1778
Ludwig Robert wird als Markus (andere Quellen: Lipman) Levin als Sohn eines
jüdischen Kaufmanns geboren. Seine Schwester ist die sieben Jahre ältere Rahel
Levin.
Besuch des Französischen Gymnasiums in Berlin.
1794-1796
In Breslau und Hamburg macht Robert eine Kaufmannslehre, bricht diese jedoch
vor dem Abschluß ab.
Ab 1804
Robert veröffentlicht seine ersten Gedichte in dem von Adelbert von Chamisso
und Karl August Varnhagen herausgegebenen "Musenalmanach auf das Jahr
1804".
Er dichtet Sonette und Romanzen. Zudem verkehrt er in den gesellschaftlichen
Kreisen der preußischen Hauptstadt, vor allem als Gast im Salon seiner
Schwester Rahel. Obwohl der romantischen Dichtung in Form und Inhalt zugetan,
tritt er häufig als deren Kritiker auf. So trägt er z.B. Satiren auf die Werke
der Schlegels vor.
Robert beginnt er ein Studium in Halle, das er nach kurzer Zeit wieder aufgibt.
Varnhagen von Ense berichtet in seinen Denkwürdigkeiten: "Nachdem
Robert einen Theil von Deutschland gesehen, und auch in Wien einen längeren
Aufenthalt gemacht, besuchte er die Universität Halle, wo er jedoch den
Vorlesungen wenig Geschmack abgewann, sondern meißt eigene Studien und edlem
Freundesumgange lebte" (Varnhagen 1837, S. 329).
Es folgen Reisen nach Paris und Amsterdam.
1806
Während der preußischen Niederlage gegen Napoleon hält sich Robert in Paris auf.
Kurz darauf erfolgt die Rückkehr nach Berlin. Robert wechselt ins Fach des
Theaterautoren. Ein erster Erfolg stellt sich mit der Zauberoper "Die
Sylphen" ein. Die Musik komponiert Heinrich Himmel. Nach der Aufführung
sieht sich Robert mit antijüdischen Ressentiments konfrontiert.
1811
Das Drama "Die Tochter Jephtas", eine biblische Geschichte, die
Robert als historische Folie für das aktuelle Zeitgeschehen benutzt, wird in
Weimar inszeniert. Goethe führt Regie. Robert beschäftigt sich intensiv mit der
Philosophie Fichtes, den er in Berlin kennen lernt.
1813/14
Robert stellt sich in den diplomatischen Dienst eines russischen Gesandten am
württembergischen Hof in Stuttgart. An den Befreiungskriegen nimmt er nicht
teil, wenngleich einige patriotische Gedichte von ihm erscheinen. Varnhagen von
Ense schildert die Begebenheiten wie folgt: Die fruchtbare Thätigkeit seines
philosophischen und dichterischen Geistes wurde durch die Kriegsbewegungen des
Jahres 1812 unterbrochen. (...). Im Frühjahr 1813, als Preußen sich gegen den
Feind erhob, war auch Robert für die Sache des Vaterlandes begeistert, und
verbreitete, noch unter des Feindes Herrschaft, und nicht ohne Gefahr, einen
kräftigen Aufruf zum Kampfe. Er selbst hatte früher ritterliche Übungen sehr
geliebt, als Fechter und Turner große Geschicklichkeit gezeigt; in jüngeren
Jahren würde der Kriegsdienst ihm eine willkommene Laufbahn gewesen sein.
Jetzt, nicht jung genug, um unter den Freiwilligen Jägern zu dienen, getrennt
von den Freunden, bei welchen er eine ihm gemäße Stellung hätte finden können,
krank und mißmuthig im Gefühl persönlichen Zurückstehens, mußte er sich der
Verknüpfung ungünstiger Umstände fügen, und einen anderen Ausweg wählen, seine
Gesinnung und seinen Eifer zu bethätigen. Er benutzte das Anerbieten des
russischen Gesandten Graf Golossin, der bei seiner Mission in Stuttgart ihm
eine diplomatische Thätigkeit eröffnete, welche für die gemeinsame Sache auf
diesem Punkte so wichtig als ersprießlich sein mußte". (Varnhagen 1837, S.
330 ff.).
Die "ungünstigen Umstände", die Robert an der aktiven Teilnahme
an den Befreiungskriegen hindern, stehen mit seiner Religionszugehörigkeit in
engem Zusammenhang. Er selbst schreibt über die Ereignisse an seine Schwester
am 18. April 1815: "Von Frankr: und Nap: befürchte ich nichts; denn
beiden ist das Zeitalter- der Zeitgeist meine ich- über den Kopf gewachsen;
obgleich sie es nicht ahnen und ihn zu lenken glauben. (...).
Über seine militärische Teilnahme als Jude heißt es kritisch: "Das kann
man nicht, wenn man mit einem Mal qua 35 jahr lang verbothen war Muth zu haben-
ich meine diesen Muth- Einen Andern habe ich (...). Ich würde, um einen
bequemen Zweck zu erreichen, Bequemlichkeit und Ruhe geben, für etwas der
Menschheit Heilbringendes eine Amputation erdulden; ja wahrhaftig das lumpige
Bischen Leben hingeben- Aber der Zahn eines Rades einer gewaltsamen Todes- und
Sterbemaschine zu seyn- in Reihe und Glied zu leiden und zu fallen- der Gedanke
ist mir mein ganzes Leben lang so wenig in den Sinn gekommen, (...). ...zum
Soldaten bekommt er (der Staat, Anm. d. Verf.) mich drei Jähriges Kind,
denn so lange ist es her, daß ich sein Bürger bin, nicht". (Ludwig 2001,
S. 129 ff.).
Der letzte Satz bezieht sich auf das Edikt zur Verbesserung der Rechte der
Juden von 1812. Roberts Patriotismus ist reflektiert und dicht an eine
gesellschaftspolitische Entwicklung geknüpft. Karl August Varnhagens
biographischer Essay geht hier nicht weit genug. Gegen eine allzu nationale
Anteilnahme an den Befreiungskriegen sprechen auch seine guten Verbindungen zur
französischen Intelligenz. Robert steht mit Benjamin Constant und Victor Cousin
in Kontakt, er übersetzt französische Klassiker wie Racine ins Deutsche und
überträgt deutsche Theaterstücke in Französische.
Im Folgenden lebt Robert in Breslau und Stuttgart. Von hier unternimmt er
Reisen nach Karlsruhe, Paris und Dresden.
1818
Robert lernt seine zukünftige Frau Frederike Primavesi, geborene Braun,
kennen. Nach Varnhagen ist sie "ausgezeichnet durch bewunderungswürdige
Schönheit, so wie durch seltene Vorzüge des Herzens und einnehmende
Geistesgaben. Robert hatte früher nie an Heirat gedacht; jetzt war sein
Entschluß, als er seine Neigung erwiedert fand, unwiderruflich
entscheiden", (Varnhagen 1837, S. 333).
Frederike wurde 1795 als Tochter eines Präzeptors in Böblingen in Schwaben
geboren. Ihre erste Ehe mit dem italienischen Schmuckhändler Primavesi war
geschieden. Ebenso wie ihr neuer Ehemann gehört sie zu den Gästen des
Rahelschen Salons. Die Dichter Heinrich Heine Karl v. Holtei widmeten ihr
viele Gedichte, in denen sie ihre Schönheit und Intelligenz rühmten. Einige
Maler fertigten Gemälde von ihr an.
1819
Robert konvertiert zum Christentum, hier zur evangelischen Kirche. Gemeinsam
mit Frederike lebt Robert in Dresden, wo er mit Ludwig Tieck in engeren Kontakt
tritt.
"Die Macht der Verhältnisse", Roberts bekanntestes Theaterstück,
erscheint in Stuttgart bei dem Verleger Cotta. Im Zentrum der Handlung steht
der Konflikt zwischen dem Bürger Weiß und dem Adligen Falkenau, der sich einer
Duellforderung des Bürgers aufgrund standesbedingt unmöglicher Satisfaktionsfähigkeit
entziehen will. Die Gesellschaftskritik basiert auf einem realen Konflikt, in
den Achim von Arnim verwickelt war. Allerdings ging es hierbei um den
Unterschied zwischen Juden und "Deutschen": Arnim hatte Moritz Itzig,
einen Bekannten Roberts beleidigt, die Duellforderung Itzigs aber abgewiesen.
Robert überträgt diesen stadtbekannten Vorfall literarisch auf den Konflikt
zwischen Bürgertum und Adel. Mit dem Stück weist er darüber hinaus auf die
Schwierigkeit der jüdischen Emanzipation und die sich verstärkende
Feindseligkeit gegenüber den Juden in Deutschland hin.
Im August wird Robert Zeuge einiger judenfeindlicher Ausschreitungen in
Karlsruhe. An Rahel schreibt er am 22. des Monats: "Wie verderbt die
Menschen aber sind und wie wenig Sinn für recht und Gesetz, ich will nicht
sagen für Menschenliebe haben, das sieht man daraus, daß sich über alle diese
Vorfälle gar keine Indignation ausspricht, nicht einmal in den öffentlichen
Blättern". (Varhagen 1983, S.582).
1819-1824
Frederike, die ebenfalls dichtet, gibt vier Bände des Lyrik- Almanachs
"Rheinblüten" im Verlag ihres Bruders heraus. Ihre Gedichte schreibt
sie zum Teil in schwäbischem Dialekt. Felix Mendelssohn Bartholdy und Fanny
Hensel sorgen später für die Vertonung.
Ab 1822
Hochzeit mit Frederike. Das Paar unternimmt eine Reise nach Frankreich.
Robert veröffentlicht kleinere Arbeiten, einige Theaterstücke kommen zur
Aufführung. Zudem arbeitet er als Journalist und Kritiker für verschiedene
Zeitungen. Als Journalist bemüht sich Robert in Rezensionen darum, Kleists
Stück "Der Prinz von Homburg" populär zu machen. Im
"Morgenblatt" erscheint im Januar 1823 ein dreiteiliger Artikel über
das Drama, in dem der Autor für die Aufführung plädiert. Eine Bearbeitung des
Stücks durch Robert für das Berliner Theater wird von Tieck, dem Herausgeber
der "Hinterlassenen Schriften" Kleists nicht publiziert.
1827
Rückkehr nach Berlin. Hier gründet Robert den "Verein Berliner
Bühnendichter".
1831
Aus Angst vor einer Choleraepidemie zieht das Paar nach Baden-Baden.
1832
Robert inszeniert in Baden-Baden einen Festakt zum Gedenken an Goethes Tod.
Kurz darauf, am 5. Juli, erliegt Robert einer Typhuserkrankung. Frederike
stirbt am 13. August an derselben Krankheit.
Karl August Varnhagen führt in seinem biographischen Essay einen Nachruf auf
Robert an, den Wilhelm Häring im "Freymüthigen" veröffentlicht:
"Robert gehörte zu den außerordentlichen deutschen Dichtern, welche
nicht jede Zeile, die sie schreiben, für den Druck bestimmen. Er dichtete für
sich; viele Satiren, Xenien, ganze Parodien, lagen in seinem Pulte, die er nur
vertrauten Freuden dann und wann mittheilte. es gehörte zu seiner innern
genugthuung, sich gelegentlich so Luft zu machen; dann aber wurde es
verschlossen, um niemand zu beleidigen". Auch in
Frankreich wird das Ableben Roberts bedauert. Sein Freund Eduard de la Grange
schreibt in der "Revue des Deux-Mondes": "Je lui avais fait
live "Stello"; il fut saisi d'un tel enthousiasme pour le talent
original, et la verve creatice de ce livre si profondément pensé et anime de
couleurs si vives, que, malgré sa repugnance habituell pour les traductions; il
avait entrepris de la faire passer dans la langue allemande, croyant ne pouvoir
plus richement doter la littératur de sons pays qu'en y naturalisant untel
ouvrage". (Varnhagen
1837, S. 341 ff.)
Verwendete Literatur:
Robert, Ludwig und Varnhagen, Rahel: Briefwechsel mit Ludwig Robert/
Rahel Lewin
Varnhagen. Hrsg. von Consolina Vigliero. München: Beck 2001
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften.
Bd. 1.
Mannheim: Hoff 1837
Varnhagen, Rahel: Briefe, Tagebücher aus versteuten Quellen. Hrsg. von
Konrad
Feilchenfeldt. München: Matthes & Seitz 1983. (=Rahel Varnhagen:
Gesammelte Werke.
Hrsg. von Konrad Feilchenfeldt, Uwe Schweikert und Rahel E. Steiner. Band
IX)
SH
Person: (Ernst Friedrich) Ludwig Robert, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/636.
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