1776
Luise Auguste
Wilhelmine Amalie wird als vierte Tochter von Karl Ludwig, Prinz von
Mecklenburg-Strelitz und Friederike, Prinzessin von Hessen-Darmstadt in
Hannover geboren.
1782
Luises Mutter stirbt nach einer Frühgeburt.
1784
Karl Ludwig heiratet die achtundzwanzigjährige Schwester seiner
verstorbenen Frau, Charlotte von Hessen-Darmstadt.
1785
Charlotte von Hessen-Darmstadt stirbt nach der Geburt ihres Sohnes Karl.
1786
Luise und ihre Schwestern siedeln zur Großmutter nach Darmstadt über.
1788
August: Reise Luises nach Straßburg.
1790
Reise der Schwestern Luise und Friederike nach Frankfurt/Main, dort
Teilnahme an den Feierlichkeiten zur Krönung Kaiser Leopolds II. Die Gäste sind
in Privatquartieren untergebracht, Luise und ihre Schwester wohnen bei
Katharina Elisabeth Goethe, der Mutter des Dichters.
1791
August: Reise Luises in die Niederlande.
1792
Oktober: Luises Familie flieht aus Darmstadt vor den französischen
Revolutionstruppen in das 150 km entfernte Hildburghausen im thüringischen
Herzogtum Sachsen-Hildburghausen.
1793
Luise wird Gegenstand eines vieldiskutierten Heiratsprojektes und in diesem
Zusammenhang mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm vorgestellt. Am
19. März erfolgt die Verlobung. Im Dezember Reise der Schwestern Luise und
Friederike nach Berlin, am 22. Dezember offizieller Einzug Luises in Berlin,
Hochzeit am 24. Dezember. Luise und Friedrich Wilhelm beziehen eine Wohnung im
Kronprinzenpalais Unter den Linden. Die Hochzeit wird in Berlin zu einem großen
Ereignis. Es handelt sich nicht um eine forcierte Vermählung, sondern
tatsächlich um eine Liebeshochzeit. Zudem verhilft ihre Art Luise zu großer
Popularität bei Hof und Volk.
1794
Umsiedlung des Paares ins Potsdamer Stadtschloß, im Mai reist Friedrich Wilhelm
zur Armee nach Polen ab, im Oktober bringt Luise ein totes Kind zur Welt.
1795
Frühjahr: Johann Gottfried Schadow fertigt das berühmte Doppelstandbild der
preußischen Prinzessinnen Luise und Friederike an. Luise bewahrt sich
zeitlebens ein herzliches Gefühl für Schadow. Seinen Vorzugsschüler Christian
Daniel Rauch, der 1797 für einige Zeit ihr Kammerdiener wird, fördert sie nach
Kräften. 15. Oktober: Geburt des Sohnes Friedrich Wilhelm, des späteren Königs
Friedrich Wilhelm IV.
1797
Fertigstellung eines schlichten Sommersitzes des Paares in Paretz, nahe
Potsdam, erbaut von Oberbaurat David Gilly. 16. November: König Friedrich
Wilhelm II. stirbt, Luise wird Königin von Preußen.
1798
Mai/Juni: Huldigungsreise des Königspaares in die Ostprovinzen. Während
dieser Reise scheint erstmals die Bedeutung des Volkes ins Bewußtsein Luises
gedrungen zu sein. Hier findet sich der Ausgangspunkt für ihre spätere
Auffassung, daß es neben dem Herrscher das
Volk ist, das den Staat trägt. 13. Juli: Geburt der Prinzessin Charlotte, die
1825 als Alexandra Fjodorowna Zarin von Rußland wird.
1799
Mai: Mehrwöchige Reise des Königspaares durch den Westen Deutschlands, wo
sich bereits Luises außerordentliche Popularität zeigt. Juni: Luise lernt Karl
August von Hardenberg kennen, der in späteren politischen Krisen ihr vertrauter
Berater werden sollte. Juli: Besuch in Weimar, dort Treffen mit Wieland, Goethe
und Schiller, besonders vom Werk des letzteren zeigt sich Luise begeistert.
Im Laufe ihrer Regentschaft wird Luise von Malern, Bildhauer und Dichtern
verehrt. Der Dichter Novalis widmet ihr und Friedrich Wilhelm III. einen
Aufsatz, der in den "Jahrbüchern der preußischen Monarchie"
erscheinen soll. Das romantische Traktat "Glaube und Liebe oder Der König
und die Königin" beschreibt als ideale Regierungsform einen monarchischen
Republikanismus, an dessen Spitze das preußische Paar steht. Die
Vorbildhaftigkeit des Paares liege in ihrem fast bürgerlichen Auftreten, in
ihrer mustergültig geführten Liebesehe und natürlich in der Anmut und Schönheit
Luises begründet. Das dem Traktat vorangestellte Gedicht "Blumen"
beginnt mit den Versen: "An den König. Mehr, als ein
Königreich gab der Himmel Dir in Louisen, Aber Du brachtest Ihr auch mehr, als
die Krone, Dein Herz. (...). Nur wer mehr, als König schon ist, kann königlich
herrschen/ Also soll König seyn, welcher die Herrlichste liebt".
Nach "Glauben und Liebe" habe die Königin vor allem repräsentative
Aufgaben. Sie soll das weibliche Vorbild der Nation sein, ihr Bild in allen
Wohnungen hängen. Sogar Schadows "Prinzessinnengruppe" bezieht
Novalis mit ein: "Die Gruppe von Schadow sollte die gute Gesellschaft
in Berlin zu erhalten suchen, eine Loge der sittlichen Grazie stiften und sie
in dem Versammlungssaale aufstellen. Diese Loge könnte eine Bildungsanstalt der
jungen weiblichen Welt aus den kultiviertern Ständen seyn, und der Königsdienst
wäre dann, was der Gottesdienst auf eine ähnliche Weise seyn sollte, ächte
Auszeichnung und Belohnung der trefflichsten ihres Geschlechts".
Daran, daß Luise die "Treflichste ihres Geschlechts" ist, läßt
Novalis keinen Zweifel. Sie allein verkörpere Glauben und Liebe, die
wichtigsten Voraussetzungen für die ideale Welt. Im vorletzten Abschnitt heißt
es: Wer den ewigen Frieden jetzt sehn und lieb gewinnen will, der reise nach
Berlin und sehe die Königin. Dort kann sich jeder anschaulich überzeugen, daß
der ewige Friede herzliche Rechtlichkeit über alles liebt, und nur durch diese
sich auf ewig fesseln läßt". (Novalis 1999, S.486-502).
Friedrich Wilhelm bleibt die romantische Poesie Novalis' fremd, die
Idealisierung geht ihm zu weit. Die als Fortsetzung gedachte Veröffentlichung
von "Glauben und Liebe" wird auf sein Geheiß verworfen.
1800
Begegnung Luises mit Karoline von Berg, Tochter eines preußischen
Diplomaten und, nach Herder. ein "Schatz von Vernunft und tätiger
Weisheit", Luise bewundert Karoline rückhaltlos und ernennt sie zur
Hofdame. Durch sie kommt die Königin in enge Berührung mit dem Bildungsgut der
deutschen Klassik und erhält Einblick in ethisch-moralische Probleme und
literarische Fragen. Herbst: Christoph Wilhelm Hufeland kommt als königlicher
Leibarzt nach Berlin und wird Vertrauter Luises.
1801
Jean Paul reiht sich in die Verehrerschaft Luises ein. Seinem Roman
"Titan" ist eine Huldigung der Königin vorangestellt. Er begegnet ihr
drei Mal. Später feiert er sie nach ihrem Tod in seinen
"Schmerzlich-tröstlichen Erinnerungen an den neunzehnten Julius 1810".
1802
Juni: Als politische Beraterin ihres Ehemannes begleitet Luise den König zu
einem Zusammentreffen mit Zar Alexander I. im ostpreußischen Memel. Dieses
Treffen bildet den Anfang einer Reihe preußisch-russischer Bündnisse, die elf
Jahre später im gemeinsamen Kampf während der Befreiungskriege gipfeln.
1803
Okkupation Hannovers durch Frankreich. Nach der Ernennung Napoleons zum
"Kaiser der Französischen Republik" gratuliert Friedrich Wilhelm,
während Luise dies in keinster Weise billigt und die mangelnde
Entschlußfähigkeit des Königs bedauert.
1805
Kriegsgefahr zwischen Rußland und Frankreich. Alexander I. fordert den
preußischen König zum militärischen Beistand auf, Friedrich Wilhelm zögert und
zieht sich auf sein Landgut zurück, alle Bemühungen Luises und Hardenbergs, ihn
zu einem Treffen mit dem Zaren zu bewegen, scheitern. 25. Oktober: Eintreffen
des Zaren in Berlin, preußisch-russisches Bündnis, die Freundschaft zwischen
Alexander I. und Luise bleibt erhalten. 2. Dezember: Sieg Napoleons bei
Austerlitz gegen Russen und Österreicher, Preußen wird zu Verträgen mit
Frankreich gezwungen.
1806
Frühjahr: Erkrankung Luises (Brustkrämpfe, Asthma nervosum) aufgrund der
psychischen Belastungen der letzten Zeit. Da ihrem Gatten Wille und Entschlossenheit
fehlen, wird Luise zur Hoffnung aller Patrioten. Bei ihrer Befürwortung eines
Krieges mit Frankreich sieht sie sich mit Stein, Hardenberg, Scharnhorst,
Gneisenau und Blücher einig. Aufenthalt Luises in Bad Pyrmont, dort auch
Treffen mit dem hessischen Kurfürsten. Bei diesem kann Luise erreichen, daß er
sich nicht den Franzosen anschließt, sondern zumindest Neutralität bewahrt. In
Bad Pyrmont auch Bekanntschaft mit Gebhard Leberecht von Blücher. Juli/August:
Schließung des Rheinbundes und Ende des "Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nation". Mobilmachung der preußischen Truppen gegen Frankreich.
Luise, die den Titel eines Ehrenoberst des Dragonerregiments Ansbach-Bayreuth
trägt, empfängt das Regiment im September am Oranienburger Tor in Berlin. Zu
diesem Anlaß trägt sie ein Reitkleid, welches in den Farben des Regiments
gehalten ist. Wenig später Abreise Luises nach Naumburg in das Hauptquartier
der preußischen Armee. 14. Oktober: Niederlage der preußischen Armee bei Jena
und Auerstedt gegen die Franzosen. An ihren Gatten schreibt sie am 17. Oktober
besorgt: "Da die Affäre von Auerstedt derartig ausgegangen ist, so hält
man es für das beste, von Berlin abzureisen. Du warst mein einziger Gedanke
während der harten und schrecklichen Reise, die ich hinter mir habe. Dich
allein zu wissen, ohne mich, ist fürchterlich. Übrigens hoffe ich, daß noch
nicht alles verloren ist und Gott uns noch helfen wird. Du hast noch Truppen,
das Volk verehrt Dich und ist bereit, alles zu tun. Gott möge Dich segnen und
Dir in dem schlimmsten Augenblick Deines Lebens helfen. Möge er Dir den
notwendigen Mut geben und immer mit Dir sein. Ein Wort von Deiner Hand würde
mich sehr beruhigen. (...). ...alles reist morgen nach den genannten Orten. Die
einen frühzeitig, die anderen spät. Ich um 6Uhr, dann die übrigen. Lebe wohl
teurer Engel, warum kann ich nicht bei Dir sein, und wann sehen wir uns wieder?
Fürs Leben Deine treue Luise". (Königin Luise von Preußen 1995, S. 294).
24. Oktober: Napoleon zieht in Berlin ein. Luise flieht im November über
Berlin, Schwedt, Stettin, Küstrin nach Ortelsburg, warnt ihren Mann vor dem
Abschluß eines "schändlichen Friedens". Ihre Popularität im
Volk wächst weiter. 9. Dezember: Luise trifft in Königsberg ein und erkrankt
schwer an Typhus.
1807
Januar: Weitere Flucht Luises nach Memel vor den heranrückenden Franzosen.
2. April: Begegnung mit Alexander I. in Memel, dort kümmert sich Luise um die
preußischen Truppen und stärkt deren Moral. U. a. erreicht sie beim König, daß
alle preußischen Armeeärzte einen militärischen Rang erhalten und somit
bessergestellt werden, ebenso befindet sie sich in ständigem Kontakt mit
russischen Militärs. 9. April: Hardenberg wird leitender Minister, Luise sieht
hierin "eine neue Epoche für die Monarchie". 21. Juni:
Russisch-französischer Waffenstillstand, Preußen folgt am 25. Juni. 6./7. Juli:
Unterredungen Luises mit Napoleon. 9. Juli: Friedensvertrag zu Tilsit, harte
Friedensbedingungen für Preußen. 10. Juli: Luise wieder in Memel, Aufenthalt
unter ärmlichen Bedingungen, Luise empfängt jedoch Delegationen von Bürgern aus
Berlin und Schlesien, um ihnen Mut zu machen. 4. Oktober: Stein zum Ersten
Staatsminister ernannt, Luise zeigte sich während der folgenden
Auseinandersetzung um sein Reformwerk als eine wesentliche Stütze Steins.
1808
Januar: Rückkehr nach Königsberg. 1. Februar: Prinzessin Luise geboren, es
hat symbolische Bedeutung, daß bei ihrer Taufe erstmals nicht nur Angehörige
des Hochadels in Erscheinung treten, sondern auch Vertreter aller Stände
Ostpreußens: Edelmänner, Bürger, Handwerker und Bauern. 27. Dezember: Abreise
des Königspaares nach Rußland.
1809
Januar: Luise und Friedrich Wilhelm III. in St. Petersburg. April:
Begegnung Luises mit Wilhelm von Humboldt. Juni-August: Schwere Erkrankung
Luises. 23. Dezember: Rückkehr des Königspaares nach Berlin. Der Dichter
Heinrich von Kleist, von Luise vermutlich lange Zeit finanziell unterstützt,
überreicht ihr ein Gedicht, das er ihr zu Ehren verfaßt hat. Es handelt sich um
die dritte Fassung in Form eines Sonetts und gehört bis heute zu den schönsten
Huldigungen Luises:
"Erwäg ich, wie in jenen Schreckenstagen,
Still deine Brust verschlossen, was sie litt,
Wie du das Unglück, mit der Grazie Tritt,
Auf jungen Schultern herrlich hast getragen
Wie von des Kriegs zerrißnem Schlachtenwagen
Selbst oft die Schar der Männer zu Dir schritt,
Wie trotz der Wunde, die dein Herz durchschnitt,
Du stets der Hoffnung Fahn uns vorgetragen:
Oh Herrscherin, die Zeit dann möcht ich segnen!
Wir sahn dich Anmut endlos niederregnen,
Wie groß du warst, das ahndeten wir nicht!
Dein Haupt scheint wie von Strahlen mir umschimmert;
Du bist der Stern, der voller Pracht erst flimmert,
Wenn er durch finstre Wetterwolken bricht!"
(Kleist 1965, S. 35)
1810
Februar: Konferenz Luises mit dem französischen Gesandten Saint-Marsan.
März: Luises "Denkschrift an das Ministerium". April: Übersiedlung
der Königin von Berlin nach Potsdam. Juni: Luise in Hohenzieritz, schwere
Lungenentzündung. 19. Juli: Luise stirbt in Hohenzieritz. 30. Juli: Beisetzung
in der Berliner Domkirche. 23. Dezember: Letzte Ruhestätte im Mausoleum zu
Charlottenburg.
Person: Luise Auguste Wilhelmine Amalie Mecklenburg-Strelitz, Berliner Klassik, hrsg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, 2003-2013. URL: https://berlinerklassik.bbaw.de/personen/526.
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