Lebenslauf:
1775
Sophie wird als Tochter eines Seilermeisters und Schwester von Ludwig
und Christian Friedrich Tieck am 28. Februar in Berlin geboren.
1795/96
Die Geschwister beziehen eine gemeinsame Sommerwohnung nahe des Rosenthaler
Platzes. In diese Zeit beginnt Sophie ihre literarische Laufbahn: Sie
veröffentlicht auf Anregung ihres Bruders acht satirische Erzählungen anonym
in der von Friedrich Nicolai verlegten Reihe "Straußfedern" (6. und 7. Bd.,
Bln. 1796 u. 1797).
1799
Sophie Tieck heiratet einen Freund ihres Bruders, den
Sprachwissenschaftler August Ferdinand Bernhardi.
1800
Publikation zweier Lustspiele im dritten Band der "Bambocciaden" ihres
Mannes. Sophie veröffentlicht vorwiegend Lyrik in romantischen Zeitschriften
wie "Kynosarges", "Europa" und "Rostorfs Dichter-Garten". Geburt des ersten
Sohnes Wilhelm.
1801
Geburt des zweiten Sohnes Ludwig. Beginn der Beziehung zu August
Wilhelm Schlegel.
In Dresden erscheint bei Gerlach Sophies "Julie Saint Albain".
1802
Publikation von Lyrik in dem von Tieck und August Wilhelm Schlegel
herausgegebenen "Musenalmanach für das Jahr 1802". Tod des Sohnes
Ludwig. Geburt des dritten Sohnes Felix Theodor. Die Frage der Vaterschaft
ist nicht geklärt. Bekanntschaft mit Karl Gregor von Knorring.
1803
Juli: Reise nach Dresden mit Knorring.
1804
Trennung von ihrem Mann Bernhardi. Reise nach Weimar, Teplitz, Dresden
und erneut Weimar. Weiterreise mit Knorring und den Kindern über Würzburg,
Erlangen und Nürnberg bis nach München. Im Salon der Henriette Herz lernt
Sophie Germaine de Staël kennen. In Berlin erscheinen in der
Realschulbuchandlung die "Dramatischen Phantasien".
1805
Frühjahr: Aufbruch mit Knorring und den Kindern nach Rom. Dort treffen
sie für 14 Tage Madame de Stael und August Wilhelm Schlegel. Die Ehekrise
spitzt sich zu, Sophie erhält Drohbriefe von Bernhardi. Im Herbst lernt sie
Anna Maria, die Erzherzogin von Österreich kennen. Sie setzt sich für Sophie
und ihre Kinder ein. Beginn mit der Arbeit an "Flore und Blanscheflur".
Konversion zum Katholizismus, wohl noch in Rom.
1806
In Rom Bekanntschaft mit dem englischen Schriftsteller Samuel Taylor
Coleridge und Lucien Bonaparte, dem Bruder Napoleons. Der Prozeß über das
Sorgerrecht beginnt. Ein Gericht verfügt die Rückgabe der Kinder.
1807
Im Herbst Rückreise mit den Kindern nach München, später nach Prag, wo
sie Knorring wiedertrifft, der 6 Monate vor ihr in Rom aufbrach. Die Ehe mit
Bernhardi wird geschieden.
1808
Aufenthalte in Wien, wo Sophie in Madame de Staels Salon verkehrt,
ihren Bruder, sowie die Schlegels trifft. Ebenso Aufenthalt in München, von
wo sie nach Italien weiterreisen möchte. Der Plan scheitert. Bernhardi kommt
nach München, um seine Kinder abzuholen. Nach Verhandlungen mit Ludwig Tieck
nimmt er den älteren Sohn Wilhelm mit, während Felix Theodor bei der Mutter
bleibt.
1809
Knorring folgt Sophie nach München.
1810
Hochzeit mit Knorring, der nach Rußland zum väterlichen Gut
weiterreist. Sophie bleibt bis 1812 in München.
1812
Sophie folgt ihrem Mann nach Rußland.
1820
Bernhardi stirbt in Berlin. Reise Sophies, ihres Mannes und Felix
Theodors über Warschau und Dresden. Dort Treffen mit den Tieck Brüdern.
Weiterreise über Franken nach Heidelberg. "Donna Laura" wird im Berliner
Schauspielhaus gespielt.
1822
Rückkehr nach Rußland. Sophie kehrt nie mehr nach Deutschland zurück.
"Flore und Blanscheflur", erscheint mit einer Vorrede August Wilhelm
Schlegels.
1833
Am 1. Oktober stirbt Sophie von Knorring 58-jährig in Reval. Ihr Mann
stirbt 9 Jahre später in Paris. Ludwig Tieck gibt 1836 Sophies Roman
"Evremont" posthum heraus. Die Liebesaffäre mit August Wilhelm Schlegel, die
Trennung von ihrem Mann, die langjährige Auseinandersetzungen um das
Sorgerecht für ihre beiden Söhne (1804 - 1808), ihre Konversion zum
Katholizismus und schließlich die Wiederverheiratung mit dem estländischen
Gutsbesitzer Karl Gregor von Knorring sind für die Zeitgenossen ein
öffentlicher Skandal und machen Sophie für längere Zeit zum Stadtgespräch.
August Wilhelm Schlegel, Tieck, Fouqué und auch Fichte greifen in diese
Kontroverse ein.
Sophie Tiecks Schriften bezeugen ihre eigenständige Gestaltungskraft,
wenngleich der Einfluß ihres Bruders nicht zu verkennen ist. Vor allem in
der phantastischen Dichtung - etwa in "Wunderbilder und Träume in eilf
Mährchen" (Königsberg 1802) und "Dramatische Phantasien. Drei romantische
Schauspiele" (Bln. 1804) - findet sie eine ihr gemäße Ausdrucksform. Obwohl
sie somit keineswegs zu den unbedeutenden Randfiguren der Romantik zu zählen
ist, konzentriert sich die literarhistorische Beschäftigung mit ihr fast
ausschließlich auf den biographischen Aspekt ihrer Beziehung zu Schlegel.
Der daraus resultierende Skandal wird im allgemeinen als ein Grund für die
Auflösung des Berliner Kreises der Frühromantik angesehen.