Lebenslauf:
1766
Caroline von Dacheröden
wird als einzige Tochter von Carl Friedrich
Freiherr von Dacheröden Erbherr auf Burggörner und preußischer
Kammerpräsident und seiner Frau Ernestine Friederike, geborene Gräfin von
Hopffgarten, am 23. Februar in Minden/ Westfalen geboren.
1774
Tod der Mutter.
1787
Über Briefkontakte mit Dorothea Veit, Henriette Mendelssohn, Caroline
v. Wolzogen, Karl v. La Roche u. a. wird Caroline v. Dacheröden Mitglied im
so genannten "Tugendbund", einer freundschaftlichen Vereinigung
junger
Literaten und Kunstliebhaber ohne ständische oder religiöse Schranken in
Berlin. Henriette Herz etabliert diesen Bund, dessen Zweck die
"gegenseitige sittliche und geistige Heranbildung sowie Übung
werktätiger
Liebe" (Herz 1984, S. 82) ist, als eine engere Geselligkeitsform neben
ihrer Aktivität als Salonière. Carolines Name in diesem Bund ist
"Li". Rahel
Lewin wird kein Mitglied dieser von Sturm und Drang und Empfindsamkeit
geprägten Freundschaftsinstitution, wohl aber eine gute Bekannte
Carolines.
1788
Gemeinsam mit Karl von La Roche, der sich Hoffnungen auf eine
Verbindung mit Caroline macht, besucht Wilhelm v. Humboldt das Haus
Dacheröden. La Roche zieht sein Vorhaben vornehm zurück, als er die enge
Verbindung zwischen Wilhelm und Caroline während des kurzen Aufenthalts
bemerkt.
Im August begegnen sich Wilhelm von Humboldt und Caroline im Salon
von Henriette Herz, bzw. innerhalb des "Tugendbundes". Die mit
Wilhelm eng
befreundete Saloniére schreibt rückblickend über seine Verbindung mit
Caroline und ihre Auswirkungen auf den Bund: "Dieser Bund gab auch
später
den Anlaß zu seiner Heirat. Der Briefwechsel mit Caroline v. Dacheröden, in
welchem sie uns ihr Herz und ihren Sinn auf die gemühtvollste und
geistreichste Weise eröffnet, hatte sie uns als seiner völlig würdig kennen
gelernt.(...).
Wir Bündner dutzten einander. Jedoch machten hinsichtlich mehrerer
derselben spätere Lebensverhältnisse in Beziehung hierauf ihre Rechte
geltend. Als Wilhelm von Humboldt mit seiner jungen Frau nach Berlin kam, wo
ich sie dann zum ersten Male sah, nannte sie mich "Sie", und als fast
notwendige Folge hörte später auch das "Du" zwischen ihrem Gatten und
mir
auf" . (Herz 1984, S. 83 ff.)
Die Irritationen im Bund, die sich in einem Briefdisput über Statuten
niederschlagen, haben langfristig keine Auswirkungen auf die
freundschaftliche Verbindung von Henriette und Caroline.
1789
16. Dezember: Verlobung mit Wilhelm von Humboldt in Erfurt. Schiller,
der von Caroline v. Beulwitz schon einiges über Caroline gehört hat schreibt
an erstere im August: "Unsere Caroline habe ich bloß erahnen können.
Ihr
Geist überraschte mich, in ihr ist etwas Edles und Feines das man idealisch
nennen möchte. Wie wahr und wie tief sie fühlt müßte ein längerer Umgang
mich lehren; daß ich im voraus daran glaube versteht sich, aber die
Erscheinung gieng mir zu flüchtig vorüber, und ihr ganzes Wesen hat einen
gewissen Glanz der mich blendet". (Schiller 1979, S. 281 ff.).
Erkrankung Carolines, die schon seit frühester Kindheit mit einem
Brustleiden leben muß.
1790
Schiller schreibt über das Paar im Januar in einem Brief an Huber:
"Er ist beides, ein äußerst fähiger Kopf und ein überaus zarter edler
Karakter; vorzüglich lernte ich ihn bey einer Herzensangelegenheit kennen,
in der er mit einem Fräulein von Dacheröden aus Erfurt verwickelt ist. Er
ist mit ihr versprochen, und er hat Ursache, sich zu einer solchen Frau
Glück zu wünschen. Sie ist ein unvergleichliches Geschöpf; nur fürchte ich
für ihre Gesundheit, denn diesen Herbst wurde sie schon von den Ärzten
aufgegeben, jetzt hat sie sich aber wieder erholt". (Schiller 1979, S,
391).
1791
Juni: Hochzeit in Erfurt mit Wilhelm Freiherr von Humboldt.
1792
Geburt der ersten Tochter Caroline.
1794
Übersiedelung nach Jena. Geburt des ersten Sohnes Wilhelm.
1794-1796
Während der Jahre in Jena steht Caroline mit dem Ehepaar Schiller und
großen Teilen der Weimarer Gesellschaft in engem Kontakt. Der Arzt Hufeland,
Fichte, Johann Heinrich Voß u. a. sind häufige Gäste im Haus der Humboldts.
Eine Schwärmerei für Wilhelms Freund Wilhelm v. Burgsdorf stört die
glückliche Ehe nur kurzfristig.
1797
Komplizierte Geburt des Sohnes Theodor. Caroline entgeht knapp dem Tod.
Der Plan der Familie, nach Italien zu ziehen wird aufgrund der prekären
politischen Lage verworfen.
Mit Wilhelm v. Humboldt Übersiedlung nach Paris. Dort wird ihr Haus wieder
zum Treffpunkt der Gesellschaft. Deutsche Künstler wie Friedrich Tieck und
französische Berühmtheiten wie Madame de Staël sind Gäste der
Humboldts.
1799
Siebenmonatige Reise nach Spanien.
1800
Rückkehr nach Paris, Geburt der Tochter Adelheid.
1801-1808
Aufenthalt in Rom (Wilhelm v. Humboldt ist preußischer Ministerresident am
Hl. Stuhl).
In Rom richtet Caroline einen Salon ein. Das Haus Humboldt wird zum
Treffpunkt für deutsche Künstler und Literaten auf ihrer Reise durch
Italien.
1802
Geburt der Tochter Gabriele.
1803
Tod des Sohnes Wilhelm.
1804
Reise nach Deutschland, anschließend nach Paris. 2. Juli: Geburt der
Tochter Luise in Paris. 18. Oktober: Tod Luises.
1806
Januar: Geburt des Sohnes Gustav in Rom.
1808
Wilhelm zieht es zurück nach Preußen, wo er in den Kreis der Reformer
berufen und mit der Leitung der "Sektion für Kultur und Unterricht"
betraut
wird. Caroline, erneut schwanger, bleibt in Rom, da das Klima ihrer
Gesundheit besser bekommt. Die Erziehung und den Unterricht der Kinder
übernimmt sie selbst.
1809
Geburt des Sohnes Hermann. Tod von Carolines Vater. Mit Wilhelm
steht sie, wie in den Jahren zuvor, in engstem Briefkontakt. Wilhelm
bespricht mit ihr seine geschäftlichen Angelegenheiten und fragt sie um Rat.
Sie berichtet von der Familie, dem Leben in Rom und diskutiert in den
Briefen mit Wilhelm über Politik und seine Arbeit.
1815
Aufenthalte in Frankfurt, wo Wilhelm als preußischer Kommissar in
territorialen Angelegenheiten arbeitet.
1818
Henriette Herz besucht Rom und verkehrt ebenfalls im Haus der Humboldts. Ihre
autobiographischen Schriften geben kleine Ausschnitte von Begegnungen
zwischen ihr, Caroline und bekannten Personen, darunter Kronprinz Ludwig von
Bayern, wieder. Eine schöne Anekdote in Verbindung mit Caroline und dem Ruf,
den sie in der römischen Gesellschaft genießt, ist Henriettes
"Erinnerungen"
zu entnehmen: "Alles hat seine Kehrseite. Auch die Annehmlichkeiten,
welche mir aus der Geltung Humboldts in Rom erwuchsen, schlugen bei einer
Gelegenheit in das Gegenteil um. Frau von Humboldt hatte nämlich für sich
und ihre älteste Tochter Caroline am Frohenleichnahmstage 1818
Eintrittskarten zu dem Balkon eines Hauses auf dem Petersplatz erhalten, von
welchem aus die Prozession sich sehr gut und bequem ansehen ließ. Sie wurde
unwohl, ihrer Tochter kam eine Hinderung, und so bot sie mir die Billets an.
Ich wollte sie nicht annehmen, weil sie auf ihren Namen lauteten. "Nehmen
Sie sie" rief sie in ihrer Freundlichkeit, "Sie sehen das so nicht
wieder!"
Endlich nahm ich sie an, und ließ mich von einem Dänen nach dem bezeichneten
Hause begleiten. Bald trat ein Hauptmann von der Schweizergarde auf den
Balkon und fragte laut nach Eccellenza Umbolde. Als die Frage öfter
wiederholt wurde, sah ich mich, wie ungern auch, endlich genötigt,
Eccellenza Umbolde zu spielen, worauf dann die Mitteilung erfolgte, daß
Emienza Cardinale Consalvi sich erkundigen ließ, ob Eccellenza Umbolde von
ihrem Platz aus gut sähen. Aber damit war es nicht abgetan. Als die
Prozession der Geistlichkeit vorüber war und nur noch das Militär
vorüberzog, ertönte von neuem die Frage nach Eccellenza Umbolde aus dem
Munde eines Offiziers, welcher uns dann hinuntergeleitete und uns vier
Schweizergardisten übergab, um uns nach der Peterskirche zu eskortieren. Der
Zug des Militärs mußte haltmachen, um uns durchzulassen, und unsere
Begleiter trieben und stießen dann mit solchem, ihnen ohne Zweifel zur
Pflicht gemachten, Eifer alles, was von Zuschauern irgend unserm Vordringen
hinderlich war, auseinander, daß dagegen meine lebhaftesten Vorstellungen
vergeblich waren. Ja ich bot ihnen zuletzt Geld, wenn sie nur uns verlassen
wollten, aber auch dieses Erbieten blieb fruchtlos. - Ich nahm mir heilig
vor, niemals wieder eine andere Person darzustellen als meine eigene, am
wenigsten aber in Rom jemals wider die Eccellenza Umbolde, vor welcher auf
höchsten und heiligsten Befehl alles mit Kolbenstößen aus dem Weg getrieben
wurde". (Herz 1984, S.86 ff.)
Ab 1819
Caroline von Humboldt lebt bis 1819 überwiegend in Italien. Im
Juni trifft sie Wilhelm in Heidelberg. Anschließend erfolgt der endgültige
Umzug nach Berlin. Ab 1820 wohnt Caroline in Tegel bei Berlin. Sie etabliert
einen weiteren Salon. Die Humboldts empfangen hier eine Reihe von illustren
Gästen, wie z.B. die Prinzessin Radziwill, die Schwester des Prinzen Louis
Ferdinand, August Wilhelm von Gneisenau, die Bildhauer Rauch und Tieck sowie
die Dichter Adelbert von Chamisso und Achim von Arnim.
Trotz verschiedener Kuren verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand
Carolines in den 20er Jahren.
1829
Tod Carolines am 26. März in Berlin/ Tegel im Alter von 63 Jahren.
Der Biographik über Caroline von Humboldt fällt es schwer, ihre Geschichte
getrennt vom Leben ihres berühmten Gatten zu betrachten. Wer immer über
Caroline schreibt, betont ihre Rolle als Frau Wilhelm v. Humboldts, ihre
Billigung langer Trennungen und die Unterstützung, die sie ihrem Mann
zukommen läßt. Ebenfalls wird Caroline als fürsorgliche Mutter und
Familienmensch dargestellt. Ein weiterer Topos betrifft ihre
gesellschaftliche Begabung und ihr Auftreten als Salonière. Diese Punkte
werden jedoch selten eigenständig behandelt.
Am 3. März 1818 schreibt Wilhelm von Humboldt nach 27 Jahren Ehe aus London
an Caroline in Italien: "Es ist eine unendliche Einheit des Denkens und
Empfindens in uns beiden, und nichts beglückt mich so sehr. Ich glaube
nicht, daß es noch zwei Menschen auf Erden gibt, auf die das verehelichte
Leben (...) so tief und so wechselseitig gewirkt hat. Ich kann mir Schritt
für Schritt nachweisen, wie ich alles durch Dich geworden bin, teures,
geliebtes Wesen, wie selbst, was mir angehört, sich höchstwahrscheinlich nie
entwickelt hätte, und wie das Gefühl der vollsten, natürlichsten und
höchsten Weiblichkeit, was keine Frau auf Erden so wie Du gibt, indem es
schon in mir eine Stimmung fand, die gern und tief darin einging, eine
Eigentümlichkeit in mir ausgebildet hat, an der alles andere hängt, und die
außer Dir kein anderer Mensch so kennt oder nur ahndet".
Ein Brief vom Januar desselben Jahres beginnt mit den Worten: "Mit
Dir, wenn Du je hierherkommst, wird es tausend Gelegenheiten zu
lachen geben". (Wilhelm und Caroline v. Humboldt 1920, S. 277 und
275).
Verwendete Literatur:
Herz, Henriette: In Erinnerungen, Briefen und Zeugnissen. Hrsg. von
Rainer Schmitz. Leipzig und Weimar: Kiepenheuer 1984.
Humboldt, Caroline und Humboldt, Wilhelm: Wilhelm und Caroline von
Humboldt in ihren Briefen 1788-1835. Hg. von Anna von Sydow. Berlin:
Mittler & Sohn 1920
Schiller, Friedrich: Schillers Werke: Briefwechsel 3. Teil:
1788-1790. Hrsg. von Julius Petersen, Liselotte Blumenthal, Norbert
Oellers. Weimar: Böhlau 1979. (=Schillers Werke. Nationalausgabe Bd. 25.
Hrsg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik und des Schiller
Nationalmuseums in Marbach)
SH