1795
Christian Gottfried Ehrenberg wird am 19. April als Sohn des Hospitalleiters, städtischen Verwaltungsbeamten und späteren Stadtrichters Johann Ehrenberg und der aus vermögender Familie stammenden Gastwirtstochter Christiane Dorothea Becker in Delitzsch bei Leipzig geboren. Johann Gottfried Ehrenberg brachte aus erster Ehe eine Tochter, Eleonore Dorothea, mit in die Ehe.
Am 5. November Geburt des Bruders Ferdinand.
Am 6. März Geburt der Schwester Juliane Dorothee.
Am 24. August Geburt des Bruders Karl. Christian Gottfried Ehrenberg besucht die Lateinschule in Delitzsch und beschäftigt sich mit dem väterlichen Bücherbesitz, „ein lateinisches Lexikon, eine hebräische Bibel und vier Folianten eines geographischen Wörterbuchs“ (Laue 1895, S. 8) sowie angeregt durch den Vater, mit Flora und Fauna.
Die Mutter des dreizehnjährigen Christian Gottfried Ehrenberg stirbt an der Ruhr.
Ersten Unterricht im Bestimmen von Pflanzen nach Linné und Konservieren von Tieren erteilt ihm David Samuel Roller, der seit 1807 die lutherische Pfarrstelle auf dem Gut Döbernitz bei Delitzsch innehatte.
Seine weitergehende Schulbildung erlangt Ehrenberg aufgrund seiner hervorragenden schulischen Leistung im thüringischen Schulpforta: „1809 den 2. Oktober“, so eine Tagebuchnotiz Johann Gottfried Ehrenbergs, „ist mein ältester Sohn Christian Gottfried in der Fürstenschule Pforta als Alumnus recipirt worden. Nachdem er sein Specimen gefertigt und im Examen (...) wohl bestanden hatte, kam er nach IV. und hatte 16 unter sich exkl. der Novitien. Gott segne sein Bemühn und mache einen Mann aus ihm!“ (zitiert nach Laue 1895, S. 9). Christian Gottfried Ehrenberg erhält in dieser Internatsschule bei Naumburg eine der drei für Delitzsch bestimmten Freistellen. In Schulpforta kann Ehrenberg insbesondere die vorhandenen altsprachlichen Kenntnisse vertiefen.
Am 13. Mai heiratet der Vater Ehrenbergs in dritter Ehe die 23 Jahre jüngere Sophie Henriette Held (*1780). Ehrenberg lernt während der fünfjährigen Schulzeit u.a. den späteren Ornithologen Friedrich August Ludwig Thienemann (1793-1858), den späteren Altphilologen und Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums August Meineke (1790-1870) und den späteren Historiker Leopold von Ranke (1795-1886) kennen, mit denen er lebenslang befreundet bleibt. Zahlreiche erhaltene Widmungsblätter aus den in Schulpforta verbrachten Jahren bezeugen die dort geschlossenen Freundschaften (Archiv der BBAW, Nachlaß Ehrenberg Nr. 17).
Ehrenberg schließt am 1. März seine Schulbildung in Schulpforta ab und immatrikuliert sich auf väterlichen Wunsch an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Nach Abschluss des Theologiestudiums wechselt er dort an die Medizinische Fakultät. Hier studiert Ehrenberg bei dem Botaniker, Naturhistoriker und Direktor des Botanischen Gartens Christian Friedrich Schwägrichen (1775-1853), sowie bei dem Anatomieprofessor Johann Christian Rosenmüller (1771-1820), der medizinische und naturkundliche Studien betreibt. Befreundet ist Ehrenberg insbesondere mit dem späteren Botaniker Gustav Kunze (1793-1851) und dem späteren Anatom Ernst Heinrich Weber (1795-1878) sowie dem späteren Zoologen Friedrich Tiedemann (1781-1861).
Eine Fußwanderung durch das Fichtelgebirge nützt Ehrenberg für das praktische Studium von Flora und Fauna.
Ehrenberg, seit dem Wiener Kongress „Preuße“, war der allgemeinen Militärpflicht unterworfen, es erfolgt daher die Übersiedelung nach Berlin, wo Ehrenberg hofft, sich zugleich seinen Studien widmen zu können. „Beim Eintritt in die Stadt glaubte ich“, so Ehrenberg bei seiner Ankunft am 14. August, „wir seien durch nasse Wolken in den lieben Himmel geraten, so flimmerten die 1000 Laternensterne nah und fern um uns herum. Ich war so berauscht, daß ich schier die Leute, welche zahlreich aus der Visitatorstube strömend unsern Wagen umringten, in größter Harmonie mit einem Bilde für einen Chor der lieben Engel ansehen wollte. Im nämlichen Augenblicke bemerkte ich, daß meine bepackten Reisegesellschafter indische Silberlinge in die dargereichten Hände gleiten ließen. Es überzeugte mich, daß ich in Berlin sei“ (zitiert nach Laue 1895, S. 20). Ehrenberg mietet sich in der Neuen Friedrichstrasse 54 für preiswerte 3 Taler monatlich ein. „Berlin“, so Ehrenberg, „ist eine weitschichtige Stadt, worinnen sich Menschentausende verlieren. Die Häuser sind, einige ausgenommen, Paläste, die öffentlichen Gebäude sind kolossal. Die Menschen laufen durch- und widereinander, essen, trinken, tummeln sich, schlafen und sterben“ (zitiert nach Laue 1895, S. 21).
An der Berliner Universität, deren Rektor er Jahrzehnte später werden wird (1855/1856), studiert Ehrenberg Medizin und Naturwissenschaften bei Hufeland, bei den Botanikern Heinrich Friedrich Link (1767-1851) und Johann Christoph Friedrich Klug (1775-1856), dem Zoologen Martin Heinrich Karl Lichtenstein (1780-1857) sowie dem Anatom, Physiologen und Zoologen Karl Asmund Rudolphi (1771-1832). Es beginnen erste mikroskopische Untersuchungen, die zur Entdeckung des Schimmelpilzes Syzygites führen.
Ehrenberg freundet sich mit dem Botaniker und Kurator des Botanischen Gartens in Berlin, Diederich Franz Leonhard von Schlechtendahl (1794-1866) sowie dem Zoologen und Arzt Friedrich Wilhelm Hemprich (1796-1825) an, mit dem er zeitweise auch zusammen wohnt.
An Ostern zieht Ehrenberg um in die Letzte Straße (Dorotheenstraße) 8. Nach seinem Rigorosum am 5. Juni schließt er am 5. November sein Studium mit einer in der Fachwelt vielbeachteten Promotion über Die Schimmelwälder Berlins (Sylvae mycologicae Berolinenses) ab. Es folgt ein Aufenthalt in Delitzsch: „Daß man in Delitzsch meine Dissertation nicht versteht, ist natürlich, weil, was ich in Jahren sammelte, auch Jahre bedarf, um von Männern vom Fache verstanden zu werden“ (zitiert nach Laue 1895, S. 25). Entgegen dem väterlichen Wunsch, sich in seiner Heimat als Arzt niederzulassen, entscheidet sich Ehrenberg für eine wissenschaftliche Laufbahn.
Ergebnisse stellt er in der Fachliteratur vor und hält Vorträge in der Gesellschaft der Naturforschenden Freunde, deren Mitglied er später werden wird (1831). In dem seit Ende Oktober von einer Weltreise zurückgekehrten Botaniker und Dichter Ludolf Adelbert von Chamisso, der ihm während seiner Expedition gesammelte Exponate zur Verfügung stellt, findet Ehrenberg einen weiteren Freund. In der botanischen Zeitschrift Linnaea veröffentlicht Ehrenberg Bearbeitungen von Pilzen aus Chamissos Sammlung (Chamisso 2004, S. 128).
Christian Gottfried Nees von Esenbeck (1776-1858), Präsident der Akademie, ernennt Ehrenberg zum Mitglied der Leopolina-Carolina, der Deutschen Akademie der Naturforscher in Halle; gemeinsam mit Nees von Esenbeck wird Ehrenberg später die Werke Robert Browns übersetzen: Robert Brown's Vermischte botanische Schriften. In Verbindung mit einigen Freunden ins Deutsche übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Dr. C. G. Nees von Esenbeck, die 1825 bis 1834 erscheinen.
Am 5. September schreibt Ehrenberg in Delitzsch an Nees von Esenbeck: „Ich kehre nach Berlin zurück, kehre bald zurück. Ew. Hochwohlgeb. Machen mir ja selbst Muth zu Verfolgung des Zieles, wohin ich mit allen meinen Beziehungen strebe. Mögte nur der Weg möglich werden, den ich als den allein bis ans Ende führenden erkenne. Anschauung des Lebendigen ist der Weg. Ein Zoolog aus dem Museum gebildet, ein Botaniker aus dem Hebrarium entsprossen, ein Mineralog durch Steinpröbchen erweckt und genährt, sind, wenn sie genial erscheinen, zu betrauern, sie führen immer den Hemmschuh mit sich, welcher ihre Kraft schwächt und die Schwingen des Geistes lähmt (...) Ich mögte Reisen. Die Idee einer Reise ist mein Ideal“ (Stresemann 1954, S. 11).
Gemeinsam mit dem Generalleutnant und Archäologen Johann Heinrich Menu von Minutoli (1772-1846), Ludwig Theodor Liman (1788-1820), Architekt und seit 1819 Professor an der Berliner Kunstakademie, sowie dem Orientalisten Augustin Scholz (1794-1852), nimmt Ehrenberg, ebenso wie der mit Ehrenberg befreundete Wilhelm Hemprich, im Auftrag der Berliner Akademie der Wissenschaften an einer fünfjährigen Expedition teil. Der ebenfalls mit Ehrenberg befreundete Alexander von Humboldt protegiert die Expeditionsteilnahme der beiden Naturforscher, die den preußischen Staat beinahe 23000 Taler kosten sollte. Nicht zuletzt stattet er sie im Verlauf der Reise mit zahlreichen Empfehlungsschreiben aus. Im Juni verlassen Ehrenberg und Hemprich Berlin. Die Reiseroute führt über Wien nach Triest. Hier trifft die Reisegruppe zusammen, der als „Gehülfe der Naturforscher“ Wilhelm Söllner angehört. Am 5. August legt das Schiff „Il Filosofo“ ab und erreicht am 2. September die nordafrikanische Küste. Ende Oktober schreibt Ehrenberg an Lichtenstein: „Die lybische Wüste ist nichts weniger als eine Wüste in Betracht der Naturforschung. Bey Berlin ist es sandiger und auf dem Sande steriler als hier, aber was hilft uns unser mühsames Zusammentragen der Gegenstände, wenn die Bosheit der nichtswürdigen Begleiter durch absichtliches oder doch einsichtsloses Umwerfen unserer Kisten in einem Moment zerstört oder verdirbt, was wir mit tagelanger Mühe gesichert zu haben meynten“ (zitiert nach Stresemann 1954, S. 18). Nach dieser fehlgeschlagenen Expedition in die libysche Wüste, in der das Ziel – die Erforschung der Cyrenaica – nicht erreicht wurde, kehrt die Forschergruppe im Dezember nach Alexandria zurück. Ehrenberg und Hemprich trennen sich von Minutoli.
Auf der im Februar angetretenen Weiterreise von Alexandria nach Kairo stirbt Wilhelm Söllner. Von Kairo aus unternehmen Ehrenberg und Hemprich zwei aufeinanderfolgende Exkursionen ins Fajum, reisen nach Oberägypten und erreichen am 25. November Assuan.
Im Februar erreichen die Reisenden Dongola. Während Hemprich nach Kairo zurückkehrt, bleibt Ehrenberg bis zum Herbst vor Ort, wird jedoch von Hemprich nach Kairo berufen.
Ehrenberg erreicht im Februar Kairo. Es folgt eine mehrwöchige Exkursion zur Untersuchung des Nildeltas. Von Kairo aus reisen Hemprich und Ehrenberg im Mai nach Suez und ins Sinaigebirge, besuchen Tor und Akaba. Hemprich kehrt im Oktober zur Organisation der weiteren Expedition nach Alexandria zurück, Ehrenberg nimmt auf dem Sinai weitere Untersuchungen vor. Die Unterschlagung der Reisegelder durch den preußischen Konsul Brandenburg zwingt ihn ebenfalls zur Rückkehr.
Ehrenberg trifft am 24. Februar in Alexandria ein. Am 6. Mai reisen Ehrenberg und Hemprich in den Libanon. Die geplante Weiterreise nach Damaskus und Jerusalem kann nicht stattfinden, beide kehren Mitte August nach Ägypten zurück. Nach dem Eintreffen weiterer Reisegelder wird die Expedition fortgesetzt, die Forscher reisen von Kairo nach Suez und erreichen im Dezember Djedda.
Aufenthalt am Roten Meer, Besuch der Farsan-Inseln. Am 25. April erreicht die Reisegruppe Massaua (heute Eritrea). Hier stirbt am 30. Juni der Expeditionsteilnehmer und enge Freund Wilhelm Hemprich. Ehrenberg, darüber hinaus in einer schwierigen finanziellen Situation, tritt die Rückreise an und kommt Anfang November in Alexandria an. Am 4. Dezember erreicht sein Schiff nach „glücklicher 19tägiger Fahrt (...) den Hafen von Triest“, so der Bericht an Johann Gottfried Ehrenberg. „Hier muß ich 50 Tage bleiben um die Pest abzuschütteln die mir anhangen könnte, dann komme ich über Wien direkt zu Ihnen (Brief Nr. 214 vom 5.12.1825, Archiv der BBAW, Nachlaß Ehrenberg Nr. 2). An Christian Gottfried Nees von Esenbeck schreibt er im selben Monat resümierend: „Ich ging leichtsinnig, gesund und froh von Ihnen und komme krank, betrübt und schwermüthig wieder. Was ich thun konnte, habe ich treulich gethan, unter bessern Verhältnissen hätt’ ich selber mehr gethan. Aus 3 Jahren, die wir uneigennützig aufopfern wollten, sind, ohne es pflichtgemäs ändern zu können, 6 geworden und das letzte raubte den Gewinn des Ganzen“ (zitiert nach Stresemann 1954, S. 147-148).
Im Januar unternimmt Ehrenberg Reisen nach Venedig und Padua, „der Vaterstadt des Livius“, und bemüht sich im Auftrag Rudolphis um Kontakte zu italienischen Gelehrten, wie er diesem mitteilt (Brief Nr. 284 vom 23.1.1826, Archiv der BBAW, Nachlaß Ehrenberg Nr. 2). Am 23. Januar Tod des Vaters (Brief Nr. 252 vom 28.1.1826 von Carl Ehrenberg, Archiv der BBAW, Nachlaß Ehrenberg Nr. 2). Im März kehrt Christian Gottfried Ehrenberg über Wien, Prag und Dresden nach Berlin zurück. Während der unter schwierigen politischen Bedingungen stattfindenden und mit enormen gesundheitlichen Risiken verbundenen Forschungsreise durch Ägypten, Nubien, nach Palästina, durch Syrien, den Libanon und Eritrea (Abessinien) werden zahlreiche Exponate gesammelt; die über 4000 Tierarten in 34000 Exemplaren und über 3000 Pflanzen in 46000 Formen sowie 300 verschiedene „Gebirgsarten“ gelangen in 114 Kisten in das Königliche Museum (vgl. Humboldt 1826; Bolling 1976, S. 14-25). Diese Sammlung Ehrenbergs werden in den folgenden Jahren zusätzliche Proben bereichern, die er von befreundeten Forschern erhält und die seiner Kollektion globalen Charakter verleihen.
Am 13. November liefert Alexander von Humboldt einen Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich. Bei einer Teegesellschaft, die der Physiker Paul Erman im selben Monat für Alexander von Humboldt gibt, sind neben Ehrenberg, auch Adelbert von Chamisso, der Astronom Johann Franz Encke sowie der Geograph Karl Ritter geladen. Ehrenberg beginnt mit der wissenschaftlichen Untersuchung und Beschreibung der `Funde´, zu der auch detailreiche Zeichnungen gehören, veröffentlicht in den folgenden Jahren seine Erkenntnisse in mehreren Fachartikeln und referiert diese zugleich in zahlreichen Vorträgen. Während seiner Abwesenheit war Ehrenbergs zweites mykologisches Werk, De Mycetogenesi (1821) erschienen.
Am 30. Dezember wird er als wirkliches Mitglied in die „Gesellschaft der Freunde der Humanität“ aufgenommen.
Ehrenbergs am 10. Februar gehaltener Vortrag „Beschreibung
seiner Reise von Suez nach dem Berge Sinai“ bildet den Auftakt zu zahlreichen
weiteren Berichten über seine vorangegangene Expedition in der
Humanitätsgesellschaft.
Christian Gottfried Ehrenberg wird Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin und zum außerordentlichen Professor an der medizinischen Fakultät der Universität Berlin ernannt. Seine Vorlesungen sind eine Einleitung in das physiologische und anatomische Studium der wirbellosen Tiere. Die Verleihung des Roten Adlerordens würdigt seine bisherigen Verdienste.
In seinem zweibändigen Werk Symbolae physicae seu icones et descriptiones (Suppl.: icones adhuc ineditae) corporum naturalium novorum aut minus cognitorum quae ex itineribus per Libyam, Aegyptum, Nubiam, Dongalam, Syriam, Arabiam et Habessiniam veröffentlicht Ehrenberg die wissenschaftlichen Ergebnisse seiner fünfjährigen Expedition. Vermittelt durch Alexander von Humboldt erhält Ehrenberg finanzielle Unterstützung durch Altenstein, die ihm erlaubt, das Werk mit einem umfänglichen Corpus an Zeichnungen ausstatten zu lassen. Zugleich erscheint bei Mittler in Berlin der Band Naturgeschichtliche Reisen durch Nord-Afrika und West-Asien in den Jahren 1820 bis 1825. Ehrenberg beginnt mit seinen Infusorienstudien.
„Abreise von Berlin am 12. April Abends“, notiert Ehrenberg in sein Tagebuch der russisch-sibirischen Reise, die er gemeinsam mit Alexander von Humboldt und dem Mineralogen Gustav Rose unternimmt (Archiv der BBAW, Nachlaß Ehrenberg Nr. 6). Diese Forschungsreise nach Russland führt zunächst über Königsberg und Dorpat nach St. Petersburg, dann am 20. Mai weiter zum Ural und nach Sibirien bis zum mongolischen Altaigebirge an die Grenze zu China. Anfang November ist die Forschergruppe wieder in Moskau, im Dezember erfolgt über St. Petersburg und Dorpat die Rückkehr nach Berlin.
Am 1. Januar verlobt sich Ehrenberg mit Julie Rose, Tochter des schwedischen Konsuls und vermögenden Kaufmanns Rose in Wismar. Ihre Schwester Mathilde ist mit dem mit Ehrenberg ebenfalls befreundeten Chemiker Heinrich Rose, dem Bruder Gustav Roses, verheiratet. Am 20. Mai findet in Wismar die Eheschließung statt.
Ehrenberg wird zum Korrespondierenden Mitglied der zoologischen Sektion des Institute de France ernannt. Er wird Mitglied der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin.
Ehrenberg, der bereits im Rahmen seiner Forschungsreise an den Korallenriffen der Halbinsel Sinai erste gründliche Untersuchungen vornahm und 62 Arten entdeckte, nimmt seine Arbeiten über die Korallentiere wieder auf und führt sie fort.
Ehrenberg erhält den Prix pour Physiologie expérimentale de l’Institute de Paris. Geburt des ersten Sohnes Johannes, sein Pate wird Alexander von Humboldt.
Ehrenberg unternimmt eine wissenschaftliche Reise nach Skandinavien. Er legt erste Ergebnisse seiner Untersuchungen zur mikroskopischen Anatomie des Nervensystems vor, die zur Entdeckung der Nervenzelle führten (vgl. Kirsche 1977).
Am 23. Januar Geburt der ersten Tochter Helene, die 1857 den Botaniker Johannes von Hanstein heiraten wird. Im Juli stirbt der erstgeborene, von Schleiermacher getaufte Sohn. Dem befreundeten Botaniker Carl Friedrich Philipp Martius (1794-1868) in München schreibt Ehrenberg: „Den lebenskräftigen Sohn, der zum tüchtigen Manne gereift seine Eltern begraben sollte, habe ich selbst begraben. Es geschieht oft, aber es ist wie ein Eingriff in die Rechte der Natur. Der fröhliche, kräftige, gleichmässig entwickelte Knabe hat uns in seinem kurzen Leben namenlose Freude gemacht. Wie ein Engel himmlischen Einflusses war er uns zugesellt!“ (Hanstein 1877, S. 149-150). Später heißt es: „Der kleine Johannes blieb ein unsichtbares Glied unseres Elternhauses und empfing die Liebe der nachgeborenen Geschwister durch die lieblichen Berichte aus seiner Kindheit“ (Ehrenberg 1905, S. 8).
Am 27. Mai Geburt der Tochter Mathilde, die den Chemiker Karl Friedrich Rammelsberg (1813-1899) heiraten wird.
Die Familie Ehrenberg zieht in die Französische Strasse 36. Am 23. Juli Geburt der Tochter Laura. Im Herbst nimmt Ehrenberg in Jena an der 14. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte teil; er legt dem Fachgremium sein Infusorien-Werk vor. Einzelnen Mitgliedern werden eigens aus Berlin mitgebrachte Proben unter dem ebenfalls mitgeführten Mikroskop von Pistor vorgeführt (vgl. Lischke 1976).
Rudolphi, der Lehrer Ehrenbergs stirbt. Ehrenberg wird in die Royal Society of Sciences in London aufgenommen und erhält den Sömmeringschen Preis für die Förderung der Physiologie.
Seit seiner Rückkehr aus Russland liegt Ehrenbergs Forschungsschwerpunkt auf der systematischen Erschließung der Mikroorganismen und der Erforschung ihrer Organisiertheit. Grundlage seiner Untersuchungen sind nicht nur Wasser-, Gesteins- und Sedimentproben, sondern darüber hinaus Partikel aus verschiedenen lebensweltlichen Zusammenhängen – so u.a. Staubproben.
Bei Voss in Leipzig erscheint, bestehend aus einem dreisprachigen Textband (deutsch, französisch, lateinisch) und einem Tafelband, sein monumentales Werk Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Ein Blick in das tiefere organische Leben der Natur, das in der Fachwelt, etwa von Cuvier an der Pariser Akademie, begeistert aufgenommen wird. Ehrenberg reist nach Frankreich und England. Die Geological Society verleiht ihm die Wollaston Medal.
Am 28. September, einen Tag vor Ehrenbergs Rückkehr von seiner Englandreise, Geburt der Tochter Clara, die später Ehrenbergs wissenschaftliche Tätigkeit unterstützen und beispielsweise die Schilderung seiner fünfjährigen Expeditionsreise niederschreiben wird (Stresemann 1954, S. 4).
Ehrenberg wird ordentlicher Professor für Medizin an der Universität Berlin. Im August präsentiert er „in den Neuen Kammern in Potsdam mehreren Fürstlichkeiten seine Präparate unter dem Mikroskop“; unter den Anwesenden ist auch Alexander von Humboldt.
Am 7. Oktober Geburt des Sohnes Hermann Alexander, Pate wird
Alexander von Humboldt (Archiv der BBAW, Nachlaß Ehrenberg Nr. 5).
1842
Ehrenberg wird ständiger Sekretar der
physikalisch-mathematischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften;
dieses Amt wird er bis 1867 innehaben. Er erhält den Orden Pour le Mérite für
Wissenschaften und Künste.
1844
Umzug in eine Wohnung Unter den Linden 21: Die neue Wohnung
bot, so Clara Ehrenberg, „neben den viel größeren Wohnräumen auch noch viel
Wirtschaftsgelaß durch die mit gemietete Hinterwohnung, die vom Staate bezahlt
wurde, um die zur Fortsetzung von Vaters Reisewerk „Symbolae physicae“ nötigen
Sammlungen dort unterzubringen (...)“ (Ehrenberg 1905, S. 33-34). Ehrenberg
unternimmt mit seiner Familie eine Reise nach Dresden und in die sächsische
Schweiz.
1845
Sommeraufenthalt der Familie im Seebad Boltenhagen.
1846
Ehrenberg begleitet seine Frau zur Kur nach Bad Ems und zum
Nordseebad Ostende; im Anschluss unternimmt er in Begleitung Alexander von
Humboldts sowie des Geologen Heinrich von Dechen eine Forschungsreise in die
Eifel. Auf dem Rückweg besucht die Reisegruppe in Hannover die „alte neunzigjährige
Schwester von Sir William Herschel, des berühmten Astronomen, dem sie bei den
Beobachtungen geholfen hatte, und die nun von England eine Pension erhielt“
(Ehrenberg 1905, S. 50).
1847
Julie Ehrenberg, die kankheitsbedingt den Winter bei der Familie
in Wismar verbracht hatte, kehrt im Frühjahr nach Berlin zurück, die Töchter
Mathilde und Laura werden in Pension gegeben. Im Rahmen seiner zweiten
Englandreise trifft Ehrenberg in Oxford Charles Darwin.
1848
Umzug von Unter den Linden in die Zimmerstrasse 85. Julie
Ehrenberg, bereits seit mehreren Jahren an einem Lungenleiden erkrankt, stirbt
am 5. Juli. Am 3. August wird Ehrenberg zum Dekan der medizinischen Fakultät
gewählt; er widmet sich der wissenschaftlichen Untersuchung der `blutenden
Hostien´. Tod der beiden Brüder Ferdinand und Karl. Ehrenberg reist im Herbst
in die Schweiz.
1852
Am 1. Mai heiratet Ehrenberg in zweiter Ehe Karoline
Friederike Friccius, die Tochter des Oberlandgerichtsrates und späteren
Generalauditeurs der preußischen Armee Karl Friedrich Friccius (1779-1856) und Nichte
des Chemikers Eilhard Mitscherlich (1794-1863). Ein Gast der
Hochzeitsgesellschaft ist Alexander von Humboldt.
1853
Ehrenberg wird Mitglied der „Gesetzlosen Gesellschaft zu
Berlin“, der sein Schwiegervater Karl Friedrich Friccius bereits seit 1822
angehört.
1854
Ehrenbergs Werk Mikrogeologie erscheint. Den Titel diese
zweiten Hauptwerkes diskutiert er im Briefwechsel mit Alexander von Humboldt.
1855
In diesem wie im folgenden Jahr ist Ehrenberg Rektor der Berliner
Universität.
1856
Als amtierender Rektor hält Ehrenberg am 3. August eine "Gedächtnisrede" zur Gründung der Berliner Universität, in der er auf die historische Situation "mitten in der Schuldenlast des unglücklichen Krieges, mitten in der Noth", den Hauptorganisator, Wilhelm von Humboldt, und die Einzigartigkeit ihrer Gründungsumstände eingeht: "Die Gründung dieser Universität ist nicht vergleichbar der Gründung irgend einer andern bekannten Universität. Sie war nicht als Erzeugnis eines Herrschers, der sich mit Vertretern der Wissenschaft und höherer Bildung einen größeren Hofstaat und Glanz geben wollte. Sie war auch nicht das Produkt einer Verwaltung, die alles Heil in starren und festen Formen suchend, nur wohl und streng geschulte Beamte für ihren Zweck zu erziehen strebte. Die Gründung dieser Universität war nicht der Ausdruck ökonomischer Berechtigung, welche dem Ueberflusse an Geldmitteln irgend eine nützliche oder gemeinnützige Anwendung zu geben beabsichtigt, auch nicht das Ergebnis Langerweile um irgend etwas Ehrenhaftes zu schaffen im langen Frieden (...) Auch nicht ein kirchlicher Zwiespalt hat diese Universität hervorgerufen, so wenig als irgend eine andere kirchliche oder politische Demonstration, wie sie nicht selten den neuen Bildungsanstalten zum Grunde liegt" (zitiert nach Ehrenberg 1856, S. 4). Zugleich blickt Ehrenberg aus der Perspektive des Naturwissenschaftlers, die mit der Vorliebe des Königs Friedrich Wilhelm III. "für die Schönheit der Natur, für schöne Pflanzen und zierliche Thierformen" korrespondiere, auf die Eignung Berlins als Universitätsstandort: "Es ist in den Verhandlungen bei der Gründung der Universität ausdrücklich ausgesprochen, daß die Hauptstadt sich deshalb am meisten dazu eigne, sie wirksam aufzunehmen, weil es in Berlin schon mancherlei wissenschaftliche größere Einrichtungen und Sammlungen gab, welche sogleich zur Benutzung geöffnet werden konnten. Namentlich waren es die medicinischen und Natur-Wissenschaften, welche mehr als alle übrigen Lehrzweige durch die Kostbarkeit ihrer Hülfsmittel Berücksichtigung verlangten und in Berlin leichter als anderswärts in der nöthigen Weise ausgestattet werden konnten" (zitiert nach Ehrenberg 1856, S. 7).
Ehrenberg bezieht in der Französischen Straße 29 die
Erdgeschosswohnung, die er bis zu seinem Tod bewohnen wird; in der oberen Etage
befinden sich die Sammlungen der „Gesellschaft der Naturforschenden Freunde“.
1860
Ehrenberg wird zum Geheimen Medizinalrat ernannt. Als
Nachfolger des im Jahr zuvor verstorbenen Alexander von Humboldt wird er
auswärtiges Mitglied der Pariser Akademie.
1867
Ehrenberg muss sich einer Augenoperation (Grauer Star)
unterziehen.
1868
Im Herbst Aufenthalt in der Schweiz: Montreux, Bex. Beginn
der Niederschrift seiner Expeditionsreise durch die Tochter Clara.
1869
Ehrenberg erhält den Prix Cuvier.
1876
Christian Gottfried Ehrenberg stirbt am 27. Juni in Berlin.
Als Begründer der Mikropaläontolgie und der Mikrobiologie
ist Christian Gottfried Ehrenberg nicht nur zu Lebzeiten ein international anerkannter
Wissenschaftler, der zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bestimmte; seine
Forschungen, insbesondere seine Artenbeschreibungen auf der Basis neuer
methodischer Verfahren und die von ihm vergebenen taxinomischen Namen spielen
nach wie vor in Molekularbiologie und Biochemie eine Rolle.
AM
Literatur
Bolling 1976 = Rolf Bolling, Das leben und das Werk
Christian Gottfried Ehrenbergs. Erweiterter Festvortrag zur 100. Wiederkehr
seines Todestages am 26. Juni 1976, hg. vom Kreismuseum Delitzsch 1976
Chamisso 2004 = Nadeshda Nikolejewna Imchanizkaja, Adelbert
von Chamissos Hebrarium im Botanischen Museum von St. Petersburg, in: Mit den
Augen des Fremden. Adelbert von Chamisso – Dichter, Naturwissenschaftler,
Weltreisender, Ausstellungskat. Berlin 2004, S. 123-132
Ehrenberg 1905 = Unser Elternhaus.
Ein Familienbuch für meine Geschwister und deren Kinder und Enkel. Nach eigenen
Erinnerungen von Clara Ehrenberg, als Manuskript gedruckt, Berlin. Max Schildberger in Kommission.1905
[2nd ed.
of: A Biographical Dictionary of the Anglo-Egyptian
Laue 1895 = Max Laue, Christian
Gottfried
Ehrenberg.
Ein Vertreter deutscher Naturforschung im neunzehnten Jahrhundert 1795-1876.
Nach seinen Reiseberichten, seinem Briefwechsel mit A. v. Humboldt, v.
Chamisso, Darwin, v. Martius u.a. Familienaufzeichnungen, sowie anderem
handschriftlichen Material, Berlin
1895
Person: Christian Gottfried Ehrenberg, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/5188.
Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/5188