Karl Justus Gruner

Lebensdaten

Namensformen

Namensänderung:
Datum: 1815 Adelsprädikat: von

Genealogie

Genealogie:
Vater: Johann Christian Gruner, Vizedirektor der fürstlichen Landes- und Justitzkanzelei in Osnabrück, präsidierender Rat des evangelischen Landeskonsistoriums (1732- 1787) Mutter: Eleonore, geb. Baumeister, Tochter eines hildesheimer Bürgers Bruder: August Wilhelm Gruner (1778-1859), Überseekaufmann, Reeder Sohn: Justus Karl Alexander Friedrich Elliot Wilhelm Ferdinand von Gruner (1807-1885), preußischer Diplomat Tochter: Bertha, verheiratet mit Adolf von Rosenberg-Gruszcynski (1808-1884), preußischer General der Infanterie

Biographie

Lebenslauf:
1777
Am 2. März wird Justus als viertes Kind des Vizekanzleidirektors und
Konsistorialrats Christian Gruner und dessen Frau Wilhelmine in Osnabrück
geboren. Justus Möser wird sein Taufpate.

1778
Geburt seines Bruders August Wilhelm Gruner, des späteren Reeders und
Überseekaufmanns.

1787
Tod des Vaters. Möser hilft bei der Erziehung der Kinder.

1791
Besuch des Gymnasiums in Osnabrück.

1796-1798
Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Halle und Göttingen. Zu
seinem Freundeskreis gehören der spätere Heidelberger Verleger Christian
Winter, sowie die Brüder Johann Albrecht Eichhorn, der spätere preußischer
Kultusminister und Karl Friedrich Eichhorn, der später als Professor der Rechtswissenschaften an die Universitäten von Frankfurt/O., Berlin und Göttingen berufen wird.

Ab 1799
Rückkehr nach Osnabrück, wo Gruner als Advokat arbeitet. In den
nächsten Jahren versucht er sich als Literat. Ein Ergebnis ist der
zweibändige empfindsame Roman "Meine Wallfahrt zur Ruhe und Hoffnung".
Des Weiteren verfaßt Gruner einige Schriften zur Rechtspolitik, darunter die
"Versuche über Strafen", die "Aktenmäßige Erzählung eines angeblichen
Wundermädchens im Hochstift Osnabrück, das seit zwei Jahren ohne Speisen und Getränke gelebt haben wollte" und die Schrift "Leidenschaft und Pflicht. Eine Sammlung moralischer Gemählde".

Gruner verkehrt in militärischen Kreisen und schließt mit den späteren
Generälen Karl Freiherr v. Müffing und Karl Franciscus von Steinmetz
Freundschaft. Karl Friedrich von dem Knesebeck empfiehlt ihn für den
preußischen Staatsdienst.

1801
Eintritt in den preußischen Staatsdienst. Seine Aufgabe besteht u. a.
darin, in Schwaben und Franken Kolonisten für die durch die preußischen
Teilungen zugefallenen Gebiete Südpreußens anzuwerben. Sein Amtssitz liegt in Crailsheim.

1803
Beförderung zum Kammerrat. 1. Ehe mit Jeanne Francois Melanie Gilbert. Die Ehe wird noch im selben Jahr geschieden

1804
2. Ehe mit Caroline von Poellnitz, der Tochter des Ansbacher
Hofjägermeisters und späteren bayrischen Oberforstmeisters Wilhelm Ludwig Freiherr von Poellnitz. Die Hochzeit findet in Ansbach statt. Im selben Jahr Berufung nach Berlin. Anstellung in der Hauptverwaltung der polnischen Erwerbungen.

1805
Versetzung nach Posen.

1806
Ernennung zum Kammerdirektor an der dortigen Kriegs- und Domänenkammer.
Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon am 14. Oktober geht Gruner nach Memel, wo er schnell mit den Reformern Stein und Hardenberg in Kontakt kommt.

1807
Gruner wird Leiter der Kriegs- und Domänenkammer in Treptow an der Rega in Pommern.

1809
Im Zusammenhang mit der Einführung der von Stein initiierten
preußischen Städteordnung wird Gruner der Posten des Polizeipräsidenten von Berlin übertragen.

1810
Als Bekannter Heinrich v. Kleists versorgt er den Dichter mit
polizeilichen Nachrichten, die dieser in seiner Tageszeitung "Berliner
Abendblätter" veröffentlicht. Die im Boulevardstil verfaßten Nachrichten
haben einen großen Anteil am Erfolg der "Abendblätter". Auf Betreiben
Hardenbergs wird diese Form der Informationspolitik jedoch Ende des Jahres unterbunden.

1811
Ernennung zum Staatsrat. Gruners Einfluß als Leiter der Polizei
erstreckt sich nun über den ganzen preußischen Staat. In dieser
einflußreichen Position beteiligt er sich am Aufbau eines patriotischen
Netzwerks in Preußen mit dem Ziel, gegen die napoleonische Besatzung vorzugehen. Scheidung der 2. Ehe und Hochzeit mit Emilie Krause.

1812
Tod seiner 3. Frau. Nach Preußens Bündnis mit Frankreich quittiert
Gruner enttäuscht seinen Dienst und geht nach Prag, um hier die
Insurrektionsversuche gegen Napoleon voranzutreiben. Am 22. August erfolgt die von Metternich angeordnete Verhaftung Gruners, wohl um diplomatischen Irritationen zwischen Wien und Paris vorzubeugen.

Gruner wird auf der ungarischen Festung Munkatsch in Peterwardein
festgehalten.

1813
Auf Drängen Steins Haftentlassung Gruners und Berufung in die
Zentralverwaltung der antinapoleonischen Verbündeten nach Frankfurt a. M. Im
November erfolgt die Ernennung zum kaiserlich-russischen Staatsrat in
Düsseldorf. Gruners Aufgabe besteht im Aufbau der Landwehr und in der
Etablierung einer deutschen Verwaltung im Generalgouvernement Berg.

1814
Leitung der Verwaltung im Generalgouvernement Mittelrhein. Hochzeit mit
Anastasia Robin, der Tochter eines Transportinspekteurs aus Sennheim im
Elsaß.

1815
Parisaufenthalt. Gruner leitet die Rückführung der vom napoleonischen
Heer geraubten Kunstschätze. Erhebung in den Adelsstand. Seine politischen Gegner aus den Reihen der Reaktion verhindern jedoch, daß der als "Jakobiner" verleumdete Gruner eine einflußreiche Stellung im preußischen Staatsdienst bekommt.

1816
Ernennung zum Gesandten Preußens in Bern.

1819
Kuraufenthalt in Wiesbaden. Gruner wird hier von preußischen Beamten
mehrfach über seine Beziehungen zum "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn
verhört. Der ehemalige Polizeipräsident Berlins steht unter dem Verdacht des Hochverrats.

1820
Gruner stirbt 43 jährig auf der Kur in Wiesbaden an einem Blutsturz.
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Gruner galt als Preußischer Patriot und Schlüsselfigur der Befreiungskriege, er war ein  kompromißloser Verfechter des deutschen Einheitsgedankens und Berlins erster Polizeipräsident. Der Gegner des Wiener Kongresses gerät nach 1815 in den Fokus der reaktionären Innenpolitik Preußens und wird als "Jakobiner" verleumdet.

SH und BS

Werke/Literatur

Register

Fachregister:
  • Politik

Quellen

Allgemeine Quellen:
Gruner, Carl Justus: Authentische aktenmäßige Erzählung der Betrügerei eines angeblichen Wundermädchens im Hochstift Osnabrück, das seit zwei Jahren ohne Speisen und Getränke gelebt haben wollte, Vossische Buchhandlung Berlin 1800. GStA-PK, HA I, Rep. 74, J, XI, Nr. 1, Bl. 99, 107 GStA-PK, HA I, Rep. 77, Tit. 1, Nr. 7, Bl. 6, 22-23 GStA-PK, HA I, Rep. 77, Tit. 420, Nr. 2, Bd. 1, Bl. 43-47 Schweizerisches Bundesarchiv (Archivstr. 24, 3003 Bern), Briefe (1818-19), 0,1 m, unpublizierte Findmittel, Signatur: J I.55.

Person: Karl Justus Gruner, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/500.

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