Hermann Ludwig Leopold Gottlieb Boyen

Lebensdaten

Nachname:
Boyen
Vorname:
Hermann Ludwig Leopold Gottlieb
Adelsprädikat:
von
Geburtsdatum:
23.06.1771
Geburtsort:
Kreutzburg/ Ostpreußen
Geschlecht:
männlich
Todesdatum:
15.02.1848
Sterbeort:
Berlin
Beruf(e):
  • Preußischer Kriegsminister
  • Staatsmann
  • General

Namensformen

Namensvarianten:
Boyen, Hermann Ludwig Leopold Gottlieb von Boyen, Leopold Hermann Ludwig von

Genealogie

Genealogie:
Vater: Friedrich von Boy(e), 1720-1777, preußischer Oberstleutnant Mutter: Hedwig (1735-1777), Tochter des Majors Bastian Christoph von Holtzendorff und der Sophie Luise von Rippen Kinder: 2 Töchter und 1 Sohn (Hermann von Boyen, General der Infanterie, Begleiter Napoleons III v. Sedan nach Schloß Wilhelmshöhe, 1871 Gouverneur von Mainz, 1875 von Berlin, General-Adjutant Wilhelms I.)

Biographie

Lebenslauf:
1771
Am 23. Juni wird Herman L. Gottlieb von Boyen als Sohn des Oberstleutnants Johann Friedrich von Boyen und Hedwig von Holtzendorff in Kreutzburg/ Ostpreußen geboren. Früh verwaist wird Boyen von seiner Tante in Königsberg erzogen.

1787
Eintritt in die Preußische Armee als Fähnrich im Infanterieregiment zu Bartenstein.

1788
Umzug nach Königsberg. Boyen besucht die dortige Militärschule und Universität, wo er bei Immanuel Kant Vorlesungen über Anthropologie hört.

1794/95
Teilnahme am Polenfeldzug, Adjutant des Generals Johann Heinrich von Günther (1763-1803).

1796
Hauptmann in der Garnision von Gumbinnen, Beschäftigung mit der Ethik Immanuel Kants.
1799
Stabs-Capitän im Regiment Prinz Georg von Hohenlohe.

1803
Gerhard Johann David von Scharnhorst nimmt Boyen als auswärtiges Mitglied in die von ihm gegründete "Militärische Gesellschaft" auf, wo dieser sich mit Fragen der Heeresreform beschäftigt.

1806
Officier à la suite Sr. Majestät. Berufung in den Generalstab. In der Schlacht bei Auerstedt wird Boyen schwer verwundet. Er erlebt das Ende der Niederlage im Krankenbett im Hause Stein. Den Winter verbringt Boyen in Weimar. 1834 schreibt er in seinen Erinnerungen über seinen Aufenthalt : "Von den damals in Weimar noch lebenden Großen Männern hatte die nähere Bekanntschaft Wielands ein großes Interesse für mich; ich schien ihm auch nicht ganz zu mißfallen, er sowohl als Bertuch redeten mir mehreremahle zu, die kriegerische Laufbahn ganz aufzugeben und mich den Wissenschaften zu widmen, doch der Haß gegen die Feinde meines Vaterlandes lag zu tief in meiner Brust. (...). Zu Goethe mochte ich nicht hingehen; theils hatte seine Äußere Stolze Erscheinung für mich zuwenig einladendes, theils lobte er auch in jener Periode die Franzosen mir etwas zuviel. Wenn im Ganzen auch der Winter von 1806/07, welchen ich in Weimar verlebte, unter den damaligen Verhältnissen wenig Größere Geselligkeit darbot, so war für den Einzelnen doch Gelegenheit genug, einen Kreis gebildeter deutscher Männer kennen zu lernen, in dem ich bald mehrere mir gleichgesinnte Menschen fand und mit ihnen manche, mir werthe Stunde verlebte" (Boyen 1889, S. 226).
Die Niederlage retrospektiv verarbeitend, schreibt Boyen zum Niedergang der preußischen Militärmacht bei Jena Auerstedt in den "Denkwürdigkeiten und Erinnerungen" :"Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß, wenn in dieser Epoche Friedrich der Unsterbliche in seiner vollen Mannes-Kraft auf dem Throne gesessen, und wir wirkliche Feldherren und Staatsmänner in seiner Umgebung gefunden hätten, es vielleicht möglich gewesen wäre, einen Plan zu entwerfen, der den Egoismus der verschiedenen Kabinette beherrscht und mit dem kühn und klug geführten Schwerte einen neuen dauerhaften Zustand von Europa herbeygeführt hätte. Aber derartige Männer waren nun einmal weder in Preußen noch in den anderen Staaten da, alle ließen sich von der Zeit fortreißen, keiner verstand sie zu lenken" (Boyen 1889, S. 180).

1807
Heirat mit Amalie Berent, Tochter des Kammerassistenzrates Sigismund Ludwig Berent. Capitän im Generalstab. Boyen hat wesentlichen Anteil an Scharnhorst's Denkschrift vom 31. Juli 1807 zur Schaffung einer "Nationalmiliz".

1808
Am 31. Januar Beförderung zum Major. Zusammen mit Scharnhorst ist Boyen in der Militär-Reorganisationskommission tätig, die im Zusammenhang mit der Stein'schen Staatsreform die preußische Heeresreform vorbereitet.

1810
Nachdem sich die Reformpartei gegen konservative Widerstände durchsetzt, wird Oberlieutenant Boyen am 3. Februar Direktor der 1. Abteilung in dem von Scharnhorst geleiteten Kriegs-Departement und erhält den Militärvortrag im Cabinett.

1811
Scharnhorst, Gneisenau und Boyen versuchen König Friedrich Wilhelm III. zum Bündnis mit Rußland im Krieg gegen Napoleon zu bewegen.

1812
Boyen legt seine Tätigkeit im Ministerium nieder, um in Österreich und Rußland gegen Napoleon zu kämpfen.

1813
Ankunft beim König in Breslau, wo er im Auftrag des Zaren das russische Bündnisangebot überbringt und damit Preußens Eintritt in den Krieg gegen Napoleon mitbestimmt. Am 9. März wird Boyen zum Oberst und am 22. Dezember zum Chef des Generalstabes des 3. Armeecorps ernannt. In dieser Stellung nimmt er an den Kämpfen von Luckau, Großbeeren, Dennewitz und Leipzig sowie schließlich am Feldzug in Holland und Frankreich teil.

1814
Am 3. Juni Beförderung zum Generalmajor und Ernennung zum Geheimen Staats- und Kriegsminister. Boyen veranlaßt in seiner Amtszeit eine große Anzahl bedeutender Gesetze. Dazu gehört an erster Stelle das am 3. September 1814 verabschiedete Wehrgesetz, mit dem die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, sowie eine Landwehr und ein Landsturm aufgebaut werden.

1818
Am 2. April Beförderung zum General-Lieutenant.

Ende 1819

Als der König die Einbeziehung der Landwehr in den Divisionsverband anordnet, was einer Rücknahme der Reformen von 1814 gleichkommt, ersucht Boyen um Rücktritt von seinen Ämtern. Er zieht sich ins Privatleben zurück und widmet sich zunehmend seiner publizistischen Tätigkeit.

1840
Am 22. November Reaktivierung. Boyen wird von Friedrich Wilhelm IV. zum Mitglied des Staatsrates berufen und zum General der Infanterie befördert.

1841
Am 1. März Ernennung zum Kriegsminister und zum Chef des Staatsministeriums.

1842
 Beförderung zum Chef des 1. Infanterieregiments.

1847
Rücktritt aus Altersgründen im Rang eines General-Feldmarschalls und Gouverneur der Invaliden.

1848
Am 15. Februar stirbt Boyen 76 jährig in Berlin. Auf eigenen Wunsch wird er neben Scharnhorst auf dem Invalidenfriedhof bestattet.

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Neben Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz ist Boyen der bedeutenste preußische Herresreformer. Friedrich Meinecke urteilt in seiner zweibändigen Biographie Hermann von Boyens von 1899 über den preußischen General: "Er war kein origineller, schöpferischer Denker, er entnahm alle seine Ideen aus dem Schatze seiner Zeit und seines Volkes und Staates. Energisches Preußentum, patriarchalische Staatsfürsorge und kantische Aufklärung fügte er zusammen zu einer Einheit, die allerdings, so milde und fest zugleich, so reflektiert aus- und ineinander gesponnen und so lebendig-aktiv zugleich, wohl einzig dasteht, aber ihre Originalität auch nur aus dem inneren reinen verborgen glühenden Feuer der Seele erhält. Auf dieser innigen Verbindung geistiger und politischer Kräfte beruht das Größte, was er geleistet hat: Das Wehrgesetz und die Durchdringung der preußischen Nation mit dem Geiste der allgemeinen Wehrpflicht".
Boyen selbst urteilt über sein Leben: "Der Erfolg meiner Leistungen ist größtentheils hinter meinen Wünschen geblieben- denn die Resultate des Lebens sind nicht die Produkte des Einzelwillens, sondern einer menge von Verwicklungen, die der Mensch nicht als sein Eigenthum anzusehen berechtigt ist" (Meinecke  593ff.).

Verwendete Literatur:
Boyen, Hermann von: Denkwürdigkeiten und Erinnerungen. Band I 1771-1813, Leipzig 1889

Meinecke, Friedrich: Das Leben des Generalfeldmarschalls Hermann von Boyen. Band II 1814-1848, Stuttgart: Cotta 1899


SH

Werke/Literatur

Berlinaufenthalte

  • 1812 Friedrichstr. 113 Nach Adreßbuch 1812

Register

Fachregister:
  • Militär
  • Politik

Person: Hermann Ludwig Leopold Gottlieb Boyen, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/927.

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