1772Friedrich Heinrich Bothe wird am 24. Februar geboren (Goedeke Bd. 17.1).
Nach eigenen Angaben (Brief v. 18. Juli 1842 an Ludwig Tieck) ist sein
Geburtsort Magdeburg; sein Vater Ernst Christoph Bothe war Steuerkommissar
dortselbst.
In älteren Angaben
finden sich auch 1770, 1771 oder 1775 in Berlin, "während er sich selbst in
seinen 'Opuscula critica et poetica' (1816) einen Magdeburgensis nennt."
(ADB Bd. 3, S. 196)
Hatte den von ihm völlig verschiedenen, um seine Freundschaft werbenden
Ludwig Tieck zum Mitschüler. (Holtei)
Studium der Philologie in Halle.
1792
Erneute Begegnung mit Tieck, die folgenlos bleibt.
seit 1793
mehrere Publikationen.
1800
erscheint eine anonyme "Satire gegen die beiden Schlegel, mit Ausfällen
gegen Kotzebue" (Goedeke), betitelt "Gigantomachia, das ist heiliger Krieg
einer gewaltigen Riesenkorporation gegen den Olympos" in Leipzig. In Briefen
an W. Schlegel nennt Caroline Bothe als Verfasser. Doch ab 1802 wird der
heute gewisse Autor Theodor Heinrich August Bode (1778 - 1804) genannt.
Die Vermutung rührte wohl daher, daß Bothe den Zeitgenossen "als Kenner 'im
satyrischen Fache' (Aloys Hirt an Goethe am 2.12.1797)" galt (Killy).
1802
erscheint von ihm ein Gedicht auf den Schauspieler Fleck (laut Goedeke) in
der Vossischen Zeitung vom 9. Januar, ohne Widmung oder vollen Namen:
Ein Herz, das edel, groß,
Von innerm Vorwurf frei;
Es flieht der Menschheit Loos,
Doch nie der Taten Reu.
Wenn's aber Tugend lügt,
Nicht ihren Werth erkennet,
Den besten Freund betrügt,
Und ihn doch Freund noch nennet:
Dann trifft's Verachtung, Hohn,
Wozu sich Spott gesellt,
Und der gereche Lohn -
Ist Tadel beß'rer Welt.
Mitglied des Vereins für gelehrte Schulen in Berlin, wo er eine
Lehrerstelle an einer zu stiftenden Gleimschen Humanitätsschule in Aussicht
hatte, deren Gründung jedoch scheiterte.
Aus dieser Zeit soll ein jährliches Legat von 100 Thalern in Gold durch
Gleim (zumindest bis zum Jahre 1833) stammen.
Bothe arbeitet als Philologe hauptsächlich an (antiken) Dichtern und
gibt sämtliche griechischen und lateinischen Dramatiker heraus. Seine
philologische Kritik wird von Zeitgenossen zuweilen als abenteuerlich
empfunden, hält "zeitgenöss. krit. Maßstäben nicht stand" (Killy),
weshalb "manche gute Vermuthung" (ADB) erst über den Weg Dritter
Anerkennung findet, obwohl man ihn mit "einer glücklichen
Divinationsgabe und einem feinen Sinn für poetischen Ausdruck" (ADB)
versehen weiß.
1811
ist er für ein möglicherweise nicht zustande gekommenenes "Taschenbuch"
als Redakteur vorgesehen: Sein Herausgeber Johann Gottfried Hasselblatt
bittet Goethe am 24. 8.1811 brieflich aus Berlin dafür um Beiträge.
1812
ist ein Dr. Bothe eingetragen als tätig an der philosophischen Fakultät der
Universität, wohnhaft als Eigentümer Französische Straße 58.
In seinem Lyrikband "Antikgemessene Gedichte" versuchte Bothe die
Anwendung griechischer und lateinischer prosodischer Regeln auf "die Sprache
Hermanns". "Zu jedem Gedicht gab B. das Silbenmaß an (teils grafisch), nach
dem die Verse zu lesen sind." (Killy)
Bothe lebt später mit Frau und Tochter in Heidelberg, Mannheim und Leipzig.
Seine rege Herausgeber- und Schreibtätigkeit "ist dadurch zu erklären, daß
er ohne feste Anstellung war u. vom Erlös seiner Schriften leben mußte."
(Killy)
1815
darf B. in einem Briefwechsel aus Mannheim vom Juni/Juli Goethe zwei seiner
Schauspielbearbeitungen zuschicken:
'L'ecole des maris' von Molière, mit der
er "wenigstens den plumpen Zschokke" verdrängen zu können hofft, und
'Les
Chateaux en Espagne' ('Die Luftschlösser') von J. F. Collin d'Harville, und
zählt weitere seiner Schauspiele in der Mannheimer Theaterintendanz
auf. Darauf antwortet Goethe nicht.
Bothes "
Opuscula critica et poetica" (1816) enthalten u. a. seine
Übertragungen von Gedichten Bürgers, Gleims, Goethes, Herders, Kopstocks,
Opitz' , Schillers u. a. ins Lateinische.
Auch versucht er, "die Kantate als eigenständige dramat. Form zu
etablieren, ihre traditionelle Zuordnung zur Ode aufzuheben. Die Kantate
stelle 'statt bloßer Betrachtungen über die Handlung diese selbst [dar]' ."
(Killy)
Lehnt einen Ruf als "Professor an die Gleimsche Humanitätsschule zu
Halberstadt" ab (Brümmer).
1825
macht Tieck einen Besuch bei Bothe in Mannheim, der zu dessen Bedauern
nicht bis zu dem Augenblicke reicht, "wo alle Repräsentation wegfällt, und
wir nach langer Zeit endlich einmal wieder bloß wir selber sind!" (Brief v.
12. Juni 1825 an Tieck) Er wünscht sich von ihm dessen Shakespeare und
eigene Werke: "Läse ich nur nicht so ungern Gutes auf Löschpapier, und wären
die bessern Ausgaben nicht so theuer!" (ebd.) Bittet ihn um Begutachtung und
Empfehlung seines Hofbuchhändlers Götz beigelegter "Erstlingsgabe seiner
Muse". (ebd.)
1837
Herausgeber des 1. Bandes des
"Janus".
1842
ist Bothe in Leipzig und gehört drei Gelehrtenvereinen an (Societas graeca
in Leipzig als Ehrenmitglied, der lat. Gesellschaft in Jena, der
Gesellschaft für deutsche Sprache in Berlin). Er trägt sich mit dem Plan
eines Pensionats "für Studierende aus guten Häusern des Auslandes" (Brief an
Tieck v. 18. Juli), doch bittet er Tieck um die Empfehlung "zu irgend einer
erträglichen Stelle an einer Bibliothek, oder als Archivar, Sekretär etc."
(ebd.).
Es soll die Verheiratung der Tochter "mit einem geschickten Rechtsmann im
Badischen" (ebd.) bevorstehen.
Benutzte Pseudonyme: Daßleben, sowie vermutlich Ludwig Hotibios (gr. oti
bios: das Leben), davon anagrammatisch Bothius (d.i. Bothe). Soll auch auf Spanisch Kommentare zum Don Quixote geschrieben haben.
1855
Bothe stirbt am 9. Juni in Reudnitz bei Leipzig.
Er war tätig als Privatgelehrter, Philologe, Übersetzer und
Dichter.
eigenständige Publikationen:
- Probe einer Verdeutschung von Pope's Versuch über den Menschen, nebst
einer Übers. der Kriegslieder des Tyrtaeus. Berlin 1793.
- De metro iambico dissertatio quam pro stipendio regio obtinendo
conscriptam cum per valetudinem non possem publice defendere tamen ut
debedam edidi F. H. B. Magdeburgicus. 1795.
- Über das Griechische Epigramm. Ein Versuch v. Eduard Romeo Grafen v.
Vargas, aus dem Italienischen übersetzt. Berlin/Stettin 1798.
- Gedicht auf den Schauspieler Fleck. Vossische Zeitung v. 9. Januar 1802.
- Vermischte satyrische Schriften. Leipzig 1803.
- Rosaura (Erzählungen). Berlin (Schüppel) 1807.
- Emma, Rosauras Schwester. Vom Verfasser der Rosaura. Berlin 1808.
- Antikgemessene Gedichte, eine ächtdeutsche Erfindung. Berlin/Stettin
(Nicolai) 1812.
- Opuscula critica et poetica in his Philoctetis Euripideae principium ex
Dione Chrysostomo restitutum. Berlin 1816.
- Grundzüge der Metrik. Nebst einer Beurtheilung der Seidlerischen Schrift
De versibus dochmiacis. Berlin/Leipzig 1816.
- Annotationes ad Horatium a Carolo Fea editum Romae accedunt Johannis
Georgii Graevii Scholia in Horatii odarum libros duo priores nunc primum
edita. 2 Bde. Heidelberg 1820/21.
- Schauspiele. (Der Oedipiden Fall, oder: Die Brüder. Dramatisches Gemälde
- Die Männerschule. Lustspiel nach Molière. - Monimia. Frey nach 'The
Orphan' v. T. Otway.) Mannheim (Löffler) 1822.
- Neuere Schauspiele und Kantaten. (Albert von Thurn. Schauspiel. - Die
Luftschlösser, oder welcher ist es? Lustspiel. - Der Ausmarsch. Lustspiel
mit Gesang. - Der Schicksalsspruch. Festspiel. - List über List, oder das
Chamäleon. - Der schmerzhafte Kuß. - Das qui pro quo, oder die Maskeraden,
nach S. Foote. - Kantaten.) 2 Bde. Halberstadt (Vogler) 1824.
- Polybiana, sive annotationes ad Polybii historiarum libros decem priores.
Leipzig 1844.
Beiträge in : 'Taschenbuch der Liebe und Freundschaft gewidmet', Müchlers
'Egeria', Jacobis 'Iris', Herns 'Luna', 'Eunomia', 'Irene', dem Bergischen
Taschenbuch und 'Chrais' hrsg. v. Erlach
Herausgeber:
- Volkslieder nebst anderen Stücken. 1795.
- Euripides Werke, verdeutscht v. F. H: B: Berlin/Stettin 5 Bde. 1800 -
1803.
- Frühlingsalmanach. 1804.
- Der Rüstsaal. Ein Fragment des Alkäus. An einigen Stellen verbessert u.
übersetzt. In: Berliner Monatsschrift. Juli 1807, S. 17 - 22.
- Pindars Olympische Oden in ihr Sylbenmaass verdeutscht. 2 Tle. Berlin
(Brauns) 1808.
- Euripides. 3 Bde. Mannheim 1823/24.
- Altes und Neues für Geschichte und Dichtkunst. Im Vereine mit
Gleichgesinnten herausgegeben von F. H. Bothe und H. Vogler. Erstes Heft.
Potsdam (Vogler) 1832.
- Janus. Geschichte, Litteratur und Kunst, 1. Bd. Zürich 1837.
Literatur:
- Briefe an Goethe. Regesten Bd. 6. 1811-1815. Weimar (Hermann Böhlaus
Nachf.) 2000
- Höfer, G.: F.H.B., Die Gigantomachie. In: Jb. der Slg. Kippenberg 6,
1926.
- von Holtei, Karl (Hg.): Briefe an Ludwig Tieck. Bd. 1, Breslau (Eduard
Trewendt) 1864
- Luserke, Matthias: F. H. B., St. Ingbert (Röhrig) 1989 (Kleines Archiv
des 18. Jh. H. 5. Hg.: Christoph Weiß)
- Schweikert, Uwe: Korrespondenzen Ludwig Tiecks und seiner Geschwister. 68
unveröffl. Briefe. Jb. d. Freien Deutschen Hochstifts 1971, S. 376:
Ludwig Tieck: An B. 30. Nov. 1852.
Quellen:
- ADB S. 196/7
- Adreßverzeichnisse Berlin (Mikrofiche), Staatsbibliothek Berlin
- Allgemeiner Straßen- und Wohnungsanzeiger für die Residenzstadt Berlin:
mit einem Grundriß von Berlin, hrsg. v. Salomo Sachs. Berlin (Hitzig)
1812.
- Briefe an Goethe. Regesten Bd. 6. 1811 - 1815. Weimar (Hermann Böhlein
Nachf.) 2000
- Brümmer, Franz: Lexikon der dt. Dichter und Prosaisten. 1884
- DBI (Mikrofiche)
- Dt. Literatur-Lexikon. Biographisch-Bibliographisches Handbuch, Bern u.
München (Francke), Dritte, völlig neu bearb. Auflage 1968.
- Goedeke, Karl: Grundrisz zur Geschichte der Deutschen Dichtung aus den
Quellen. 2. [u. 3.] ganz neu bearb. Aufl. Dresden (Ls. Ehlermann) 1884
ff.
- Killy, Walter (Hg.): Literatur-Lexikon, Bd. 2. Gütersloh/München
1989
- Online-Katalog Staatsbibliothek Berlin
Bothe, Friedrich Heinrich
(1771
Magdeburg - 9. Juni 1855 Reudnitz bei Leipzig)
Altphilologe,
Schriftsteller, Übersetzer
-
Studium der Philologie in
Halle
-
Mitglied des Vereins für
gelehrte Schulen in Berlin, wo er eine Lehrerstelle an einer zu stiftenden
Gleimschen Humanitätsschule in Aussicht hatte, deren Gründung jedoch scheiterte
-
Herausgeber sämtlicher
griechischen und lateinischen Dramatiker
-
lebte später mit Frau und
Tochter in Heidelberg, Mannheim und Leipzig; rege Herausgebertätigkeit; ohne
feste Anstellung; mußte vom Erlös seiner Schriften leben; Schauspielbearbeitungen
-
1816 „Opuscula critica et
poetica“ (enthalten u. a. seine Übertragungen von Gedichten Bürgers, Gleims,
Goethes, Herders, Klopstocks, Opitz', Schillers u. a. ins Lateinische)
-
1837
Herausgeber des 1. Bandes des „Janus“
-
1842
wohnhaft in Leipzig