Lebenslauf:
1794 bis 1796
Jurastudium in Kiel.
1796
Privatsekretär des dänischen Finanzministers Graf Schimmelmann in
Kopenhagen.
1798/ 99
Studium der Agrar- und Naturwissenschaften in London und Edinburgh.
1803
Leitung des dänischen Ostindienhandels.
1804
Leiter der dänischen Staatsbank.
1806
Eintritt in die Direktion der preußischen "Seehandlung". Nach der
Niederlage der preußischen Armee bei Jena/ Auerstedt flieht N. mit dem Hof
und den Reformern nach Königsberg.
1807
N. wird wichtigster Finanzberater des Freiherrn v. Stein und später
Hardenbergs. Mitglied der regierungsführenden Immediatskommission. Verfasser
des finanzpolitischen Teils der Rigaer Denkschrift.
1808/ 09
Erfolgreiche Verhandlungen in Holland über Staatsanleihen an Preußen.
Sektionschef für Staatsschuldenwesen und Gelsinstitute in Preußen.
1810
Aus Protest gegen das Nationalbankprojektes des Fürsten Wittgenstein tritt
N. aus der Regierung aus. Beginn an den Arbeiten zur "Römischen Geschichte".
Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Vorlesungen über die Römische
Geschichte an der neugegründeten Universität, wo er jedoch keine Professur
erhält.
1813
Mitarbeit an der antinapoleonischen Zeitschrift "Preußischer
Correspondent". Verhandlungen mit England über Subsidien. Teilnahme an der
patriotischen Bewegung an der Universität und beim Turnerbund.
1816 bis 1823
Preußischer Gesandter in Rom. Verhandlungen mit der Kurie über
staatskirchenrechtliche Fragen nach den territorialen Veränderungen durch
den Wiener Kongreß und die Neuordnung der katholischen Kirche in den
Rheinprovinzen.
1823
Rückkehr und Niederlassung in Bonn.
1825
Austritt aus dem preußischen Staatsrat. Mitglied an der Friedrich-Wilhelms
Universität in Bonn.
1826 bis 1829
Edierung des "Rheinischen Museums". Weiterführung seiner "Römischen
Geschichte".
1830
Julirevolution in Frankreich. N. Sorge um seine Sicherheit veranlassst ihn
zu einem hektischen Wegzug aus Bonn.
1831
N. stirbt an den Folgen einer Lungenentzündung.
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Das "kosmopolitische Wunderkind" (Mommsen) Niebuhr erwarb sich zum einen
durch die Vielzahl seiner politischen Ämter während und nach der Zeit der
napoleonischen Besetzung, zum anderen durch seine innovative Beschäftigung
mit der Alten Geschichte besondere Verdienste in der
Intellektuellenlandschaft Berlins zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als
Finanzpolitiker gehörte er zum engsten Kreis der Reformer um Stein und
Hardenberg. Zudem schloß er sich aktiv der patriotischen Bewegung in Berlin
an. Nach dem Sieg über Napoleon vertrat er die Interessen Preußens als
Botschafter in Rom. Als Altertumswissenschaftler betrat N. neue Wege und
begründete die quellenkritische Histiographie in der Alten Geschichte. Seine
Vorlesungen über die Rekonstruktion der römischen Verfassung und den
Aufstieg Roms zur führenden Macht im mediteranenen Raum begeisterten die
Zuhörer, wenngleich sein Werk in schriftlicher Form wohl eher schwer
verdaulich war.