Helmina Chézy

Lebensdaten

Nachname:
Chézy
Vorname:
Helmina
Adelsprädikat:
von
Geburtsdatum:
26.01.1783
Geburtsort:
Berlin
Geschlecht:
weiblich
Todesdatum:
28.01.1856
Sterbeort:
Genf
Sterbeland:
Schweiz
Beruf(e):
  • Publizistin
  • Schriftstellerin

Namensformen

Geburtsname:
Wilhelmine Klencke
GebPrädikat:
von
Pseudonym:
Hermine Hastfer, Sylvandra
Namensvarianten:
Eigentlicher Vorname: Wilhelmina Christiana, Helmina Freifrau von Hastfer, Wilhelmine von Chezy, Helmina von Chézy

Genealogie

Genealogie:
Mutter: Caroline Luise von Klencke (Schriftstellerin) Großmutter: Anna Luisa Karschin Ehemänner: Carl Gustav von Hastfer;Antoine-Léonard de Chézy (1773-1832), Orientalist Söhne: Max und Wilhelm Theodor von Chézy

Biographie

Lebenslauf:
1783
Am 26. Januar wird Wilhelmine (Helmina) Christiane von Klencke in Berlin geboren. Sie ist die Tochter des Offiziers Friedrich Carl von Klencke (1760-1826) und der Schriftstellerin Caroline Luise von Klencke geborene Karsch (1750-1802). Noch vor der Geburt des Kindes kommt es zur Trennung des Paares, im Juli 1783 erfolgt die Scheidung. Friedrich Carl von Klencke tritt in dänische Militärdienste und lebt nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1800 zuletzt in Hamburg. 1804 meldet sich der Vater auf eine Annonce, durch die ihn die Tochter suchte, bis zum Tod von Klenckes führen beide eine Korrespondenz, zu einer persönlichen Begegnung kommt es nicht.

1787
Caroline Luise von Klencke erzieht ihre Tochter im Haus der Mutter, der Dichterin Anna Louisa Karsch. Beide Frauen vermitteln dem jungen Mädchen, das bereits als Vierjährige lesen kann, eine elementare Bildung, die besonderen Wert legt auf eine präzise Wahrnehmung und deren schriftliche Formulierung.

1798
Beginn der Korrespondenz mit ihrem Stiefbruder aus erster Ehe der Mutter, Heinrich Wilhelm Hempel, die bis 1855 fortgeführt wird

Früh entstehen erste schriftstellerische Entwürfe und Tagebuchblätter, die auf Anweisung der Mutter die formale Grundlage des gedanklichen Austauschs mit dem Offizier Ludwig von Voß bilden, der Helmina von Klencke zugleich in Physik unterrichtet. Werke von Klopstock, Schiller und Goethe, Gellert, Hippel und Pestalozzi zählen zur Lektüre, ebenso antike Autoren, etwa Homer. Ergänzt wird diese Ausbildung durch den Malunterricht, den sie durch Chodowiecki erhält (Aurikeln, 4-6 und 66; Unvergessenes 1, 116-118).

Vermittelt durch ihre Mutter hat Helmina von Klencke u.a. Kontakt zu Anton Friedrich Büsching, Direktor des Gymnasiums am Grauen Kloster, zu dem „Verlegerehepaar“ Johann Friedrich und Friederike Helene Unger, zu dem Schriftsteller Karl Spazier und dem Hofkomponisten Johann Friedrich Reichardt. Eine mütterliche Freundin ist ihr die Oberhofmeisterin der Königin Luise, Karoline von Berg (Unvergessenes 1, 136 ff.).Zu den Jugendfreundinnen Helmina von Klenckes gehören Auguste von Haake, Adelheid Henriette von Gerlach, die spätere Frau des Referendars bei der Kurmärkischen Kammer Friedrich Magnus von Bassewitz (1773-1858) sowie die Töchter des Berliner Präsidenten Johann Wilhelm von Knebel, Henriette (1756-1839) und Wilhelmine (1763-1831).

1799
Am 20. August heiratet die sechzehnjährige Helmina von Klencke - auf "Wunsch meiner lebensmüden, kränklichen Mutter" - den preußischen Offizier Carl Gustav von Hastfer, der im Infanterieregiment von Goetze steht, in das 1798 auch Adelbert von Chamisso eingetreten war (Aurikeln, 70; Unvergessenes 1, 128-132; Chamisso/Chézy, 6).

1800
Die mit Helmina von Hastfer befreundete französische Schriftstellerin und Verfasserin zahlreicher pädagogischer Schriften Stéphanie-Félicité Ducrest de Saint-Aubin, Comtesse de Genlis (1746-1830), die während ihrer in Berlin verbrachten Jahre u.a. Henriette Herz und Esther Bernard Französischunterricht erteilte, verlässt Berlin am 12. Juli.
Helmina von Hastfer ist nach kurzer, unglücklicher Ehe mit Carl Gustav von Hastfer im Begriff, sich von ihrem Mann zu trennen. Im April reicht sie die Scheidung ein, das rechtsgültige Urteil erfolgt im Mai 1801. Während ihres Scheidungsprozesses wohnt Helmina von Hastfer bei ihrer Mutter, Caroline Luise von Klencke, in der Gipsgasse 12, "die damals mehr Gärten als Häuser hatte" (vgl. Unvergessenes 1, 136 und 153-154; Aurikeln, 84). In Auguste von Heydebreck geb. von Brandt (1771-1852), der Frau des Oberakzise- und Zollrates und späteren Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg Georg Christian von Heydebreck (1765-1828), gewinnt Helmina von Hastfer eine Freundin, deren 1792 geschlossene Ehe im November 1800 ebenfalls in einen Scheidungsprozess mündet (vgl. Unvergessenes 1, 159 und Claus Heinrich Bill, v. Heidebreck. Familiengeschichte 1254 bis 1999, Owschlag 1999, S. 134-142).

1801
Im Januar erhält Helmina von Hastfer die Einladung der mütterlichen Freundin Félicité de Genlis, ihr nach der Scheidung von Gustav von Hastfer nach Frankreich zu folgen: "(...) seyn Sie überzeugt, meine Liebe! daß Sie in mir eine zweite Mutter finden, und daß Ihr Glück eine der theuersten Angelegenheiten meines Lebens seyn wird!" (vgl. Aurikeln, 88).
Im Mai findet das Scheidungsverfahren seinen gerichtlichen Abschluss, am 24. Mai verlässt Helmina von Hastfer Berlin und kommt am 2. Juni in Paris an (vgl. Aurikeln, 88-93; Unvergessenes 1, 177-185). Helmina von Hastfer ist bei Reiseantritt nahezu mittellos, auch ihre Gastgeberin befindet sich in einer schwierigen finanziellen Lage. Rückblickend betrachtet Helmina von Hastfer die Entscheidung zu diesem Ortswechsel kritisch (vgl. Unvergessenes 1, 134 und 140, bes. S. 166-170 und 175-176).
Helmina von Hastfer wohnt nach ihrer Ankunft in Paris zunächst in der im Faubourg St. Jacques gelegenen Wohnung von Mme de Genlis in der Rue d'Enfer; bereits am 22. Juni bezieht sie gemeinsam mit Félicité de Genlis deren Sommerwohnung in Versailles (vgl. Ueberlieferungen, 134).

1802
In knapper Folge erscheinen mehrere publizistische Texte Helmina von Hastfers: Bereits kurz nach ihrer Ankunft in Paris ließen die Herausgeber des 1795 bis 1800 erscheinenden "Berlinischen Archivs der Zeit und ihres Geschmacks", Ignatz Aurelius Feßler und Friedrich Eberhard Rambach, sie durch den Berliner Verleger Friedrich Maurer beauftragen, Berichte für ihre Zeitschrift zu schreiben (vgl. Unvergessenes 1, 195). Caroline von Klencke übernimmt die Vermittlung zwischen Verleger und Tochter: "Maurer wünscht, daß Du in unsrer Sprache ein fortgesetztes Werk, oder wie es Stoff und Zeit mit sich bringen will, schreiben möchtest, über Sitten, Lebensart, Moden, und kurz über alles, was Frankreich außer den politischen Verhältnissen Merkwürdiges in seinem Innern und in seinen bürgerlichen Verhältnissen hat" (Aurikeln, 113, Brief vom 17.9.1801).

Mit dem Januarheft des Jahrgangs 1802 beginnend, findet sich unter dem Namen "Wilhelmine von Hastfer, geb. von Klenke" der knappe Beitrag "Cäsar Ducrest's Tod" in der von 1801 bis 1805 unter dem Titel "Eunomia. Eine Zeitschrift des neunzehnten Jahrhunderts. Von einer Gesellschaft von Gelehrten" fortgeführten Zeitschrift (vgl. Eunomia, 1802, Bd 1, Januar, S. 65-69). Unter dem Titel "Empfindungen und Erfahrungen einer jungen Deutschen in Paris" folgen in den Heften für April, Juni und August dieses Jahrganges weitere Beiträge (vgl. Eunomia, 1802, Bd 1, April, S. 307-321; vgl. Eunomia, 1802, Bd 1, Juni, S. 499-511; vgl. Eunomia, 1802, Bd 2, August, S. 97-127).

Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Versailles kehrt Helmina von Hastfer im Mai gemeinsam mit Madame Genlis, der Napoleon "eine schöne Wohnung im Arsenal bewilligt" hatte (Unvergessenes 1, 224), nach Paris zurück (Ueberlieferungen, 152-157). Das Verhältnis beider verschlechtert sich jedoch zunehmend und führt schließlich zur Trennung (vgl. Unvergessenes 1, 224-234). Helmina von Hastfer verbringt in der Folge den Sommer auf Einladung des Historikers und Schriftstellers François-Louis d' Escherny, ein Kenner der Karsch-Dichtungen, erneut in Versailles.

Am 21. September stirbt Caroline Luise von Klencke.
Im "Spätherbst" (Aurikeln, 137) zieht Helmina von Hastfer zu dem deutschen Buchändler W. L. Henrichs in Paris (Johann Friedrich Reichardt. Vertraute Briefe aus Paris 1802/1803, hg. von Rolf Weber, Berlin 1980, S. 92).

1803
Im Januar übernimmt Helmina von Hastfer auf Vermittlung des mit ihr befreundeten Philologen und Publizisten Johann Gottfried Schweighäuser für ein Jahr die Redaktion der bei Johann Friedrich Cotta verlegten "Französischen Miscellen", die nach dem Schema der ebenfalls von Cotta herausgegebenen "Englischen Miscellen" und "Italienischen Miscellen" Zeitbilder des europäischen Auslands in einem breiten Themenspektrum vermitteln wollten (vgl. Aurikeln, 133; Unvergessenes 1, 228; vgl. auch Zwischen Direktorium und Empire. Die Briefe Gottlieb Konrad Pfeffels an Johann Gottfried Schweighäuser (1795-1808), aus den Handschriften hg. von Wilhelm Kühlmann und Walter Ernst Schäfer, Heidelberg 1992, S. 10-20 und S. 150-151).

Die enger werdende, durch Johann Gottfried Schweighäuser vermittelte Freundschaft zu Dorothea Veit und Friedrich Schlegel, die von Juni 1802 bis April 1804 mit Philipp Veit in Paris leben und die sie im Haus d'Eschernys in Versailles kennenlernte, führt im Frühsommer zum Umzug in eine gemeinsame, im früheren Hôtel Holbach in der Rue de Clichy 19 am Montmartre gelegene Wohnung, wo neben dem Indologen Alexander Hamilton und dem Philologen Gottfried Ernst Hagemann seit Herbst auch Sulpiz und Melchior Boisserée sowie der mit den Brüdern Boisserée befreundete Kunstsammler Johann Baptist Bertram wohnen (vgl. Fragment einer Selbstbiographie, 1800 bis 1808, in: Sulpiz Boisserée. Tagebücher 1808-1854, Bd 1, Darmstadt 1978, S. 22).

Friedrich Schlegel gewinnt Helmina von Hastfer, die auch an seinen in Paris gehaltenen Vorlesungen teil nimmt, als Mitarbeiterin für seine 1803 bis 1807 erscheinende Zeitschrift "Europa" (vgl. "Aus dem Briefe einer Deutschen. An Adelaide von B. geb. von H. in Berlin", in: Europa. Eine Zeitschrift hg. von Friedrich Schlegel, Frankfurt a. M.: Friedrich Wilmans 1803, Bd 1, St. 1, S. 159-168). Im folgenden Band findet sich der Beitrag "Gespräche über Tiecks Poesie" von Helmina von Hastfer (vgl. Europa, 1803, Bd 2, H. 2, S. 95-108).
Durch Dorothea Veit wird Helmina von Hastfer mit der baltischen Schriftstellerin Barbara Juliane Freifrau von Krüdener (Krüdner) bekannt, die gemeinsam mit ihren Kindern seit Mai in Paris lebt und die beide Frauen für die Übersetzung ihres Romans Valérie, ou lettres de Gustave de Linar à Ernest de G...., gewinnen kann (vgl. Ueberlieferungen, 172).

1804
Es erfolgt als zweiter Teil der von Friedrich Schlegel herausgegebenen Sammlung romantischer Dichtungen des Mittelalters aus gedruckten und handschriftlichen Quellen die Publikation ihrer Geschichte der schönen und tugendsamen Euryanthe von Savoyen, die später das Libretto zu Carl Maria von Webers Oper Euryanthe bildet.
Helmina von Hastfer pflegt neben ihren Kontakten zu französischen Persönlichkeiten wie u.a. Juliette Recamier, der Schriftstellerin Fanny de Beauharnais sowie den Kunstgelehrten Vivant Denon und Aubin-Louis Millin, auch den Austausch mit Henriette Mendelssohn und Karoline Wolzogen, die beide in Paris leben, ebenso verkehrt sie in Gesellschaften des preußischen Gesandten Graf Girolamo Lucchesini (Unvergessenes passim).

1805
In Frankfurt a. Main erscheint der erste Band der ursprünglich zweibändig konzipierten Hommage an Caroline von Klencke, Leben und Romantische Dichtungen der Tochter der Karschin. Als Denkmal kindlicher Liebe, die neben der von Helmina von Hastfer ergänzten Lebensgeschichte, frühe Tagebuchaufzeichnungen ihrer Mutter, einzelne Gedichte sowie den Roman August und Julie beinhaltet.

1806
Helmina von Hastfer heiratet zu Jahresbeginn in zweiter Ehe den Orientalisten Antoine-Léonhard de Chézy (1773-1832), dessen Bekanntschaft Friedrich Schlegel vermittelt hatte.
Am 21. März wird der erste Sohn Wilhelm Theodor geboren (gest. 1865).

1807
Die Auseinandersetzung Helmina von Chézys mit Frankreich findet ihren Niederschlag in der zweibändigen Schrift Leben und Kunst in Paris seit Napoleon I. (erschienen in Weimar 1805 und 1807). Beide Bände werden von den französischen Behören konfisziert.

1808
Der Bremer Arzt Adolph Müller, der sich seit Ende des vorangegangen Jahres in Paris aufhält, berichtet in einem Brief vom 7. Januar: „ In einer neulichen Gesellschaft bei einer Fräulein von Winkel (...) habe ich denn eine berühmte und geistreiche Schriftstellerin kennen gelernt, die Frau von Chezy, ehemalige Frau von Hastfer, die aus Bremen stammt, durch einen Großvater, der dort Major war, ihr Vater lebt in Hamburg. Ihr jetziger Mann ist einer der wenigen, die außer mehreren anderen orientalischen Sprachen auch die indische verstehen, und steht den Manuskripten in der kaiserlichen Bibliothek vor“ (
Aus dem Nachlaß Varnhagen’s von Ense. [Adolph Müllers] Briefe von der Universität in die Heimath, Leipzig 1874, S. 409).
Maximilian (Max), der zweite Sohn Helmina und Antoine-Léonhard de Chézys, wird am 25. Januar geboren (gest. 1846).

1810
Gemeinsam mit Adelbert von Chamisso übersetzt Helmina von Chézy die Wiener Vorlesungen August Wilhelm von Schlegels ins Französische. Nach der räumlichen Trennung von ihrem Mann siedelt sie am 14. September nach Heidelberg über, wo sie den Winter verbringt. Sie lebt später auch in Frankfurt am Main und Aschaffenburg. Der älteste Sohn Helmina von Chézys, Wilhelm Theodor, bemerkt in seinen Erinnerungen: "Bei ihrer Abreise [aus Paris] trug die Dichterin noch ein drittes Kind unter dem Herzen, das in Heidelberg geboren wurde, in der hl. Taufe den Namen Leopold erhielt und - noch kein Jahr alt - zu Aschaffenburg starb" (Wilhelm Theodor von Chezy, Erinnerungen, Bd 1, S. 10 und 13). Varnhagen (bis September 1810 in Paris) mutmaßt als Vater des dritten Sohnes Leopold den österreichischen Orientalisten Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall (1774-1856), der sich 1809 bis 1810 in Paris aufhielt (Chamisso/Chézy,  48-49 und 51).

Bei einem Aufenthalt in Amorbach entsteht das Schauspiel "Emma und Eginhard", ein Auftragswerk für den dortigen Fürsten Leiningen. Den Winter verbringt Helmina von Chézy immer wieder in Berlin.
Nach der Schlacht bei Hanau und Napoleons Sturz kümmert sie sich um die Verpflegung der verwundeten Soldaten in belgischen und rheinischen Lazaretten. - Anschließend geht sie nach Berlin. Hier ist sie mit E. T. A. Hoffmann befreundet, der sie in einem Verleumdungsprozeß verteidigt. Sie schreibt für die Zeitschriften "Der Freimüthige", für Gubitz' "Gesellschafter".

1812
Übersiedelung nach Darmstadt. Die publizistischen Arbeiten werden durch mehrere kunstschriftstellerische Abhandlungen bereichert. In der neben Wilhelm Neumann von Friedrich Baron de la Motte Fouqué, einem Freund Helmina von Chézys, herausgegebenen Zeitschrift  „Die Musen“ erscheint die Sammlungsbeschreibung Gemälde der Herren Boisserée und Bertram in Heidelberg.

1813
Während den Befreiungskriegen arbeitet sie als Krankenpflegerin u.a in Lazaretten in Darmstadt, Köln, Mainz und Naumur.

1816
Auch nach dem Ende der Kampfhandlungen führt Helmina von Chézy ihre pflegerische Arbeit in den Lazaretten fort, kritisiert die dort herrschenden Zustände öffentlich und wird daraufhin in Köln wegen Verleumdung der  Invaliden-Prüfungs-Kommission angeklagt.

1817
Helmina von Chézy stellt sich in Berlin dem preußischen Kammergericht. Die anschließende Untersuchung des Falls unter Mitwirkung des dortigen Kammergerichtsrats E.T.A. Hoffmann endet mit Chézys Freispruch.
Den durch die Herausgabe ihrer "Neuen auserlesenen Schriften" erzielten Erlös stiftet Helmina von Chézy für die Versorgung verwundeter Soldaten. Ihre von Ludwig Tieck gelobte Erzählung Emma’s Prüfung erscheint. Im Herbst erfolgt die Übersiedelung nach Dresden.

1818
Im September beginnt Helmina von Chézy eine Korrespondenz mit der Schriftstellerin und Redakteurin des „Morgenblatts“, Therese Huber.

1820
Das Vorhaben, gemeinsam mit Fanny Tarnow eine neue Zeitschrift, „Iduna. Schriften deutscher Frauen, gewidmet den Frauen“, herauszugeben, wird entwickelt, jedoch aufgrund des Zerwürfnisses mit Fanny Tarnow nach dem Erscheinen des ersten Bandes nicht fortgeführt.

1822
Die zweibändige Ausgabe ihrer "Erzählungen und Novellen" erscheint.

1823
Helmina von Chézy lebt in Wien.

1826
Gemeinsam mit ihren Söhnen unternimmt Helmina von Chézy eine Bäderreise nach Oberösterreich; in der Folge engagiert sie sich für die notleidende Bevölkerung des Salzkammerguts, ihre literarisch-sozialkritische Zustandsbeschreibung wird jedoch von der österreichischen Zensurbehörde verboten.

1830
Helmina von Chézy zieht nach München.

1832
Am 31. August stirbt Antoine-Léonhard de Chézy. Nach dem Tod ihres Mannes erwirkt Helmina von Chézy nach persönlicher Vorsprache in Paris eine Witwenpension, die später von König Friedrich Wilhlelm IV. durch ein Jahresgehalt ergänzt wird.

1843
Übersiedelung nach Heidelberg. Literarische Entwürfe entstehen.

1853
Helmina von Chézy lebt in Genf, gepflegt von Bertha Christiane Borngräber, einer fernen Verwandten. Dieser diktiert die kranke, nahezu erblindete Schriftstellerin ihre Memoiren, die 1858 postum unter dem Titel "Unvergessenes. Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Helmina von Chézy. Von ihr selbst erzählt" in zwei Bänden publiziert werden.

1856
Am 28. Januar stirbt Helmina von Chézy in Genf.

Helmina von Chézy hat über Jahrzehnte hinweg schriftstellerisch gearbeitet und von dieser Tätigkeit gelebt. Sie wurde ihren Zeitgenossen, zunächst unter den Pseudonymen Hermine Hastfer, auch Sylvandra veröffentlichend, als namhafte Publizistin, Verfasserin zahlreicher Erzählungen, Novellen und Romane, als Übersetzerin und Kunstschriftstellerin bekannt. Sie schrieb Opernlibretti, viele ihrer Gedichte wurden vertont, u.a von Franz Schubert. Als jüngstes Glied einer Dichterinnenfamilie reihte sie sich in eine von ihrer Großmutter Anna Louisa Karsch begründete und ihrer Mutter Caroline von Klencke fortgeführte Traditionslinie professionellen weiblichen Schreibens.
Literarischen Strömungen und Neuerungen gegenüber aufgeschlossen, stand sie im freundschaftlichen Austausch mit berühmten Schriftstellern ihrer Epoche. Schon als junge Frau lernt sie, noch in Berlin, Jean Paul – den sie verehrt und der ihre schriftstellerischen Bemühungen unterstützt - persönlich kennen, tritt in Paris in den Kreis um Friedrich Schlegel und Dorothea Veit, lernt Achim von Arnim kennen. Sie befindet sich in regem Gespräch mit Friedrich Baron de la Motte Fouqué und ist im Besonderen mit Adelbert von Chamisso – vorübergehend durch ein Liebesverhältnis - verbunden. Publizistische Themen spielen eine große Rolle im schriftlichen Austausch mit der Redakteurin des „Morgenblatts“, Therese Huber, die ebenso zu ihren zahlreichen Korrespondenzpartnern gehört wie die Verleger Johann Friedrich Cotta und Friedrich Justin Bertuch.
Immer wieder nimmt Helmina von Chézy eine gesellschaftskritische Haltung ein und verknüpft ihre schriftstellerische Arbeit mit einem patriotischen, im weitesten Sinn sozialpolitischen Engagement, das mehrfach juristische Konflikte und restriktive Maßnahmen mit sich bringt.

Adelheid Müller

Auswahlbibliographie Werke
Wilhelmine Freiin von Hastfer, geb. von Klenke, in: Eunomia. Eine Zeitschrift des neunzehnten Jahrhunderts. Von einer Gesellschaft von Gelehrten
Jg. 1802, 1. Bd. Januar, S. 65-69
Jg. 1802, 1. Bd. April, S. 307-321
Jg. 1802, 1. Bd. Junius, S. 499-511
Jg. 1802, 2. Bd. August, S. 97-127

Französische Miscellen, Tübingen 1803
Bd. 1 H. 1, S. 1-15; 25-32 und passim
Bd. 4 H. 1 S. 47-48: Polymatische Schule
Bd. 4 S. 150-157

H---a***r [Helmina von Hastfer], "Aus dem Briefe einer Deutschen. An Adelaide von B. geb. von H. in Berlin, in: Europa. Eine Zeitschrift herausgegeben von Friedrich Schlegel, Bd. 1, 1. St., Frankfurt a. Main: Bei Friedrich Wilmans 1803, S. 159-168

Die Herzogin von Lavallière ; Genlis, Félicité Ctesse de ; von Frau von Genlis aus dem Franz. übers. von Frau H. von Hastfer [d.i. Helmina von Chezy], Frankfurt a./M.: Wilmans, 1804

Helmina von Hastfer, geb. von Klenk, Leben und Kunst in Paris seit Napoleon dem Ersten, 2 Bde., Weimar: Verl. Landes-Industrie-Comptoir 1805 und 1806

Helmina von Hastfer, Meiner verewigten Mutter, in: Gedichte der Enkelin der Karschin, Erster Bd., Aschaffenburg: Gedruckt in der F. P. G. F. Buchdruckerei bei W. Wailandt und Sohn 1812, S. 11-13

Helmina von Chézy, Gemälde der Herren Boisserée und Bertram in Heidelberg, in: Die Musen. Eine norddeutsche Zeitschrift, hg. von Friedrich Baron de la Motte Fouqué und Wilhelm Neumann, Berlin : Hitzig, 1812-1814

Erinnerungen aus meinem Leben. Von der Herausgeberin. Berlin 1817 niedergeschrieben, in: Aurikeln. Eine Blumengabe von deutschen Händen, hg. von Helmina von Chezy [sic!] geb. Freyin von Klencke, Berlin. Bei Duncker und Humblot [1818]

Es ist ein Stern in der Liebe. Novelle, frei nach dem Spanischen, in: Sinngrün eine Folge romantischer Erzählungen mit Theilnahme Jean Paul Friedrich Richters und einiger deutschen Frauen Unterstützung. Herausgegeben von J[ohanne] C[aroline] W[ilhelmine] Uthe Spazier geb. Mayer, Berlin, bei Theodor Enslin 1819, S. 205-251

Ueberlieferungen und Umrisse aus den Tagen Napoleons. Von Helmine von Chezy (sic!), geb. Freiin Klencke, 1. Frau von Genlis und Napoleon, in: Der Freihafen. Galerie von Unterhaltungsbildern aus den Kreisen der Literatur, Gesellschaft und Wissenschaft, Jg. 3 H. 3, Altona: Johann Friedrich Hammerich 1840, S. 124-157

Ueberlieferungen und Umrisse aus den Tagen Napoleons. Von Helmine von Chezy (sic!), geb. Freiin Klencke, 2. Dorothea und Friedrich Schlegel, in: Der Freihafen. Galerie von Unterhaltungsbildern aus den Kreisen der Literatur, Gesellschaft und Wissenschaft, Jg. 3 H. 3, Altona: Johann Friedrich Hammerich, 1840 S. 157-177

Ueberlieferungen und Umrisse aus den Tagen Napoleons. Von Helmine von Chezy (sic!), geb. Freiin Klencke, 3. Dorothea und Friedrich Schlegel in Paris, in: Der Freihafen. Galerie von Unterhaltungsbildern aus den Kreisen der Literatur, Gesellschaft und Wissenschaft, Jg. 3 H. 4, Altona. Johann Friedrich Hammerich, 1840 S. 47-89

Unvergessenes. Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Helmina von Chézy. Von ihr selbst erzählt, Erster Teil, Leipzig: F. A. Brockhaus 1858

Briefwechsel
Briefe an Friedrich Baron de la Motte Fouqué von Chamisso, Chezy (sic), Collin [...]. Mit einer Biographie Fouqué's von Julius Eduard Hitzig und einem Vorwort und biographischen Notizen von H. Kletke, hg. von Albertine Baronin de la Motte Fouqué, Berlin 1848, S. 49-54

Adelbert v. Chamisso und Helmina v. Chézy. Bruchstücke ihres Briefwechsels, hg. von Julius Petersen und Helmuth Rogge, Berlin 1923

"Kommen Sie, wir wollen 'mal Hausmutterles spielen." Der Briefwechsel zwischen den Schriftstellerinnen Therese Huber (1764 - 1829) und Helmina von Chézy (1783 - 1856), hg. von Jessica Kewitz, Marburg: Tectum-Verl., 2004

Literatur
Wilhelm Chezy, Erinnerungen aus meinem Leben, Helmina und ihre Söhne, Bd 1, Schaffhausen: Hurter 1863.

Wilhelm Chezy, Erinnerungen aus meinem Leben, Helmina und ihre Söhne, Bd 2, Schaffhausen: Hurter 1864.

Karin Baumgartner, »Die Männer sind nicht zum Frieden geboren«. Krieg und Männlichkeit in den Texten von Helmina von Chézy, Caroline de la Motte Fouqué und Karoline Pichler, in "Kriegsfrauen und "Friedensmänner. Geschlechterrollen im Krieg, hg. von der Stiftung Archiv der Deutschen Frauenbewegung, Kassel 2005 (Ariadne 47), S. 20-25.

Helga Gallas und Anita Runge, Romane und Erzählungen deutscher Schriftstellerinnen um 1800. Eine Bibliographie mit Standortnachweisen, Stuttgart und Weimar 1993, S. 45-46.

Magdalene Heuser, Stationen einer Karsch-Nachfolge in der Literatur von Frauen des 18. Jahrhunderts. Caroline von Klencke, Helmina von Chézy und Therese Huber, in: Anna Louisa Karsch (1722-1791). Von schlesischer Kunst und Berliner "Natur". Ergebnisse des Symposions zum 200. Todestag der Dichterin, hg. von Anke Bennholdt-Thomsen und Anita Runge, Göttingen 1992, S. 149-161.

Irina Hundt, "Wäre ich besonnen, wäre ich nicht Helmina." Helmina von Chézy (1783-1856) - Porträt einer Dichterin und Publizistin, in: Helga Brandes, Autorinnen des Vormärz, Bielefeld: Aisthesis-Verl., 1997 S. 43-79.

Irina Hundt, Geselligkeit im Kreise von Dorothea und Friedrich Schlegel in Paris in den Jahren 1802-1804, in: Salons der Romantik. Beiträge eines Wiepersdorfer Kolloquiums zu Theorie und Geschichte des Salons, hg. von Hartwig Schultz, Berlin/New York 1997 S. 83-133.

Chryssoula Kambas, Zwischen Kosmopolitismus und Nation. Helmina von Chézy als Pariser Chronistin, in: Autobiographien von Frauen. Beiträge zu ihrer Geschichte, hg. von Magdalene Heuser, Tübingen 1996, S. 247-264.

Maria-Verena Leistner, Helmina von Chézy in ihren Beziehungen zu Anhalt-Dessau, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltinische Landeskunde 14, 2005, S. 131-139.

Rosamunde. Drama in fünf Akten. Erstveröffentlichung der überarbeiteten Fassung von Helmina von Chézy. Musik von Franz Schubert, hg. von Till Gerrit Waidelich, Tutzing: Schneider 1996.

Tilmann Spreckelsen, Rez. von: Rosamunde. Drama in fünf Akten. Erstveröffentlichung der überarbeiteten Fassung von Helmina von Chézy. Musik von Franz Schubert, hg. von Till Gerrit Waidelich, Tutzing: Schneider 1996, in: Autobiographien von Frauen. Beiträge zu ihrer Geschichte, hg. von Magdalene Heuser, Tübingen 1996, S. 280-282.

Tilmann Spreckelsen, "Ein fruchtbarer Wechsel ist über die Erde gekommen ...". Helmina von Chézy und ihr Roman Emma (1817), in: Autobiographien von Frauen. Beiträge zu ihrer Geschichte, hg. von Magdalene Heuser, Tübingen 1996, S. 81-92.

Werke/Literatur

Berlinaufenthalte

  • von 1810 bis 1817

Register

Fachregister:
  • Literatur
  • Deutsche Sprache und Literatur

Person: Helmina Chézy, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/663.

Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/663