1776
Ernst Theodor
Wilhelm Hoffmann wird am 24. Januar als Sohn des
Hofgerichtsadvokaten Christoph Ludwig Hoffmann und dessen Frau Louisa
Albertine in Königsberg geboren.
1778
Trennung der Eltern. Der Bruder seiner Mutter, Otto Wilhelm Dörffer aus
Königsberg, nimmt Hoffmann bei sich auf.
1782
Hoffmann besucht die reformierte Burgschule in Königsberg.
1792
Im Frühjahr beginnt Hoffmann mit dem Studium der Jurisprudenz an der
Universität in Königsberg. Vorlesungen anderer Fakultäten besucht er selten
oder überhaupt nicht. Er ist demnach kein Kant-Hörer. Stattdessen widmet er
sich künstlerischen Tätigkeiten. Er komponiert und unterrichtet Musik,
zeichnet Karikaturen und Portraits und verfaßt einen Roman.
1795
Hoffmann besteht das erste juristische Staatsexamen. Fortsetzung der
Ausbildung.
1796
Tod der Mutter. Er folgt seinem Onkel Johann Ludwig Dörffer nach
Glogau, wo dieser Regierungs- und Konsistorialrat ist. Noch hat
Hoffmann nicht entschieden, welchem seiner künstlerischen Talente er den
Vorzug gibt. An seinen Freund Theodor Gottlieb v. Hippel schreibt er am 23.
Januar: "Die Wochentage bin ich Jurist und höchstens etwas Musiker,
Sonntags am Tage wird gezeichnet und Abends bin ich ein sehr witziger Autor
bis spät in die Nacht". (Hoffmann 1924, S. 52)
1797
Tod des Vaters.
1798
Hoffmann verlobt sich mit seiner Kusine Minna Dörffer. Auf einer Reise
nach Dresden beeindruckt ihn die dort gezeigte italienische Kunst,
insbesondere die Malerei Corregios, Battonis und Raphaels, nachhaltig.
Erfolgreicher Abschluß des zweiten Referendarexamens und Versetzung ans
Kammergericht in Berlin. Übersendung seines Singspiels "Die Maske" an
Königin Luise. Zu einer Aufführung kommt es nicht, da Iffland als Direktor
des Theaters das Stück ablehnt.
1800
Im Februar besteht Hoffmann die dritte Staatsprüfung mit Auszeichnung.
Er wird nach Posen versetzt und arbeitet dort als Assessor des
Obergerichts.
1802
Lösung der Verlobung mit Minna. Im Juli heiratet Hoffmann Maria Thekla
Michaelina Rorer-Trzynska, die Tochter eines Magistratssekretärs. Mit
Karikaturen der führenden Militärs und Politiker macht sich Hoffmann keine
Freunde. Es folgt die Strafversetzung nach Plock an der Weichsel. Hier
bleibt viel Zeit für eine reiche künstlerische Tätigkeit. Es entstehen
Sonaten, Singstücke und die erste erhaltene literarische Arbeit "Schreiben
eines Klostergeistlichen an seinen Freund in der Hauptstadt", die im
"Freymüthigen" veröffentlicht wird.
1804
Reise nach Königsberg. Umzug nach Warschau, wo er als Assessor am
Gericht angestellt wird. Durch die Bekanntschaft mit Eduard Hitzig lernt er
die Berliner Romantik und ihre Vertreter kennen.
1805
Im Juli Geburt der Tochter Caecilia. Hoffmann nennt sich erstmals im
Gedenken an Mozart Ernst Theodor Amadeus Hoffmann.
1806
Hoffmann wird Dirigent in der "Musikalischen Gesellschaft", die
Werke
von Haydn, Mozart, Gluck, Beethoven u. a. aufführt. Am Ende des Jahres
besetzen die französischen Truppen Warschau. Hoffmann verliert seine
Stellung. Der Wunsch nach Wien zu gehen scheitert an dem verweigerten Visum.
1807
Reise nach Berlin. Quartier in der Friedrichsstraße 179. Bekanntschaft
mit Adalbert v. Chamisso, Varnhagen von Ense, Johann Gottlieb Fichte und
Friedrich Schleiermacher. Nachricht vom Tod der Tochter und Krankheit seiner
Frau, die bei ihrer Mutter in Posen wohnt. Finanzielle Sorgen.
1808
Man bietet Hoffmann eine Anstellung als Kapellmeister am Theater von
Bamberg an. Über Glogau und Posen, wo er Michaelina abholt, reist er ins
Fränkische. Ankunft im September. Die Arbeit als Künstler wird von nun an
zur Existenzgrundlage. Entstehung der musikalischen Erzählung "Ritter
Gluck". In Bamberg macht Hoffmann mit den renommierten Ärzten Friedrich
Speyer und August Friedrich Marcus Bekanntschaft, die ihn in die
Erforschungen der Geisteskrankheiten einführen. Interessiert folgt Hoffmann
ihren
Darlegungen über Pathologie, Psychologie und populären Magnetismus.
Diese Phänomene verarbeit er später in verschiedenen Erzählungen. In
Bamberg widmet er sich dem Studium der zeitgenössischen Literatur,
insbesondere Goethe, Schlegel, Novalis, Kleist, Jean Paul, aber auch
medizinischen Schriften von Christian Reil und Friedrich Anton Mesmer.
1809
Das Theater macht Bankrott. Hoffmann komponiert musikalischer Werke.
U. a. entstehen Vorstufen zur "Undine". Um den Lebensunterhalt zu
sichern
arbeitet er als Musiklehrer der höheren Gesellschaft. Mitarbeit an der
"Allgemeinen musikalischen Zeitung". Bekanntschaft mit der 13
jährigen Julia
Marks und dem späteren Verleger Friedrich Kunz.
1810
Anstellung als Direktionsgehilfe, Hauskomponist, Bühnenarchitekt und
Kulissenmaler am umstrukturierten Bamberger Theater unter der Leitung Franz
von Holbeins.
1811
Aufgabe der Tätigkeiten am Theater. Eine Liebesaffäre mit Julia
beginnt. Bekanntschaft mit Carl Maria von Weber.
1812
Reise nach Würzburg. Abermals ist Hoffmann in Geldnöten. Die
Zeitgeschehnisse wecken sein Interesse für die Politik. Unterdessen heiratet
Julia den Kaufmann Graepel. Bei Aufenthalten in Dresden und Leipzig schließt
sich Hoffmann der Theatergruppe von Joseph Seconda an.
1813
Die Erzählung "Don Juan" wird in der "Allgemeinen musikalischen
Zeitschrift" gedruckt. Hoffmann erlebt die Belagerung von Dresden.
Politisch
stellt er sich mit kleineren Schriften gegen Napoleon. Seinen
Lebensunterhalt verdient er am Theater in Dresden.
1814
Es kommt zum Zerwürfnis mit Seconda und zur Entlassung aus dem Theater.
Gleichzeitig beginnt die ertragsreichste Schaffensphase des Dichters
Hoffmann. Im März arbeitet er an den "Elixiere des Teufels". Die
ersten drei
Bände der "Phantasiestücke in Callots Manier" erscheinen im Laufe des
Jahres
in Bamberg (Enthalten: Der goldene Topf, Nachricht von den neuesten
Schicksalen des Hundes Berganza, Ritter Gluck, Der Magnetiseur, Jaques
Callot, das Vorwort schreibt Jean Paul). Im August erfolgt die
Fertigstellung der Oper "Undine" nach dem Märchen Fouquès. Im September
zieht Hoffmann nach Berlin, wo er als Diener am Kammergericht wieder in den
Staatsdienst eintritt. In Berlin wird er Mitglied des geselligen
"Seraphinenordens", dem u. a. auch Hitzig, Fouquè, Chamisso und der
Arzt
Koreff angehören.
1815
Im Justizministerium arbeitet Hoffmann als Expedient. Veröffentlichung
des ersten Teils der "Elixiere des Teufels" und einem 4. Band mit
Erzählungen. Bekanntschaft mit Brentano, Eichendorff und dem Schauspieler
Devrient. Im Sommer zieht er von der Französischen Straße Nr. 28 in die
Taubenstraße Nr. 31. Hoffmann hat sich in Berlin eingelebt und mag die große
Stadt. An seinen Freund Hippel in Marienwerder schreibt er am 5. Juli:
"So siehst du mich, mein theuerster Freund! nach so vielen Stürmen
endlich im Hafen!
Ich kann es nicht läugnen, daß ich gemühtliche Freunde hier um mich
versammelt habe, indessen ist es ein eignes Ding damit, wenn man zusammen so
recht ins Leben getreten ist, und so wirst Du mir nimmer ersetzt. - Daß Du
nicht für das beengte Leben in M. passest ist mir klar, und ich sehe Deinen
Aufenthalkt dort nur für eien Opfer an, das Du der Notwendigkeit Deine Güter
wenigstens einige Zeit hindurch nahe im Auge zu haben, bringst." (Hoffmann
1968, S. 63 ff.)
Hoffmanns Sympathie für das Urbane verdeutlich auch ein
selbst gezeichnetes Blatt, das er an den Verleger Kunz in Bamberg schickt.
Die bekannte Federzeichnung zeigt Hoffmanns Wohnung und die Aussicht daraus
auf den Gendarmenmarkt in Form einer mental map: Abgebildet sind die
Gebäude des Platzes, Statuen, Adressen von Bekannten, Geschäfte und
Gaststätten, der Spielplan des Schauspielhauses und einige Berliner
Prominente, wie der Oberbaurat v. Alten, Fouqué, Ludwig Tieck, Brentano u. a.
auf ihrem Weg durch die Berliner Gesellschaft.
1816
Anstellung als Rat am Kammergericht. Die "Undine wird am 3. August am
königlichen Schauspielhaus am Gendarmenmarkt uraufgeführt. Bei der Neubesetzung
von Kapellmeisterstellen wird Hoffmann allerdings übergangen. Der zweite
Teil der "Elixire des Teufels" und der Band "Nachtstücke"
mit acht neuen
Erzählungen erscheinen. Alle drei Werke sind sehr erfolgreich und begründen
Hoffmanns Ruhm innerhalb der romantischen Strömung. Hoffmann hat von nun an
den Ruf, der Autor des Unheimlichen, des Grauenvollen und Gespenstischen zu
sein. Er beschreibt die Gefahr, die für den Menschen von nicht beeinflußbaren
dunklen Mächten ausgeht.
1817
Beim Brand des Schauspielhauses werden auch Schinkels Kulissen für die
"Undine" vernichtet.
Hoffmann
wird Stammgast im Weinhaus von Lutter &
Wegner. Die dortigen gemeinsamen Trinkgelage mit dem Schauspieler Ludwig
Devrient werden in Berlin legendär. In einem Brief aus dem Frühjahr 1817
fragt Hoffmann den Freund nach einer Verabredung: "Da sehr heiteres
Wetter ist, von dem keine böse Laune aufkommt, glaube ich mit Recht, daß wir
beide, die wir seit zweitausend dreyhundert und fünf und sechzig Jahren kein
gescheutes Wort unter vier Augen geredet haben, heute mit Nutzen
zusammen frühstücken könten. Da Pücklerscher Sallat ein gutes Essen und
Portwein ein gutes Getränk für Magenschwache Menschen als wir beide sind
(ich kacke seit gestern beträchtlich und kan nicht ausgehen) ist, so hoffe
ich mit Recht, daß wir nebst geistiger Nahrung auch mit körperlicher uns
leidlich stärken könten. Also! Ziehe o Bester! Stiefeln an und eile zu
deinem treuen Geheimen Archivarius". (Hoffmann 1968, S. 128). Den
Brief
ziert eine kleine Federzeichnung, die Devrient und Hoffmann bei Salat und
Portwein zeigt.
1819
Der erste Teil der Erzählungssammlung "Die Serapions-Brüder"
erscheint.
Beginn der Arbeit am "Kater Murr". Krankheit und Genesungsreise nach
Schlesien. Im Oktober wird Hoffmann Mitglied der "Immediatskommission zur
Ermittlung hochverräterischer Verbindungen und anderer Umtriebe", die vom
preußischen Staat nach der Ermordung August v. Kotzebues durch den Studenten
Karl Sand einberufen wird. Die Kommission institutionalisiert Restauration
und politischen Reaktion in Preußen. Hoffmann befindet sich im Zwiespalt:
Auf der einen Seite ist er gegen den dumpfen Nationalismus und die
Brutalität großer Teile der Burschenschaften, auf der anderen Seite sieht er
sich von Seiten des Staates mit Repressalien, Zensur, Spitzelwirtschaft und
Willkür konfrontiert.
1820
"Das Fräulein von Scuderie" erscheint. Hoffmann setzt sich in der
Kommission für die Freilassung des Turnvaters Friedrich Ludwig Jahn ein. Über
die
Arbeit in der Kommission schreibt Hoffmann am 24. Juni an Hippel: "Gerade
in jener Zeit wurde ich MitCommissarius bei der zur Untersuchung der
sogenannten demagogischen Umtriebe niedergesetzten Immediat-Commission
ernannt, und wie Du mich kennst, magst Du dir wohl meine Stimmung denken,
als sich vor meinen Augen ein ganzes Gewebe heilloser Willkür, frecher
Nichtachtung aller Gesetze, persönliche Animosität, entwickelte!- Dir darf
ich nicht erst versichern, daß ich ebenso wie jeder rechtliche, vom wahren
Patriotismus beseelte Mann überzeugt war und bin, daß dem hirngespenstischen
Treiben einiger jungen Strudelköpfe Schranken gesetzt werden mußten, um so
mehr, als jenes Treiben auf die entsetzlichste Weise ins Leben treten
kann."
(Es folgt eine kurze Beschreibung der "Giessener Schwarzen, einer der
radikalsten Burschenschaften, sowie eine Verurteilung des Attentats auf
Kotzebue durch den Studenten Sand) - "Hier war es an der Zeit, auf
gesetzlichem Wege mit aller Strenge zu strafen und zu steuern. Aber statt
dessen traten Maßregeln ein, die nicht nur gegen die That, sondern gegen
Gesinnungen gerichtet waren".
Derselbe Brief ist auch eine Quelle für Hoffmanns Berlin-Begeisterung. Im
weiteren heißt es: "Du solltest hier seyn, denn Du gehörst
ebensowenig als ich in die Provinz, und bist wohl auch nicht Cäsars Meinung:
lieber in einem kleinen beengten Kreise der erste seyn zu wollen, als in dem
großen der zweite, dritte oder vierte, Das lebendige Leben der großen Stadt,
der Residenz wirkt doch nun einmal wunderbar auf das Gemüht, und solcher
Kunstgenuß, wie er hier doch zu finden, ist das beste Restaurationsmittel
für den Geist., den das Einerley erschlafft, wo nicht zuletzt tödtet. Man
kann z.B. jetzt einen ganzen halben Tag und länger schwelgen, wenn man blos
in den neuen Theaterbau hineingeht, und dann blos das Atelier der Bildhauer
Tieck, Rauch und Consorten im Lagerhause besucht". (Hoffmann 1968,
S.
263-264)
1821
Austritt aus der Kommission. Briefkontakt mit Beethoven. Der vierte
Band der "Serapionsbrüder" erscheint. Hoffmann wird Mitglied des
Oberappellationssenats am Kammergericht.
1822
Im Januar Ausbruch der schweren Krankheit. Es kommt zu einem Konflikt
mit dem Polizeidirektor K.A. v. Kamptz, der sich in dem Märchen "Meister
Floh" karikiert sieht und die Beschlagnahme des Manuskriptes erwirkt. Das
Stück erscheint in zensierter Form. Hoffmanns Gesundheitszustand
verschlechtert sich von Tag zu Tag. Im März ist er vollständig
gelähmt. Dennoch arbeitet er an der Novelle "Des Vetters Eckfenster"
und an
einer Verteidigungsschrift gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.
Person: Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/547.
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