Lebenslauf:
1753
Salomon Maimon (eigentlich
Salomon ben Josua) wird als Sohn eines Rabbiners in Sukowiborg bei
Mirz/Polnisch-Litauen geboren. Er wird jüdisch-orthodox erzogen und besucht die
Talmudschulen in Mirz und Iwenez.
1764
Als Maimon elfjährig den Ausbildungsstand eines Rabbiners erreicht, wird er
von seinem Vater gegen ein beträchtliches Entgelt verheiratet. Im Folgenden
lebt Maimon jedoch wegen ständiger Auseinandersetzungen mit seiner
Schwiegermutter meist außer Haus und arbeitet als Hauslehrer. Als Vierzehnjähriger
wird Maimon Vater eines Sohnes.
1777
Maimon verläßt, nachdem der die lateinische und deutsche Sprache erlernt
hat, Heimat und Familie und kommt über Königsberg und Stettin nach Berlin. Die
jüdische Gemeinde
weist seine Bitte nach finanzieller Unterstützung seines angestrebten Studiums
ab und rät ihm, die Stadt zu verlassen. In seiner "Lebensgeschichte"
erklärt er die Umstände der Abweisung: "Die Ältesten schlugen mein
Gesuch ab (...). Die Ursache dieses Betragens gegen mich besonders war keine andere
als diese: Der Rabiner war ein eifriger Orthodox. Nachdem er also meine
Gesinnung und Vorhaben ausgeforscht hatte, ging er in die Stadt,
benachrichtigte die Ältesten der Gemeinde von meiner ketzerischen Denkart, indem
ich den 'More Newochim' kommentiert neu herausgeben wolle, und das mein
Vorhaben nicht sowohl sei, Medizin zu studieren und als Profession zu treiben,
sondern hauptsächlich mich in Wissenschaften überhaupt zu vertiefen und meine
Erkenntnis zu erweitern. Dies letztere sehen die orthodoxen Juden als etwas der
Religion und den guten Sitte gefährliches an". (Maimon 1988, S.
124).
Maimon geht nach Posen und arbeitet zwei Jahre als Hauslehrer.
1780
Rückkehr nach Berlin. Maimon absolviert eine dreijährige Lehre in der
"Apotheke zum Weißen Schwan". Moses Mendelssohn unterstützt ihn.
Privat studiert Maimon Spinoza, Locke, Hume, Leibniz und besonders die
Philosophie Christian Wolffs. Der Kant-Schüler Markus Herz weckt in ihm das
Interesse für die Transzendentalphilosophie. Es kommt abermals zum Streit mit
Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und einigen Freunden. Der Grund liegt in
Maimons radikal-neumodischen Ansichten über Religion und Philosophie begründet:
"Endlich ließ mich Mendelssohn zu sich rufen, nahm mich auf die Seite,
benachrichtigte mich von der Abneigung derselben (der Freunde, Anm. d.
Verf.) und zeigte mir die Ursachen davon an; nämlich 1, weil ich auf gar
keinen Lebensplan bedacht sei und die bemühungen meiner Freunde fruchtlos
gemacht habe. 2. Weil ich schändliche Meinungen und Systeme auszubreiten suche
und 3. weil der Ruf sei, daß ich eine sehr freie Lebensart führe und den
sinnlichen Vergnügungen sehr ergeben sei". (Maimon 1988, S. 160).
Maimon unternimmt Reisen durch Norddeutschland und die Niederlande. In
Hamburg überwirft sich er sich mit protestantischen Geistlichen, als er zum
Christentum übertreten will. Die Konversion kommt nicht zustande.
1783
Mit der Unterstützung reicher jüdischer Bürger aus Hamburg besucht Maimon
das Gymnasium Christianeum in Altona.
1785
Im März macht Maimon seinen Abschluß mit überdurchschnittlich guten Noten.
Über Berlin und Dessau kommt nach Breslau, wo er ein Medizinstudium aufnimmt,
was er allerdings nach kurzer Zeit wieder aufgibt. Christian Garve empfiehlt
ihn als Hauslehrer. Während der Anstellung bei einem Bankier übersetzt er
Mendelssohns "Morgenstunden" und Grundsätze der Naturlehre Newtons
von 1687 ins Hebräische.
1786
Scheidung von seiner Frau. Erneuter Umzug nach Berlin. Hier Bekanntschaft
mit Karl Philipp Moritz. Zu dessen "Magazin zur Erfahrungsseelenkunde"
steuert Maimon ab 1789 einige Artikel bei. Auch für die "Deutsche
Monatsschrift" verfaßt er einige Aufsätze.
1790
In Berlin setzt sich Maimon intensiv mit der Philosophie Kants,
insbesondere mit der "Kritik der reinen Vernunft" auseinander. Ein
Ergebnis ist seine Schrift "Versuch über die Transzendentalphilosophie.
Mit einem Anhang über die symbolische Erkenntnis", die in Berlin auf
Betreiben Kants bei dem Verleger Voß erscheint. Die Schrift wird Maimons
Hauptwerk.
1791
Maimon verfaßt Kommentare zu Aristoteles, Bacon und Newton, Schriften zur
Logik, Erkenntnistheorie und Ethik sowie zahlreiche Aufsätze in
wissenschaftlichen Zeitschriften. Sein "Philosophisches Wörterbuch"
erscheint in Berlin bei dem Verleger Unger. Maimon schreibt dazu in seiner
"Lebensgeschichte": "Ich war Anhänger aller philosophischen
Systeme nach der Reihe gewesen, Peripatetiker, Spinozist, Leibnizianer,
Kantianer und endlich Skeptiker, und immer demjenigen System zugetan, welches
ich zur Zeit für das einzig Wahre hielt. Endlich bemerkte ich, daß alle diese
verschiedenen Systeme etwas Wahres in sich erhalten und in gewissen Rücksichten
gleich brauchbar sind. Da aber die Verschiedenheit der philosophischen Systeme
von den ihnen zugrunde liegenden Begriffen von den Gegenständen der Natur,
ihren Eigenschaften und Modifikationen abhängt, die nicht so wie die Begriffe
der Mathematik von allen Menschen auf gleiche Art bestimmt und a priori
dargestellt werden können, so beschloß ich, sowohl zu meinem eigenen Gebrauche
als zum Nutzen anderer ein philosophisches Wörterbuch herauszugeben, worin alle
philosophischen Begriffe auf eine freie Art (...) bestimmt werden
sollten". (Maimon 1988, S. 196).
1792
Seine "Lebensgeschichte. Von ihm selbst geschrieben" erscheint
bei Vieweg in Berlin. Der Herausgeber ist Karl Philipp Moritz. Er schreibt in
einer Vorrede: "Die Lebensgeschichte bedarf keiner Anpreisung, um
gelesen zu werden. Sie wird für einen jeden anziehend sein, dem es nicht
gleichgültig ist, wie die Denkkraft, auch unter den drückendsten Umständen,
sich in einem menschlichen Geiste entwickeln kann, und wie der echte Trieb nach
Wissenschaft sich durch Hindernisse nicht abschrecken läßt, die unübersteiglich
scheinen. Was aber diesem Buche noch in anderer Rücksicht einen besonderen Wert
gibt, ist eine unparteiische und vorurteilsfreie Darstellung des Judentums, von
der man wohl mit Grund behaupten kann, daß sie die erste in ihrer Art ist und
deswegen, besonders zu den jetzigen Zeiten, wo die Bildung und Aufklärung der
jüdischen Nation ein eigener Gegenstand des Nachdenkens geworden ist,
vorzügliche Aufmerksamkeit verdient". (Maimon 1988, S. 7).
1800
Maimon stirbt im Alter von 47 Jahren auf dem Gut des Grafen von Kalckreuth
zu Nieder-Siegersdorf, wo er auch seine letzten Lebensjahre zugebracht hat.
Vermerk in der Haude- und Spenerschen Zeitung Nr. 146, Sonnabend, den 6. Dezember 1800:
"Der bekannte philosophische Schriftsteller, jüdischer Nazion, Salomon Maimon, ist in Schlesien auf den gräfl. Kalckreuthschen Gütern gestorben.
Verwendete Literatur:
Maimon, Salomon: Salomon Maimons Lebensgeschichte. Von ihm selbst
geschrieben. Berlin: Union-Verlag 1988
Sven Haase