Verleger, Maler- und Radiererdilettant in Darmstadt, Giessen, Frankfurt, Leipzig, Breslau, Berlin. Mitglied des Berlinischen Künstler-Vereins, zeitweise Säckelmeister
Quellen: Neuer Nekrolog d. Deutschen, 10.1832 (1834); Neues allgemeines Künstler-Lexikon ... Bearb. v. G. K. Nagler, Leipzig 1835-1852; Thieme/Becker 1907-1950; Ausst.kat. ‚... und abends in Verein’. Johann Gottfried Schadow und der Berlinische Künstler-Verein 1814-1840. Berlin Museum 1983
Werke: Stadtmuseum Berlin (Ansicht seines Wohnzimmers, 1828)
Biographie, 1832 oder später,[1] kommentiert von Reimar F. Lacher
Ludwig Wilhelm Wittich wurde am 11ten December 1773 zu Darmstadt geboren, wo sein Vater, den er schon in seinem vierten Jahr verlor, Hofbuchdrucker und Hofrath war.[2] Sehr früh erwachte in ihm ein Hang zum Zeichnen und zum Lesen und nichts machte ihm als Knabe größeres Vergnügen als wenn einmal seine Mutter, beim Besuch ihrer Freundin, der Buchhändlerin Fleischer in Frankfurt, ihm ein Buch wie Raffs Naturgeschichte mit Kupfern kaufte.[3] Begierig durchlas er dergleichen Schriften und zeichnete die Abbildungen darin auf’s sorgfältigste nach. Das letztere gefiel einem Freunde des elterlichen Hauses so wohl, daß er ihn sehr oft Soldaten, Pferde und allerhand andere für Kinder interessante Gegenstände zum copiren vorzeichnete. Indessen hatte der Anblick der Maße von Büchern im Fleischer’schen Laden zu Frankfurt, von deren Benutzung er sich den größten Genuß versprach, einen solchen Eindruck auf den Knaben gemacht, daß er sich den Stand des Buchhändlers als den wünschenswertesten für die Zukunft wählte. Nach dem Tode seiner Mutter, als er zehn Jahre alt war, meldete er sich deßhalb bei Fleischer, erhielt aber von dessen Frau die Antwort, daß er zur Erlernung des Buchhandels noch zu jung sei und sie, als Freundin seiner verstorbenen Mutter, ihm gar nicht zu diesem Geschäft rathen könne.
Sein ältester Bruder hatte unterdessen,[4] um die Rechte zu studiren, die Universität Giessen bezogen und brachte die Freizeit, meistentheils mit noch einigen Freunden, bei den Geschwistern in Darmstadt zu. Bei dieser Gelegenheit erhielt unser junger Wittich von den Annehmlichkeiten des damaligen Studentenlebens einen so hohen Begriff, daß er seinen ersten Plan aufgab und statt dessen zu studiren beschloß. Er verdoppelte nun seinen Fleiß auf dem Gymnasium zu Darmstadt und trieb in seinen Erholungsstunden neben den jugendlichen Spielen, Musik und hauptsächlich Zeichnen, das ihm immer das meiste Vergnügen gewährte. Er nahm darin außer dem Unterricht auf dem Gymnasium noch Privatstunden bei dem Maler Hoffmann, der ein Schüler von Seekatz war,[5] und machte bald so schnelle Fortschritte, daß er vom Gymnasium Sulzer’s Theorie der schönen Künste zur Prämie erhielt.[6] Dies Buch, dessen fleißige Lektüre seine Ansichten von der Kunst erweiterte, war ihm um so willkommener, da es ihm die Mittel zur Erfüllung des damals durch den Anblick von Chodowiecki’s Kalenderkupfern in ihm rege gewordenen Wunsches,[7] diese mit der Nadel zu copiren, an die Hand gab. So versuchte er sich mehrermals im Radiren nach jenen Blättern, da es ihm aber an jeder näheren Anweisung fehlte, so mißrieth die Arbeit beim Aetzen größtentheils. Die Freizeit am Gymnasium verlebte er sehr angenehm bei Verwandten auf dem Lande, meistens bei dem Pfarrer in dem an der Bergstraße sehr schön gelegenen Dorfe Niederbeerbach. Von hier aus wurden häufig Excursionen in die Umgegend und nach dem Rheine gemacht; am liebsten aber besuchte er die Ruinen des naheliegenden Schlosses Frankenstein, wo er sich oft stundenlang an der herrlichen Aussicht nach dem Rheingau ergötzte. Die liebevolle Behandlung, deren er sich bei seinen Aufenthalten in Niederbeerbach von Seiten des Pfarrers und dessen Familie stets zu erfreuen hatte, machte auf sein empfängliches Gemüth einen tiefen Eindruck und bestimmte ihn, das früher erwählte Studium der Rechte mit dem der Theologie zu vertauschen.
In seinem sechzehnten Jahr bezog er die Universität Giessen, und nun gingen seine Träume von dem so angenehmen Studentenleben in Wirklichkeit über, indem er die auf der Universität zugebrachten Jahre mit allem Frohsinn und der Heiterkeit erlebte, deren nur das jugendliche Alter fähig ist. Nach geendeten Vorlesungen überließ er sich mit seinen Freunden, unter denen seine intimsten Grahm [?] (vor einigen Jahren als Preuß. General-Konsul in Philadelphia gestorben), v. Hoffmann (jetzt Präsident des Finanz-Ministeriums in Darmstadt), v. Cancrin (jetzt Finanzminister in St. Petersburg) und Butte (lebt nun als Pr. Regierungsrath in Bonn) waren, den lustigsten Schwänken, von denen folgender hier erwähnt werden mag. Er verabredete in der Freizeit mit noch zwei Freunden, sich als herumziehende Dorfmusikanten zu verkleiden und den Bauern der Umgegend etwas vorzuspielen. Er nahm seine Flöte, ein anderer die Violine und ein dritter das Violoncell. Nun zogen sie aus und fanden mit ihrer Musik gute Aufnahme bei den Bauern, die sie mit Lebensmitteln – denn auf Geld war es nicht abgesehen – reichlich versahen. Am dritten Tage trafen sie auf ein gräfliches Schloß, und da es grade Mittag war, ließen sie um die Erlaubnis bitten, der Herrschaft bei Tafel etwas vorspielen zu dürfen. Dies wurde angenommen, und sie suchten nun zu leisten, was sie konnten, wofür sie nachher auf’s beste bewirthet wurden. Als sie sich nun mit tiefen Bücklingen und weit hintenausscherenden Füßen empfehlen und in den gewähltesten Dorfmusikantenausdrücken ihren Dank für die verabreichte Mahlzeit darbringen wollten, eröffnete ihnen lächelnd der Graf, er habe gar bald die Studenten in ihnen erkannt, sich es nur früher nicht merken lassen wollten, um ihnen den Spaß nicht zu verderben. – Bisweilen wurden in der Freizeit auch kleine Reisen nach Mainz – im Jahr 1793 zur Zeit der Belagerung – nach Frankfurt und Darmstadt gemacht so wie auch nach dem Rheine. Bei Anblick dieser schönen Gegenden erwachte dann oft seine Zeichenlust, aber außerdem wurde in dieser Zeit, da es an jedem Anlaß dazu fehlte und ihm, mit Ausnahme der Wille’schen Kupferstiche, welche ein Bruder des Meisters, ein Bierschenker in Giessen,[8] besaß, kein Kunstprodukt zu Gesicht kam, an die Kunst sehr wenig gedacht.
Indessen näherten sich seine Universitätsjahre ihrem Ende und damit nahm seine Abneigung gegen den Stand des Theologen zu, um so mehr, da die gehörten philosophischen Collegien manchen Skrupel in ihm erregt hatten. Schon früher war er mit dem Buchhändler Heyer in Giessen befreundet worden,[9] und beim öftern Verkehr in dessen Magazin erwachte seine alte Neigung zum Buchhandel wieder in ihrer ganzen Stärke. Heyer verstand sich bald dazu, ihn in seine Buchhandlung zu nehmen und nach einem Jahr, wenn es beide Theile zufrieden wären, mit ihm in Compagnie zu treten. Doch Wittich zog es nach Verlauf dieser Zeit vor, in ein anderes Geschäft zu treten und verließ nun die Stadt, in der er vier Jahre auf’s angenehmste verlebt hatte. Mehrere Freunde begleiteten ihn noch eine Stunde weit, und zum Abschied hielt v. Cancrin von der Tafel der Wirthsstube herab eine Rede, nach welcher er mit frohem Muthe der Zukunft entgegenging. Er kam nun zum Buchhändler Wilhelm Fleischer in Frankfurt,[10] einem Sohn der früher erwähnten Freundin seiner Mutter. Doch als dieses Geschäft wegen des dabei mit zu großen Kosten errichteten Leseinstituts sich auflöste, ging er 1796 auf Empfehlung seines Prinzipals zu dessen Bruder, dem Buchhändler Gerhard Fleischer in Leipzig,[11] bei dem er zwar keine Stelle für sich leer fand, der aber erbötig war, ihn, bis daß er anderswo angekommen wäre, in seinem Geschäft zu behalten. Er nahm daher im Herbst desselben Jahres ein Engagement bei Mettra an, der, ein französischer Emigrant, damals eine Kunst- und französische Buchhandlung in Berlin etablirte.[12] Er reiste nun nach Berlin, wo ihm, als er einfuhr, das Mißgeschick passirte, daß ihm der Koffer vom Wagen abgeschnitten wurde. Die Thäter wurden zwar schon den folgenden Tag in der Person zweier Soldaten entdeckt, doch den größten Theil des Inhalts hatten sie in aller Schnelligkeit zu Gelde gemacht und alle Papiere, um sich damit nicht zu verrathen, verbrannt. Vor Gericht betheuerten sie, den Koffer nur in der Absicht nach sich genommen zu haben, um ihn dem rechtmäßigen Eigenthümer wieder zuzustellen; nichtsdestoweniger wurde ihnen die Strafe des Spießruthenlaufens zuerkannt, deren Vollziehung beizuwohnen der Bestohlene eingeladen wurde, sich aber diesen Anblick ersparte. – Gefiel es nun unserm Wittich in seiner neuen Stellung bei der sehr liberalen Behandlung Mettra’s und besonders wegen der vielen Kunstsachen, die ihm hier unter die Hände kamen, recht wohl, so wurde jedoch sein Hauptzweck, die Erwerbung der zu einem eigenen künftigen Etablissement nöthigen Kenntnisse des deutschen Buchhandels so wie überhaupt kaufmännische Kenntnisse, die weder sein Prinzipal, noch sein dortiger College (ebenfalls ein französischer Emigrant, der nach der Restauration wieder als Pair von Frankreich auftrat) besaß, sehr wenig erreicht. Aus dieser Ursache war ihm das Anerbieten einer Stelle bei Korn dem Älteren in Breslau,[13] einer sehr bedeutenden Buchhandlung, erwünscht und er ging deßhalb 1797 im October dahin ab. Jedoch alles, was er von dem wunderlichen Charakter und der rauhen Behandlung des alten Korn schon vorher gehört hatte, fand er bei seiner Ankunft in Breslau nur zu sehr bestätigt und machte es ihm unmöglich, länger als ein halbes Jahr bei solchem Prinzipale zu bleiben. Sein Nachfolger bestieg den Reisewagen schon den Tag nach seiner Ankunft wieder. Nachdem er noch vier Wochen in Gesellschaft eines ehemaligen Universitätsfreundes sehr angenehm in Warmbrunn und den Schlesischen Gebirgen zugebracht hatte, ging er im Juni 1798 nach Berlin zurück und trat hier in das Geschäft des Buchdruckers und Buchhändlers Unger,[14] in dem er sieben Jahre blieb. Seine Neigung zum Kupferstechen, worin er sich seit seinen Schuljahren nicht versucht hatte, wurde in dieser Zeit durch die Bekanntschaft mit mehreren Künstlern, die ihn im mechanischen dieser Kunst unterrichten konnten, wieder geweckt, und er trieb diese in seinen Freistunden mit solchem Eifer, daß Unger ihm den Stich der Kupfer zu mehreren aus dem Englischen übersetzten Reisebeschreibungen übertrug. Damals fing er auch an, mit der Einwilligung seines Prinzipals, eigene Unternehmungen zu machen, wie die Herausgabe der Theater-Kostüme unter Iffland und der Beschreibung des großen Maskenballs, mit dem das damals neue, 1817 abgebrannte Schauspielhaus am Geburtstag der Königin Louise 1804 eingeweiht wurde.[15] Im Jahr 1805 [26.12.1804] starb Unger und nun errichtete L. W. Wittich ein eigenes Etablissement, bei dem ihm gleich anfangs der Staatsrath Dr. Hufeland das von ihm herausgegebene „Medizinische Journal“ zum Debit übertrug.[16] Der im Jahr darauf zwischen Frankreich und Preußen ausgebrochene Krieg hatte auch auf sein Geschäft, wie auf so viele, den nachtheiligsten Einfluß. Eine Broschüre „Attila, der Held seines Jahrhunderts“,[17] die er verlegt hatte, und die so passende Anspielungen auf Napoleon enthielt, daß der damalige französische Gesandte um den Zweck der Herausgabe bei ihm nachfragen ließ, bewog ihn um so mehr Berlin zu verlassen, als kurz zuvor der Nürnbergische Buchhändler Palm, wegen Versendung einer ähnlichen Flugschrift, auf Napoleon’s Befehl erschossen worden war.[18] Am 18. October trat er daher die Reise nach Königsberg i[n] P[reußen] in Gesellschaft der Staatsräthin Hufeland und des Prof. Fichte an,[19] und verlebte dort mit diesem letzteren sechs Monate so angenehm, als es die damaligen Zeitumstände nur erlaubten. Als sich aber im Mai 1807 die Franzosen Königsberg immer mehr näherten, hielt er es für rathsam, an die Rückreise zu denken, und ging, da der direkte Weg zu Lande durch den Feind versperrt war, zur See über Kopenhagen – von hier aus machte er auch einen Abstecher nach der schwedischen Küste – über Lübeck und Hamburg wieder nach Berlin, wo bald darauf die Nachricht vom Abschluß des Tilsiter Friedens eintraf. Nun war es seine erste Sorge, sein durch seine Abwesenheit gesunkenes Geschäft wieder zu heben, und er legte sich jetzt, da es ihm mit dem Buchhandel nicht ganz glücken wollte und es mit seiner Neigung zur Kunst übereinstimmender war, hauptsächlich auf den Kunsthandel.[20] In jener Zeit machte er auch die Bekanntschaft der Francisca Dorothea Römer,[21] mit der er sich am 9. April 1809 ehelich verband, und bis zu seinem Dahinscheiden 23 Jahre in der glücklichsten Ehe verlebte. Da sie ihm in seinem Geschäfte stets auf’s hilfreichste zur Seite stand und redlich das durch Fleiß und Mühe Erworbene zusammenhielt, so gelang es ihm nach einer Reihe von Jahren, es so weit zu bringen, daß er wegen der Zukunft nicht in Sorgen zu sein brauchte.
Im Jahre 1831 war sein ältester Sohn im Stande, das Geschäft des Vaters zu versehen und dieser zog sich nun, um mit mehr Muße seiner Liebhaberei zur Kunst nachhängen zu können, mehr daraus zurück. Er ergriff nun mit frischer Lust das Zeichnen und fing auch zu malen an, aber diese für ihn so angenehme Zeit sollte ihm nach dem Schlusse der Vorsehung nicht lange gewährt seyn. Nachdem er noch am Morgen des 2ten Februar 1832 gesund und kräftig bei seiner Staffelei gearbeitet hatte, erfuhr er am Nachmittag einen Anfall von Schlagfluß, der ihm anfangs die linke Seite lähmte, dann aber auch den Magen aufs ärgste angriff. Weder die Mittel der Ärzte, noch die treueste Pflege von Seiten seiner Familie vermochten den furchtbaren Übel zu steuern und so schied er am 17. April 1832 im 59sten Lebensjahre von den Seinigen, die er in der tiefsten Betrübniß zurück ließ. – Er hinterließ eine Wittwe und zwei Söhne, von denen der eine das Geschäft des Vaters fortführt, und der andere sich der Kunst widmet.[22] Eine Tochter war schon sehr früh gestorben.
Im Jahr 1817 ward ihm die Ehre von dem Berliner Künstler-Verein zum Mitglied und im Jahre 1819 nach Bonte’s Abgang zu dessen Seckelmeister erwählt zu werden. Diese Aufnahme in den Kreis der ausgezeichnetsten Künstler belebte sein Interesse an der Kunst und gewährte ihm viele Stunden des reinsten Genusses.[23]
[1] Manuskript von unbekannter Hand, 5 Seiten, geheftet, 2°, Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Archiv Bildende Kunst, Verein Berliner Künstler Nr. 63; getreu nach einer Autobiografie, die noch zu Beginn des 20. Jh. im Besitz von dessen Erben war (vgl. Hermann Bräuning: Die L. C. Wittich’sche Hofbuchdruckerei 1764-1934. Darmstadt 1936, S. 11); in Details abweichende Fassung der Biographie in: Neuer Nekrolog der Deutschen, 10.1832 (1834).
[2] Johann Georg W. (1712-1776) hatte 1764 die seit 1684 bestehende Hofbuchdruckerei in Darmstadt übernommen; 1797 übernommen von seinem zweiten Sohn Karl Ludwig (1771-1839), der in Kassel, Leipzig und Berlin gelernt hatte. Das Unternehmen bestand bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts.
[3] Charlotte Wilhelmine geb. Triller (geb. 1735), Gemahlin des Johann Georg (1723-1796), Sproß der bedeutenden Buchhändlerfamilie Fleischer (seit Ende 17. Jh.), Mentor und Verleger des jungen Goethe. Georg Christian Raffs illustrierte ‚Naturgeschichte für Kinder’ (Erstauflage 1778) war ein Hauptwerk des Philantropismus.
[4] Philipp Moritz (1767-1832), später Amtsassessor.
[5] Nicolaus Hoffmann (1740- um 1823), tätig in Darmstadt, „lernte bei Seekatz, dessen Manier er so täuschend nachahmt, daß selbst die größten Kenner Bilder von seiner Hand für Seekatzische Originale kaufen“ (Meusel: Teutsches Künstlerlexikon, 2. Aufl. 1808). Johann Conrad Seekatz (1719-1768), tätig in Darmstadt und Frankfurt, insbes. für seine volkstümlichen Genreschilderungen geschätzt.
[6] Johann Georg Sulzers Standardwerk ‚Allgemeine Theorie der Schönen Künste in einzelnen, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden, Artikeln abgehandelt’, zuerst 1771-74, in vermehrter Aufl. 1786-87 in Leipzig erschienen.
[7] Daniel Chodowiecki (1726-1801), Maler und Stecher, führender Meister des Buch- und Kalenderkupfers der dt. Aufklärung; 1797 Direktor der Berliner Kunstakademie.
[8] Johann Georg Wille (1715-1808), geb. auf der Obermühle bei Giessen, tätig in Paris als Stecher mit maßstabsetzender Technik.
[9] Georg Friedrich Heyer (geb. 1770), 1790 als Universitätsbuchhändler in Giessen etabliert, 1798 Filiale in Frankfurt, 1818 auch Universitätsbuchdrucker in Giessen.
[10] (1767-1820), engagierter Buchhändler und Verleger, eröffnete 1791 eine Buchhandlung in Frankfurt mit dem Schwerpunkt illustrierte Bücher; sein 1795 eröffnetes Leseinstitut, eine Art Leihbücherei für Neuerscheinungen aus Kunst und Wissenschaft machte nach einem Jahr Bankrott. 1796 Übersiedlung nach Paris, dort Pionier der buchhändlerischen Bibliografie.
[11] (1769-1849), nach Lehre beim Vater 1788 nach Leipzig, dort Gründung einer Buchhandlung und eines Verlags für Klassiker, Wissenschaft, Lyrik etc.
[12] Louis François Mettra (1740-1804), führte einige Jahre lang Unter den Linden 34 eine Kunst- und Buchhandlung. Handelte viel mit Gemälden anderer französischer Emigranten. Möglicherweise identisch mit jenem Mettra, der schon in den 1760er Jahren in Paris als Mittelsmann bei Kunstkäufen des preuß. Hofs diente.
[13] Johann Friedrich Korn (gest. 1802), Sohn des Breslauer Verlegers Johann Jakob, gründete 1758 am Ort ein Zweigunternehmen, 1836 vom Stammhaus übernommen.
[14] Johann Friedrich Unger (1753-1804), Verleger und Formschneider, errichtete nach Lehre bei Decker in Berlin 1780 hier eine Buchdruckerei, 1791 eine Schriftgießerei. 1790 Prof. für Holzschnitt an der Kunstakademie, 1802 Miteigentümer der Voss. Ztg.
[15] ‚Kostüme auf dem Kön. National-Theater in Berlin’, 1805-12 (174 kolorierte Aquatintaradierungen). Zum Geburtstag der Königin Luise wurde am 10.3.1804 ein Maskenball gefeiert, bei dem Luise selbst als Statyra, Tocher des Königs Darius auftrat. Bei Wittich erschien 1805 ‚Der große Maskenball in Berlin zur Feyer des Geburtstags ... der regierenden Königin ... im Königlichen Nationaltheater’ mit 10 Tafeln, gestochen von Jügel und Clar nach Dähling. Eingeweiht worden war das von Langhans 1800-01 erbaute Schauspielhaus auf dem Gedarmenmarkt, das nach dem Brand von 1817 durch einen Neubau Schinkels ersetzt wurde, bereits am 1.1.1802. Schon 1798 hatte Wittich Bergers nach Lütke gestochene Ansicht des Brandenburger Tors verlegt.
[16] Christoph Wilhelm (von) Hufeland (1762-1836), Arzt. Prof. in Jena, dann Leiter der Berliner Charité und kgl. Leibarzt. Hufelands ‚Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst’ erschien seit 1795 in Jena, später bei Unger in Berlin, von dem es W. 1805 übernahm; außerdem erschienen bei W. 1805 eine dritte und eine vierte Ausgabe von Hufelands Bestseller ‚Makrobiotik oder die Kunst das menschliche Leben zu verlängern’ (Erstausgabe 1796, die fünfte Ausg. 1823 bei Reimer).
[17] ‚Attila, der Held des fünften Jahrhunderts’ von Johannes v. Müller, anonym erschienen in 2. Auflage 1806 bei W., eine dritte Aufl. bei Dümmler, Berlin.
[18] Der Fall des Verlegers Johann Philipp Palm (1766-1806), der wegen der Verbreitung der Flugschrift ‚Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung’ (1806) standrechtlich erschossen wurde, erregte großes Aufsehen.
[19] Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), Philosoph, 1794 Prof. in Jena, 1805 in Erlangen, 1806/07 in Königsberg, 1811/12 Rektor der Berliner Universität. Berliner Antrittsrede ‚Über die einzig mögliche Störung der akademischen Freiheit’ 1811 bei Wittich erschienen.
[20] Nach den Befreiungskriegen erschienen bei W. noch einige staats-, gesellschafts- und militärkundliche Werke, darunter an Periodika das ‚Historische Taschenbuch’ von F. Buchholz, dessen ‚Geschichte der europ. Staaten seit dem Frieden von Wien“. Außerdem an Abbildungswerken u. a. Uniformdarstellungen, gest. v. Jügel nach Krüger und Lieder (1821), Slg. v. Nationaltrachten, gest. nach Stürmer (1821), Schinkels ‚Sammlung architektonischer Entwürfe’ (1828-40) und dessen Theaterdekorationen; drei Bände ‚Neue Kostüme auf den beiden Königlichen Theatern in Berlin …’ (1819-30), ein Stichwerk zum Festspiel ‚Lalla Rookh’ (1823), eine Sammlung von Ansichten von Berlin, Charlottenburg, Paretz, der Pfaueninsel u. a. (1818-22); das ‚Magazin für Freunde eines geschmackvollen Ameublements’ (1827-29), ferner Schwechtens Abbildungen des Doms zu Meißen und ein Werk über den römischen Karneval von Valentini. Ein Verlagsverzeichnis von 1839 (‚Verlags-Verzeichniß von L. W. Wittich in Berlin, Französische Straße 43’, Kopie in der Kunstbibliothek Berlin) führt rund 20 Kupferstichwerke, 33 Stiche (Berlinansichten, Porträts, Altmeisterreproduktionen) und eine Reihe von Stick- und Strickvorlagen auf.
[21] (Darmstadt 1775-1844), 1806 Gesellschafterin der Kurprinzessin v. Hessen-Kassel, mit dieser 1806 nach Berlin ins Exil. Lernte Wittich im Haus der ebenfalls aus Darmstadt gebürtigen Gemahlin des kgl. Kapellmeisters G. A. Fleischer kennen. Als Herausgeberin von Stickmustern maßgeblich für die Entstehung des entspr. Gewerbszweigs in Preußen verantwortlich. 1813 wurde Wittich auf sein Ersuchen von der Kunstakademie zum ‚akademischen Künstler’ ernannt, damit ‚seine’ Stickmuster vor Nachahmung geschützt waren.
[22] Der zweite Sohn, Heinrich (1816-1887) bildete sich an der Berliner Kunstakademie und bei Hübner in Düsseldorf zum Maler aus und wurde mit dem Bilderpaar ‚Edelknabe mit Flinte’ und ‚Edelfräulein mit Falke’ bekannt.
[23] Der ‚Berlinische Künstlerverein’, für dessen Archiv Wittichs Biografie gemäß eines Vereinsbeschlusses aus dem Jahr 1818 geschrieben wurde, war 1814 auf die Anregung Louis Catels gegründet wurden. Bis zu seinem Tod 1850 war Schadow Vorsitzender. Anerkennung erhielt W. auch für seine Erfindung einer speziellen Tinte, mit der er auf Kupferplatten zeichnen und danach Ätzdrucke herstellen konnte. An eigenhändigen Stichen sind bekannt: Großer Christuskopf nach Holzschnitt Dürers; Ansicht von Tivoli nach Schinkel, 1823; mehrere Landschaften; nach W. haben Lütke jun. und Löhr zwei Ansichten Berlins vom Kreuzberg lithografiert.
Person: Ludwig Wilhelm Wittich, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/776.
Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/776