Wilhelm Henschel

Lebensdaten

Nachname:
Henschel
Vorname:
Wilhelm
Geburtsdatum:
15.03.1785
Geburtsort:
Trachtenberg
Geburtsland:
Schlesien
Geschlecht:
männlich
Todesdatum:
27.06.1865
Sterbeort:
Breslau
Sterbeland:
Schlesien
Beruf(e):
  • Kupferstecher
  • Zeichner
  • Lithograph

Namensformen

Namensvarianten:
Anschel

Genealogie

Genealogie:
Brüder: Friedrich, August und Moritz Henschel Onkel: Dr. Elias Henschel Vater: Hirsch Henschel

Biographie

Lebenslauf:

1781
Wilhelm Henschel wird am 15. März als zweitältester von vier Brüdern in Trachtenberg/Schlesien geboren. Zusammen mit seinen Brüdern Friedrich (1781-1837), August (1782-1828) und Moritz Henschel (1785-1862) wächst er in Breslau auf und besucht zusammen mit seinen Geschwistern die 1790 gegründete jüdische "Unterrichtsanstalt", in der sein Onkel Dr. Elias Henschel Mitglied des Schulkollegiums war.

1804

Da in diesem Jahr eine erste Teilnahme an der Berliner Akademie-Ausstellung mit graphischen Werken der Gebrüder Henschel belegt ist, wird Wilhelm Henschel vermutlich in dieser Zeit nach Berlin übersiedelt sein.
Im Katalog der Akademie-Ausstellung 1804 ist unter der Nummer 84 folgendes gelistet:
"Vom Herrn Henschel. Poträtmaler aus Breslau. Sokrates im Gefängnis unter seinen Schülern. Eine Handzeichnung." (Börsch-Supan 1971, 1804:84)
An den Akademieausstellungen ist die die Teilnahme der Gebrüder Henschel bis 1818 nachweisbar.

1806
Die ersten erhaltenen Zeichnungen Wilhelm Henschels, die im Berliner Nationaltheater entstanden sind, stammen aus dem Jahre 1806. Etwa 370 dieser Skizzen sind bis heute erhalten geblieben. Die meisten sind der Hand Wilhelm Henschels, wenige auch seinem Bruder Moritz zuzuschreiben.  Die beiden anderen Brüder waren wohl unter der Leitung Wilhelms als Kupferstecher und Lithographen tätig.

Wilhelm Härle, der 1925 ein großes Konvolut mit Zeichnungen Wilhelm Henschels wissenschaftlich bearbeitete, fasste seinen Charakter wie folgt:

"Dieser Wilhelm Henschel war ohne Zweifel ein hochbegabter und geistvoller Mensch, jedoch von etwas zerflatternder und allzu enthusiastischer Vielseitigkeit, - eine typische Theaternatur also; das erklärt auch seinen Werdegang [... ]. Als ganz junger Mensch nach Berlin gekommen, fand er sich sofort von den Leistungen des Theaters gepackt und hineingerissen in den allgemeinen Theaterenthusiasmus, der die preußische Hauptstadt trotz der furchtbaren politischen Lage - es war 1806! - im Banne hielt" (Härle 1925, S. 3).

Die Gebrüder Henschel beteiligen sich erneut an der Berliner Akademie-Ausstellung. Alle vier Brüder reichen Werke ein: Wilhelm Henschel ist mit dem "Bildnis des Herrn Präsidenten Büsching, in Pastell" vertreten (Börsch-Supan 1971, 1806:176). Moritz Henschel zeigt ein "Bildniß des Herrn und der Madame Freyhan; beide in Pastell" und eine Gipsbüste in Lebensgröße (Börsch-Supan 1971, 1806:178 und 1806:281). Friedrich Henschel stellt einen Kupferstich "Der Tod des Kardinals Nelson, nach W. Henschel, in schwarzer Kunst" aus (Börsch-Supan 1971, 1806:177) und August "Die Ansicht der eisernen Brücke auf dem Gute des Herrn Reichsgrafen von Burghauß in Schlesien; in Kupfer gestochen" (Börsch-Supan 1971, 1806:179).

1807

Neben seiner Tätigkeit als Zeicher, Kupferstecher, Pastell- und Miniaturmaler beginnt er unter Mitarbeit seiner Brüder mit der Herausgabe von illustrierten Serien. Im Jahr 1807 erscheint  „Die Kaiserlich französische Garde“ in fünf Blättern im Verlag der Gebrüder Henschel.

1808
Innerhalb der Sammlung "Ifflands mimische Darstellungen für Schauspieler und Zeichner" erscheinen zwischen 1808 und 1819 zwanzig Rollenserien mit jeweils sechs Blättern und insgesamt 120 Kupferstichen, die Iffland in 19 Rollen poträtieren. Diese Hefte waren als Auftakt einer großen Folge gedacht, die jedoch nie zur Ausführung kam. (Härle 1925, S. 2) Als Vorlage dazu verwendet Wilhelm Henschel Zeichnungen, die er während der Vorstellungen im Nationaltheater anfertigte.

Goethe schreibt dazu einige Jahre später: „Gewiß es bedurfte viel Talent und Kunstfertigkeit, so verschiedene angenommene Charaktere und Leidenschaften darzustellen, und unter allen Abwechselungen gleichwohl die eigenthümlichen Züge des Mannes beyzubehalten; der Künstler Aufmerksamkeit hat sich noch weiter und bis auf das Kostüme erstreckt, so daß wer Iffland öfters spielen sahe sich aus den Bildern seines Anzugs wieder erinnern wird. - Die Manier womit diese mimischen Darstellungen in Kupfer gestochen sind ahmt leichte Entwürfe in schwarzer Kreide nach, nur Umrisse mit einiger Andeutung des Schattens." (Johann Wolfgang Goethe, Ueber Kunst und Alterthum, Bd. 2, Heft 1, 1818, S. 74f.)

1809
"Dramatische Scenen, den Darstellungen des Berliner Theaters nachgebildet", als "erstes Heft mit 6 Kupfern" bezeichnet, wird von den Gebrüdern Henschel herausgegeben. Den Kupferstichen sind lange und ausführliche Beschreibungen der Darstellungen beigefügt. Aus dem Vorsatzblatt des Foliobandes geht hervor, dass die Gebrüder Henschel den Druck jedoch nicht selbst übernahmen:  "Zu haben bei den Herausgebern, auf dem Werder, Rosenstraße No.4  und bei Dunker & Humbold, Buchhändler, gedruckt bei C.F. Amelang, Neue Friedrichstr. 56, Folio" (Kirschstein 1918, S. 49). Hier wird ein Hinweis auf die Vertriebswege der Henschelschen Werke gegeben: Wilhelm Henschel arbeitete also mit mindestens einer Druckerei und der Verlagsbuchhandlung Duncker & Humblot zusammen, um seine Werke zu verbreiten.

1810
Vom „Collegium der Aeltesten und Vorsteher der hiesigen Juden Gemeinde“ ist unter dem Datum, 8. März 1810 folgendes Zeugnis überliefert:

„Daß die Vier Söhne des hiesigen Schutz Judens Hirsch Henschel namentlich Friedrich Henschel, August Henschel, Wilhelm Henschel und Moritz Henschel, die unter den Namen Gebrüder Henschel und als Beflissene der Kupferstecherei und Mahlerkunst bekannt sind, hier Orts geboren und erzogen worden, dieselben insgesamt auch von Jugend auf und bisher immerfort, und stets nur dahin bestrebt gewesen sind, auszubilden und möglichst zu vervollkommnen; Solches haben wir denselben der Wahrheit gemäs hierdurch nicht nur attestiren, sondern zugleich auch den Wunsch hinzufügen wollen: daß es ihnen glücken möchte durch ein gutes Fortkommen sich der Früchte ihres angewandten Fleißes in vollkommensten Maaße erfreuen zu können.“

Die "Gebrüder Herren Henschel" beteiligen sich in diesem Jahr mit folgenden Werken an der Berliner Akademieausstellung:

- Porträt der hochseeligen Königin Luise, in Pastell
-  Die Verklärung derselben, ein Kupferstich
-  Historisches Portät des Herrn Ritters und Direktors Iffland
-  Ein anderes, denselben vorstellend; beide in Pastell
-  Kornelia, die Mutter der Graechen, historische Komposition von Herrn M. Henschel
-  Porträt des Kammersängers Herrn Fischer, von Herrn M. Henschel
-  Dramatische Scenen aus Vorstellungen des Berl. Theaters
-  Zwei Porträts
(Börsch-Supan 1971, 1810:92-99)

1811
Am 17. Januar 1811 übersandten die Gebrüder Henschel die ersten beiden Bände von Ifflands "Mimischen Darstellungen" an Johann Wolfgang Goethe.

In diesem Jahr entstehen etwa 50 Zeichnungen verschiedener Rollenbilder Friederike  Bethmann-Unzelmanns (Laskus 1927, S. 9). Diese Zeichnungen waren wahrscheinlich dazu angefertigt worden, die Serie der "minischen Darstellungen" fortzusetzen (vgl. oben genannte Subskriptionsanzeige der Verfasser in "Ifflands mimische Darstellungen für Schauspieler und Zeichner" von 1808).

1812
Wilhelm Henschel und sein Bruder August erhalten von der Königlichen  Akademie der Künste den Titel "Akademische Künstler". Entgegen der Meinung Kirschsteins werden sie jedoch nicht als Mitglieder in die Akademie der Künste aufgenommen. (Kirschstein 1918, S. 47).

1813
Es erscheint eine Sammlung von Blättern zum Befreiungskrieg. Unter dem Datum vom 1. April 1813 ist folgendes Schreiben des Preußischen Königs Freidrich Wilhelm III. aus Breslau überliefert: „Die von den Gebrüdern Hentschel angekündigte Sammlung der Begebenheiten des jetzigen Krieges in fortlaufenden Kupferblättern, wovon das erste mit der Anzeige vom 27ten v. M. eingegangen ist, habe Ich mit besonderm Wohlgefallen aufgenommen, und gestatte gern, daß solche Mir zugeeignet werde.“ (Goethe-Museum Düsseldorf, Best.-Nr. 222/EKZ)

 1816
Wilhelm und August Henschel werden Mitglieder des jüdischen Männervereins "Gesellschaft der Freunde".

1817

Anläßlich des 25-jährigen Jubiläums der Gesellschaft der Freunde sticht Wilhelm Henschel ein Portät des Vorsitzenden W. Cassel, welches August Henschel zuvor in Öl gemalt hatte. Jedem Vereinsmitglied ist ein Exemplar des Stiches überreicht worden.

1818
Teilnahme der Gebrüder Henschel an der Berliner Akademieaussteellung mit dem "Brustbild eines Berliner Gelehrten, in Lebensgröße, mit Wachsfarben gemalt" (Börsch-Supan 1818:123). Womöglich handelt es sich hierbei um das Bildnis des Vorsitzenden Kassel.

1819
Anlässlich des 70. Geburtstags Goethes erscheint das erste Heft der Serie „Scenen aus Goethes Leben“. Als Titelbild fertigten die Gebrüder nach einem Bildnisrelief Schadows ein lithographisches Porträt des Dichters an. Das Büchlein mit einem Vorwort von Franz Horn, enthält acht farbige lithographische Blätter, die Textstellen aus "Dichtung und Wahrheit" illustrieren. In der von Goethe herausgegebenen Zeitschrift „Ueber Kunst und Alterthum“ findet sich eine kurze Besprechung (2. Band, 2. Heft, 1820, S. 73) Dort heißt es: „[...] die Künstler scheinen eine ähnliche Auffassungsgabe des Natürlichen wie weiland Chodowiecki zu besitzen, doch scheint uns ihre Behandlung etwas mehr Freyheit und Leichtigkeit zu haben, sie zeichnen die Falten mit besserm Geschmack, Nebenwerke und Gründe ebenfalls, auch ist die Beleuchtung malerischer.“ Das Werk ist dem Preußischen König Friedrich Wilhelm III. zugeeignet, der am 9. Mai 1819 aus Berlin an die Henschels schrieb: „Ich will den Gebrüdern Henschel auf ihre Anzeige vom 9ten d. M. gestatten, Mir die von ihnen herauszugebenden Scenen aus Göthe's Leben, von welchem ich den ersten Druck empfangen habe, zuzueignen." (Goethe-Museum Düsseldorf, Best.-Nr. 222/EKZ)

Des Weiteren erscheinen in diesem Jahr lithographische Farbendrucke mit dem Titel „Darstellungen der vorzüglich in Berlin aufgeführten Ballets“ und neben einzelnen Porträtstichen und Einzelblättern die Serie "Begebenheiten aus dem heiligen Krieg". Die Gebrüder Henschel spielten in der Verbreitung der Lithographie in Berlin eine Vorreiterrolle.  Sie waren wahrscheinlich die ersten Künstler, die in Berlin mit dieser Drucktechnik experimentierten und Lithographien erstellten.

1820
Die Gebrüder Henschel bitten Goethe um ein Gedicht zu Ehren von Karl August Hardenberg, der am 31. Mai seinen 70. Geburtstag feiert. Goethe kommt diesem Wunsch nach und das Gedicht mit dem Titel "Wer die  Körner wollte zählen" wird zusammen mit einer lithographischen Wiedergabe eines Bildnisses von Hardenberg durch die Gebrüder Henschel publiziert (Arnold 1925,  S. 257).

1821
Wilhelm Henschel veröffentlicht ein bedeutendes Einzelblatt mit dem Titel: "Der König an Blüchers Krankenbette", "nach der Natur gezeichnet und in Kupfer verfertigt von den Herausgebern Gebrüder Henschel in Berlin und Breslau 1821". Dieses Blatt entsteht in Anlehnung an Chodowieckis Stich "Zieten sitzend vor seinem König". Ein Exemplar des Druckes schicken die Gebrüder Henschel unter Bezugnahme auf Goethes "Götz von Berlichingen" an August von Goethe.

1828
August  Henschel stirbt am 22. August und wird auf dem jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beigesetzt. Zu diesem Zeitpunkt waren Friedrich und Moritz Henschel bereits nach Breslau zurückgekehrt (Kirschstein 1918, S. 66).

1832
Am 14. August erklärt Wilhelm Henschel seinen Austritt aus der Gesellschaft der Freunde und verläßt noch im gleichen Jahr Berlin. Er siedelt, wie seine Brüder, nach Breslau zurück und bezieht im Gasthaus "Zur Goldenen Krone" am Ring 29 Quartier. In der Folgezeit etablieren sich die Gebrüder vornehmlich als Porträtmaler für das jüdische Breslauer Bürgertum.

1837
Friedrich Henschel stirbt. Darauf hin ziehen Wilhelm und Moritz Henschel in die Breslauer Weißgerbergasse um.

1852
Wilhelm und Moritz Henschel experimentieren mit der Reproduktion und Vervielfältigung von Gemälden. "Ferner beschäftigten sie sich mit der Herstellung praktischer Straßenschilder. Sie malten Inschriften mit Email auf gebrannten Ton und Backstein und stellten Proben davon auf der ersten Schlesischen Industrie-Ausstellung aus." (Kirschstein 1818, S. 70)

1865
Wilhelm Henschel stirbt, wie seine Brüder unverheiratet, am 27.6.1865 im Fränkelschen Hospital in Breslau.


Verwendete Literatur:

Erna Arnold: Goethes Berliner Beziehungen, Gotha 1925.

Annemarie Fischer: “Über körperliche Beredsamkeit“. Ifflands jüdische Rollen als von den Graphikern und Kupferstechern Gebrüder Henschel skizzierte Bewegung, in: Claudia Jeschke, Helmut Zedelmaier (Hg.), Andere Körper – Fremde Bewegungen. Theatrale und öffentliche Inszenierungen im 19. Jahrhundert, Münster 2005.

Johann Wolfgang Goethe: Ueber Kunst und Alterthum, Bd. 2, Heft 2, 1818.

Heinrich Härle: Ifflands Schauspielkunst, 1. Teil, 1. Abt.: Bildertafeln, Berlin 1925.
Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786-1850, bearbeitet v. Helmut Börsch-Supan, (=Quellen und Schriften zur bildenden Kunst 4), Berlin 1971.

Artikel Henschel, Gebrüder, in: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. begr. von Ulrich Thieme und Felix Becker, hg v. Hans Vollmer, Leipzig 1999, Bd. 16, S. 430.

Salli Kirschstein: Juedische Graphiker aus der Zeit von 1625 – 1825, Berlin 1918.


Irmgard Laskus: Friederike Bethmann-Unzelmann. Versuch einer Rekonstruktion ihrer Schauspielkunst auf Grund ihrer Hauptrollen, Leipzig 1927.

Kurt Schwerin: die Juden in Schlesien. Aus ihrer Geschichte und ihrem Beitrag zu Wirtschaft und Kultur, in: Bulletin des Leo Baeck Instituts, Tel-Aviv 1980 (19. Jahrgang, Nr. 56/57) ; S. 67.

KG/SiHo

 

Werke/Literatur

Auswahlbibliographie Primärliteratur:
Auswahlbibliographie Sekundärliteratur:

Register

Fachregister:
  • Bildende Kunst
Institutionsregister:
  • Akademie der Künste
Gruppen/Vereinigungen-Register:
  • Gesellschaft der Freunde

Person: Wilhelm Henschel, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/5485.

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