Schreibung des Namens als Gass oder Gaß
evangelisch-reformierter Prediger und Theologe; Konsistorialrat
Unklar ist m.E. (F.F.) noch immer, um welches Klosterbergen oder Kloster
Bergen es sich handelt.
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1766
geb. am 26. Mai als Sohn eines Pfarrers in Leopoldshagen bei Anklam.
Verlebt seine Jugendjahre in Anklam, wohin der Vater gewechselt ist.
Besuch des Gymnasiums zu Anklam und der Klosterschule Bergen bei Magdeburg.
"Aller phantastischen Bemühungen ungeachtet wollte sich das Gefühl des
Gnadenstandes, das Bewußtsein höherer Gnadenwirkungen nicht einstellen."
(W.G., S. XVII)
1785-89
Studium der Theologie in Halle bei Knapp und Semler (Theol.) und Wolf
(Philol.); Bruch mit der Orthodoxie; Beginn der lebenslangen Beschäftigung
mit kantischer Philosophie, mit Herders, Wielands und Forsters
Schriften.
anschließend privater Jugendlehrer und Erzieher in Anklam
1795
Empfang der Weihe zum geistlichen Amt durch den Feldprobst Kletschke am 4.
August in Potsdam; wird Feldprediger eines Infanterie-Regiments und
Garnisonsprediger in Stettin
1798
seit dem 14. Juli verheiratet mit Wilhelmine Elisabeth Stavenhagen. "Aus
dieser höchst glücklichen, fast 33jährigen Ehe wurden 6 Kinder geboren, von
denen jedoch nur ein Sohn [Wilhelm Gaß] und eine Tochter" (NND) überlebten.
Als junger Mann hatte er sich "von dem herrschenden Moralismus wieder einer
religiösen Anschauung des Christentums [zugewandt] und dessen eigenthümliche
Züge" hervorgehoben. (RealE)
"Er war im Denken maaßvoll und jeder speculativen Ueberhebung oder
religiösen Extravaganz abgeneigt, dagegen rasch im Handeln, ja stürmisch und
vordringend, nicht ehrgeizig aber von leicht gekränktem Ehrgefühl." (W.G.,
S. XLIV)
1804
Beginn der Freundschaft zu Schleiermacher. Dieser hatte Anfang Juli auf
einer Rückreise von Sagard bzw. Greifswald in Stettin u. a. seinen Freund
Bartholdy besucht, und dabei "einen Prediger kennen gelernt dem es Ernst zu
sein scheint mit seinem Beruf." (Brief an G. A. Reimer, 14.7.1804) Schon
zwei Monate später intensiviert sich diese Begegnung: "Bartholdy und Gaß
haben mich hier so festgehalten, daß ich erst heute Abend abreise nach
Landsberg." (Brief an G. A. Reimer, Stettin 6.9.1804)
seit
1805
Assessor bei dem königl. Consistorium in Stettin. Die Familie wohnt in
Anklam.
Sein inzwischen entstandenes Verhältnis zu Schleiermacher charakterisiert
er in einem Antwortbrief an diesen, der ihn um eine Beurteilung seiner
Rezension von Johann Friedrich Zöllners
Ideen über Nationalerziehung
gebeten hatte, folgendermaßen: "Ich will Sie nicht über diese schöne Arbeit
loben, mein theurer so brüderlich geliebter Freund; das wäre sonderbar aus
dem Munde dessen, der Ihnen schon so viel zu verdanken hat, und den Sie nun
schon einmal zum Schüler behalten werden." (Brief v. 2. März)
5./6. 12.: Geburt einer Tochter.
1806
im Mai begleitet er das Regiment Borke gegen die Schweden, weniger aus
Neigung als, "da man es gern sieht." (Brief an S. v. 10.5.) Dazu Wilhelmine
Gaß:
" Es geht bunt zu in der Welt und scheint mir alles so
verwikkelt daß ich mich wohl gar zuweilen unterfange auch Politik zu
sprechen, und das Garn zu entwirren strebe, welches die hohen Mächte so
schreklich zerzaust haben." Auch sie äußert sich besorgt über Gaß'
Gesundheitszustand. S. antwortet: "Geben Sie mir doch einmal ein
Beschreibung von Ihrer Gesundheit damit ich weiß wo es Ihnen sizt. | Ich
habe eigentlich keine Vorstellung davon wie ein Mann der Frau und Kind hat
und grade Glieder und nicht hypochondrisch ist, kränkeln kann." (Brief v.
Ende Juni/Anfang August) Gaß antwortet u.a.: "Die Liebe zum Frieden muß
endlich ihre Grenze haben, wo man es mit einem Gegner zu thun hat, der vor
der ganzen Welt zeigt, es sei noch immer beßer, ihn zum offenbaren Feinde,
als zum Freunde und Protektor zu haben, […] Ich halte einen Krieg mit
Napoleon für unvermeidlich, von unsrer Seite für nothwendig und gerecht und
jeden Aufschub für gefährlicher, als das Uebel selbst. Noch haben wir Kraft
und Muth zum Wiederstande, noch ist der rechte Zeitpunkt dazu nicht
verstrichen, und ich bin kühn genug zu hoffen, Preußen könne der Retter
Deutschlands werden, wenn alles auf die rechte Weise angefangen wird und
Jeder das seine thut." (Brief v. 23.8.)
Also begleitet er freiwillig sein Regiment auf dessen Feldzug gegen die
napoleonischen Truppen, der bei der Schlacht von Jena endet. Kommt im Zuge
dessen nach Halle. Erlebt in den Tagen des 17. Oktober in der Wohnung
Schleiermachers die Besatzung und Plünderung durch französische Truppen.
Gleichwohl wird zusammen mit Henrich Steffens ein exegetisches Fachgespräch
über den 1. Timotheus-Brief des Paulus geführt.
Am auf seine Rückkehr folgenden Tag wird Anklam von französischen Truppen
besetzt. "Uebrigens ist Stettin ohne Vertheidigung mit Capitulation
übergegangen, es wird eine gute Mannszucht gehalten und Unordnungen, wie wir
sie in Halle | erfahren haben, sind hier gar nicht vorgefallen." (Brief v.
12.11.) Er gerät ins Schwärmen: "Welche herliche Zeit ist es eben jezt für
unsern Stand, die Menschen zu belehren, daß das Reich Gottes wohl bestehen
werde und sie zum Glauben daran und zur Hofnung zu bringen. Die Zeit redet
mit uns zugleich und wir erklären ihre Erscheinungen. Wie kann es sich beßer
zusammentreffen. […] Ich rechne es für keinen schlechten Gewinn unsrer
Trübsal, daß sie tüchtige Baumeister der Kirche bilden wird." (Brief
v. 14.12.)
1807
Auflösung seines Regiments, d.h. Verlust der Anstellung.
"schwere häusliche Trübsal" (RealE):
6. April: Tod des ersten Sohnes Heinrich.
Gaß schreibt an S.: " [...] aber wüsten Sie, wie glüklich wir besonders
diesen Winter unter allen Stürmen der Zeit in uns selbst und mit unsern
Kindern gewesen sind; wüsten Sie wie es so recht im schönen Entstehen war,
nur in Beziehung auf dieß herrliche Kind zu leben und wie viel Freude uns
sein frommer, so rein kindlicher Sinn schon jezt machte und wie viel Schönes
und Gutes sich sonst aus ihm entwikkelte und denken Sie sich dazu, wie nun
alle Hofnungen abgerißen | sind, Sie würden uns auch zugeben daß wir
untröstlich sind. […] Meine liebe Wilhelmine kann Ihnen heute noch gar nicht
schreiben. […] (Brief v. 12.4.)
Im Mai erscheint in Reimers Realschulbuchhandlung Schleiermachers
kritisches Sendschreiben an J. C. Gaß:
Über den sogenannten ersten
Brief des Paulos an den Timotheos, das S. ihm am 10. Mai u.a. mit den
Begleitworten "ich muß Ihnen, weil ich es so ganz ungefragt gethan,
vorbehalten, sich, wenn Sie mir nicht zustimmen können, noch öffentlich
davon loszusagen" (KGA. I. Abt. Bd. 5, S. CI) schickt. Darin heißt es :
"Denn indem ich gleich öffentlich rede kann mir doch wenn es bei Ihnen ja
nicht gelingen sollte meine Behauptung durchzusezen, dies bei manchem andern
indeß gelungen sein; und darsu, daß ich mich doch unmittelbar und zunächst
an Sie wende, ziehe ich den Nuzen, daß ich manches als unter uns abgemacht
voraussezen kann, worüber unser [!] Publicum, welches wie Sie wissen immer
nicht weit genug auf die ersten Grundsäze zurükgehen kann, vielleicht erst
Rath zu pflegen und Einverständniß zu treffen verlangen möchte." (a.a. O. S.
157/58)
Gaß antwortet am 7. Juni u.a.: "[...] vielleicht ist es auch ein Dank, der
Ihnen am Meisten gefällt, wenn ich Ihnen sage, daß Sie mir durch dies Buch
wieder die erste Freude gemacht haben und Lust zu ernsten Beschäftigungen,
die am Ende doch das beste Heilmittel sein werden. [...] Daß Sie in der
Hauptsache
für mich vollkommen Recht und Ihre Behauptung ebenso
gründlich als siegreich durchgeführt haben, darf ich Ihnen wohl nicht erst
sagen." (a.a.O. S. CI)
August: Tod des Vaters.
2. September: Tod der Tochter.
Ende des Jahres Übersiedlung nach Berlin, zunächst für den Winter; "[...]
er suchte das Erste und Letzte, die Erkenntniß des eigenthümlichen Wesens
des Christenthums und dessen wissenschaftlicher Haltbarkeit." (W.G., S.
XLVI)
seit
1808
Prediger an der Marienkirche;
er schreibt am 27.3. an S.: "Tätigkeit und Beruf sind gar köstliche Dinge
und ich weiß sie wohl zu schätzen; wenn aber darneben alles verlohren geht,
deßen man sich zu freuen hätte, so kömt man sich am Ende doch nur als ein
Sklave vor, dem man absichtlich nichts übrig läßt, als die Hände, womit er
die Lasten fortschleppen soll. Und Kinder zu haben und zu erziehen, ist doch
auch wohl ein Beruf."
Vermutlich um die Jahreswende 1808/09: Geburt der Tochter Cecilie (später
Cäcilie geschrieben).
Gaß erwirbt sich den Ruf eines ausgezeichneten Predigers und Seelsorgers.
"Daß er zur geistlichen Rede die wahre Weihe empfangen hat, unterliegt
keinem Zweifel." (NND)
Geselliger Verkehr mit den Familien Gabain, Reimer und Schleiermacher und
deren Kreisen.
Dennoch schreibt er an den verreisten S:: "Ich mögte fast sagen, daß ich in
Berlin noch nie so mißmüthig gewesen bin.
... ich könnte sogar aus Liebe für Sie
wünschen, daß Sie auf jenem glükklichen Eilande blieben, wäre es nur
möglich, daß Sie mit demselben noch etwa 10 Seemeilen von der Küste
Deutschlands abrükken könnten und vielleicht gelänge es Ihnen auch, Ihren
Freunden eine Stätte zu bereiten und sie zu Sich zu rufen." (an S.,
18.5.1809)
1809
Eintritt in die "Philomatische Gesellschaft".
1810
nach Breslau versetzt als Regierungsrat für die geistliche und
Schuldeputation, als diese Behörde von der Justizverwaltung an die Regierung
verlegt wird. Ankunft dort am 31.Juli.
S. schreibt am 1.9. u.a.: "Ihre Abschiedspredigt hat mir Ritschl gebracht
und sie hat mir große Freude gemacht in ihrer einfachen klaren
Herzlichkeit."
G. stellt "die überwiegende Tendenz zur Fabrikation und den Sinn für das
unmittelbar Nüzliche, der hier noch eine gewaltige Herrschaft ausübt," fest.
"Was aber offenbar Breslau gegen Berlin zurükksezt ist die weit weniger hier
verbreitete allgemeine Bildung; man ist nicht so reich an solchen Kentnißen,
die jenen Namen verdienen und sie sind lange nicht in einem so leichten
Tausch und Umlauf als in Berlin." (an S., 26.9.1810)
Macht im Herbst einen Besuch bei der Brüdergemeine: "Der Geist der
Liberalität, der doch keinesweges in einen irdischen Sinn ausgeartet ist,
oder auch nur einen Anstrich davon hätte, zeigte sich mir besonders
auffallend in der Erziehungsanstalt für Töchter,[...] wovon ich so
eingenommen bin, daß ich Cäcilien hinschikken würde, wenn sie das
erforderliche Alter hätte." (an S., 4.11.1810)
1811
Ordentlicher Professor für Systematische und Praktische Theologie an der
Universität Frankfurt/Oder "Viridiana", die mit der katholischen
"Leopoldina" in Breslau dortselbst zusammengelegt wurde; wird nicht deren
Universitätsprediger. Liest über S.' Enzyklopädie und praktischer Theologie,
die er "weitläuftiger behandelt, als von Ihnen und das war hier nothwendig,
um mit diesen den Leuten ganz fremden Sachen nicht unverständlich zu
werden."(an S., 20.2.)
Das kollegiale Verhältnis der Fakultäten soll bis in die zwanziger Jahre
hinein ein von auf gegenseitiger Achtung gegründetem Verkehr bestimmt sein,
bes. zwischen dem Domherrn Graf Sedlnitzky und Gaß.
Übernimmt zudem die Oberleitung des Breslauer Schullehrerseminars. Wird
Examinator der Candidaten: "Das königliche Commissariat bei den
Abiturientenprüfungen nöthigte zu halbjährlichen Reisen in die Provinz, an
welche sich oft noch andere kirchliche Geschäfte anschlossen." (W.G., S.
LVI)
Stiftet das homiletische Seminar der Theologischen Fakultät.
"(Konnte) als tüchtiger Denker und guter Dialektiker Manches ersetzten, was
ihm an strenger Gelehrsamkeit abging." (ADB)
Seine "Abhängigkeit" von Schleiermachers theologischem Denken "zeigte sich
am meisten in der Dogmatik, selbstständiger verhielt er sich in der Ethik
und in den Vorlesungen über praktische Disziplinen." (RealE)
Er ist den Akademikern Passow, Schneider und Steffens, sowie Harnisch und
dem Staatsrat von Rehdiger freundschaftlich verbunden.
Im Februar sind in Oberschlesien die Bauern unruhig.
"[…]Ich kann es in dem engen Breslau gar nicht aushalten und habe eine
kleine Gartenwohnung vor dem Thore bezogen, wo ich wenigstens die Morgen
und Abende dieses herrlichen Sommers auf einige Monathe und mit Ihren
Grundlinien, die ich von neuem studiren will, mit dem Neuen Testament und
einigen Dialogen des Platon angenehm und nüzlich zu verleben denke. Die
Geschäfte werden in der Stadt abgemacht, wo ich mit Bredow zusammenlebe. So
denke ich ja, wird mir die Zeit der Strohwittwerschaft noch erträglich
werden. […]" (an S., 10.6.)
Zwischen dem 16. 9. und dem 23. 10. unternimmt Schleiermacher eine Reise
nach Schlesien, auf der sich beide anscheinend getroffen haben.
1812
am 12. März, Verleihung der theologischen Doktorwürde honoris causa.
"[…]Geschlagen muß werden, es sei, wo es wolle und so lange dies noch
geschieht, ist noch Hofnung. Nicht den nächsten Krieg, sondern den nächsten
Frieden muß man fürchten." (an Reimer, 5.4.)
1813
ist Breslau ein Zentrum begeisterter Nationalerhebung, Sammelplatz der
Freiwilligen auch im Hause Gaß; im Ganzen scheint der Erhebungswille in
Schlesien aber nicht größer gewesen zu sein als anderswo. - Als die
Regierung verlegt wird, flieht die Familie im Frühjahr bis zur gewonnenen
Schlacht an der Katzbach ins Gebirge. [Diese Information des Sohnes W.G.
beruht möglicherweise auf einer Verwechslung mit einer späteren
Urlaubsreise, die nach seiner Geburt unternommen wurde; in den Briefen an S.
findet sie keine Erwähnung.]
[?: Ende 1813/Anfang 1814 Geburt des Sohnes Heinrich]
1814
Er ist der Geistlichen und Schulangelegenheiten "manchmahl sehr
überdrüßig. [] Ich will Dir daher – doch unter uns gesagt – nicht bergen,
daß mein Entschluß gefaßt ist, wenn Gott mir ein mahl wieder zu einer Kirche
und Gemeine helfen sollte. Bis dahin muß ich ausharren*. " (an S.,
17.4.)
1815
Erscheinen der Schrift "Über den christlichen Cultus". Darin leitet er „den
Cultus aus dem Wesen der Religion her und weist ihm seine Stelle an in dem
freien sittlich berechtigten Hinausstreben der Andacht über die
individuellen Schranken in die Region der Gemeinschaft, welche ihre
Seligkeit genießen und ihre freudige Erhebung über das irdisch Vergängliche
in gewissen Formen darstellen und versinnbildlichen will.“ (W.G., S. LVI)
Gaß war ein leidenschaftlicher Feind der Freimaurerei und Vertreter einer
konstitutionellen Staatsverfassung.
1816
Für eine Neuauflage seines Büchleins über den Cultus im Frühjahr sieht
G. mehrere Umarbeitungen vor. (Brief an S., 31.3.)
Wird Consistorialrat im Zuge der Zusammenlegung der Ämter zu einem
Consistorium für Schlesien.
Beginn der Verhandlungen zur auch von der Regierung betriebenen Union der
evangelischen Kirchen. Seitdem bis 1829 Streitigkeiten über die kirchliche
Union, deren Verfassung und Agenda.
Herbst: Geburt eines Mädchens mit offenem Kopf, der sich nur langsam
schließt.
1817
Frühjahr: Tod des Mädchens.
August: Urlaub im Gebirge, "wohin ich schon vor 4 Wochen Frau und Kinder
vorausgeschikkt hab." (an S., 4.8.) [Möglicherweise jener Aufenthalt, den
W.G. für 1813 erinnert.]
"Was soll denn das Cirkularschreiben des Ministers an die evangelische
Geistlichkeit? Das erste Stük hat doch einen höchst dürftigen Inhalt, und
die Bemerkung, daß wir uns nicht Protestanten nennen sollen, ist ganz zur
Unzeit. Diesen Namen müßen wir behalten, so lange es einen Papst giebt; am
wenigsten sollten wir ihn jezt wie ich glaube, öffentlich ablegen." (an S.,
4.8.)
Verleihung der philosophischen Doktorwürde honoris causa.
1818
Die patriotische Turnbewegung Jahns, mit dessen Turnfreunden und
Verbündeten Passow, Wachler, Kayßler, Harnisch Gaß weiterhin verkehrt, wird
in Breslau Anlaß zu einer "Turnfehde". Deren Gegner sind hauptsächlich
Freimaurer. Die fortgesetzten polizeilichen demagogischen Untersuchungen
lassen ihn die Überzeugung vertreten, "daß dieser Anlaß ergriffen sei, um
von dem Wege der politischen Entwicklung abzulenken, [...] und besonders die
Universitäten einer polizeilichen Aufsicht zu unterwerfen." (W:G:, S. LVIII)
Noch 1823 muß er sich deswegen, unter Protektion seines Vorgesetzten, der
Versetzung erwehren.
"G. war im Denken maßvoll, den Extremen abgeneigt, im Handeln rasch und
durchgreifend, bei lebhaftem, fast leidenschaftlichem Temperament. Im
geselligen Umgange, welchen er liebte, sah man ihn heiter, herzlich und
humoristisch." (RealE)
1822
Er sieht sich bes. durch die Erläuterungen der neuen Ausgabe von
Schleiermachers "Reden" gestärkt, "die einen wahren Schatz herrlicher
Mittheilungen enthalten, [...] denn es zeigt sich immer mehr, in welchem
engen Bunde die moderne Frömmigkeit mit dem engherzigen Aristokratismus
steht, und wie jene von diesem gebraucht wird als Erschlaffungsprincip, und
um die intellectuelle und sittliche Kraft von ihrem rechten Punkt
abzuleiten." (an S., 21.6.)
Ist über den zweiten Band von Schleiermachers Dogmatik glücklich, "ein
Christ und Geistlicher zu sein," dessen Darstellung ihm "eine neue Epoche
nicht nur in dieser Disciplin, sondern im ganzen theologischen Studium
beginnen wird". (an S., 16.11.)
1829
Beendigung der seit 1816 anhaltenden Streitigkeiten über die kirchliche
Union, deren Verfassung und insbesondere die Agenda; Gaß' Gesundheit ist
angegriffen.
Erscheinen der Schrift "Erinnerung an den Reichstag zu Speier im Jahre
1529".
Unternimmt eine Rheinreise; sie "frischte mit der Heiterkeit auch die
Körperkraft nochmals auf". (W.G., S. LXXXIV)
1831
bekommt am 23. Januar den rothen Adlerorden 3. Klasse verliehen;
stirbt am 19. Februar in Breslau an einem Lungenleiden.
Der Sohn Wilhelm Gaß ist zu diesem Zeitpunkt siebzehn Jahre alt.
Literatur:
- Hamburger/Meusel, 5. Aufl. Bd. 13. 1808
- Das. , 5. Aufl. Bd. 17. 1820
- Das. , 5. Aufl. Bd. 22,2. 1831
- Neuer Nekrolog der Deutschen, Jg. 1831 (1833).
- Nowack, Karl Gabriel: Schlesisches Schriftstellerlexikon. H.2.
1838
- Realencyklopädie für protestantische Theologie u. Kirche. Hrsg. von
Alfred Hauck. 3. Aufl. Bd. 6. 1899 (350)
Quellen:
- ADB, S. 394-96
- DBI (M), I, 370, 14-22 und II, 428, 369-70
- Schleiermacher. KGA. I. Abt. Bd. 5 (Schriften aus der Hallenser Zeit 1804
- 1807) Hg.: Hermann Patsch, Berlin, Walter de Gruyter 1995.
- Schleiermacher. KGA. V. Abt. Bd. 7 (Birefwechsel 1803 - 1804) Hg.:
Andreas Arndt und Wolfgang Virmond. Berlin. Walter de Gruyter 2005.
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(ein "Gaß" (ohne weitere Daten) ist Mitglied der "Berlinischen Gesellschaft
für Deutsche Sprache)