Einen ersten Schritt zur Ausweitung seiner Firma unternahm Unger im
Jahre 1784, als er das Recht zur Herausgabe einer Zeitung beantragte.
Diese Zeitung sollte täglich erscheinen, was in Berlin ein Novum
gewesen wäre. Der Antrag wurde - wie ähnliche, die Unger in den
Folgejahren stellte - jedoch negativ beschieden. Die beiden vorhandenen
Zeitungen - die Vossische und die Haude & Spenersche - genügten,
und eine dritte brächte einen unnötigen erhöhten Arbeitsaufwand für den
Zensor mit sich, so der offizielle Bescheid.
Erst 1802 konnte Unger seinem Ziel näher kommen. Er wurde Miteigentümer der Vossischen Zeitung und konnte ihr durch verschiedene Veränderungen neuen Auftrieb verleihen.
1785 heiratete Johann Friedrich Unger seine Verlobte Helene Friederike von Rothenburg. Seine Frau war bereits seit Beginn der 1780er Jahren publizistisch tätig und 1784 mit dem Roman "Julchen Grünthal" weithin berühmt geworden. Auch nach der Eheschließung folgten regelmäßig weitere Veröffentlichungen im Verlag Ungers (siehe Verzeichnis der Publikationen). Zudem übersetzte Helene Friederike Werke aus der französischen und englischen Sprache, darunter etliche Schriften Rousseaus.
1788 begann eine langandauernde
Verbindung Ungers mit der Akademie der Wissenschaften. Mit der
Verleihung der Stellung eines Akademischen Buchhändlers wurde er für
den Verlag der akademischen Schriften verantwortlich.
Seit seiner Hochzeit hatte das
Ehepaar Unger in der Brüderstraße, Ecke An der Stechbahn, im
"Devrientschen Haus" gewohnt und dort auch die Firma geführt. Dieses
Domizil war mit den Jahren zu klein geworden, so daß die Ungers 1789
das Haus Jägerstraße 43, das zuvor die Königliche Lotteriedirektion
beherbergt hatte, kauften. Später kam ein Sommerhaus am Rande des
Tiergartens hinzu, in dem von Zeit zu Zeit Musikabende stattfanden.
1789 erwarb Unger für 30 000 Franc von Firmin Didot die Lizenz zur Einführung seiner neuen Antiqua-Lettern in verschiedenen deutschen Staaten. Damit wurde der Verleger zum Akteur in dem bereits seit einigen Jahrzehnten andauernden Streit um die Veränderung der Schrifttypen im deutschen Buchdruck. Diskutierten zunächst Schriftsteller und Publizisten darüber, ob man die nur in Deutschland üblichen Fraktur-Druckbuchstaben ("deutsche Schrift") durch die im Westen, Norden und Süden Europas gebräuchlichen Antiqua-Typen ("lateinische Schrift") ersetzen sollte. Dieses Bestreben stieß zunächst sowohl bei Verlegern als auch im Lesepublikum kaum auf positive Resonanz. Mit der Übernahme der in Fachkreisen sehr geschätzten Didotschen Lettern wollte Unger die Akzeptanz für die Antiqua erhöhen. Doch bald wurde ihm bewußt, daß eine vollkommene Schriftumstellung von der Mehrzahl der Leser abgelehnt wurde. So begann er 1789 unter Hilfe Didots und des Stempelschneiders Johann Christian Gubitz, der vom Leipziger Verleger Breitkopf zu Unger wechselte, eine neue Fraktur zu entwickeln, die der deutschen Druckschrift eine leichtere Form geben und sie der Antiqua annähern sollte. Nach mehreren Versuchen, für die Unger 1791 eine eigene Schriftgießerei einrichtete, konnte er 1794 das Endergebnis präsentieren: die sogenannte "Unger-Fraktur", die ihm durch preußisches Privileg bestätigt wurde. Sie kam bis zur Auflösung des Unternehmens Unger 1810 umfangreich zum Einsatz, geriet dann beinahe vollkommen in Vergessenheit, bevor sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt wurde und eine weite Verbreitung erfuhr.
Seine Arbeiten auf dem Gebiet des Holzschnitts führten dazu, daß Unger 1790 Mitglied der Akademie der Künste wurde, bald darauf in den Senat dieser Institution eintrat.
1794 pachtete Unger zudem das Privileg der Akademie zur Herstellung und zum Vertrieb sämtlicher Kalender der preußischen Staaten ( 30 400 Taler im Jahr).
1796 Bereits zwei Jahre später führte dieser Kalenderverlag zu einer scharfen Auseinandersetzung mit der preußischen Zensur. Unger hatte in bestimmten Kalendern zusätzlich zum herkömmlichen Kalendarium den neuen französischen Revolutionskalender abgedruckt. Das führte zum Verbot und zur Einziehung der entsprechenden Exemplare. Unger führte daraufhin als Begründung an, daß es für Personen, die in regelmäßigem Kontakt mit Frankreich stehen, wie z. B. Kaufleute, unerläßlich sei, einen französischen Kalender zur Hand zu haben. Nach längeren Verhandlungen durfte das umstrittene Kalendarium in geringer Auflage wieder gedruckt werden.
1800 wird Unger die speziell für ihn geschaffene Professur für Holzschneidekunst an der Akademie der Künste
übertragen. Dazu ein Zitat aus der Haude- und Spenerschen Zeitung Nr. 84, Dienstag, den 15. Juli 1800:
"Se. Königl. Majestät haben bei Dero Akademie der Künste allhier,
eine besondere Lehr-Anstalt der so manigfaltig nützlichen Holz-Schneide Kunst,
zu errichten, und den Unterricht darin, dem als einen sehr geschickten
Holzschneider sich hinreichend ausgezeichneten Buchführer und akademischen
Buchdrucker, auch Mitglied der Akademie der Künste, Herrn Unger, allergnädigst
übertragen lassen, zu dem Ende auch demselben, zum Professor bei gedachter
Akademie ernannt, und die deshalb für ihn ausgefertigte Bestallung
Allerhöchstselbst zu vollziehen geruhet."
1798 wandte sich Unger einem weiteren neuen Gebiet zu: dem Aufbau einer eigenen Notengießerei und -druckerei. Die ersten Proben fanden wohlwollende Aufnahme im Publikum. Doch die Arbeiten waren noch nicht abgeschlossen, als Unger am 26. Dezember 1804 verstarb.
Seine Witwe übernahm das Geschäft. Sie mußte aber bald spürbare Rückschläge hinnehmen. So verlor sie 1806 durch Prozeß ihren Anteil an der Vossischen Zeitung und mußte 1807 die Kalenderpacht abgeben. Die wirtschaftliche Krise im Gefolge der Niederlage Preußens gegen Napoleon und die französischen Besetzung machten deutlich, daß das Ungersche Unternehmen in zu hohem Maße auf der Basis von umfangreichen Krediten gewachsen war. Helene Friederike Unger geriet in Zahlungsschwierigkeiten und konnte schließlich nach vergeblichen Umschuldungen das Unternehmen nicht vor dem Konkurs bewahren, der es im Jahre 1811 ereilte.
Johann Friedrich Unger war einer der wichtigsten Verleger Berlins zwischen 1780 und 1804. Mit der "Unger-Fraktur" entwickelte er einen modernen Druckschrift-Typ, der noch im 20. Jahrhundert breite Verwendung fand. Außerdem stattete der Verleger sein Unternehmen im Zusammenhang mit Expansion und Innovation mit neuester Technik und einer Betriebsverfassung aus, die im Bereich von Buchverlag und -druckerei Maßstäbe setzten.
SPPerson: Johann Gottlieb Friedrich Unger, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/701.
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