1781
Louis Adélaïde Chamisso wird als sechstes von sieben Kindern auf Schloß
Bancourt in der Champagne in Frankreich als Sohn des französischen Offiziers
und Ritter v. St. Louis, Louis Marie de Chamissot (1738-1806) und dessen Frau
Marie Anne née Gargam (1751-1806) geboren. Die Angaben über das genaue
Geburtsdatum schwanken zwischen dem 27. und 30. Januar. Die Taufe findet am 31.
Januar statt.
1784
Geburt des Bruders Charles Marc Eugène.
1790
Nach der Französischen Revolution kommt es zur Übersiedelung der Familie vom
väterlichen Schloß zunächst nach Chalons-sur-Marne.
1792
Im Mai Flucht nach Belgien und Holland; hier werden in den folgenden
Jahren Lüttich und Haag Aufenthaltsorte, bevor es zu Übersiedelung nach
Trier kommt.
1793
Es entstehen erste Gedichte.
1795
Die Familie zieht mehrfach um. Weitere Stationen sind Düsseldorf, Würzburg und
Bayreuth: „Von Stadt zu Stadt, von Land zu Land irrend“, so Chamisso später,
„ohne Bindungen, ohne Vaterland, fast ohne Hoffnung, die Stütze der Elenden,
habe ich das Unglück kennengelernt; kaum war es mir vergönnt, den Erzeugern
meiner Tage nützlich zu sein. An ihr Schicksal gebunden und ihren Schritten
folgend, habe ich Brabant, Holland, das Reich durchmessen; überall bot sich ein
Bild des Unglücks meinen Augen; überall fand ich Landsleute von allerhöchstem
Rang ins Elend gestürzt (...)“ (Vortrag zum Herbstexamen des Französischen
Gymnasiums, zitiert nach Feudel 1980, S. 9).
1796
Chamisso siedelt mit der Familie im Mai nach Berlin über, wo sein Bruder Jean
Baptiste Marie, genannt Prudent, seit 1795 eine Lehrstelle bei der Familie
Dutitre inne hat. Die Brüder Hippolyte
und Charles Louis erwerben sich als Miniaturmaler Achtung und werden im
folgenden Jahr zu Mitgliedern der Akademie der Künste ernannt. Die Familie genießt Ansehen: „Frau von
Chamisso war sehr geachtet“, erinnert sich die Schriftstellerin Helmina von
Chézy, „ausgezeichnet durch Geist und liebenswürdige Eigenschaften (...)“
(Unvergessenes 1858, S. 175). Chamisso
beginnt wie seine Brüder eine Ausbildung als Miniaturmaler und ist im April zunächst
als Lehrling in der Königlichen Porzellanmanufaktur tätig, erhält jedoch noch
im Mai desselben Jahres eine Anstellung als Page der Königin Friederike Luise,
die ihm in den folgenden beiden Jahren den Besuch des Französischen Gymnasiums
ermöglicht. Zu seinen Lehrern gehören der Direktor Jean Pierre Erman, dessen
Bruder Paul Ermann sowie der spätere preußische Minister Ancillon.
1798
Im März tritt Chamisso als Fähnrich in das Infanterieregiment Prinz von Oranien
(von Götze), der Berliner Stadtgarnison, ein. Seine Freizeit nützt er für
autodidaktische Studien und zur Lektüre.
1799
„Ich lese jetzt Rousseau, und unter der Feder eines Meisters
finde ich mit Sachkenntnis ausgedrückt, was ich tausendmal selbst gefühlt“, so
Chamisso an seine Brüder (zitiert nach Feudel 1980, S. 15).
1801
Am 29. Januar Beförderung zum Secondleutnant. Während Chamisso und dessen
jüngerer Bruder Eugène zunächst in
Berlin bleiben, kehren die Eltern nach Frankreich zurück.
1802
Chamisso begleitet den schwer erkrankten Eugène nach Frankreich, der im Haus der Eltern kurze Zeit später stirbt. Chamisso kehrt entgegen des elterlichen Willens nach Berlin zurück. Hier ist der Dienstort des Leutnants Chamisso die Wache am Brandenburger Tor.
Mit großem Engagement bemüht er sich um die Verbesserung
seiner deutschen Sprachkenntnisse, übersetzt das französische Trauerspiel Le Comte de
Comminge ou les Amants malheureux von François de Baculard d’Arnaud.
1803
Beginnende Tätigkeit als Schriftsteller und Dichter, ein erstes Versdrama Faust. Eine
Tragödie in einem Akt. Ein Versuch entsteht. Freundschaft mit Julius
Eduard Hitzig, Karl August von Varnhagen, David Ferdinand Koreff, Wilhelm
Neumann, Fouqué. Arbeit am ersten Musenalmanach auf das Jahr 1804, der im Herbst
erscheint. Es folgt die Eindeutschung des französischen Namens Louis Adélaïde
Chamisso.
1804
Mit der Veröffentlichung des Musenalmanach auf das Jahr 1804 etabliert
sich Chamisso. Er wird den Musenalmanach gemeinsam mit Karl August Varnhagen
von Ense bis 1806 herausgeben. Mit Varnhagen von Ense, Fouqué, David Ferdinand
Koreff, Georg Andreas Reimer und Heinrich Julius Klaproth erfolgt, angeregt
durch Vorlesungen August Wilhelm Schlegels, 1803/1804 die Gründung des
"Nordsternbundes".
1805
Chamissos Regiment erhält im August den Marschbefehl nach Hessen.
1806
Gefangenschaft bei der kampflosen Übergabe der Festung Hameln am 21. November,
die seit März Quartier des Infanterieregiments von Götze war. Chamisso wird
nach Frankreich entlassen. Es entstehen die Erzählung Adelberts Fabel und das
Versdrama Fortunati.
Glücksäckel und Wunschhütlein, das Fragment bleibt. Nach dem Rückzug
aus dem Militärdienst unstetes Herumreisen in Frankreich, Deutschland und der
Schweiz. Im Dezember Besuch seiner Geschwister in Paris, Chamisso erhält die
Nachricht vom Tod der Eltern.
1807
Adelbert von Chamisso verbringt den Sommer bei den Geschwistern in Paris,
Vertus und Troyes. Über Hamburg Rückkehr nach Berlin. Im Herbst gemeinsam mit
Karl August Varnhagen von Ense Reise nach Hamburg, gemeinsame Ausflüge mit der
Familie Hertz.
Neben gelegentlichen Anstellungen als Privatlehrer
beschäftigt er sich mit romanischen Sprachen, lernt Latein, Spanisch und
Italienisch. Chamisso verkehrt während der in Berlin verbrachten Jahre in
zahlreichen Salons der Stadt, so bei Caroline und Wilhelmine Bardua sowie Philippine Cohen, bei Amalie von
Helvig, Henriette Herz und Elise Freifrau von Hohenhausen (d. Ä.), bei Clara
Kugler und Hedwig von Olfers, im Haus des Buchhändlers Sander, bei Elisabeth
von Staegemann und Rahel Varnhagen.
1808
Offizielle Bestätigung seiner Entlassung aus dem preußischem Militärdienst.
1810
Chamisso reist nach Frankreich, um eine Stelle als
Griechischlehrer in der Bretagne anzutreten, die jedoch, wie er in Paris
erfährt, gestrichen wurde. In Paris trifft er auf Varnhagen und Koreff, er
lernt Alexander von Humboldt und Ludwig Uhland kennen und übersetzt gemeinsam
mit Helmina von Chézy, die er bereits in den späten 90er Jahren in Berlin
kennenlernte und die nun eine intime Freundin wird, die Wiener Vorlesungen
August Wilhelm von Schlegels ins Französische. Chamisso verkehrt im Kreis um
Germaine de Staël, der er 1811 nach Coppet folgt, während des mehrmonatigen
Aufenthalts fasst er den Entschluss, in Berlin ein naturwissenschaftliches
Studium aufzunehmen.
1812
Nach einer Fußreise über die Alpen und seiner Rückkehr nach Berlin erfolgt am 17.
Oktober die Immatrikulation an der medizinischen Fakultät der Berliner
Universität. Studium der Anatomie, Botanik, Mineralogie und Zoologie. Ausflüge
in das Berliner Umland dienen dem Sammeln von Pflanzen. „Überall war Chamisso
voran, der Erste, der Eifrigste, von kräftigem Körper und fester Ausdauer“, so
später der Freund Dietrich von Schlechtendahl. „Eine alte schwarze Kurtka, oder
eine nicht minder alte verschossene und fleckige Sommerkleidung, bestehend aus
runder Jacke und langen Beinkleidern (...) eine schwarze Mütze von Sammet oder
Tuch auf dem lockigen Haupte, eine mächtige grüne Kapsel, an ledernem Riemen
umgehängt, eine kurze Pfeife im Munde, ein schmuckloser Tabaksbeutel irgendwo
angehängt, einige Lebensmittel aus den kleinen Seitentaschen der Jacke
hervorschielend, das war der Aufzug, in welchem er auszog, und abends, durch
Schweiß und Staub nicht verschönert, oft noch ein kräutergefülltes Taschentuch
in der Hand, den geputzten Scharen der Berliner Sonntagswelt entgegentrat
(...)“ (zitiert nach Schlechtendal 1839, S. 95).
1813
Unterbrechung des Studiums. Um den Wirren der Befreiungskriege zu entgehen, zieht
sich Chamisso von Mai bis Oktober auf das Landgut der Familie
Itzenplitz-Friedland in Kunersdorf im Oderbruch zurück. Hier entsteht die
Erzählung Peter
Schlemihls wundersame Geschichte, die im Herbst 1814 von Fouqué
veröffentlicht wird. Chamisso, der nach seiner Rückkehr nach Berlin in das Haus
Hitzigs zieht, nimmt erneut seine naturwissenschaftlichen Studien auf.
1814
Vermittelt durch Hitzig lernt er E.T.A. Hoffmann kennen. Gemeinsam
mit diesen, Karl Wilhelm Salice-Contessa und Fouque werden „serapiontische
Abende“ verbracht. Chamisso richtet ein eigenes Herbarium ein.
1815-1818
Mitte Juli verlässt Chamisso Berlin und tritt auf Vermittlung Hitzigs eine Weltreise
mit der Romanzowschen Expedition unter Kapitän Otto von Kotzebue auf dem Schiff
"Rurik" an. Die Fahrt, in deren Verlauf sich Chamisso mit dem
Zoologen Johann Friedrich Eschscholtz und dem Maler Ludwig Choris anfreundet, angetreten
am 17. August, führt von Kopenhagen über Plymouth nach Teneriffa, von dort über
den Atlantik nach Brasilien, wo die Expeditionsteilnehmer im Dezember 1815
ankommen.
1816
Im Januar 1816 erfolgt die Umschiffung Kap Horns, nach einem Aufenthalt in Chile über den Pazifik die Weiterfahrt nach Hawai und den Philippinen. Am 25. Februar 1816 schreibt Chamisso aus Chile seinem Freund Hitzig: „Berlin ist mir durch Dich die Vaterstadt und der Nabelort meiner Welt, von dem aus ich zu meinem Circelgange ausgegangen (...)“ (zitiert nach Mühleisen 2001, S. 9).
Es erfolgen zwei weitere Nordfahrten, jeweils im Juli 1816 und 1817.
1817
Die Rückreise führt Chamisso und die "Rurik" 1817 über Hawaii bis zu den Philippinen.
1818
Von Februar bis Juli 1818 verläuft die Route über Kapstadt, St. Helena, Portsmouth zum Ausgangspunkt der Reise nach Kopenhagen. Im September Weiterreise nach St. Petersburg. Am 31. Oktober kehrt Chamisso nach Berlin zurück. Die literarische Auswertung der Reise nimmt die folgenden 17 Jahre in Anspruch.
Am 4. November immatrikuliert sich Chamisso erneut an der Berliner Universität. Beginnende Freundschaft mit dem ebenfalls mit Schlechtendal befreundeten Zoologen und Mikrobiologen Christian Gottfried Ehrenberg.
Mitglied der "Philomatischen Gesellschaft".
1819
Am 20. März Ernennung zum Ehrendoktor der Berliner Universität. Zudem wird
Chamisso Mitglied der "Gesellschaft naturforschender Freunde" in
Berlin. Es folgt eine Anstellung als erster Assistent im Botanischen Garten und
als zweiter Kustos am Königlichen Hebrarium. Am 25. September Eheschließung mit
Antonie Piaste, einer Pflegetochter Julius Eduard Hitzigs.
Niederschrift eines volkstümlichen botanischen Lehrbuchs. Literarische
Tätigkeit: Botanische Schriften, Reisebeschreibungen, erste politische Gedichte.
1820
Geburt des ersten Sohnes Ernst Ludwig Deodatus am 14. September. Die Familie wohnt zunächst in Chamissos Dienstwohnung in der Nähe des in Schöneberg gelegenen Botanischen Gartens.
1821
Chamisso veröffentlicht mehrere wissenschaftliche Arbeiten, darunter Bemerkungen und Ansichten: die umfangreichen Auswertungen seiner Forschungsreise erscheinen als dritter Band von Otto von Kotzebues Entdeckungsreise in die Südsee (...).
Im September Verhältnis mit Marianne Hertz geb. von Halle
(1792-1844), verheiratet mit dem Hamburger Drogenhändler, Mineralogen und
Botaniker Joseph Jacob Hertz (1788-1867), der als getaufter Jude 1828 in Berlin
die „Rothe Apotheke“ übernehmen wird (Hertz 1970).
1822
Im Mai Geburt des Sohnes Max, am 26. Juni in Hamburg Geburt des unehelichen Sohnes Wilhelm Ludwig Hertz, späterer Verleger Fontanes (Hertz 1970, S. 270).
Chamissos Gartenhaus in Schöneberg brennt Anfang Juli ab,
zunächst Umzug in die Lindenstrasse beim Spittelmarkt.
1823
Umzug der Familie in die Friedrichstrasse 235, in dem kleinen Haus mit
Gartenhaus wird Chamisso bis zu seinem Lebensende wohnen. Im Juni wissenschaftliche
Reise nach Greifswald und Rügen. Dort untersucht Chamisso die Torfmoore. Er
lernt den Dichter Hoffmann von Fallersleben kennen.
1824
Chamisso wird Mitglied in der von Hitzig gegründeten Mittwochsgesellschaft, in
der er literarische Anregung erhält. Es entstehen Balladen.
1825
Uraufführung des Lustspiels Die Wunderkur. Reise nach Paris, wo Chamisso
finanzielle Ansprüche auf das "Reparationsgesetz" geltend macht. Als
Entschädigungssumme für die Enteignung des Familiengutes und die Emigrierung
erhält er ca. 90.000 Franc. In Paris nimmt er am gesellschaftlichen Leben und
an Demonstrationen der liberalen Opposition teil. Die Hinwendung zum
Politischen schlägt sich auch nach seiner Rückkehr nach Berlin in einigen
Schriften nieder.
1826
Im Januar Rückkehr nach Berlin.
1827
Im Juni Geburt der Tochter Adélaide; einen Monat zuvor erscheint die zweite Auflage des Schlemihl, im Anhang finden sich sozialkritische Gedichte.
1828
Chamissos Aufsatz Über Zensur und Preßfreiheit wird veröffentlicht.
1829
Im März Geburt der Tochter Johanna.
1830
Chamisso unternimmt im September eine Reise nach Hamburg (Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte); hier trifft er Heinrich Heine. Ende des Jahres Geburt des Sohnes Adolph.
1831
Bei Weidmann in Leipzig erscheint Ostern die erste Gesamtausgabe der Gedichte Chamissos, die begeistert aufgenommen wird und bis 1861 siebzehn Auflagen erfährt.
1832
Gemeinsam mit Gustav Schwab Beginn der Redaktion am Deutschen Musenalmanach, den er bis zu seinem Tod herausgibt. Im Oktober Geburt des Sohnes Hermann.
1833
Chamisso wird als Nachfolger des nach Halle berufenen
Schlechtendal erster Kustos am Königlichen Hebrarium.
1835
Im Januar Geburt des Sohnes Adelbert. Am 28. Juli erfolgt auf Vorschlag Alexander von Humboldts die Aufnahme in die Akademie der
Wissenschaften als „Dichter, Botaniker und Sprachforscher“. Dort Arbeiten zur
hawaiischen Sprache, insbesondere der Grammatik. Wissenschaftliche Spezialgebiete: Entdeckung des
Generationswechsels, Taxonomie, Anlage von Herbarien, Botanische Lehrbücher.
1836
Streitigkeiten in der Redaktion des Deutschen Musenalmanach über die geplante Aufnahme
eines Heinebildes.
1837
Am 21. Mai Tod seiner Frau Antonie.
1838
Am 8. August wird Chamissos Bitte um Versetzung in den Ruhestand stattgegeben.
Wenige Tage später, am 21. August stirbt er in Berlin und wird auf dem Friedhof
der Jerusalems- und Neuen Kirchgemeinde vor dem Halleschen Tor beerdigt.
SP / AM
Person: Ludolf Adelbert Chamisso, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/941.
Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/941