Johann Friedrich Reichardt

Lebensdaten

Genealogie

Genealogie:
Vater: Johann Reichardt (um 1720-1780) Musiker Mutter: Katharina Dorothea Elisabeth geb. Hintz (1721-1776) 1. Ehefrau: Juliane Benda (1752-1783), die Tochter Franz Bendas, Eheschließung 1776 2. Ehefrau: Johanna Dorothea Wlilelmina verw. Hensler, geb. Alberti (1754-1827), Eheschließung 1783 Tochter: Luise (1799-1860)

Biographie

Lebenslauf:
1752
Geburt in Königsberg am 25.11.1752. Ersten Violinunterricht erhielt er von seinem Vater, das Klavierspiel erlernte er bei einem der Familie befreundeten Organisten. U.a. in Musiktheorie wurde er anschließend von Joh. Fr. Hartknoch, C. G. Richter und Fr. A. Veichtner unterwiesen. Noch in seine Jugendzeit fallen die Bekanntschaften mit dem Philosophen Johann Georg Hamann und dem Poesieprofessor Johann Gottlieb Kreuzfeld.

1768
Reichardt beginnt sein Jurastudium in Königsberg.

1771-1774
Reichardt begibt sich auf seine so genannte „Virtuosenreise“, die dem Zweck dient, sich vom Musikleben verschiedenster deutscher und böhmischer Städte ein genaueres Bild zu verschaffen. Ferner nutzte er diese Gelegenheit, um mit verschiedensten Persönlichkeiten des Kulturlebens in Kontakt zu treten. Bis 1774 besuchte er die Städte Danzig, Berlin, Potsdam, Leipzig, Dresden, Prag und bereiste daraufhin noch Magdeburg, Braunschweig, Hannover, Hamburg und Lübeck. Dabei machte er mit vielen Musikern Bekanntschaft, u.a. mit C. Ph. E. Bach, F. Benda, Joh. A. Hiller, G. A. Homilius, Joh. Ph. Kirnberger, Joh. G. Naumann, Chr. G. Neefe und Joh. A. P. Schulz. Ferner trat er mit bedeutsamen Literaten in Verbindung, etwa mit M. Claudius, Fr. G. Klopstock, G. E. Lessing, Fr. Nicolai und K. Wilh. Ramler. Um 1772 beginnt Reichardt sich kompositorisch mit den Dichtungen Goethes zu beschäftigen, zu dessen wichtigstem Vertoner er in den folgenden Jahren avancieren sollte. Goethes künstlerische Wertschätzung hinsichtlich der von Reichardt in Musik gesetzten Gedichte blieb auch über die maliziösen Auseinandersetzungen hinaus, die sich im so genannten Xenienstreit manifestierten, erhalten. Goethe trennte die künstlerisch-ästhetischen Resultate aus Reichardts Arbeiten von der freundschaftlichen Ebene ebenso ab wie von den politischen Haltungen seines Zeitgenossen.

1774
Reichardt erhält im litauischen Ragnit eine Stelle als preußisch-extraordinärer Kammersekretär.

1775
Er wird gegen Ende des Jahres 1775 zum Kapellmeister der königlich-preußischen Hofkapelle ernannt, mit einem Jahresgehalt von 1200 Talern. Zur Bewerbung hatte er seine dreiaktige italienische Oper Le feste galanti eingesandt. Reformbestrebungen hinsichtlich des Berliner Orchesters, die R. nach seinem Amtsantritt hegte, scheiterten. Auch blieben die Aufgaben, die R. als Komponist in seinem Amt zu erfüllen hatte, hinter den anfänglich vorhandenen Erwartungen zurück. Seine Haupttätigkeit im Opernbetrieb bestand darin, Bühnenwerke Grauns und Hasses einzustudieren und hierfür gelegentlich Einlegearien neu zu komponieren.

1777
Heirat mit Sängerin, Pianistin und Komponistin Juliane Benda, der Tochter von Franz Benda, dem damaligen Konzertmeister der königlich-preußischen Hofkapelle.

1779
Reichardt beginnt mit den so genannten Concerts spirituels, worin neben älteren Werken und den Tonschöpfungen bekannter Zeitgenossen auch eigene Kompositionen Reichardts erklangen.

1782
Es erschien in mehreren Stücken der erste Band des Musikalischen Kunstmagazins, in welchem Reichardt wesentliche Inhalte seiner musikästhetischen Anschauungen darlegte. Der zweite Band folgte 1791.

1783
Seine Frau Juliane stirbt am 9. Mai. Gegen Jahresende, am 14. Dezember, heiratet Reichardt in zweiter Ehe die ebenfalls verwitwete Johanna Dorothea Wilhelmina Alberti. Im gleichen Jahr tritt R. eine Italienreise an, die ihn über Zürich führt. Seine Wertschätzung Palestrinas wird durch den Italienbesuch weiter fundiert. Die Rückreise führte über Wien und ermöglichte ihm eine Audienz bei Joseph II. sowie das Zusammentreffen mit Chr. W. Gluck.

1785
Im Februar hält sich Reichardt in London auf und rezipiert Händels Oratorien am Ort ihrer Entstehung. Danach, im April, weilte er in Paris, wo die Besuche der Opern Glucks ihn unmittelbar stark und nachhaltig beeindruckten und zu eigenen Kompositionen anregten.

1786
Friedrich II. stirbt am 17. August. Reichardts Cantus lugubris, den er aus Anlass des Todes seines Monarchen komponierte, wurde wenige Wochen nach dem Ableben Friedrichs II. am 9. September in Potsdam aufgeführt.

1787
Reichardt komponierte von 1787 an zahlreiche Schauspielmusiken für das Nationaltheater.

1788
Das neu renovierte Opernhaus wird am 11. Januar mit Reichardts Oper Andromeda wiedereröffnet.

1789
Nach den an Andromeda anschließenden Bühnenwerken Orfeo und Protesilao, das Letztere komponierte er gemeinsam mit Joh. G. Naumann, konnte Reichardtmit der Oper Brenno einen großen Publikumserfolg erringen - den bis dahin und seither größten als Opernkomponist. Die Oper Brenno erlebte unter Friedrich Wilhelm III. 1802 eine Wiederholung, außerdem fand bereits am 24. Januar 1798 eine konzertante Aufführung des Werks in Berlin statt.

1790
Im März brach er zu einer Italienreise auf und führte dort Engagementverhandlungen. Er verweilte in Rom, Neapel, Modena, Turin und Venedig und kehrte im Juli nach Berlin zurück.

1791-1794
Friedrich Wilhelm II. bewilligt Reichardt einen bezahlten dreijährigen Urlaub. R. nutzte die Zeit u.a. zu weiteren Reisen und war 1792 wieder in Frankreich, in den Städten Lyon und Paris etwa. Im September 1793 wählte er Hamburg und Ottenhausen in der Nähe Altonas als Wohnorte aus. Dem folgte seine Reise nach Skandinavien. Seine überarbeiteten Reiseberichte aus Frankreich publizierte er anschließend. Mit der Veröffentlichung jener Vertrauten Briefe über Frankreich von 1792/93 hatte Reichardt allerdings einen folgenschweren Fehler begangen. Denn er machte darin keinen Hehl aus seinen Sympathien für die Französische Revolution. Dies führte gemeinsam mit den Intrigen, die in Berlin vor Ort während Reichardts langer Abwesenheit gegen ihn inszeniert wurden, am 28. Oktober 1794 zu seiner fristlosen Amtsentlassung als Kapellmeister. Er war beim König in Ungnade gefallen und erhielt somit auch keine Pension als Kompensationsmaßnahme. Spätere Versuche, in Berlin wieder dauerhaft Fuß zu fassen, scheiterten. Seit 1791 hatte er ein Anwesen in Giebichenstein bei Halle gepachtet, das er dann 1794 kaufte.

1795
Übersiedlung nach Giebichenstein im Oktober des Jahres.

1796
Begnadigung durch Friedrich Wilhelm II. Ernennung zum Salineninspektor mit dem nunmehr weitaus bescheideneren Jahresgehalt von 612 Talern und 5 Groschen.

1800
Für das Nationaltheater schreibt Reichardt die Liederspiele Lieb und Treu sowie Der Jubel und Juchei. Er schafft damit eine neue Gattung, der wesentlich Liedformen zugrunde liegen.

1802-1803
Reichardt reist erneut nach Frankreich und trifft dort u.a. Cherubini.

1808
Im Januar wird er von König Jérôme Bonaparte nach Kassel berufen und soll dort als Generaldirektor der Theater fungieren. Nach 10 Monaten musste Reichardt die mit 2500 Talern besoldete Stelle wieder aufgeben.

1808-1809
In den Wintermonaten weilt Reichardt in Wien. Hier traf er Chr. W. Gluck, der ihn sehr herzlich empfing. Über das rege Musikleben der Donaumetropole berichtet R. in seinen 1810 erschienenen Vertrauten Briefen geschrieben auf einer Reise nach Wien und den Oesterreichischen Staaten.

1810
Reichardt reist nach Jena, Weimar und Berlin.

1811
Es wird ihm fortan ein Ruhegehalt von 800 Talern bezahlt.

1812-1814
Er unternimmt Reisen nach Leipzig, Breslau und Berlin. Am 27. Juni 1814 stirbt er in Giebichenstein. In den knapp zwei Jahrzehnten, die Reichardt in Giebichenstein verbracht hatte, hielt er zu vielen Persönlichkeiten des Kulturlebens Kontakte aufrecht, etwa zu Achim v. Arnim, C. Brentano, J. v. Eichendorff, Joh. G. Fichte, Wilh. Grimm, Novalis, J. Paul, Fr. v. Schlegel, Fr. D. E. Schleiermacher, L. Tieck, H. Wilh. Wackenroder und später noch zu D. G. Türk und Joh. Fr. Naue.

 

Eduard Mutschelknauss

 

Werke/Literatur

Auswahlbibliographie Primärliteratur:

Register

Fachregister:
  • Musik
Gruppen/Vereinigungen-Register:
  • Christlich-deutsche Tischgesellschaft
  • Montagsclub

Person: Johann Friedrich Reichardt, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/4190.

Link zu den API-Daten: https://berlinerklassik.bbaw.de/api/personen/4190