Karl Sigmund Franz Altenstein

Lebensdaten

Nachname:
Altenstein
Vorname:
Karl Sigmund Franz
Adelstitel:
Freiherr
Adelsprädikat:
von dem
Geburtsdatum:
01.10.1770
Geburtsort:
Schalkhausen bei Ansbach
Geschlecht:
männlich
Todesdatum:
14.05.1840
Sterbeort:
Berlin
Beruf(e):
  • Jurist
  • Finanz-und Bildungsminister

Genealogie

Genealogie:
Vater: Friedrich Ernst vom Stein zum Altenstein, Rittmeister und Kammerherr in Ansbach Mutter: Juliana Philippine Wilhelmine, geborene von Adelsheim

Biographie

Lebenslauf:
1770
Altenstein wird als Sohn des markgräflich-ansbachischen Rittmeisters und Kammerherren Friedrich Ernst von Altenstein und dessen Frau Juliana Philippine Wilhelmine, geborene von Adelsheim, in Schalkhausen bei Ansbach geboren. Die Altensteins sind ein fränkisches Adelsgeschlecht, die Stammburg Altenstein liegt bei Römhild/Franken.

Ab 1779
1779 Tod des Vaters. Besuch des Gymnasiums und Pagenkorps in Ansbach. In Erlangen, Göttingen und Jena betreibt Altenstein ein Jurastudium. Zusätzlich studiert er Staatswissenschaften und hört naturwissenschaftliche Vorlesungen.
Der spätere Bildungsminister Preußens lernte nie an einer preußischen Landesuniversität.

1793
Altenstein wird Referendar bei der ansbachischen Kriegs- und Domänenkammer. Er lernt Hardenberg kennen, der sein Förderer wird.

1799
Umzug nach Berlin. Vorläufig arbeitet er als Referent weiter. Zudem beschäftigt er sich mit national-ökonomischen Fragen, z.B. in Bezug auf die Getreideversorgung des Staates.

1802
Altenstein heiratet Emilie Freiin von Hermann.

1803
Altenstein wird Geheimer Oberfinanzrat. Zudem ist er Mitglied des Generaldirektoriums. Geburt eines Sohnes. Hardenberg wird Taufpate.

1804
Dienstreise in die fränkische Provinz. In Berlin beginnt er sich mit Philosophie und Fragen der Bildung zu beschäftigen. U.a. hört er Fichtes Vorlesungen über die "Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters".

1806
Nach der preußischen Niederlage gegen Napoleon tritt Altenstein die gemeinsame Flucht mit der Regierung nach Königsberg und Tilsit an. Er gehört von Anbeginn zum engeren Kreis der Reformer, wenngleich sein Verhältnis zum Freiherr vom Stein belastet ist.

1807
Als Grundlage der Preußischen Reformen erarbeitet Altenstein zusammen mit Hardenberg und Barthold Georg Niebuhr die Rigaer Denkschrift. Das neben der Nassauer Denkschrift des Freiherren vom Stein wichtigste Grundlagendokument der Reformen schlägt die "Revolution im guten Sinn" vor und tritt für "demokratische Grundsätze in einer monarchischen Regierung" ein. Aus Altensteins Feder stammen die innenpolitischen Ausführungen der Denkschrift. Neben militärischen Reformmaßnahmen und der Einführung der Gewerbefreiheit fordert er die "möglichste Aufhebung des Unterschieds aller Stände". Zur "Herstellung des Zusammenhanges der Nation mit der Staatsverwaltung" wird "die Idee einer Nationalrepresetation (...) ohne Abbruch der monarchischen Verfassung" empfohlen. Weiter heißt es: "Der Begriff gefährlicher Nationalversammlungen passt nicht auf sie. Durch die Amalgamisierung der Repräsentanten mit den einzelnen Verwaltungsbehördern wird sie den Nutzen gewähren, ohne den Nachteil zu haben. Sie soll keinen besonderen konstitutiven Körper, keine Behörde bilden". (Demel und Puschner 1995, S. 87-97).
Wie die Denkschrift Steins geben auch Hardenberg, Altenstein und der für die finanziellen Aspekte zuständige Niebuhr einer Reform des Verwaltungsapparates den Vorrang gegenüber der Einführung einer Staatsverfassung.

1808
Nach der Entlassung Steins wird Altenstein preußischer Finanzminister. Wie sein Vorgänger tut er sich schwer mit konkreten Lösungen der prekären Finanzsituation des preußischen Staates.

1810
Altensteins Vorschlag, zur Aufbringung der Kontributionen die Abtretung Schlesiens in Erwähnung zu ziehen, stößt auf Widerstand und endet mit seiner Entlassung. Hardenberg ersetzt ihn als Finanzminister.

1813
Altenstein wird Zivilgouverneur Schlesiens. Während der Befreiungskriege tritt er nicht in Erscheinung.

1815
Altenstein verfasst eine Denkschrift über Verwaltung und Verfassung. Ein Schwerpunkt ist die zwei Jahre später umgesetzte Eigenständigkeit des Kultusministeriums.

1817
Altenstein wird Chef des aus dem Innenministerium herausgelösten Ministeriums für die geistlichen, Medizinal- und Unterrichtsangelegenheiten. Die Stellung nimmt er bis zu seinem Tode ein. Unter tatkräftiger Mitarbeit der Bildungsbeamten Johann Wilhelm Süvern, Johannes Schulze, Friedrich August Diesterweg, Georg Heinrich Ludwig Nicolovius u.a. prägt er die preußische Bildungspolitik nachhaltig. Durch den Aufstieg des Humanistischen Gymnasiums und der preußischen Universitäten führt er das Werk Humboldts weiter. Altensteins Plan, die Berliner Universität als zentrale Landesuniversität zu etablieren wird allerdings verworfen. Auf der anderen Seite stehen die Erfolge: Mit der Installation von Lehrerseminaren und Provinzialschulkollegien, dem Ausbau des Elementarschulwesens und der Einführung der landesweiten Schulpflicht erwerben sich Altenstein und seine Mitarbeiter große Verdienste in der preußischen Bildungspolitik.

Ab 1817
Durch die Bildung der zentralistischen Evangelischen Kirche der Union, von Friedrich Wilhelm III. gefordert und mit Altensteins Hilfe durchgesetzt, kommt es zum Bruch zwischen dem Minister und einigen Theologen, darunter Friedrich Daniel Schleiermacher.  Auch einige Altlutheraner leisten Widerstand, sodaß die als protestantische Zusammenführung gedachte Agende staatlich durchgesetzt werden muß.

1818
Die Universität Bonn wird gegründet. Die ursprünglich für Berlin angestrebte Berufung August Wilhelm Schlegels an die neue rheinische Universität stellt eine Niederlage für Altensteins Berufungspolitik dar. Zudem gelingt es ihm nicht, statt dessen Ludwig Tieck als Professor für Literatur in Berlin zu gewinnen. Allerdings kann der Minister auch eine erfolgreiche Berufung vermelden: Am 22. Oktober hält der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel seine Antrittsvorlesung in Berlin.

1819
Mit der Ermordung des Dichters Kotzebue durch den jenaer Studenten Ludwig Sand am 23. März geraten die Universitäten - Studenten und Professoren - unter den Druck der Reaktion. Altensteins Aufgabe, zwischen den Fronten zu vermitteln wird durch die Entlassung des Berliner Theologen Wilhelm DeWettes auf eine harte Probe gestellt. DeWette hatte der Familie des Attentäters in einem Brief sein Beileid bekundet und war so für das Ministerium nicht mehr tragbar. Die Angehörigen der Universität stehen dagegen zu weiten Teilen auf der Seite des entlassenen Professors.

1825
Ausdehnung der Schulpflicht auf das gesamte Staatsgebiet.

1834
Einführung des Gymnasiallehrplans.

Ab 1836
Kölner Wirren. Im Mittelpunkt des Konflikt zwischen der preußischen Regierung und der katholischen Kirche - vordergründig über die Mischehenfrage, grundsätzlich aber über die Eigenständigkeit der katholischen Kirche im protestantischen Staat Preußen - stehen einige von Altenstein an die katholisch-theologische Fakultät berufene Professoren. Die Maßnahmen Papst Gregors XVI. richten sich vor allem gegen den Hermesianismus und seinen Begründer Georg Hermes, der von der Bonner Universität aus ein kritizistisches, der rationalen Philosophie nahestehendes Lehrsystem des katholischen Glaubens verbreitet. Höhepunkt der Kölner Wirren ist die Verhaftung des Kölner Erzbischoffs Droste-Vischering, der die von Friedrich Wilhelm III. 1825 eingeführte Toleranz der konfessionellen Mischehe nicht anerkennt. Der Streit gipfelt in einer öffentlichen Debatte, die zugunsten der katholischen Kirche und mit der Entlassung Georg Hermes erst nach 1840 entschieden wird. Allgemein gelten die Kölner Wirren als Vorgeschichte des Kulturkampfes.

1840
Am 14. Mai stirbt Altenstein im Alter von 69 Jahren in Berlin.


Altenstein steht als preußischer Minister und Reformer bis heute im Schatten berühmterer Namen, obwohl er am längsten im Amt war. Am stärksten wirkte er als Chef des Ministeriums für die geistlichen-, medizinal und Unterrichtsangelegenheiten, eine Stellung, die er 23 Jahre inne hatte. Eine Einschätzung seiner Person, der Erfolge und der Niederlagen fällt nicht leicht, was auch in der knappen Forschungslage über sein Wirken begründet liegt. Als Kultusminister stand er zwischen den Fronten: Auf der einen Seite wurde seine Arbeit, besonders die Universitätspolitik, von den erstarkten reaktionären Kräften im Umkreis des Königs, sowie im Innen- und Justizministerium, kritisch beobachtet. Andererseits geriet er auch von Seiten einiger Professoren in die Kritik, da sie sie sich nicht genug geschützt fühlten.
Zu seinen Erfolgen ist die Berufung des Philosophen Hegel an die Berliner Universität zu zählen. Hegels Aufstieg zum preußischen Staatsphilosophen ist eng mit dem Namen Altenstein verknüpft. Auch für die vielen anderen Berufungen an die preußischen Universitäten müssen ihm angesichts leerer Kassen einige Verdienste zugesprochen werden. Johann Schulze, Altensteins lanjähriger Mitarbeiter hat dies 1840 in einer äußerst wohlwollenden Huldigung getan. Unter anderem heißt es dort: "In seiner ganzen Erscheinung und seiner ruhigen Stellung lag etwas Ernstes, Wohlwollendes, Vertrauensweckendes bei vornehmen, wahrhaft adligen Formen; seine mündliche Darstellung etwas schwerfällig, aber für den, der ihn kannte und mit seinem Ideengange vertraut war, leicht verständlich. Die schriftliche Darstellung ward ihm leichter bei wachsendem Alter; Tausende von Aktenstücken zeigen, wie er oft mit wenigen fragmentarischen Worten den rechten Punkt, worauf es ankam, getroffen. (...). Frei von jeder Eitelkeit, aber durchdrungen von dem lebendigen Pflichtgefühl, hat er in seiner viel umfassenden Verwaltung stets dem höchsten nachgestrebt; in makelloser Uneigennützigkeit, in unverdrossenem Fleiße, in unermüdlicher Geduld und ausharrender Standhaftigkeit leuchtet er allen vor, denen das Glück vergönnt war, nähere Zeugen seines hochherzigen Wirkens zu sein. Durch die Weisheit seiner Verwaltung und durch ihre segensreichen Wirkungen auf die Bildung und fortschreitenden Entwicklung des preußischen Volkes hat er sich ein unvergängliches Denkmal gegründet, und sein Name wird in der ruhmvollen Geschichte der Regierung Friedrich Wilhelm III. neben Hardenberg eine würdige Stelle behaupten". (Zitiert nach Müsebeck 1918, S. 295 ff. und S. 307).
Nüchterner charakterisiert der Universitätshistoriker Max Lenz 1910 den Minister und widerspricht dem Zeitzeugen und Kollegen Altensteins in einigen Punkten: "Zum Staatsmann, um es mit einem Wort zu sagen, fehlte Altenstein die Großzügigkeit des Charakters, die Selbstständigkeit des Willens, der Überblick über Verhältnisse und Menschen und die Kraft, die sich durchsetzt, weil sie mit dem Mut gepaart ist, zu stehen und zu fallen mit dem, was sie will. Seine Talente waren die der kleinen Mittel, er war vielmehr Taktiker als Stratege; nicht einmal sein Geschick zu organisieren war bedeutend. Aber er besaß die Tugenden des Beamten, des Bürokraten; die Gaben, die sich in der Schreibstube entwickeln: Fleiß, Beharrlichkeit, die auch da nicht versagt, wo die Überzeugung schweigen muß, und die doch den Moment zu benutzen weiß, wo das Ziel, das nie aus den Augen verlorene, erreichbar ist; und dabei vor allem die Freude an dem Gedeihen seiner Schöpfung und ein innerstes Interesse für die Aufgaben, die ihm gestellt waren". (Lenz 1910. II.1, S. 9).

An der "Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften" widmet sich neben der "Berliner Klassik" auch das Projekt "Preußen als Kulturstaat" der Geschichte des preußischen Bildungsministeriums bis in die 1830er Jahre und damit der Politik Altensteins.


Verwendete Literatur:


Demel, Walter und Puschner, Uwe (Hrsg.): Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen Band 6: Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 1789-1815. Stuttgart: Reclam 1995

Müsebeck, Ernst: Das preußische Kultusministerium vor 100 Jahren. Stuttgart und Berlin: Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger 1918

Lenz, Max: Geschichte der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Band II.1: Das Ministerium Altenstein. Halle: Buchhandlung des Waisenhauses 1910


SH

Werke/Literatur

Berlinaufenthalte

Register

Fachregister:
  • Rechtswissenschaften
  • Politik
Institutionsregister:
  • Akademie der Wissenschaften
Ortsregister:
  • Wilhelmstraße
Gruppen/Vereinigungen-Register:
  • Gesetzlose Gesellschaft (Nr. 1)

Quellen

Allgemeine Quellen:
Nachlaß GStA Staatsarchiv Bremen: 7,62 Nachlaß Bernhard Dräseke (Briefwechsel mit Altenstein)

Person: Karl Sigmund Franz Altenstein, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/481.

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