August Neidhart Gneisenau

Lebensdaten

Namensformen

Namensvarianten:
Graf August-Wilhelm Neidhardt von Gneisenau

Biographie

Lebenslauf:
Die "Neue Deutsche Biographie" teilt das Leben Gneisenaus in drei Abschnitte ein: Der erste umfaßt den Zeitraum von 1760 bis 1806. Er verlief zwar nicht ereignislos, war doch im Verhältnis zum zweiten Abschnitt, von 1806-16, in dem Gneisenau seine bedeutendsten Jahre erlebte, sein Lebenswerk begründete und sich einen Namen machte, weniger spektakulär. Den dritten Abschnitt definiert die NDB als "15 Jahre zu langen Lebensabend". Er dauerte von 1816 bis zu seinem Tod 1831. Gneisenau war hier noch in preußischen Diensten, erlangte aber nicht mehr den Einfluß und die Bedeutung, die ihm während der zeit der napoleonischen Besatzung zukam. 1760-1806:, Gneisenau mußte seine Kindheit bis zu seinem sechsten Lebensjahr in äußerster Bescheidenheit verbringen. Der Vater war Artillerielieutenant bei einem Kontingent der Reichsarmee und kämpfte im Sieben jährigen Krieg gegen Friedrich II. Die Mutter begleitete ihren Mann auf dem Feld starb aber bei Saalfeld im Winterquartier aufgrund der großen Anstrengungen. Der Sohn kam zu Pflegeeltern. Durch den Umzug zum Großvater Johannes Georg Müller nach Würzburg verbesserte sich seine Situation. Er wohnte in einem Patrizierhaus, war ein gebildeter Mann und ließ dem jungen Gneisenau eine gewisse Schulbildung durch einen Freund, den Pfarrer Herwig, zukommen. 1773 zog Gneisenau nach dem Tod der Großeltern zu seinem Vater nach Erfurt, der dort wieder geheiratet hatte und nun als Architekt arbeitete. Hier ging der 13 jährige G. aufs Ratsgymnasium und schloß eine dauernde Freundschaft mit Joh. Blasius Siegling, dem späteren Professor für Mathematik. Mit dessen Schwester ging G. eine Liebesbeziehung ein. Die "Allgemeine Deutsche Biographie" berichtet über die folgende Zeit: "Gneisenau stürtzte sich in allerlei wilde Zerstreuungen, verbrauchte sein von den Großeltern mütterlicher Seite ererbtes, nicht bedeutendes Vermögen und verließ Erfurt Ende 1778."In dieser Zeit fiel sein Entschluß Soldat zu werden. G. schloß sich einem österreichischen Husarenregiment an, wechselt wenig später in Ansbach-bayreuthische Dienste und schiffte sich mit einem Battallion 1782 im Solde Englands nach Halifax ein, um auf amerikanischem Boden Kriegserfahrung zu sammeln. Als G. dort eintraf waren der Krieg jedoch beendet und der Friedensvertrag von Versailles, der die Unabhängigkeit der amerikanischen Provinzen anerkannte, unterschrieben. Er kehrte nach Europa zurück. Vergeblich versuchte er in die preußische Armee aufgenommen zu werden, die damals als die schlagkräftigste und ruhmreichste des Kontinents galt. Nach mehreren gescheiterten Versuchen wurde sein Antrag 1786, noch unter Friedrich II. schließlich angenommen. Er kam allerdings nicht in das Gefolge des Königs, sondern in die kleine schlesische Garnision Jauer. Dort war er zunächst Premierleutnant, ab 1790 Stabskapitän und ab 1795 Kompagniechef. Seine Hoffnung, an den Koalitionskriegen gegen Frankreich teilzunehmen erfüllten sich nicht. Stattdessen wurde er nach Polen beordert., In der Friedenszeit schloß G. Bekanntschaft mit vielen gebildeten Familien in der Umgebung und beteiligte sich am geselligen Leben. Auch auf dem Land hatten sich nach dem Vorbild Berlins Zirkel und Salons entwickelt. In diesem Zusammenhang lernte er auch seine Verlobte und spätere Frau Caroline Juliane von Prittwitz-Hafron kennen. Sie war ungefähr 6 Jahre jünger als G. Beide erwarben Gut Mittel-Kaussungen. Caroline Juliane teilte die geistigen und künstlerischen Interessen ihres Gatten und ihr Haus wurde bald zum Mittelpunkt der ländlichen Geselligkeit. In dieser Zeit verfaßte G. auch Schriften zum Zustand des Heeres, zu neuen militärischen Taktiken und zu Politik. 1801 nahm G., nun im fürstlichen Battallion Rabenau angestellt, an Mänövern bei Berlin und Potsdan teil. Ihm entging dabei nicht, daß die auf den Exercierplätzen geübte Taktik veraltet war und den Anforderungen einer modernen Armee nicht entsprach. Die französischen Heere, mit Napoleon an der Spitze siegten in Europa mit anderer Taktik. Sie waren mobiler und um ein vielfaches schneller als das behäbig gewordene preußische Heer. Seine Bedenken sollten sich 1806 im Krieg gegen Frankreich voll bestätigen., 1806-1816:, In den zweiten Abschnitt seiner Biographie fallen die großen Taten Gneisenaus: Die Teilnahme an der Schlacht bei Jena/Auerstedt, die Verteidigung Kolbergs gegen die französischen Truppen, sein Wirken im Kreis der Reformer und der Sieg bei Waterloo über Napoleon., Am 9. Oktober erklärte Preußen Frankreich den Krieg. Gneisenau wurde im Vorhutsgefecht bei Saalfeld, wo Prinz Louis ferdinand fiel, verwundet. Dennoch nahm er an der Schlacht bei Jena/Auerstedt am 14. Oktober teil, konnte jedoch die deutliche Niederlage nicht beeinflussen. Im April wurde G. mit der Verteidigung Kolbergs betraut, dem Ort, der seinen militärischen Ruhm begründete. Zusammen mit dem Gouvaneuer Nettelbeck konnte unter seinem Kommando die Stadt bis zum Friedenschluß von Tilsit am 9. Juli gehalten werden. Die erfolgreiche und in der Folgezeit stark heroisierte Verteidigung Kolbergs, im 2. Weltkrieg von den Nazis als Paradebeispiel für deutschen Durchhaltewillen genutzt, hatte weniger mit der Überlegenheit einer deutschen Volksgemeinschaft gegen den anrückenden Feind, als vielmehr mit der Anwendung neuer Taktiken und militärischen Strategien zu tun. Gneisenau vereinigte Bürgerschaft und Garnision und belebte das offensive Element der Verteidigung neu, in dem er durch schnelle Manöver den Gegner immer im Vorfeld stellte und so die Kampflinie von der Stadt entfernte. Zudem konnte der mit 47 Jahren noch verhältnismäßig junge Kommandant die nötige Begeisterung in Armee und Bevölkerung entfachen. Für sein Engagement wurde G. mit dem Pour le merite ausgezeichnet und zum Oberstleutnant ernannt., Stärker als dieser Erfolg wog jedoch sein Vorstoß in den Kreis der preußischen Reformer. Die eindeutige Niederlage der preußischen Arme, ein stehendes Söldnerheer aus den tagen Friedrichs II. hatte gezeigt, wie überlegen das Bürgerheer Frankreichs unter Napoleons Führung war. Die Reorganisation der preußischen Armee nach französischem Vorbild war Programm. Mit den Militärs v. Boyen, Scharnhorst und Clausewitz trat G. für die Einrichtung der Allgemeinen Wehrpflicht, für die Abschaffung des übertriebenen Drills und der Prügelstrafe in der Armee und den Aufbau einer Militärakademie ein. Das Adelsmonopol für Offiziersstellen sollte beseitigt, die Führungsebene des Heeres gestrafft und die Armee bürgerlicher werden. G. und sein Umfeld verstanden das Militär als wichtigen Bestandteil der Gesellschaft. Diese sollte zur Teilnahme angeregt und einbezogen werden. Man übertrug G. mehrere Ämter. Er war gleichzeitig Kommandant von Kolberg und Mitglied der Kommission zur Untersuchung während der Ereignisse des Feldzuges 1806/07. Ferner wirkte er in der Kommission zur Ausarbeitung eines neuen Exercierrelements und des Artillerie- und Ingenieurdepardments. Außerdem war er Inspekteur aller Festungen und Vorsitzender de s Ingeneurskorps., In den Jahren 1808 und 1809 bemühte sich G. intensiv um den Anschluß der preußischen Armee an Österreich und um eine Volkserhebung gegen die französische Besatzung. Er stand damit ebenso wie der Freiherr von Stein im Gegensatz zur offiziellen preußischen Politik, die eine neutrale und abwartende Haltung eingenommen hatte. unter dem Druck Napoleons mußte G. Anfang Juli 1809 seinen Abschied aus der Armee nehmen. Die Zeit bis zu seinem Wiedereintritt 1813 verbrachte er zum zum einen auf seinem Gut oder auf diplomatischen Reisen nach England, SChweden und Österreich um weiter an einer Koalition gegen Napoleon zu schmieden. Im wesentlichen führte er dabei die Verhandlungen. Während der ganzen Zeit bezog er einen Sold vom preußischen König und stand in engem brieflichen Kontakt mit Stein und Hardenberg. Im Frühjahr 1813 erbat G. die Wiederaufnahme in die Armee. Er wurde zum Generalmajor befördert und in die schlesische Armee Blüchers versetzt. Nach Scharnhorsts Verwundung im Mai wurde er dessen Nachfolger als Generalquartiermeister. In Schlesien bemühte er sich um den Aufbau einer Landwehr. Nach Wiederaufnahme der Kampfhandlungen nahm G. unter der Führung Blüchers an den großen Schlachten bei Bautzen, Katzbach und Leipzig teil und war für die Erfolge in hohem Maße mitverantwortlich. Ende des Jahres wurde er zum Gneralleutnant ernannt. Der Oberbefehl oblag aber bis auf 14 Tage, in denen er krank war, Blücher. Auch 1814, als sich der Krieg in Frankreich zutrug war G. der zweite Mann hinter Blücher. Sein Hauptquartier war eines der Hauptzentren der Auseinandersetzung zwischen konservativen Heerführern, wie York, die versuchten retardierende Einflüsse auf die Kriegsführung und die Reformen auszuüben und der Fraktion der Modernisierer des Heeres, den G. vorstand. Das Qurtier wurde regelrecht zum Politikum. Trotz dieser Differenzen innerhalb der Armee konnte Napoleon 1814 besiegt und Paris eingenommen werden. G. erhielt zum Dank die Domäne Sommerschenburg (Magdeburg) und wurde in den Grafenstand erhoben.

während der französischen Besatzung ging Gneisenau in Berlin unter den Augen der Franzosen unbemerkt und unbeachtet als Amtmann Knoth umher (Denkwürdigkeiten von Heinrich und Amalie von Bequelin)

Werke/Literatur

Register

Fachregister:
  • Militär
  • Politik
Gruppen/Vereinigungen-Register:
  • Club im Haus des Buchhändlers Georg Andreas Reimer 1805 - 1815

Person: August Neidhart Gneisenau, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/606.

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