Lebenslauf:
Schauspielerin am Berliner Nationaltheater. Zur Besetzung vgl. Datenbank zum
Nationaltheater: "spezielle Suche" -> "nach Schauspielern".
1760
Friederike Auguste Conradine Flittner wird in Gotha geboren. Es wird auch das Jahr 1769 genannt. (Im Taschenbuch für die Schaubühne auf das Jahr 1797).
1774
Der Theaterdichter und Schauspieler Gustav Friedrich Wilhelm Großmann
wird ihr Stiefvater.
1776
Bühnendebüt.
1777
Ihr Name findet sich erstmal auf einem Theaterzettel der Seylerschen
Truppe in Frankfurt, wo sie am 9. oder 10. November die Sophie in Heinrich
Ferdinand Moellers Schauspiel "Sophie, oder der Gerechte Fürst"
spielt.
1778
Ihr Stiefvater wird unter Maximilian Friedrich, Kurfürst und Erzbischof
von Köln, Direktor des Bonner Hoftheaters. In dieser Truppe spielt sie bis
zum Tod des Kurfürsten.
1786
Heirat mit den Schauspieler und Sänger Karl Wilhelm Ferdinand
Unzelmann.
1788
Die Unzelmann debütiert am Königlichen Nationaltheater zu Berlin. Hier
verkehrt sie bald in verschiedenen Salons, wo sie u.a. die Bekanntschaft mit
den Brüdern Schlegel und Caroline Schlegel macht.
1795
Reise mit Rahel Varnhagen nach Karlsbad. Dort lernt sie Goethe kennen
und tritt mit ihm ab 1798 in Korrespondenz.
1801
Die Schauspielerin gibt ein vielbeachtetes Gastspiel in Weimar, wo sie
u. a. am 21. September in Schillers "Maria Stuart" die Titelrolle
spielt. Schiller schreibt darüber an Körner am 23. September 1801:
"Die Unzelmann war eben angekommen, und gleich den Tag
nach meiner Ankunft wurde Maria Stuart gegeben. Die Unzelmann spielt diese
Rolle mit Zartheit und großem Verstand, ihre Declamation ist schön und
sinnvoll; aber man möchte ihr noch etwas mehr Schwung und einen mehr
tragischen Styl wünschen. Das Vorurtheil des beliebten Natürlichen
beherrscht sie noch zu sehr; ihr Vortrag nähert sich dem Conversationston,
und alles wurde mir zu wirklich in ihrem Munde".
1802
erscheint August Wilhelm Schlegels Gedicht "Das Feenkind", worin er die
Schauspielerin und deren Spiel beschreibt: "Ich kannt' ein seltsam
Feenkin, / Es war so klein und zart, / Und wechselte wie Luft und Wind, / Gestalt
und Sinnesart. / Dem Feenkinde nur gefällt, / Was Spiel ist bunt und kraus, / So
zog es durch die weite Welt, / Auf Zaubereien aus. [...], Doch giebt ihr
nichts der fremde Glanz, Er leiht den Reiz von ihr, Ihr Haar ist der Juwelen
Kranz, Ihr Arm der Spange Zier. Bald, wie die Blumen an der Au, Thut sie auf
Schmuck Verzicht, Und es beschämt der Augen Blau, Nur das
Vergißmeinicht" (Musen-Almanach für 1802, hg. von Schlegel und Tieck,
Tübingen 1802, S. 101-106).
1803
Scheidung von Unzelmann. In Berlin wohnt die Schauspielerin in
der Französischen Str. 47.
Gastspiel der Unzelmann in München und Stuttgart : "In allen Rollen,
die Madame Unzelmann auf dem Stuttgarder Hoftheater spielte, sah man die
vollendete Künstlerin; in allen glänzte sie durch Anstand, durch Würde,
durch eben so leichten als richtigen und präcisen Ausdruck; alle kündigten
den innern Reichthum an, der es verschmäht, auf Kosten eines bessern
Bewußtseyns gemeinen Effekt zu erkaufen; in allen bewährte sich der
Fundamentalsatz, gegen welchen so manche Schauspieler in Deutschland bald
auf diese, bald auf jene Weise verstoßen: daß der Konversationston auf dem
Theater nicht der Ton ist, den man überall und täglich außer dem Theater
vernehmen mag, und daß die Deklamation sich in den wahren
Konversationston des Theaters verschmilzt". (Vossische Zeitung 23. Juni
1803)
1805
Heirat mit dem Berliner Schauspieler Heinrich Eduard Bethmann, am 26. Mai 1805.
1807
Im "Berlinischen Damenkalender" erscheint von August Wilhelm Schlegel
der Text: "Über einige tragische Rollen von Frau von Stael dargestellt. An
Madame Bethmann, geb. Flittner, Schauspielerin des königl. National-Theaters
zu Berlin".
1815
Bethmann-Unzelmann stirbt am 16. August in Berlin. Ihr Grab befindet sich
auf dem Halleschen Kirchhof. Bethmann-Unzelmann gehört zu den
bedeutendsten Schauspielerinnen und Sängerinnen des Berliner
Nationaltheaters, die an vielen Theatern Deutschlands Gastspiele gegeben
hat.
In der Todesanzeige der "Vossischen Zeitung" vom 17. August 1815 heißt es
u.a.: "Elf Monathe nach Ifflands Tode erlitt die Kunst einen zweiten
unersetzlichen Verlust. Friederike Bethmann, geborne Flittner, Großmanns
Stieftochter und Schülerin, seit dem 2ten Mai 1788 (wo sie zuerst als Nina,
und als Rosine im Jurist und Bauer auftrat) die Zierde unsere Bühne, und
durch Geist, Genie und Talent - vor allem aber von der mütterlichen Natur
dazu berufen - Deutschlands erste Schauspielerin, starb hier in der Nacht
vom 15ten auf den 16ten".
Rahel Varhagen bezeichnet sie als die bedeutendste Schauspielerin, die
in Berlin gespielt hat. Am 31. Oktober 1817 schreibt sie an Sophie Schröder:
"Das Größte was sie [das Berliner Publikum] hatten [...] war die
Bethmann; die außer dem Talent, das sie hatte, noch die Gabe besaß, nur sie
sein zu dürfen; und das in einem solchen hohen und schönen Maße, daß man
nicht unterscheiden mochte, ob sie auch etwas anders sein konnte; sie konnte
erhaben, ganz edel, ganz romantisch, tief empfindend, traurig-toll und
toll-zerreißend sein, immer lieblich, selbst im Fehlgriff, konnte komisch,
heiter, reizend, beweglich sein; den Adel der großen Welt vortragen.
Furchtbar aber, furien-stark, mit den Elementen verwandt, mythologischen
Wahnsinn, den konnte sie nicht aus der lieblichen, leichtbeweglichen.
leichtsinnigen, frommen Seele schöpfen, weil man nie etwas daraus schöpft,
was nicht darin liegt.
KG
SiHo