(Ernst Friedrich) Ludwig Robert

Lebensdaten

Namensformen

Namensvarianten:
Liepmann, Louis
Namensänderung:
Nachname: Robertornow Datum: 1812

Genealogie

Genealogie:
Vater: Löb Levin-Marcus (1723-1790), Münzkommissär, Bankier Mutter: Chaie bzw. Chaim (gest. 1809), geboreneTobias

Biographie

Lebenslauf:

1778
Ludwig Robert wird als Markus (andere Quellen: Lipman) Levin als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Seine Schwester ist die sieben Jahre ältere Rahel Levin.

Besuch des Französischen Gymnasiums in Berlin.

1794-1796
In Breslau und Hamburg macht Robert eine Kaufmannslehre, bricht diese jedoch vor dem Abschluß ab.

Ab 1804
Robert veröffentlicht seine ersten Gedichte in dem von Adelbert von Chamisso und Karl August Varnhagen herausgegebenen "Musenalmanach auf das Jahr 1804".
Er dichtet Sonette und Romanzen. Zudem verkehrt er in den gesellschaftlichen Kreisen der preußischen Hauptstadt, vor allem als Gast im Salon seiner Schwester Rahel. Obwohl der romantischen Dichtung in Form und Inhalt zugetan, tritt er häufig als deren Kritiker auf. So trägt er z.B. Satiren auf die Werke der Schlegels vor.
Robert beginnt er ein Studium in Halle, das er nach kurzer Zeit wieder aufgibt. Varnhagen von Ense berichtet in seinen Denkwürdigkeiten: "Nachdem Robert einen Theil von Deutschland gesehen, und auch in Wien einen längeren Aufenthalt gemacht, besuchte er die Universität Halle, wo er jedoch den Vorlesungen wenig Geschmack abgewann, sondern meißt eigene Studien und edlem Freundesumgange lebte" (Varnhagen 1837, S. 329).
Es folgen Reisen nach Paris und Amsterdam.

1806

Während der preußischen Niederlage gegen Napoleon hält sich Robert in Paris auf. Kurz darauf erfolgt die Rückkehr nach Berlin. Robert wechselt ins Fach des Theaterautoren. Ein erster Erfolg stellt sich mit der Zauberoper "Die Sylphen" ein. Die Musik komponiert Heinrich Himmel. Nach der Aufführung sieht sich Robert mit antijüdischen Ressentiments konfrontiert.

1811
Das Drama "Die Tochter Jephtas", eine biblische Geschichte, die Robert als historische Folie für das aktuelle Zeitgeschehen benutzt, wird in Weimar inszeniert. Goethe führt Regie. Robert beschäftigt sich intensiv mit der Philosophie Fichtes, den er in Berlin kennen lernt.

1813/14
Robert stellt sich in den diplomatischen Dienst eines russischen Gesandten am württembergischen Hof in Stuttgart. An den Befreiungskriegen nimmt er nicht teil, wenngleich einige patriotische Gedichte von ihm erscheinen. Varnhagen von Ense schildert die Begebenheiten wie folgt: Die fruchtbare Thätigkeit seines philosophischen und dichterischen Geistes wurde durch die Kriegsbewegungen des Jahres 1812 unterbrochen. (...). Im Frühjahr 1813, als Preußen sich gegen den Feind erhob, war auch Robert für die Sache des Vaterlandes begeistert, und verbreitete, noch unter des Feindes Herrschaft, und nicht ohne Gefahr, einen kräftigen Aufruf zum Kampfe. Er selbst hatte früher ritterliche Übungen sehr geliebt, als Fechter und Turner große Geschicklichkeit gezeigt; in jüngeren Jahren würde der Kriegsdienst ihm eine willkommene Laufbahn gewesen sein. Jetzt, nicht jung genug, um unter den Freiwilligen Jägern zu dienen, getrennt von den Freunden, bei welchen er eine ihm gemäße Stellung hätte finden können, krank und mißmuthig im Gefühl persönlichen Zurückstehens, mußte er sich der Verknüpfung ungünstiger Umstände fügen, und einen anderen Ausweg wählen, seine Gesinnung und seinen Eifer zu bethätigen. Er benutzte das Anerbieten des russischen Gesandten Graf Golossin, der bei seiner Mission in Stuttgart ihm eine diplomatische Thätigkeit eröffnete, welche für die gemeinsame Sache auf diesem Punkte so wichtig als ersprießlich sein mußte". (Varnhagen 1837, S. 330 ff.).
Die "ungünstigen Umstände", die Robert an der aktiven Teilnahme an den Befreiungskriegen hindern, stehen mit seiner Religionszugehörigkeit in engem Zusammenhang. Er selbst schreibt über die Ereignisse an seine Schwester am 18. April 1815: "Von Frankr: und Nap: befürchte ich nichts; denn beiden ist das Zeitalter- der Zeitgeist meine ich- über den Kopf gewachsen; obgleich sie es nicht ahnen und ihn zu lenken glauben. (...).
Über seine militärische Teilnahme als Jude heißt es kritisch: "Das kann man nicht, wenn man mit einem Mal qua 35 jahr lang verbothen war Muth zu haben- ich meine diesen Muth- Einen Andern habe ich (...). Ich würde, um einen bequemen Zweck zu erreichen, Bequemlichkeit und Ruhe geben, für etwas der Menschheit Heilbringendes eine Amputation erdulden; ja wahrhaftig das lumpige Bischen Leben hingeben- Aber der Zahn eines Rades einer gewaltsamen Todes- und Sterbemaschine zu seyn- in Reihe und Glied zu leiden und zu fallen- der Gedanke ist mir mein ganzes Leben lang so wenig in den Sinn gekommen, (...). ...zum Soldaten bekommt er (der Staat, Anm. d. Verf.) mich drei Jähriges Kind, denn so lange ist es her, daß ich sein Bürger bin, nicht". (Ludwig 2001, S. 129 ff.).
Der letzte Satz bezieht sich auf das Edikt zur Verbesserung der Rechte der Juden von 1812. Roberts Patriotismus ist reflektiert und dicht an eine gesellschaftspolitische Entwicklung geknüpft. Karl August Varnhagens biographischer Essay geht hier nicht weit genug. Gegen eine allzu nationale Anteilnahme an den Befreiungskriegen sprechen auch seine guten Verbindungen zur französischen Intelligenz. Robert steht mit Benjamin Constant und Victor Cousin in Kontakt, er übersetzt französische Klassiker wie Racine ins Deutsche und überträgt deutsche Theaterstücke in Französische.
Im Folgenden lebt Robert in Breslau und Stuttgart. Von hier unternimmt er Reisen nach Karlsruhe, Paris und Dresden.

1818
Robert lernt seine zukünftige Frau Frederike Primavesi, geborene Braun, kennen. Nach Varnhagen ist sie "ausgezeichnet durch bewunderungswürdige Schönheit, so wie durch seltene Vorzüge des Herzens und einnehmende Geistesgaben. Robert hatte früher nie an Heirat gedacht; jetzt war sein Entschluß, als er seine Neigung erwiedert fand, unwiderruflich entscheiden", (Varnhagen 1837, S. 333).
Frederike wurde 1795 als Tochter eines Präzeptors in Böblingen in Schwaben geboren. Ihre erste Ehe mit dem italienischen Schmuckhändler Primavesi war geschieden. Ebenso wie ihr neuer Ehemann gehört sie zu den Gästen des Rahelschen Salons. Die Dichter Heinrich Heine  Karl v. Holtei widmeten ihr viele Gedichte, in denen sie ihre Schönheit und Intelligenz rühmten. Einige Maler fertigten Gemälde von ihr an.

1819
Robert konvertiert zum Christentum, hier zur evangelischen Kirche. Gemeinsam mit Frederike lebt Robert in Dresden, wo er mit Ludwig Tieck in engeren Kontakt tritt.
"Die Macht der Verhältnisse", Roberts bekanntestes Theaterstück, erscheint in Stuttgart bei dem Verleger Cotta. Im Zentrum der Handlung steht der Konflikt zwischen dem Bürger Weiß und dem Adligen Falkenau, der sich einer Duellforderung des Bürgers aufgrund standesbedingt unmöglicher Satisfaktionsfähigkeit entziehen will. Die Gesellschaftskritik basiert auf einem realen Konflikt, in den Achim von Arnim verwickelt war. Allerdings ging es hierbei um den Unterschied zwischen Juden und "Deutschen": Arnim hatte Moritz Itzig, einen Bekannten Roberts beleidigt, die Duellforderung Itzigs aber abgewiesen. Robert überträgt diesen stadtbekannten Vorfall literarisch auf den Konflikt zwischen Bürgertum und Adel. Mit dem Stück weist er darüber hinaus auf die Schwierigkeit der jüdischen Emanzipation und die sich verstärkende Feindseligkeit gegenüber den Juden in Deutschland hin.
Im August wird Robert Zeuge einiger judenfeindlicher Ausschreitungen in Karlsruhe. An Rahel schreibt er am 22. des Monats: "Wie verderbt die Menschen aber sind und wie wenig Sinn für recht und Gesetz, ich will nicht sagen für Menschenliebe haben, das sieht man daraus, daß sich über alle diese Vorfälle gar keine Indignation ausspricht, nicht einmal in den öffentlichen Blättern". (Varhagen 1983, S.582).

1819-1824

Frederike, die ebenfalls dichtet, gibt vier Bände des Lyrik- Almanachs "Rheinblüten" im Verlag ihres Bruders heraus. Ihre Gedichte schreibt sie zum Teil in schwäbischem Dialekt. Felix Mendelssohn Bartholdy und Fanny Hensel sorgen später für die Vertonung.

Ab 1822
Hochzeit mit Frederike. Das Paar unternimmt eine Reise nach Frankreich. Robert veröffentlicht kleinere Arbeiten, einige Theaterstücke kommen zur Aufführung. Zudem arbeitet er als Journalist und Kritiker für verschiedene Zeitungen. Als Journalist bemüht sich Robert in Rezensionen darum, Kleists Stück "Der Prinz von Homburg" populär zu machen. Im "Morgenblatt" erscheint im Januar 1823 ein dreiteiliger Artikel über das Drama, in dem der Autor für die Aufführung plädiert. Eine Bearbeitung des Stücks durch Robert für das Berliner Theater wird von Tieck, dem Herausgeber der "Hinterlassenen Schriften" Kleists nicht publiziert.

1827
Rückkehr nach Berlin. Hier gründet Robert den "Verein Berliner Bühnendichter".

1831
Aus Angst vor einer Choleraepidemie zieht das Paar nach Baden-Baden.

1832
Robert inszeniert in Baden-Baden einen Festakt zum Gedenken an Goethes Tod. Kurz darauf, am 5. Juli, erliegt Robert einer Typhuserkrankung. Frederike stirbt am 13. August an derselben Krankheit.
Karl August Varnhagen führt in seinem biographischen Essay einen Nachruf auf Robert an, den Wilhelm Häring  im "Freymüthigen" veröffentlicht: "Robert gehörte zu den außerordentlichen deutschen Dichtern, welche nicht jede Zeile, die sie schreiben, für den Druck bestimmen. Er dichtete für sich; viele Satiren, Xenien, ganze Parodien, lagen in seinem Pulte, die er nur vertrauten Freuden dann und wann mittheilte. es gehörte zu seiner innern genugthuung, sich gelegentlich so Luft zu machen; dann aber wurde es verschlossen, um niemand zu beleidigen".
Auch in Frankreich wird das Ableben Roberts bedauert. Sein Freund Eduard de la Grange schreibt in der "Revue des Deux-Mondes": "Je lui avais fait live "Stello"; il fut saisi d'un tel enthousiasme pour le talent original, et la verve creatice de ce livre si profondément pensé et anime de couleurs si vives, que, malgré sa repugnance habituell pour les traductions; il avait entrepris de la faire passer dans la langue allemande, croyant ne pouvoir plus richement doter la littératur de sons pays qu'en y naturalisant untel ouvrage". (Varnhagen 1837, S. 341 ff.)

Verwendete Literatur:
Robert, Ludwig und Varnhagen, Rahel: Briefwechsel mit Ludwig Robert/ Rahel Lewin
 Varnhagen
. Hrsg. von Consolina Vigliero. München: Beck 2001

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1.
 Mannheim: Hoff 1837

Varnhagen, Rahel: Briefe, Tagebücher aus versteuten Quellen. Hrsg. von Konrad
 Feilchenfeldt. München: Matthes & Seitz 1983. (=Rahel Varnhagen: Gesammelte Werke.
 Hrsg. von Konrad Feilchenfeldt, Uwe Schweikert und Rahel E. Steiner. Band IX)


SH

Werke/Literatur

Register

Fachregister:
  • Literatur
  • Deutsche Sprache und Literatur

Person: (Ernst Friedrich) Ludwig Robert, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/636.

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