuch bei Goethe in Weimar. Besuch in Berlin, wo Schütz mit
Karl August von Varnhagen verkehrt.
Ab 1820
In reger publizistischer Tätigkeit ändert Schütz häugig Stil und Theamtik.
Er verfasst einige an Schillers historischen Dramen angelegte Werke, wie
sein im 30 jährigen Krieg angesiedelter "Graf von Schwarzenbeck" oder "Karl
der Kühne", sowie Gedichte. Zudem schreibt er literarische Rezensionen,
Arbeiten über berühmte Dichter und übersetzt Casanovas Memoiren ins
Deutsche. Von ihm stammen auch einige politische Beiträge, wie die Schriften
"Über Deutschlands Preßgesetze" von 1821 oder die Kommentare über die
Kongresse von Aachen und Troppau. Der Artikel über "Göthe" im Brockhaus von
1822 wird ebenfalls ihm zugeschrieben. Mitarbeit bei den "Jahrbüchern der
Literatur", die in Wien erscheinen.
Schütz lebt anwechselnd in Dresden und in Brandenburg. In Dresden steht er
mit Ludwig Tieck und dessem literarischen Kreis in Kontakt. Schütz
unterstützt Tieck bei der Herausgabe von Kleists "Gesammelten Schriften".
Desweiteren steht er mit Friedrich de la Motte Fouqué, Hendrik Steffens und
Adam Müller in Verbindung, die ein ähnliches konservatives Gesellschaftsbild
propagieren. Mitarbeit bei der rheinischen Zeitschrift "Charis".
Ab 1830
Einige Biographien sprechen davon, daß er sein Amt als Landrat wieder
übernommen hat.
Seine Konversion zum Katholizismus und seine antiprotestantische
Publizistik sprechen allerdings dagegen. Weitere publizistische Aktivitäten,
besonders über historische Themen. Eine 14 teilige "Geschichte der Kriege in
Europa" erscheint zwischen 1833 und 1853 in Berlin. Neben den historischen
Arbeiten widmet sich Schütz vermehrt theolgischen Abhandlungen aber auch
ökonomischen Themen, wie die zeitkritisch interessante Arbeit "Über
Eisenbahnen und Banken" von 1846. Die zahlreichen Essays erscheinen in
katholischen Zeitungen.
1841 bis 1846
Herausgabe der katholischen Zeitschrift "Anticelsus. Deutsche
Vierteljahreszeitschrift für zeitgemäße Apologie des Katholozismus und
Kritik des Protestantismus". Schütz ist Herausgeber, Redakteur und Autor
aller Beiträge der Hefte.
1847
Am 9. August stirbt Schütz 71 jährig in Leipzig.
Christian Wilhelm von Schütz hält sich zwischen dem Ende der neunziger
Jahre des 18. Jahrhunderts bis 1808 häufig in Berlin auf, verkehrt in den
literarischen Kreisen, besonders unter den Romatikern, und prägt das
kulturelle Leben der Stadt mit. Später ändern sich sein publizistischer
Schwerpunkt und seine Themen. Aus dem Autor romatischer Gedichte und
Theaterstücke wird ein theologisch-politischer Publizist.
Christian Wilhelm von Schütz, nicht zu verwechseln mit Friedrich Wilhelm
von Schütz aus Altona bei Hamburg, kann wohl am ehesten einer konservativ,
katholischen, aus der Romantik entstandenen literarischen und
publizistischen Strömung des frühen 19. Jahrhunderts zugeordnet werden. Der
Katholizismus, zu dem er zwar erst 1830 konvertierte, zu dem er sich aber
seit dem Studium in Würzburg hingezogen fühlte, prägt nahezu alle Werke des
Autors. Ab den 20er und 30er Jahren richten sich seine Schriften explizit
gegen den Protestantismus.
Neben seiner antiprotestantischen Haltung waren vor allem seine
literarischen Fähigkeiten Ziel der Kritiker, die sein magelndes sprachliches
Talent teilweise mit Spott und derben Ton bedachten. Allgemein kam Schütz
bei Kritikern und Biographen besonders im 19. Jahrhundert schlecht
weg.
Heute ist Schütz vor allem als einer der ersten Kleistrezipienten bekannt,
der Ludwig Tieck Handschriften des Dichters zur Veröffentlichung übergibt.
Als Autor ist Schütz dagegen fast vergessenen. Die wechselnden Inhalte und
seltsame Themenvielfalt (Katholizismusapologie und Casanovaübersetzung)
erschweren eine Einordnung. Den Zugang erleichtert ein Faksimiledruck der
"Frühen Stücke" von 1984 und die quellenreiche Biographie von Helmut
Sembdner, 1974 in Berlin erschienen.
Sembdner schreibt darin im Vorwort über Schütz: "Vom jungen Schütz muß
eine starke Faszination ausgegangen sein. So kritisch man gelegentlich seine
Schriftstellerei beurteilte, in der Einschätzung seines uneigennützigen und
liebenswürdigen Charakters sind sich alle Aussagen einig. Für Tieck, mit dem
er nach Solgers Zeugnis 'ein sehr vertrautes poetisches Leben' führte,
scheint er fast die Stelle des verstorbenen Freundes Novalis eingenommen zu
haben. Mit Karl Ferdinand Solger lebte Schütz zeitweise 'fast brüderlich'
zusammen, und Solger schreibt: 'Schütz habe ich ganz außerordentlich lieb,
wegen der Reinheit und Unschuld seines Gemühts'. Friedrich Schlegel rühmte
seine 'immer gleiche Empfänglichkeit für alles Große und Schöne: Ich liebe
ihn persönlich sehr'. Schelling fürchtete, ihn durch allzu herbe Kritik zu
verletzen, und er gesteht August Wilhelm Schlegel: 'Sie wissen, daß ich den
Verfasser des Lacrimas sehr liebe'. Goethe nennt ihn den 'mehrjährigen
geprüften Freund'. Adam Müller rechnet ihn zu seinen 'edlen und erfahrenen
Freunden'. Hendrik Steffens schreibt in seinen Erinnerungen von dem
'freundschaftlichen fröhlichen und heiteren Zusammenleben' mit dem geistig
gebildeten und interessanten Mann: 'Ich habe diesen treuen Freund herzlich
lieb gewonnen'. Selbst der Spötter Clemens Brentano bezeichnet ihn als einen
guten Menschen von seltenem, fast altfränkischem Enthusiasmus für Poesie und
beteuert: 'Ich habe ihn sehr lieb gewonnen'". (Sembdner 1974, S. 11).
Verwendete Literatur:
Sembdner, Helmut: Schütz Lacrimas. das Leben des Romantikerfreudes,
Poeten und Literaturkritikers Wilhelm von Schütz (1776-1847). Berlin:
Schmidt 1974 (=Jahresgabe der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft
1971/72)
SH
Schütz besuchte das Friedrich Werdersche Gymnasium, wo er den drei Jahre
älteren Ludwig Tieck kennenlernte. Schon hier versuchte sich Schütz am
Verfassen literarischer Texte. Er schrieb einige Theaterstücke bis
schließlich August Wilhelm Schlegel auf ihn aufmerksam wurde. Er steckte
große Hoffnungen in S. und nahm einige Romanzen, sowie den "Lacrimas" von S.
in den von ihm herausgegebenen Almanach auf. Im Kreis der Berliner
Romantiker hatte sich S. einen Namen verschafft. Unter starkem Einfluß von
Schiller schrieb er ein antikisierendes, in sechfüßigen Jamben abgefaßtes
Drama. Seine "Niobe" sollte gewissermaßen das Gegenstück zu Schillers "Braut
von Messina" werden. Bei diesem Versuch offenbarte sich wohl die
"dichterische Impotenz" (ADB) von Schütz und auch seine
Romantikerfreunde nahmen Abstand von ihm. Die Kluft zwischen ihnen wurde
noch größer, als Schütz 1808 die "Romantischen Wälder" und 1811 den "Garten
der Liebe" herausgab. Schlegel mokierte sich über die Eitelkeit von Schütz,
sowie über seinen schwer lesbaren Stil und die zu offensichtlichen Anleihen
bei Cervantes und Boccaccio. Trotz dieser Auseinandersetzungen blieb Schütz
mit Fichte, Bernhardi, Varnhagen und Chamisso eng verbunden. In der
Folgezeit widmete er sich verstärkt seiner journalistischen Laufbahn. Als
"Vielschreiber" tituliert verfaßte er viele Essays zu historischen,
literaturtheoretischen und sogar naturwissenschaftlichen Themen. Hier
prägten besonders Friedrich Schlegel und Adam Müller seine Interessen. Im
Zusammenhang mit den naturwissenschaftlichen Studien über Hopfenkrankheiten
und anderen Detailuntersuchungen kam er auch mit Goethe in Kontakt.
Politisch ist Schütz schwer einzuordnen. Als Anhänger der Romantik vertrat
er eine eher konservative politische Linie und war gegen die Reformen in
Preußen. Allerdings kritisierte er in einigen Essays auch die Censurgesetze
in der Zeit nach der Niederlage Napoleons. In 1840er Jahren engagierte er
sich als Anhänger des Katholizismus, zu dem er 1814, ganz im Trend der Zeit
liegend, übergetreten war. Er edierte die Zeitschrift "Anticelsus", eine
Apologie der Katholizismus, die starke Kritik am preußischen Protestantismus
übte. Schütz lebte abwechselnd in Berlin, Leipzig und Dresden, sowie auf
seinem Gut bei Frankfurt a. O. Bedeutung erlangte er durch die Bearbeitung
der Memoiren des Giacomo Casanova. Den italienischen Autor machte er mit der
Herausgabe von 12 Bänden Memoiren in Deutschland bekannt. Zudem war Schütz
einer der ersten Rezipienten von Heinrich v. Kleist nach dessen Tod.